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Saisonrückblick III/III; Foto Stefan Kobel
Saisonrückblick III/III; Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 35 2025

Das Auktionsjahr stand schon zu Beginn unter keinem guten Stern, und es ist nur teilweise besser geworden, zeigt der dritte und letzte Teil unseres Saisonrückblicks.

Wegen des schwächelnden Geschäfts mit Kunst suchten die Versteigerer nach Alternativen, beobachtet Scott Reyburn für die New York Times: „Josh Pullan, Sotheby's globaler Leiter der Luxusabteilung, sagte, dass der Verkauf solcher Waren wohlhabende Kunden anzieht, die mit der Zeit vielleicht anfangen, hochwertige Kunst zu kaufen. „Luxuskategorien sind für uns ein wichtiges Tor für neue, oft jüngere Sammler“, fügte er hinzu. Im vergangenen Jahr machte der Luxusbereich etwa 33 Prozent des Umsatzes bei Sotheby's aus, verglichen mit 16 Prozent bei Christie's, so die Kommunikationsteams der Unternehmen. Aber diese Kategorie zog mehr Käufer an als Kunst. [...] Christie's gehört dem Luxusgüter-Milliardär François-Henri Pinault, dessen Kering-Konglomerat ebenfalls von sinkenden Umsätzen betroffen ist. Nachdem Christie's 2014 Auktionen für Handtaschen eingeführt hatte, muss das Unternehmen nun mit dem Angebot von Sotheby's an Luxusartikeln und Sammlerstücken, wie Dinosaurierskeletten, aufholen.“

Derweil versucht Sotheby's den Geist ihres neuen Preismodells wieder zurück in die Flasche zu bekommen. Stephanie Dieckvoss erläutert den Rückzieher für das Handelsblatt: „In einer radikalen Kehrtwende hebt Sotheby’s die vor einem Jahr reduzierten Kommissionen auf Auktionen für Einlieferer und Käufer wieder an. Man „habe auf den Markt” gehört, heißt es in einer Kundenmitteilung des Hauses. Ab Februar werden maßgeschneiderte Gebühren für Einlieferer angeboten, die nicht veröffentlicht werden. Nach der angestrebten Transparenz geht es nun in die entgegengesetzte Richtung, nämlich die totale Verhandlungsfreiheit für das Haus. Diese wird aber sicher viel Zeit kosten.“

Juwelen, Handtaschen, Kunst und gebrauchte Sportartikel bietet Sotheby's bei seiner ersten Auktion in Saudi-Arabien an. Den wilden Mix stellt Elisa Carollo im Observer vor.

„Erster!“ betitelt Ursula Scheer ihren Kommentar Anfang Februar für die FAZ zu den in Wahrheit einigermaßen ernüchternden Jahreszahlen der großen Auktionshäuser mit Blick auf Sotheby's: „Auf sechs Milliarden Dollar beziffert das Haus in Besitz des israelisch-französischen Telekom-Unternehmers Patrick Drahi seinen Auktionsumsatz im Jahr 2024. Bei Christie’s, der Firma im Artémis-Universum des französischen Geschäftsmanns François Pinault, kamen nach eigenen Angaben 5,7 Milliarden zusammen. Entsprechend breitschultrig kann Charles Stewart als CEO von Sotheby’s zum Jahresabschlussbericht antreten. Von einem soliden Ergebnis in unsicheren Zeiten ist da die Rede, welches das Unternehmen an der Spitze des Marktes positioniere, von Investitionen in die Zukunft mit glamourösen neuen Niederlassungen auf drei Kontinenten, einer Verkaufsrate in Auktionen von 85 Prozent und vielen neuen Kunden. Die nackten Zahlen verraten aber auch, dass das Geschäft kein Selbstläufer ist. Um 28 Prozent sind die Auktionsumsätze von Sotheby’s gegenüber 2023 zurückgegangen. Bei Christie’s lag der Umsatzrückgang im ersten Halbjahr 2024 bei 22 Prozent und soll zum Jahresende auf sechs Prozent geschrumpft sein.“

