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Kommentierte Presseschau zum
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Die Art Basel startet eine neue Messe in Katar, erklärt sie in einer Pressemitteilung. Monopol-Chefredakteurin Elke Buhr erläutert im Interview mit dem SRF, warum ihrer Meinung nach die Expansion notwendig sei: „Es geht darum, das Gesamtgeschäft zu erhalten und zu stabilisieren. Die Art Basel ist ein internationales Unternehmen, das in Konkurrenz zu anderen Kunstmessen steht – zum Beispiel zur Londoner Frieze Art Fair. Diese hat ebenfalls stets weiter expandiert. Wenn die Art Basel ihre Position behalten möchte als weltweit wichtigste Messe der zeitgenössischen Kunst, muss sie sich demnach überlegen zu expandieren.“ Eine Einordnung unternimmt Scott Reyburn in der New York Times: „Analysten zufolge sind die Bemühungen der Regierung, ihre internationale Bedeutung zu stärken, zum Teil durch die Schwachstellen Katars motiviert. Im Jahr 2017 brachen Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten die diplomatischen und transportpolitischen Beziehungen zu Katar ab, dem sie Terrorismusunterstützung und Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten vorwarfen. Katar wies die Vorwürfe zurück, war jedoch bis zur schrittweisen Normalisierung der Beziehungen ab 2021 in der Region praktisch isoliert. Kritik äußert Rhea Nayyar bei Hyperallergic : „Auf Anfrage von Hyperallergic zu den möglichen Auswirkungen der katarischen Gesetze auf die Meinungsfreiheit erklärte ein Sprecher: 'Die Art Basel Qatar wird wie alle anderen Messen der Art Basel kuratorisch und operativ unabhängig sein.' [...] Nicht alle sind optimistisch, was das Versprechen der Messe angeht, in einem Land, das von Menschenrechtsverletzungen geplagt ist, autonom zu bleiben. Zu den Skeptikern gehört auch Volker-Johannes Trieb, ein deutscher Bildhauer, Performancekünstler und Aktivist, der Künstler zum Boykott der Veranstaltung aufruft. 'Ein Land, das sich mit dem Glanz und Glamour von Fußball, Kunst und Kultur schmückt, verschleiert systematisch die Ausbeutung, Entrechtung und Missachtung der Menschenrechte – insbesondere gegenüber Wanderarbeitern, deren Lebens- und Arbeitsbedingungen nach wie vor katastrophal sind', erklärte Trieb gegenüber Hyperallergic in einer Stellungnahme.“ Nüchtern blickt Ursula Scheer in der FAZ auf die Ankündigung: „Skizziert sind damit die Umrisse einer Gegenwartskunstmesse für islamisch geprägte Länder und darüber hinaus in einer Region, in der weder Demokratie noch Menschenrechte – als Exportgüter des Westens ohnehin in der Krise – Marktführer sind. Dafür verfügt sie über eine enorme Finanzkraft, entwickelt sich dynamisch und beheimatet eine große Klientel mit wachsendem Hunger auf Luxus- und Kulturgüter. Hier gibt es für den Kunsthandel, der im Spitzensegment international seit Jahren schwächelt, noch Wachstumschancen und können neue Sammlergruppen angesprochen werden.“ Ich kommentiere den Coup für Monopol.
In wohl kaum einer ihrer Austragungsstädte - immerhin 15 an der Zahl - dürfte eine Affordable Art Fair der Fachpresse eine Erwähnung wert sein. Außer in Wien. Hier widmen sich Die Presse, der ORF (Audio), der Falter, Artmagazine und Parnass der Veranstaltung. Als gäbe es in der Stadt nicht schon genügend Kunstmessen. Zur Einordnung: Partner der Wiener Veranstaltung ist Ikea.
