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Die Art Brussels ist für Alexandra Wach bei Monopol ein Resonanzraum der Weltlage: „Auch wenn ähnlich starke Positionierungen gegenüber gegenwärtigen politischen Turbulenzen auf der traditionell verspielt gestimmten, diesmal aber auffällig zurückhaltend anlaufenden Art Brussels mit 165 teilnehmenden Galerien aus 35 Ländern Mangelware sind, spürt man auch an den Ständen weiterer Sektionen ein latentes Unbehagen.“ Satte 66 Erstaussteller hat Julia Stellmann auf der Messe für die FAZ auf der Messe ausfindig gemacht, von der sie nicht vollauf begeistert ist: „Mendes Wood DM ist eine von 99 Galerien, die zum wiederholten Mal an der Messe teilnehmen. Insgesamt ist die Art Brussels mit 165 Galerien aus 35 Ländern im Vergleich zum Vorjahr allerdings um zwölf Aussteller geschrumpft. Das spiegelt sich auch im Programm wider. Gegenüber dem, was zur Jubiläumsausgabe im vergangenen Jahr aufgeboten wurde, hat es an Spannkraft und Experimentierfreude einbüßt. Daran kann auch der neben den bewährten Sektionen neu eingeführte, an die Messehistorie anknüpfende Bereich '’68 Forward' nichts ändern.“ Ich war für Handelsblatt, Artmagazine und Tagesspiegel in Brüssel.
Über die Expo Chicago senkt Maximíliano Durón bei Artnews den Daumen: „Während die Zahl der Aussteller mit rund 170 stabil blieb, war ein deutlicher Rückgang bei den Blue Chip-Galerien zu verzeichnen. Um neue Impulse zu setzen, hat die Expo in Zusammenarbeit mit der Galleries Association of Korea etwa 20 südkoreanische Galerien eingeladen. Dennoch waren in den Gängen zahlreiche Galerien vertreten, die normalerweise nicht an Messen dieser Größenordnung teilnehmen – möglicherweise ein Zeichen für die allgemeine Konjunkturabschwächung.“ Genau diese Abwärtsspirale in Gang zu setzen, hat die Art Brussels dieses Jahr vermieden und lieber ein Dutzend Stände weniger vermietet. Die Expo gehört jedoch der Frieze und wie sie einem Unterhaltungskonzern, der die Sparte gerne verkaufen möchte. Da macht sich ein Umsatzrückgang nicht gut.
Der Art Weeky Riyadh als Mischform mit institutionell ausgewählter Galerieware kann Rahel Aima im Art Newspaper durchaus etwas abgewinnen: „Für die Händler gab es weniger Freiheiten als auf einer gewöhnlichen Messe: Die Kuratoren wählten die Künstler aus den Reihen der einzelnen Galerien entsprechend den Themen der Ausstellung aus. Es gab auch weitaus weniger Risiken: Die Händler zahlten nicht für Raum, Produktion oder Versand, sondern nur für ihre Flüge und Hotels, wenn sie an der Messe teilnehmen wollten; die meisten taten dies. Warum sollten sie auch nicht? Hier bot sich die seltene Gelegenheit, einen neuen Markt auszuprobieren, regionale Künstler, Kuratoren und wichtige Akteure der Kunstwelt zu treffen und die impliziten Fragen zu beantworten: Ist der historisch schwache kommerzielle Sektor Saudi-Arabiens vielversprechend? Kann er sich gegen die regionalen Molochs Art Dubai, die nur eine Woche später stattfand, und Art Abu Dhabi behaupten? Die Händler berichten von Verkäufen an einzelne saudische Sammler, die neu im Programm sind, und (ab den Tagen der Vorbesichtigung) von starkem Interesse seitens saudischer Institutionen - die Antworten scheinen ein klares Ja und Ja zu sein. 'Um ehrlich zu sein, gefällt mir das. Vielleicht ist dies die Zukunft der Messen', sagte Sunny Rahbar, Gründer der Galerie The Third Line in Dubai. 'Weniger Druck für die Galerien und die Sammler, das Wissen, dass alles zum Verkauf steht, aber nicht das Gefühl, dass man am Stand bleiben muss.'“ Das Modell lässt sich wunderbar weiterdenken und übertragen. Was für eine schöne Vorstellung: Staatliche Kunstkommissare suchen bei Galerien und Kunsthändlern Objekte aus, die diese dann mit gratis Museumsweihen versehen an kaufwilliges Publikum weiterreichen, das wiederum sicher sein kann, in jeder Hinsicht risikofreie Kunst erworben zu haben. Eine ganz klare Win-Win-Win-Situation.
