Optionale Cookies erlauben?
Neben technisch notwendigen Cookies möchten wir Analyse-Cookies nutzen, um unsere Zielgruppe besser zu verstehen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen.
Der Kunstmarkt ist turbulent in dieses Jahr gestartet, aber nicht unbedingt mit dem Elan, den die deutsche Mehrwertsteuersenkung hätte hoffen lassen. Der erste von drei Rückblicken auf die abgelaufene Saison lässt größere und kleinere Marktentwicklungen Revue passieren.
Das nächste Jahr werde von drei Phänomenen geprägt, glaubt Margaret Carrigan bei Artnet (evtl. Paywall) - Künstlicher Intelligenz, einem Generationswechsel und dem Bedeutungszuwachs der Golfregion: „Es besteht jedoch die weit verbreitete Hoffnung, dass das Schlimmste hinter uns liegt. Ich für meinen Teil bin bereit, an die Kraft des positiven Denkens zu glauben, aber ich glaube nicht, dass wir auf einen umfassenden Aufschwung zusteuern. Stattdessen verspricht das Jahr 2025 Veränderungen – und Veränderungen können gut sein.“
Wohlwollende Presseartikel über die Kunstsammlung der Club-Kette Soho House kurz vor ihrem Verkauf an Investoren hinterfragt George Nelson bei Artnews: „Die Ankündigung des Übernahmeangebots im Dezember ließ den Aktienkurs um über 50 Prozent in die Höhe schnellen. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens liegt jedoch immer noch weit unter der IPO-Bewertung von 2,8 Milliarden US-Dollar. Lenkt der Fokus auf die Kunstsammlung von den Finanzen ab – ein Signal an den Markt, dass der Club einen wertvollen Vermögenswert verkaufen könnte? Oder ist es ein Versuch, den Ruf des Clubs als Ort für Top-Kreative zu verbessern, anstatt für Banker der mittleren Ebene, aufstrebende Start-up-Gründer und die Laptop-Klasse?“
So schlecht, wie von Mei & Moses behauptet, gehe es dem Kunstmarkt laut Clare McAndrew gar nicht, schreibt George Nelson bei Artnews. Michael Moses und Jianping Mei verfolgen seit Jahrzehnten Kunstwerke auf dem Auktionsmarkt und messen bei erneuten Verkäufen deren Performance. Dieser Index sei letztes Jahr erstmals in diesem Jahrhundert negativ. McAndrew wirft ihnen Stichprobenverzerrung vor, weil sie andere Vermarktungskanäle außer Acht ließen. Wie das oft so ist, wenn sich zwei Spezialexperten eines Fachgebiets streiten, haben beide Parteien ein bisschen Recht. Da Mei & Moses seit Jahrzehnten die einzigen einigermaßen beherrschbaren Quellen heranziehen (die Großen Drei der Auktionswelt), bilden sie tatsächlich nicht den gesamten Markt ab. Das sie innerhalb ihrer Methodik jedoch konsistent sind, können ihre Ergebnisse durchaus als valide gelten.
Die möglichen Auswirkungen von Trumps Zollorgie auf den Kunstmarkt erörtert Margaret Carrigan bei Artnet (evtl. Paywall): „Edouard Gouin, der das Kunsttransport- und Logistikunternehmen Convelio leitet, sagte, dass die langfristigen Auswirkungen der Zölle die Kunstbranche angesichts des übergroßen Marktanteils der USA 'übermäßig beeinträchtigen' könnten. 'Zölle würden im Allgemeinen die Kosten erhöhen, und ich denke, dass Galerien am stärksten betroffen wären', sagte er. In Bezug auf den Kunsttransport könnten die Zölle 'Brexit-ähnliche Auswirkungen' auf den US-Handel haben, so Gouin, da die Transportkosten, die seit der Pandemie in die Höhe geschnellt sind, weiter ansteigen würden.“
Eine Regelung (PDF), drei unterschiedliche Interpretationen: „Künstliche Intelligenz, die mit Texteingaben generiert wird, kann nicht urheberrechtlich geschützt werden, entscheiden die USA“ titelt Adam Schrader bei Artnet. „Laut US-Beamten kann KI-Kunst ohne 'menschlichen Ausdruck' nicht urheberrechtlich geschützt werden“ , schreibt Tessa Salomon bei Artnews. Und bei Benjamin Suttons Artikel für das Art Newspaper heißt es: „Künstler können Werke, die mit KI als 'Hilfsmittel' erstellt wurden, urheberrechtlich schützen, so das US-amerikanische Copyright Office“. Deshalb ist Pressevielfalt so wichtig.