Die spannenden Messen in der Peripherie finden hingegen kaum Beachtung. Während in der Vorwoche immerhin noch zwei deutschsprachige Medienvertreter den Weg nach Stockholm fanden, war ich in Bukarest zur Eröffnung der RAD Art Fair überhaupt der einzige auswärtige Journalist (hier meine Berichte für das Handelsblatt und Artmagazine). Einzig Rafael Pic, Chefredakteur des Quotidien de l'Art kam noch am Wochenende. Und in Warschau war dem Vernehmen nach niemand. Dabei boomt die Kunst dort gerade. Der Publikumsansturm zur zweiten NADA Villa Warsaw, deren aktuelle Ausgabe am Sonntag endete, überrascht selbst erfahrene westliche Galeristen, die teilgenommen haben.
Das Konjunkturloch sieht die neue Liste-Direktorin Nikola Dietrich im Interview mit Elke Buhr für Monopol (Paywall) als Chance: „In unsicheren Zeiten kaufen Menschen Kunst nicht aus spekulativen Gründen, sondern weil sie einzigartige, zugängliche Originale erwerben möchten. Das ist eine gute Nachricht für unsere jungen Kunstschaffenden. Dort, wo viel passiert, wie bei uns, entsteht auch viel Energie. Von den rund 100 Galerien sind 40 in diesem Jahr neu. Ich sehe eine Aufbruchsstimmung und bin optimistisch.“
Die von kräftiger PR begleitete Altmeister-Auktion bei Sotheby's enttäuscht Karen K. Ho bei Artnews: „Experten führten die niedrige Verkaufsquote bei der Abendauktion auf eine Kombination aus überhöhten Schätzpreisen, einem sich wandelnden Geschmack der Käufer alter Meisterwerke, dem Zeitpunkt der Auktion und der hohen Anzahl von Garantien zurück. 'Käufer reagieren nicht gut auf Garantien, egal ob es sich um interne oder externe Garantien handelt', erklärte der Kunsthändler Nicholas Hall, ehemaliger Leiter der Abteilung für Alte Meister bei Christie's, gegenüber ARTnews. 'Ich denke, Käufer ziehen es vor, sich selbst ein Urteil über den Wert eines Bildes zu bilden. Eine Garantie kann in gewisser Weise sogar potenzielle Käufer abschrecken.'“ Dem Desaster positive Seiten abzugewinnen versucht Carlie Porterfield im Art Newspaper (evtl. Paywall): „Viele der Lose der Saunders-Auktion waren intern garantiert, was bedeutet, dass Sotheby's die Kosten für die 16 nicht verkauften Lose übernimmt. Dennoch gab es auch positive Aspekte: Obwohl die Auktion hinter den Erwartungen zurückblieb, wurden viele der wertvollsten Gemälde verkauft, und das Auktionshaus stellte sieben neue Künstlerrekorde auf, wie Chris Apostle, internationaler Leiter der Abteilung für alte Meister bei Sotheby's, nach der Auktion erklärte.“
Sogar Die WeLT ist skeptisch, wenn der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer jubelt: „Deutsche Maler in den letzten 40 Jahren durchgängig absolute Weltklasse“ - und das sogar angeblich „ohne staatliche Subventionen“. Hans-Joachim Müller kommentiert: „Gerade der Markt braucht die institutionelle Beglaubigung seiner Angebote. Es wäre also schon fatal, wenn man aus Wolfram Weimers Befund zur angeblich subventionsfreien Karriere der 40-jährigen Deutschkunst herauslesen wollte, dass auch dem Theater-, dem Musik- und Literaturbetrieb empfohlen sei, statt über Spardiktate zu lamentieren, sich lieber ans lobenswerte Beispiel der Künstler zu halten. Es ist die hocheffiziente Kooperation von öffentlich und privat, die diesen Kunstbetrieb so stattlich hat anwachsen lassen. Man kann ohne Substanzverlust das eine nicht vom anderen trennen. Und es wäre schon noch einmal einer Grundsatzrede des neuen Kulturstaatsministers wert, in der er die 40-jährige absolute Weltklasse jenes Zusammenspiels von staatlichem Verlass und privatem Ehrgeiz rühmt.