Die chaotische Zollpolitik der USA zeigt erste Wirkung, berichtet Margaret Carrigan bei Artnet (evtl. Paywall): „DHL hat aufgrund neuer Änderungen des Weißen Hauses an den De-minimis-Regeln in diesem Monat vorübergehend den Versand von Business-to-Consumer-Sendungen über 800 US-Dollar in die USA gestoppt. Die aktualisierte Politik senkt den Schwellenwert für die formale Zollabwicklung von 2.500 auf 800 US-Dollar, wodurch sich die Einfuhranforderungen für viele Sendungen erheblich erhöhen, was in mehreren Branchen, darunter auch im Luxussektor, verheerende Folgen hat. [...] Wie Edouard Gouin, CEO des Kunstverschiffungsunternehmens Convelio, in einem am Donnerstag von der auf Galerien spezialisierten Softwarefirma Artlogic veranstalteten Webinar 'Zölle 101 feststellte, gibt es in den USA keine Regelung für die vorübergehende Einfuhr wie in Großbritannien oder der EU, bei der die Einfuhrzölle für Objekte bis zu deren Verkauf ausgesetzt werden.“
Den Zoll-Wirrwarr versucht Olga Kronsteiner (erfolglos) im Standard zu ordnen: „Seit der Ankündigung herrschen jedenfalls Verunsicherung und vor allem Verwirrung: Gelten diese künftig je nach Handelsungleichgewicht in einer Größenordnung von zumindest zehn (pauschal) bis zu 54 (oder auch mehr) Prozent anfallenden Zölle überhaupt für diese Warengruppe? Werden andere Länder darauf bei ihren Gegenzöllen Bezug nehmen? Und vor allem: Wie erfolgt die Berechnung?“
Bemerkenswertes haben die Artsy Art Market Trends herausgefunden, findet Daniel Cassady von Artnews: „Art Market Trends 2025 befragte außerdem über 1.200 Sammler, wobei diese Daten mit Vorsicht zu genießen sind, da Artsy den Begriff 'Sammler' sehr weit fasst und darunter jeden versteht, der im vergangenen Jahr mindestens ein Kunstwerk erworben hat. Dennoch ergab der Bericht, dass fast 60 Prozent der Sammler im Jahr 2024 Kunst online gekauft haben, wobei 73 Prozent angaben, dass sie genauso viel oder mehr als im Vorjahr gekauft haben.“ Diese Daten sind vor allem deshalb mit Vorsicht zu genießen, weil hier ein Online-Händler seine eigenen Online-Kunden zu ihrem Online-Kaufverhalten befragt hat. Von denen ist zum Beispiel kaum zu erwarten, dass sie eine ausgeprägte Meinung zu Montagsöffnungszeiten von Galerien haben.