Wie sich Saudi-Arabien in seiner Strategie von den anderen Golfstaaten unterschiedet, hat Stephanie Dieckvoss für das Handelsblatt vor Ort untersucht: „Damit setzt sich Saudi-Arabien bewusst von den Strategien anderer Golfstaaten ab, die im Kultursektor vor allem mit Großprojekten wie dem Louvre und Guggenheim Abu Dhabi oder Kunstmessen wie der 'Art Dubai' von sich reden machen. Zwei Veranstaltungen demonstrieren zurzeit, wie fruchtbar der saudische Weg ist: die zweite islamische Kunstbiennale in der Hafenstadt Dschidda, die noch bis zum 25. Mai läuft, und das Kunstfestival in der Wüstenregion Al-ʿUla, das am 22. Februar endet. Beide Events zeigen spannungsvoll die Verbindungen zwischen Kunst, Kommerz und Tourismus auf. Daneben machen sie auch den Spagat sichtbar, den das Land vollführt, um sich der Welt – und damit vor allem auch Investitionen – zu öffnen.“ Die entscheidenden Personen in dem Land stellt Rebecca Anne Proctor auf erfrischend wertfreie Art bei Artnet vor.
In einer Pressemitteilung bejubelt die Artnet AG den Ausgang ihrer Hauptversammlung. Der Inhalt der Meldung hat den auf der HV anwesenden Vertreter der DSW - Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz - Dirk Hagemann zu einer Stellungnahme veranlasst. Unmittelbar vor der Hauptversammlung hat Chefredakteurin Naomi Rea bei Artnet ein PR-Interview mit ihrem Chef geführt.
„Warum die Kunstwelt über Armut reden muss“, erklärt Larissa Kikol bei Monopol: „Es ist die Angst. Sie wiegt bei allen schwer. Zuzugeben, als Künstler nicht von seiner Arbeit leben zu können, ist ein großes Tabu. Und dieses ist gleichzeitig ein Paradox: Denn es betrifft den Großteil der Kunstschaffenden. Und trotzdem wird alles getan, um es nach außen zu verbergen. Die leuchtende, schicke Kunstwelt besteht aus Illusionen, die nur für eine kleine Elite Realität sind. Die glänzende Fassade wollen aber fast alle aufrechterhalten.“
Die Zollpolitik der USA könnte dem eigenen Kunstmarkt durchaus Schaden zufügen, berichtet Kate Brown Anfang März für Artnet (evtl. Paywall) aus ihrer kanadischen Heimat: „Die Händler wägen ihre Optionen ab. Ein Händler mit Sitz in Toronto sagte, dass sie sich möglicherweise auf Messen außerhalb der USA konzentrieren oder Künstler ausstellen werden, die in den USA oder Europa ansässig sind, wenn sie an Messen in den USA teilnehmen. Wil Aballe von Wil Aballe Art Projects mit Sitz in Vancouver sagte, er habe eine Pause bei Kunstmessen in den USA eingelegt. Die Galerie hat sich auf Ausstellungen und Kunstmessen in Europa konzentriert, hauptsächlich in Belgien und Deutschland.“
Verlauf und Hintergründe der Hauptversammlung der Artnet AG schildere ich ausführlich im Handelsblatt (Paywall). Seitdem hat sich allerdings noch einiges getan. Wie sich aus Pflichtmitteilungen ergibt, hat die Galerie Neuendorf AG Aktien an den ehemaligen Goldman Sachs-Banker und bestehenden Artnet-Aktionär Andrew E. Wolff verkauft – am Tag der Hauptversammlung.