Besonders gut gelaufen seien die Altmeister-Auktionen jedoch nicht, merkt Judd Tully im Art Newspaper an: „Während die ersten Auktionen dieses Winters für Alte Meister bei Christie's und Sotheby's in New York im Vergleich zum Vorjahr bessere Ergebnisse erzielten, blieben die Gesamtverkaufsergebnisse hinter den von den Auktionshäusern vor dem Verkauf angesetzten Schätzungen zurück. Christie's New York erzielte am Mittwoch (6. Januar) mit 19,5 Mio. $ (24,4 Mio. $ mit Gebühren) einen holprigen und uneinheitlichen Verkauf von Alten Meistern, der nach vier Rücknahmen nur knapp unter der revidierten Vorverkaufsschätzung von 22,2 bis 33,2 Mio. $ lag. Dennoch übertraf die Auktion bei weitem das schwache Ergebnis von 10,9 Mio. $ (13,7 Mio. $ mit Gebühren) vom letzten Januar.“

Die erste ausschließlich KI-Kunst gewidmete Auktion von Christie's meldet Min Chen bei Artnet.

Luxusgüter sind als neues Geschäftsfeld für die großen Auktionshäuser vielleicht doch nicht so eine sichere Bank wie gehofft, fürchtet Mealnie Gerlis im Art Newspaper: „Während die Auktionsumsätze im vergangenen Jahr auf breiter Front zurückgingen, verzeichnete Christie's den größten Rückgang bei den Luxusgütern, die um 31 % auf 678 Mio. $ im Jahr 2024 einbrachen. Im Vergleich dazu gingen die Verkäufe von Kunstwerken des 20. und 21. Jahrhunderts um 15 % zurück, und der angeschlagene Sektor der Alten Meister um 29 %.“

Gemischte Signale gingen laut Karen K. Ho bei Artnews von den Mid Season Sales für zeitgenössische Kunst in New York bei Sotheby's und Christie's aus: „[Kunstberaterin Dane] Jensen sagte, dass die Ergebnisse der Auktionen zur Saisonmitte durchwachsen sein können, insbesondere auf einem fragmentierten, 'unberechenbaren' Kunstmarkt, der derzeit den abstrakten Expressionismus und die figurative Malerei bevorzugt. 'Die Leute kommen wegen der wirklich großartigen Stücke, und alles andere ist dann eine sehr, sehr zähe Auktion', sagte er.“

Die Mid Season-Auktionen Anfang März in London waren erfolgreicher als die eine Woche zuvor in New York. Im Handelsblatt fasst Stephanie Dieckvoss zusammen: „Sotheby’s spielte in seiner Modern & Contemporary Evening Auction mit nur 38 Losen 62,5 Millionen Pfund ein. Die Verkaufsrate lag insgesamt bei hohen 90 Prozent. Christie’s erzielte ebenfalls ein starkes Ergebnis: Die Hauptauktion mit 48 Losen brachte 82,2 Millionen Pfund, bei einer Verkaufsrate von 94 Prozent. Dazu kamen die ausgezeichneten Ergebnisse der sich anschließenden Surrealismus-Auktion. Hier blieb nur eines der 25 Lose unverkauft. Die Auktion spielte knapp über 48 Millionen Pfund ein.“

Der Anteil Abu Dhabis an Sotheby's dürfte höher sein als bisher angenommen, berichtet Anfang April Harrison Jacobs bei Artnews: „Anfang dieser Woche veröffentlichte die Financial Times ein ausführliches Interview mit dem CEO von Sotheby's, Charles F. Stewart, das offenbar dazu gedacht war, das Geschäft des Auktionshauses vor den wichtigen Auktionen im nächsten Monat in New York anzukurbeln. Die wichtigste Erkenntnis ergab sich jedoch nicht aus einem Zitat, sondern war in der Mitte des Artikels versteckt. Der jüngste Investitionsvertrag des Auktionshauses über 1 Milliarde US-Dollar mit ADQ, dem Staatsfonds und der Investmentgesellschaft von Abu Dhabi, über den die FT berichtete, sah eine Beteiligung von 25 bis 30 Prozent an dem Unternehmen vor.“

In eine Drei Minus lässt sich das Fazit der Abendauktion im Mai bei Christie's in New York von Karen K. Ho und Daniel Cassady für Artnews ungefähr übersetzen: „Insgesamt bot der Abend einen aussagekräftigen Einblick in die aktuelle Lage des High-End-Marktes: stabil, nach wie vor stark segmentiert und stark von etablierten Künstlern geprägt. 'Es war ein beachtlicher Versuch, einige gute Zahlen zu erzielen. Ich denke, das Team hat hart gearbeitet', erklärte der Kunstberater Dane Jensen gegenüber ARTnews. 'Es war eine schwierige Aufgabe. Keine Katastrophe, aber man merkt, dass der Markt angespannt ist.'“ Kabir Jhala schlüsselt die Ergebnisse im Art Newspaper (evtl. Paywall) auf.