Fräulein Lieser wird rückabgewickelt. Der Verkauf des inzwischen berühmt-berüchtigten Klimt-Gemäldes ist ein Jahr nach der Auktion endgültig gescheitert, berichtet Olga Kronsteiner im Standard, wo sie das Drama in sechs Akten Revue passieren lässt: „Der von Patti Wong & Associates (Hongkong) bei der Auktion vertretene Bieter bestand deshalb vor dem Kaufabschluss auf Schadloshaltungserklärungen aller Erben nach Adolf und Lilly Lieser. Nach monatelangem Hin und Her lagen diese jüngst mehrheitlich vor. Nur eine Erbin nach Hans Lieser verweigerte die Unterschrift und brachte den Deal im März endgültig zum Kippen. Wann Fräulein Lieser über wen wieder auf den Markt kommt, wird sich weisen. Dem Auktionshaus 'im Kinsky' bescherte diese Causa weniger Prestige als Spesen, die sich auf zumindest 1,5 Millionen Euro belaufen dürften.“
So richtig gut kommt niemand weg bei Niklas Maaks (Link über MSN) Geschichte über den Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi in der FAZ : „Das seltsamste an der Beltracchi-Geschichte ist vielleicht, dass sie keine grundlegenderen Folgen in dem System hatte, dessen Schwachstellen durch sie sichtbar wurden. Schon während des Prozesses benahmen sich die Hauptakteure aus dem Kunsthandel wie die berühmten drei Affen. [Marc] Blondeau, der zahlreiche falsche Max Ernst und einen falschen Campendonk in den Markt brachte, zeigte kein Interesse, sein System offenzulegen: Kein Wort zu den Deals im Freilager, den Zahlungen von Schweizer auf andorranische Konten und dazu, wie er für die angeblichen Ernst-Werke 'La Horde' und 'La Mer' Beltracchi zusammen 1,87 Millionen Euro zahlte und dann 'La Mer' für 800.000 Euro an die Triton Foundation und 'La Horde' an die Sammlung Würth loswurde – für 4,3 Millionen Euro. Obwohl Beltracchis Komplize Schulte-Kellinghaus Blondeau binnen weniger Wochen zwei völlig unterschiedliche Geschichten zur Herkunft eines Werks serviert hatte: einmal war es die Sammlung Jägers, einmal die Sammlung seines Großvaters Wilhelm Knops. Warum wurde Blondeau nicht hellhörig? Die Staatsanwältin erklärte damals beim Prozess gegen Beltracchi, es wirke „strafmildernd, dass der Kunstmarkt es den Tätern so leicht gemacht“ habe.“ In einem weiteren Beitrag erläutert Mark Siemons (Link über MSN), wie drei Philosophen dem Kriminellen noch einen Überbau konstruieren: „Alle drei Theoretiker verstehen ihr Handwerk so virtuos wie Beltracchi das seine. Ihr Metier ist es, mit verschiedenen Rahmenerzählungen ganze Zeiten und Welten je nach Bedarf zu verabschieden oder neu zu erschaffen, Welten, denen es in diesem Fall gemeinsam ist, dass Wolfgang Beltracchi in ihnen als Künstler gelten kann. Für das, was ihren eigenen Hebammendienst dabei auszeichnet, ist das Wort noch nicht erfunden.“ Der Autor sitzt jedoch selbst der Legende des Künstlers auf: „Die Gemälde, die der frühere Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi im Stil verschiedenster alter Meister hervorbringt, sind offensichtlich so ein Fall. Trotz ihrer unbezweifelbaren Kunstfertigkeit versagen Kritik, Kuratoren, Museen und weite Teile des Markts ihnen das Kunst-Gütesiegel.“ Wer ein eigenständiges „Werk“ des Kunstmalers mal aus der Nähe betrachtet, weiß um die Mittelmäßigkeit des künstlerischen Talents auch in handwerklicher Hinsicht.