Der britische Staat erleichtere den Import von Kunstwerken, meldet Kabir Jhala im Art Newspaper (evtl. Paywall): „Um den kränkelnden britischen Kunstmarkt anzukurbeln, hat das britische Finanzministerium den Zeitraum verlängert, in dem Kunstwerke und Antiquitäten aus Übersee ohne Einfuhrzölle ins Land kommen können. [...] Händler zahlen nun keine Einfuhrsteuer mehr auf Werke, die ins Vereinigte Königreich gebracht werden, sofern sie innerhalb von vier Jahren wieder ausgeführt werden. Die Änderung betrifft vor allem London, das neben New York und Hongkong, die beide keine Einfuhrsteuern für Kunst und Antiquitäten erheben, eines der drei größten Zentren für den grenzüberschreitenden Handel auf dem globalen Kunstmarkt ist.“ Der Artikel lässt allerdings unklar, ob es sich um Steuern oder Zollgebühren handelt, da er beide Begriffe verwendet.
Die Fortsetzung der Messeförderung für Galerien unter der neuen österreichischen Regierung meldet Artmagazine.
Der neue Artnet Intelligence Report steht zum Download (PDF) bereit: „In ihrer Titelgeschichte untersucht Katya Kazakina, leitende Reporterin bei Artnet News, einen Generationswechsel, bei dem jüngere Käufer die Nachfrage antreiben. Luxus, Popkultur und digitales Engagement prägen ihre Sammlungsgewohnheiten und zwingen die Branche, Exklusivität neu zu überdenken und sich an neue Werte anzupassen. Unterdessen nimmt das Volumen der Online-Kunstverkäufe zu, was einen anhaltenden Wandel in der Art und Weise widerspiegelt, wie Sammler mit dem Markt interagieren.“
Zoll oder kein Zoll auf Kunst? Wenn ja, wie viel? Die Frage nach dem Warum stellt sich bei den Mafia-Methoden des am Parlament vorbeiregierenden Trump-Regimes eigentlich nicht. (Nein, ich habe nicht vor, in den nächsten Jahren in die USA zu reisen.) Vor den möglichen Auswirkungen kapitulieren angesichts der chaotischen Lage die meisten Fachmedien. Lediglich Katya Kazakina bemüht sich Anfang April bei Artnet (evtl. Paywall) um Aufklärung: „In Chelsea, dem Galerienzentrum von New York, breitete sich schnell Angst aus. Die Händler saßen an ihren Computern und entzifferten E-Mails von Spediteuren und Handelsorganisationen wie der Art Dealers Association of America und der New Art Dealers Alliance (NADA). Am Donnerstagmittag schienen viele Trost in einem obskuren, kleingedruckten Dokument namens '50 USC 1702(b)' zu finden, in dem Gegenstände aufgeführt sind, die von den Zöllen ausgenommen sind. Es stammt aus dem Jahr 2001 und umfasst prähistorische Gegenstände wie CD-ROMs (erinnern Sie sich daran?), Mikrofiche, Nachrichtenübermittlungen und – Trommelwirbel bitte! – Kunstwerke. Am Ende dieses turbulenten Tages herrschte zunehmend Einigkeit darüber, dass wichtige Zölle nicht für Kunst gelten werden, allerdings mit einer großen Einschränkung. 'Auch wenn es derzeit so aussieht, als ob Kunst nicht betroffen ist, kann sich das morgen ändern', sagte Green. 'Es ist alles im Fluss. Uhren und Weine werden besteuert. Es ergibt also wenig Sinn, warum Kunst nicht.'“ Im Deutschlandfunk Kultur hat Vivian Perkovic mit mir über die drohenden Zölle und einen tief im Gesetzesdickicht versteckten Ausnahmetatbestand für Kunst gesprochen.