Sotheby's musste bei einer Giacometti-Skulptur hingegen eine veritable Schlappe hinnehmen, meldet Maximilíano Durón bei Artnews: „Der Auktionator Oliver Barker eröffnete die Versteigerung des Werks, das ohne Garantie angeboten wurde, bei 59 Millionen Dollar. Obwohl einige Gebote den Preis auf 64 Millionen Dollar erhöhten, wurde das Los nach vier Minuten ohne Verkauf zurückgezogen. (Der wahrscheinliche Grund dafür war, dass der Verkäufer einen Mindestpreis festgelegt hatte, der darüber lag, höchstwahrscheinlich die auf Anfrage angegebene Schätzung von 70 Millionen Dollar.)“

Die von kräftiger PR begleitete Altmeister-Auktion bei Sotheby's enttäuscht Karen K. Ho bei Artnews: „Experten führten die niedrige Verkaufsquote bei der Abendauktion auf eine Kombination aus überhöhten Schätzpreisen, einem sich wandelnden Geschmack der Käufer alter Meisterwerke, dem Zeitpunkt der Auktion und der hohen Anzahl von Garantien zurück. 'Käufer reagieren nicht gut auf Garantien, egal ob es sich um interne oder externe Garantien handelt', erklärte der Kunsthändler Nicholas Hall, ehemaliger Leiter der Abteilung für Alte Meister bei Christie's, gegenüber ARTnews. 'Ich denke, Käufer ziehen es vor, sich selbst ein Urteil über den Wert eines Bildes zu bilden. Eine Garantie kann in gewisser Weise sogar potenzielle Käufer abschrecken.'“ Dem Desaster positive Seiten abzugewinnen versucht Carlie Porterfield im Art Newspaper (evtl. Paywall).

Wie schon in den USA und London verlief auch in Deutschland die Auktionswoche im Juni durchwachsen. Bei Grisebach in Berlin werde man die Strategie überdenken, so Jan Kohlhaas im Handelsblatt: „Große Hoffnungen hatte man bei der Auktion „Kunst des 19. Jahrhunderts“ in die Strahlkraft einer Dresdener Privatsammlung mit Meisterwerken der Romantik gelegt und war jäh enttäuscht worden. Von den 22 Werken ging knapp die Hälfte zurück, alle vier Toplose im sechsstelligen Bereich fielen durch (…) Man werde sich beraten, wie es mit der Abteilung weitergehe, erklärte von Schacky gegenüber dem Handelsblatt. Die Ermüdungserscheinungen beim 19. Jahrhundert beobachte man schon länger, nun sei es Zeit zu reagieren. Vor einigen Jahren hatte das Haus ähnliche Erfahrungen mit der Fotografieabteilung gemacht und das Angebot seitdem stark reduziert. Insgesamt war man mit den Ergebnissen der Sommerauktionen jedoch sehr zufrieden. Vor allem der Evening Sale lieferte alles, was man sich von einer gelungenen Auktion erhofft: einen voll besetzten Saal, internationale Online- und Telefongebote, spannende Bietgefechte und spektakuläre Preissteigerungen.“ Die positive Seiten betont Ursula Scheer in der FAZ.

Keine Katastrophe gilt jetzt schon als Erfolg. Stephanie Dieckvoss berichtet von den Londoner Abendauktionen im Handelsblatt: „Christie’s streicht schon zum zweiten Mal die Abendauktion. Eine Tagesauktion am 26. Juni bringt 97 Lose zum Aufruf; keines wird über eine Million geschätzt. Phillips ruft am selben Tag 130 Arbeiten zu einer Gesamtschätzung von nur zehn bis 15 Millionen Pfund auf. Nur Sotheby’s machte eine Ausnahme und stellte eine Abend- und mehrere Tagesauktionen auf die Beine. Mit Erfolg: um die 230 Lose brachten 75,7 Millionen Pfund ein. Die Abendauktion setzte respektable 83 Prozent der 48 Lose mit einem Erlös von 62,4 Millionen Pfund um.“ In der FAZ freut sich Anne Reimers.