“ Die Kritik an Weimer versucht Elke Buhr bei Monopol (Paywall) einzuordnen: „Merz wollte offenbar gar niemanden in seinem Kabinett sehen, der die Interessen der Kultur wirklich vertreten würde – bei der erwünschten konservativen Wende in der Kulturpolitik wären zu viele Fachkenntnisse wahrscheinlich eher hinderlich. Der Publizist und Dauer-Talkshowgast Weimer ist stattdessen vor allem für eines Experte: steile, provokante Thesen, die Aufmerksamkeit und Klicks bringen – in der Medienwelt und im Plattformkapitalismus die härteste Währung. Das Gefasel von Nation, Blut und europäischer Expansion, das man in Weimers Büchern findet und das er in Interviews nach der Ernennung als Missverständnis herunterspielt, ist durchaus auch in diese Schublade einzusortieren: Wortgeklingel, dessen Implikationen er gar nicht durchdenkt. Gefährlich ist es trotzdem.“ Derweil plant der Minister anscheinend ein Konjunkturprogramm für die Bauindustrie, meldet dpa: „Der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer plant eine 'Kulturbauten-Offensive'. 'Die Kultur-Infrastruktur braucht Stärkung', erklärte Weimer zu einem Besuch der Architektur-Biennale in Venedig. 'Deshalb fördern und beschleunigen wir zahlreiche Bauprojekte im Kulturbereich.'“ Zwar ist das versprochene Engagement löblich, doch drängt sich Frage auf, ob es im Falle der Kultur nicht dringlicher wäre, in Köpfe zu investieren statt in Steine.
Mitte März war der ungarische Kunsthistoriker Péter Molnos durch einen Artikel von Olga Kronsteiner auf Gustav Klimts Portrait von Prinz William Nii Nortey aufmerksam geworden. Er recherchierte und postete in seinem Blog, dass das Gemälde bis kurz vorher in Ungarn gewesen sei. Kronsteiner nahm wiederum im Standard den in der ungarischen Zeitschrift hvg360 von Péter Hamvay geäußerten Schmuggelverdacht in ihre Berichterstattung auf, die wiederum offensichtlich von Alex Greenberger von Artnews gelesen wurde.
Die Bundesregierung plant einige Erleichterungen beim Kulturgutschutzgesetz, meldet Alexander Weinlein in Das Parlament, der Wochenzeitung des Bundestags: „Konkret sieht die Gesetzesnovelle vor, dass die Ausfuhrgenehmigung für nationales Kulturgut für Museen im internationalen Leihverkehr - etwa zur Realisierung von Ausstellungs-, Forschungs- und Restaurierungsprojekten - zukünftig für zehn statt für fünf Jahre erteilt werden können. Auch eine nachträgliche Verlängerung der Ausfuhrgenehmigung soll ermöglicht werden. Für Kulturgüter, die in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen sind, soll diese Flexibilisierung jedoch nicht gelten. Erleichtert werden soll auch der Handel mit Kulturgütern. So sollen Händler die zusätzlichen Sorgfaltspflichten bei der Dokumentation über den rechtmäßigen Erwerb oder zur Ein- und Ausfuhr erst ab einem Wert von 5.000 Euro erbringen müssen. Bislang galt eine Wertgrenze von 2.500 Euro. Für archäologische Kulturgüter hingegen sollen bei den Sorgfaltspflichten weiterhin die strengeren Regeln gelten.“
Über das neue Geschäft einer ehemaligen Sotheby's-Angestellten berichtet Daniel Cassady bei Artnews: „Mari-Claudia Jiménez, eine prominente Persönlichkeit auf dem internationalen Kunstmarkt, ist der globalen Anwaltskanzlei Withers beigetreten, um eine neue Art von hybrider Rechts- und Kunstberatung zu etablieren. Die neue Praxis mit Sitz in New York – Withers Art and Advisory – wird Sammlern, Nachlässen und Institutionen Marktberatung und Rechtsberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb und dem Besitz von Kunstwerken anbieten. Die neue Position passt zu Jiménez' Karriereweg in der Kunst- und Rechtswelt. Bevor sie fast ein Jahrzehnt bei Sotheby's tätig war – zuletzt als Vorsitzende, Präsidentin für Nord- und Südamerika und Leiterin der globalen Geschäftsentwicklung – war sie eine angesehene Kunstrechtsanwältin.“