Die Muttergesellschaft der Art Basel, die MCH Group AG, hat erstmals seit 2016 wieder einen Nettogewinn ausgewiesen, melde ich im Weltkunst Insider (60 Tage kostenloses Probeabo) und im Handelsblatt vom 4. April.
Die Einfuhr von Kunstwerken in die EU werde komplizierter, erklärt der Anwalt Zacharias Marwick im Weltkunst Insider: „Was in Deutschland aufgrund des Kulturgutschutzgesetzes schon lange eine große Rolle spielt, wird nun auch auf europäischer Ebene an Gewicht gewinnen: die Prüfung ausländischer Rechtsnormen zur Klärung, ob die Ein- oder Ausfuhr legal ist. Ab dem 28. Juni 2025 treten die bereits 2019 beschlossenen Regeln zur Einfuhr von Kulturgütern aus Drittländern in Kraft. Diese sehen vor, dass Einführende für Objekte aus archäologischem Kontext, die älter als 250 Jahre sind, unabhängig von deren Wert eine Einfuhrgenehmigung einholen müssen. Die Antragsteller müssen zwingend die legale Ausfuhr aus dem Herkunftsstaat durch das Einreichen entsprechender Dokumente belegen.“
Zum 1. April macht Dirk Knipphals in der taz Klaus Wowereit zum neuen Kultrustaatsminister , ich lasse bei Artmagazine die Art Basel die Wiener Messelandschaft aufmischen, und Monopol macht die Letzte Generation und Just Stop Oil zu den Kuratoren des deutschen Pavillons in Venedig. Dieser Scherz scheint dem Magazin so gut gelungen zu sein, dass es sich tags darauf zur Aufklärung veranlasst sah.
Die Spekulation hat ein Ende, jetzt wird alles gut! Das legt zumindest der Hiscox Artist Top 100 (PDF) nahe, den Karen K. Ho für Artnews gelesen hat: „Das 'Flipping ' scheint an Beliebtheit verloren zu haben: Der Gesamtumsatz von 'Wet Paint'-Kunstwerken (Kunstwerke, die innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Entstehung versteigert werden) von Künstlern unter 45 Jahren sank um 64 Prozent auf 14,1 Millionen US-Dollar, gegenüber 38,8 Millionen US-Dollar im Jahr 2023. Der HAT 100-Bericht stellte außerdem fest, dass die Anzahl der Werke in dieser Kategorie von 924 im Jahr 2013 auf 698 zurückging und fast jedes fünfte davon nicht verkauft wurde. Dies sei 'der höchste Anteil seit sieben Jahren', so der Bericht. 'Mit den niedrigsten Verkaufszahlen seit sieben Jahren ist die Spekulationswelle, die 2022 und 2023 einsetzte, nun vorbei', heißt es in dem Bericht“.
Von welchen Galerien die Künstler in New Yorker Institutionen vertreten werden, haben Anfang Mai Zachary Small und Julia Halperin für die New York Times nachgezählt. Das Ergebnis wird viele überraschen: „Was diese gefragten Künstler gemeinsam haben, ist ihr finanzstarker Schweizer Händler Hauser & Wirth. Die Künstler der Galerie sind in dieser Saison in den führenden Museen New Yorks so dominant vertreten, dass einige in der Kunstwelt von einem 'Hauser-Frühling' sprechen. Die Bedeutung von Hauser & Wirth kommt zu einer Zeit, in der die mächtigsten Händler der kommerziellen Kunstwelt eine immer größere Rolle bei der Unterstützung der ambitionierten Museumsausstellungen der Stadt spielen. Eine Analyse der New York Times zu Einzelausstellungen seit 2019 zeigt, dass von 350 Ausstellungen zeitgenössischer Künstler fast 25 Prozent an Künstler gingen, die von nur 11 der größten Galerien der Welt vertreten werden.“ Vor Jahren gab es eine Studie für die gesamten USA, deren Ergebnis ähnlich krass war, die ich nicht mehr finden kann. Für Hinweise wäre ich sehr dankbar!