Unter bestimmten Vorzeichen lassen sich Alte Meister doch gut verkaufen, hat Stephanie Dieckvoss für das Handelsblatt in London beobachtet: „Das insgesamt gute Ergebnis dieser Abendauktion, bei der 34 der 39 Lose mit einem Gesamtumsatz von 55,3 Millionen Pfund verkauft wurden, gibt Anlass zu Optimismus. Denn es handelte sich hier um die höchste Umsatzquote in dieser Sparte seit 2012. Gebote kamen vor allem aus Europa und den USA, auf einige wenige Lose boten auch Sammler aus Asien und dem Mittleren Osten. […] Insgesamt boten beide Auktionshäuser in dieser Woche ausgesuchte, marktfrische Objekte zu realistischen Schätzungen. Das zeigt: Wenn es gute Angebote gibt, dann stimmt auch der Absatz, wobei es der Sammlerschaft offenbar zunehmend weniger um bestimmte Perioden, Malschulen oder auch Themen geht, sondern um die Qualität einzelner Werke.“ Damit habe sich jetzt eine Strategie ausgezahlt, die die Auktionshäuser bereits seit einiger Zeit fahren, analysiert George Nelson für Artnews.

Handtaschen retten den Auktionsriesen! Die Halbjahresergebnisse von Christie's analysiert George Nelson für Artnews: „Christie's gab am Dienstag seine Umsatzprognose für das erste Halbjahr 2025 bekannt. Der Betrag von 2,1 Milliarden US-Dollar, einschließlich Gebühren, entspricht dem Umsatz, der im ersten Halbjahr 2024 erzielt wurde. Während der Gesamtumsatz im letzten Jahr gegenüber dem gleichen Zeitraum 2023 einen Rückgang von 22 Prozent verzeichnete, erklärte Alex Rotter, Global President von Christie's, gegenüber Journalisten während einer Zoom-Konferenz, dass die Stagnation in diesem Jahr teilweise auf ein 'erneutes Interesse' an 'Teilbereichen der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts' zurückzuführen sei. Bedeutet dies, dass sich der Markt für moderne und zeitgenössische Kunst nach einem lang anhaltenden Rückgang stabilisiert? Nicht unbedingt. Starke Umsätze in den Luxuskategorien gleichen die stagnierenden Zahlen in den meisten Kunstkategorien aus. Christie's verkaufte im ersten Halbjahr 2025 fast 30 Prozent mehr Handtaschen, Uhren, Autos und Schmuck als im ersten Halbjahr 2024 und erzielte damit 468 Millionen US-Dollar oder 22 Prozent des Gesamtumsatzes von 2,1 Milliarden US-Dollar.“

Die Halbjahresbilanz der deutschen Kunstauktionshäuser von Ursula Scheer ist in der FAZ nur online erschienen, dafür allerdings hinter der F+-Paywall (vielleicht um die Käufer der gedruckten Samstagausgabe zum einem weiteren Kauf zu animieren): „Die aktuellen Halbjahreszahlen der umsatzstärksten hiesigen Versteigerer aber belegen, dass die neue Zurückhaltung kein flächendeckendes Phänomen ist, sondern vor allem in bestimmten Bereichen durchschlägt - etwa bei modernen oder zeitgenössischen Höchstpreiswerken jenseits der zehn Millionen Dollar, wie sie die großen internationalen Versteigerer in New York oder London anbieten. In einem vergleichsweise kleinen Markt wie Deutschland, der nur zwei Prozent zum weltweiten Umsatz mit Kunst beiträgt, 2024 allerdings auch nur um fünf Prozent schrumpfte - weit weniger stark also als der globale Handel im Ganzen -, ist dagegen sogar relatives Wachstum möglich.“

Das Auktionshaus Phillips führt eine neue Gebührenstruktur ein und scheint dabei geschickter vorzugehen als Konkurrent Sotheby's, berichtet Tessa Solomon bei Artnews: „So funktioniert es: Ein verbindliches schriftliches Gebot muss mindestens 48 Stunden vor Beginn der Auktion abgegeben werden und mindestens dem veröffentlichten Mindestpreis des Loses entsprechen. Laut Phillips profitiert das Gewinnergebot von einer 'deutlich niedrigeren' Käuferprovision. [...] Der Kunstberater Dane Jensen erklärte am Dienstag gegenüber ARTnews, dass die neuen Gebühren nur begrenzte Auswirkungen haben dürften. „Dies gilt wirklich nur für Lose mit moderateren Preisen, da die Top-Lose in der Regel garantierte Preise haben”, so Jensen. Der größte Vorteil liege offenbar beim Auktionshaus und nicht bei den Sammlern, da die Struktur den Experten 48 Stunden Zeit gebe, um mit dem Gebot hausieren zu gehen und ein höheres einzuholen.“