Die Galerie von Sadie Coles vergrößert sich in London, obwohl im ltzzten Jahr ihre Umsätze stark gefallen sind, hat Angelica Villa für Artnews recherchiert: „In den Unterlagen meldete die Galerie für 2024 einen drastischen Umsatzrückgang von 46 Prozent, von 52,3 Millionen Pfund auf 28,3 Millionen Pfund, wie aus dem jüngsten Geschäftsbericht hervorgeht. Der Gewinn vor Steuern sank um 93 Prozent auf nur noch 400.000 Pfund, nach 5,5 Millionen Pfund im Vorjahr. Coles räumte in ihrem Vorstandsbericht ein, dass der Abschwung auf eine Konjunkturabschwächung im oberen Segment des Kunstmarktes zurückzuführen sei, die 'die Bruttogewinnmargen unter Druck gesetzt' habe. Coles ist jedoch weitgehend von der Konjunkturabschwächung des Kunstmarktes abgeschirmt. Die Galerie ist schuldenfrei und hat in den letzten fünf Jahren einen Anstieg ihrer Bilanzsumme um 20 Prozent verzeichnet, die laut den Unterlagen hauptsächlich aus Aktienbeständen besteht, aber auch Immobilien und Vorräte umfassen könnte.“
Gleichgültigkeit bei einem Ankauf wirft Gesine Borcherdt der Nationalgalerie in Berlin der WeLT vor: „Eines der wichtigsten Museen Deutschlands kauft ein Werk einer Künstlerin, die Gräueltaten der Hamas glorifiziert, was international Wellen schlägt – und es erklärt, davon nicht gewusst zu haben. Noch scheint es sich dafür zu interessieren. Das Schweigen des Kunstbetriebs zu den Hamas-Attacken war ohrenbetäubend, die Verurteilung von Israels Reaktionen umso lauter. Spätestens seit der Documenta 15 wird Israelhass, oft einhergehend mit Menschenverachtung bis hin zu Antisemitismus, inzwischen offen geäußert, geduldet und mitunter gefördert. Wäre Mannas Arbeit auch gekauft worden, hätte die Künstlerin die Bomben auf Gaza beklatscht? Wohl kaum, denn die Empörung der Kunstszene geht oft nur in eine Richtung.“
Heute ist es soweit: Im Laufe des Montags soll die CDU ihre Ministerliste bekanntgeben. Bis dahin wird noch heftig spekuliert. Nach einhelliger Pressemeinung sind wir um Joe Chialo noch einmal herumgekommen. Doch die Aussichten sind möglicherweise nicht viel besser. Die Süddeutsche Zeitung (WeLT, Focus, Cicero, The European) werde neuer Kulturstaatsminister. Das wäre ein ähnlich marktliberales Kaliber wie der Berliner Kultursenator, aber mit rechtskonservativer Ausrichtung, dafür komplett ohne Politikerfahrung oder Kulturnähe. In der FAZ (Link über MSN) macht Andreas Kilb hingegen Hoffnung auf eine kompetenzorientierte Lösung: „Deshalb wird von Kulturexperten der Koalitionsparteien jetzt öfter der Name von Christiane Schenderlein genannt, der kulturpolitischen Sprecherin der Unionsfraktion. Schenderlein bringt zwei Qualitäten mit, die in der Arithmetik der Postenvergabe eine Rolle spielen könnten: Sie kommt aus dem Osten, und sie ist eine Frau. Im Bundestag vertritt sie den Wahlkreis Nordsachsen, dessen Direktmandat von einem AfD-Mann gewonnen wurde. Als Parlamentarierin steht sie für Kultur im ländlichen Raum und die Bewahrung des kulturellen Erbes, dessen Vorrang sie in einer Brandrede gegen den Kulturpass und andere Vorhaben der grünen Kulturstaatsministerin Claudia Roth verteidigt hat.“
Abaseh Mirvali ist neue künstlerische Leiterin der Viennacontemporary, meldet Werner Remm bei Artmagazine. Man könnte den Eindruck gewinnen, die Veranstaltung wechselte ihre Führungsfiguren noch häufiger als ihre Austragungsorte.
Philipp Kaisers Abschied als Partner bei der Marian Goodman Gallery meldet Maximilíano Durón bei Artnews.
In einem Nachruf würdigt Nikolaus Bernau in der FAZ die im Alter von 82 Jahren gestorbene Architektur-Galeristin Kristin Feireiss von der Berliner Galerie Aedes: „Feireiss stand immer für Überraschungen. Das begann schon mit der wagemutigen Idee, zusammen mit Helga Retzer 1980 an der Berliner Grolmanstraße die erste „Galerie für Architektur und Raum“ Europas zu begründen. Mit dem Verkauf von Architekturzeichnungen sollte die Architekturdebatte befeuert werden. Kommerziell ging das Konzept nie auf, doch Aedes entwickelte sich mit Projekt- und Büroausstellungen zu dem Architekturdebattenforum Deutschlands schlechthin. Praktisch niemand, der heute in der dezidiert zeitgenössischen Architekturszene einen Namen von Rang trägt, wurde hier nicht vorgestellt und zwar zu Beginn der jeweiligen Karriere“.