Den Verkauf der Frieze melde ich im Artmagazine. Ausführlicher berichtet Maximilíano Durón bei Artnews.
Den Umzug des Münchener Galeriewochenendes Various Others in den Mai erklärt Brita Sachs in der FAZ: „Münchens Kunstinitiative Various Others (V.O.) hat das Ziel, derart spannende Eröffnungstage hinzulegen, dass Kulturfreunde einer Reise in die Stadt möglichst nicht widerstehen können. Bisher galt dafür der September als bester Zeitpunkt, aber die knappe Spanne zwischen dem Ende der Sommerferien und dem Beginn des Oktoberfests, alle zwei Jahre dazu noch die IAA, schuf Interessenkonflikte und machte Hotelzimmer knapp und teuer. Deshalb vertagte V.O. sich jetzt auf den Mai. Ob das Datum – eine Woche nach dem Berliner Gallery Weekend – geschickt gewählt war, gilt es noch zu analysieren.“
Wenn die Luxusgüterindustrie schwächelt, hat auch der Kunstmarkt ein Problem. Michael Schweppe berichtet im Handelsblatt (Paywall) von der hartnäckigen Umsatzflaute in der Branche: „Luxus war Jahrzehnte lang eine verlässliche Wachstumsbranche – bis jetzt. Europas Edelmarken stehen vor ihrer größten Herausforderung seit Jahrzehnten: Strafzölle, Handelskrieg und wackelige Märkte in den USA und China treffen die Luxuskonzerne hart. Louis Vuitton, Gucci oder Hermès müssen plötzlich mit erheblichen Kostenaufschlägen jonglieren, während US-Kunden in Rezessionsangst geraten. […] Schon 2024 schrumpfte das Geschäft mit persönlichen Luxusgütern wie Schuhen, Lederwaren, Parfüm und Schmuck nach Angaben der Beratung Bain um zwei Prozent. Das lag vor allem daran, dass Luxuskäufer im wichtigsten Zukunftsmarkt China unter den Folgen der Wirtschaftsschwäche litten. Und auch in Europa hat die Mittelschicht ihre Luxusausgaben gedrosselt.“
Den Unterschied zwischen Blue Chip- und Red Chip-Kunst erklärt Annika von Taube bei Monopol: „Wer nicht verurteilt, was Red Chippers mögen (zum Beispiel Merchandise- und Markenkollaborationsprodukte von Takashi Murakami oder Kaws, Algorithmen für die Kaufberatung, ästhetisch eingängige digitale Kunst, die man mit einem Blick aufs Handydisplay erfassen kann), hat auch kein Problem damit, dass sie Beeple, Damien Hirst und Jeff Koons in eine Schublade stecken, denn irgendwann könnten sie ihren ersten Warhol kaufen. […] Galerien wie Gagosian oder Emmanuel Perrotin haben bereits begonnen, ihnen die Tür zu öffnen in eine Welt, in der man sich eben nicht zwingend entscheiden muss zwischen der roten und der blauen Pille, Realität oder Illusion – warum auch, in der Kunst ist schließlich eh beides das Gleiche.“ Sogar Max Hetzler springt auf den Zug auf und verkündet seine erste KAWS-Ausstellung in Berlin.
Artnet, das bekannteste Kunstmarktportal, geht an einen britischen Investor, melde ich bei Artmagazine. Etwas weiter als der Käufer selbst gibt der jetzt ehemalige Großaktionär Rüdiger K. Weng Auskunft über die mögliche Zukunft von Artnet und Artsy in einem Beitrag von Georgina Adam für das Art Newspaper: „Weng erklärte, dass Wolff Artnet und Artsy zusammenlegen und möglicherweise weitere Unternehmen erwerben werde. 'Um diese Unternehmen zu monetarisieren, ist eine größere Struktur erforderlich', so Weng.“
Die zunehmend komplexeren Themenstellungen bei Bewertung und Athentifiezierung von Kunstwerken erläutert George Nelson bei Artnews: „Kunstgutachter und Echtheitsprüfer fügen jedoch zunehmend 'Vorbehalte' in ihre Gutachten ein oder formulieren Echtheitsberichte als 'vorbehaltlich', offenbar um die rechtliche Haftung zu umgehen, die mit einer eindeutigen Aussage verbunden sein könnte. In Gesprächen mit einschlägigen Experten über zwei aktuelle Fälle wurde deutlich, dass Gutachten und Echtheitsprüfungen zwar schon immer heikle Themen waren, diese Arbeit jedoch zunehmend komplexer wird.“
Ob Millennials den Kunstmarkt getötet hätten, fragt Melanie Gerlis provokativ in der Sunday Times: „Die Risse im Kunstmarkt sind nicht zu übersehen. Nach einem Aufschwung nach der Pandemie sank der Gesamtwert der Kunstverkäufe im Jahr 2023 um 4 Prozent und brach im vergangenen Jahr um weitere 12 Prozent ein. Weitere Verwerfungen wurden durch die Aussicht auf die Zölle von Präsident Trump verursacht. Kunst ist zwar nach amerikanischem Recht von diesen Zöllen ausgenommen, aber ihre vermögenden Käufer haben mit unbekannten Folgen zu kämpfen, was bedeutet, dass sie bestenfalls abgelenkt sind und schlimmstenfalls Geld verlieren. Dass Kunst möglicherweise keine so gute Investition ist, wird allmählich deutlich.“
Tim Blum (ehemals Blum & Poe) beendet seinen Galeriebetrieb in Los Angeles und Tokio. Daniel Cassady hat mit ihm für Artnews über die Gründe gesprochen: „Blum meinte, dass die Entscheidung weder wegen finanzieller Probleme noch wegen einer Midlife-Crisis gefallen sei, sondern wegen Burnout. „'Es geht hier nicht um den Markt', sagte er. 'Es geht um das System.' Er meinte damit die ganze Struktur des heutigen Galeriealltags: das immer größer werdende Netz aus Messen, Vernissagen, Verpflichtungen und Erwartungen, das seiner Meinung nach von Jahr zu Jahr anspruchsvoller geworden ist. 'Es funktioniert nicht. Und es hat nie funktioniert', sagte er. 'Auch wenn es so aussah.'“
Wer sich dafür interessiert, wie Kunst und Geld zusammenhängen und welche Rolle Zinsen für den Kunstmarkt spielen, sollte unbedingt diese Abhandlung von Janelle Zara lesen, den die freie Journalistin in ihrem Blog What are we looking at als Reaktion auf die Schließungen der Galerien von Tim Blum und Adam Lindemann veröffentlicht hat: „Das ist die Ästhetik der finanziellen Optimierung, die entsteht, wenn man Kunst nur noch als Geld wert sieht. (Ich habe auch versucht, 'stillen Luxus' zu einem Trend zu machen.) Um den kommerziellen Weg des geringsten Widerstands zu gehen, gehen sowohl 'stiller Luxus' als auch 'reibungslose Malerei' keine künstlerischen Risiken ein und stellen keine Herausforderung für die bestehende Weltanschauung des Betrachters dar. Das widerspricht dem Zweck der Kunst – Kunst ohne Spannung ist nur Dekoration –, aber es ist ideal für Sammler, deren reibungsloser Lebensstil sie ein wenig weich gemacht hat. Wahrscheinlich auch ein wenig dumm. Während das Ziel von Kunstinvestitionen früher darin bestand, die Praxis des Künstlers zu fördern, geht es heute darum, den größtmöglichen Gewinn zu erzielen und dabei das Leben aus der Kunst herauszupressen. All dies ist das Ergebnis eines sich selbst verstärkenden Kreislaufs: Kunst, in die niemand Mühe investiert hat, für Betrachter, die sich keine Mühe geben, sie anzuschauen.“ Inhaber eines Venmo-Accounts können der Autoren hier ihre Anerkennung in Geld ausdrücken.
Die Krise des französischen Kunstmarkts beschreibt eine Studie (PDF) des Galerienverbandes CPGA, die Roxana Azimi für Le Monde (Paywall) gelesen hat: „Zur Kosteninflation kommt ein weiteres Phänomen hinzu: die geringe Verjüngung der Sammler. 'Wir haben Schwierigkeiten, junge Leute anzusprechen, während in anderen Ländern, wie beispielsweise in China, die Käufer im Durchschnitt um die 30 Jahre alt sind', stellt Magda Danysz, Vizepräsidentin des CPGA, fest und fügt hinzu: 'Auch in Frankreich haben sich die Prioritäten verschoben, es geht mehr um das Erlebnis als um den Gegenstand.“ […] Am beunruhigendsten ist für Philippe Charpentier die Schwierigkeit, den Nachwuchs langfristig zu sichern. 'Kein neuer Akteur, der nach 2015 gegründet wurde, konnte seine Größe verändern, international expandieren oder in das Messesystem einsteigen', bemerkt der Präsident des CPGA. Dies könnte langfristig zu einer Schrumpfung des Marktes, einem Verlust an Vielfalt und einer Beeinträchtigung unserer Fähigkeit führen, unsere Künstler auf die internationale Bühne zu bringen.“ Möglicherweise liegt ein Problem der Branche aber auch an der Fixierung auf eben dieses Messesystem.
Auch in diesem Jahr wird sich das Kunstmarktsegment an der Schnittstelle zur Luxusindustrie auf rauhes Fahrwasser einrichten müssen, lassen die Zahlen von Bernard Arnaults Konzern LVMH vermuten, die das Manager Magazin meldet: „So sank der Umsatz um 4 Prozent auf 39,8 Milliarden Euro, wie das Unternehmen am Donnerstag nach Börsenschluss in Paris mitteilte. […] Trotz des Gewinnrückgangs betonte Analystin Zuzanna Pusz von der Schweizer Großbank UBS eine in ihren Augen beeindruckende Kostenkontrolle. Allerdings bleibe die Geschäftsentwicklung im zweiten Halbjahr schwer vorherzusagen, und die Risiken mit Blick auf die Schätzungen für 2026 hätten Bestand.“
Einen Lichtblick bietet hingegen der Uhrenmarkt: Die Preise steigen wieder, hat Markus Hinterberger für das Handelsblatt (Paywall) recherchiert.
Mega-Galerist scheint nicht das Endgame von Berufseinsteigern in die Kunstbranche zu sein, hat Tim Schneider für die Financial Times (evtl. Paywall) herausgefunden.
Gegen die düstere Prognose des WFA AG-CEOs Rüdiger Weng in der vorigen Ausgabe des WELTKUNST Insiders (60 Tage kostenlos) zum Schicksal des Galeriegeschäfts wehrt sich der Düsseldorfer Kunsthändler Hans Paffrath im aktuellen Newsletter: „Galerien, die mutig neue Wege gehen, haben eine starke Zukunft. Digitale Plattformen werden wachsen, aber sie werden das klassische Galeriegeschäft nicht ersetzen – sondern ergänzen. Entscheidend ist, dass wir als Galeristen unser Selbstverständnis anpassen: Wir sind nicht nur Händler, sondern Gastgeber, Vermittler und Gestalter von Erlebnissen. Wer das erkennt und konsequent handelt, braucht vor dem 'Ende des Galeriegeschäfts' keine Angst zu haben.“