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Kunstwoche
Kommentierte Presseschau zum
Kunstmarkt
von Stefan Kobel. Jede Woche neu.

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Wie schon in den USA und London verlief auch in Deutschland die Auktionswoche durchwachsen. Bei Grisebach in Berlin werde man die Strategie überdenken, so Jan Kohlhaas im Handelsblatt: „Große Hoffnungen hatte man bei der Auktion „Kunst des 19. Jahrhunderts“ in die Strahlkraft einer Dresdener Privatsammlung mit Meisterwerken der Romantik gelegt und war jäh enttäuscht worden. Von den 22 Werken ging knapp die Hälfte zurück, alle vier Toplose im sechsstelligen Bereich fielen durch (…) Man werde sich beraten, wie es mit der Abteilung weitergehe, erklärte von Schacky gegenüber dem Handelsblatt. Die Ermüdungserscheinungen beim 19. Jahrhundert beobachte man schon länger, nun sei es Zeit zu reagieren. Vor einigen Jahren hatte das Haus ähnliche Erfahrungen mit der Fotografieabteilung gemacht und das Angebot seitdem stark reduziert. Insgesamt war man mit den Ergebnissen der Sommerauktionen jedoch sehr zufrieden. Vor allem der Evening Sale lieferte alles, was man sich von einer gelungenen Auktion erhofft: einen voll besetzten Saal, internationale Online- und Telefongebote, spannende Bietgefechte und spektakuläre Preissteigerungen.“ Die positive Seiten betont Ursula Scheer in der FAZ: „Knapp ein Viertel der 87 „Ausgewählten Werke“ fanden keine Abnehmer. In den übrigen, nach Sparten aufgeteilten Auktionen lagen die Verkaufsraten zwischen rund 45 und gut 60 Prozent. Dem Gesamtumsatz tat das keinen Abbruch: Grisebach meldet eine Steigerung von 54 Prozent gegenüber dem Vorjahr und einen Halbjahresumsatz von 22 Millionen Euro. 2024 lag er bei 18 Millionen.“
Auch bei Ketterer lief nicht alles nach Plan, hat Sabine Spindler für das Handelsblatt beobachtet: „Doch nicht alles lief wie erhofft. Eiseskälte machte sich breit, als sich weder im Saal noch am Telefon Engagement für Alexej von Jawlenskis Porträt des Tänzers Sacharow von 1913 zeigte. Der koloristisch überhöhte, expressionistische Kopf des Russen, der vier Jahre nach dem androgynen Porträt im Münchener Lenbachhaus entstand, sollte mindestens 1,5 Millionen einspielen. 'Für solche Werke gibt es heute nur noch einen, höchstens zwei Interessenten', kommentierte Robert Ketterer im Gespräch mit dem Handelsblatt den Rückgang. Und wenn die nicht mitzögen, falle auch ein bedeutsames Werk durch, so der Auktionator. Ebenfalls vom Markt verschmäht wurden Toplose [...] Insider merkten am Rande der Auktion an, dass dies ein Zeichen für den Rückzug von reinen Kunstinvestoren und Anlagekäufern sei und auf eine vorsichtigere, noch strikter kalkulierte Erwerbspolitik dieser Klientel im Millionensektor hindeute.“ Brita Sachs sieht für die FAZ vor allem Erfreuliches: „Im weiteren Verlauf der Auktion übertrafen viele Werke im fünfstelligen Schätzbereich die Erwartungen; erst bei den Millionenwerken rahmte manche Taxmarge den Hammerpreis.“
Der Markt für das Topsegment des Designs sei hingegen robust, glaubt Karen K. Ho von Artnews: „Selbst in einem schwachen Auktionsmarkt bleibt die Kategorie Design – insbesondere mit bemerkenswerten Werken von Tiffany Studios, Les Lalanne und Alberto Giacometti – ein Lichtblick bei Auktionen. Die beiden jüngsten Auktionen von Christie's erzielten insgesamt 23,6 Millionen US-Dollar. 'Man spricht auch ein breites Spektrum von Sammlern an. Es ist nicht mehr nur eine Nische', erklärte Betsy Beierle, Senior Sales Associate bei Carpenters Workshop, gegenüber ARTnews. 'Selbst in einem zögerlichen Markt, wenn etwas selten und knapp ist, überwiegt das definitiv jede Art von Schwäche.'
Mit Amüsement blickt Annie Armstrong bei Artnet auf die neue Modelinie von Sotheby's : „Ich habe mehr Zeit damit verbracht, über die Auswirkungen dieser Zusammenarbeit nachzudenken, als ich zugeben möchte. Strebt Sotheby's ein jugendlicheres Image an? Das Unternehmen hat gerade den prominenten Kunstberater Ralph DeLuca als neuen „Vizepräsidenten für Populärkultur” eingestellt, was sicherlich ein Zeichen ist. Das Team von Artnet News Pro hat ausführlich darüber berichtet, wie Sotheby's in letzter Zeit finanziell zu kämpfen hat, und vielleicht sucht das Unternehmen mit 400-Dollar-Frotteebademänteln nach neuen Einnahmequellen.“ Das Timing des Versteigerers scheint wirklich nicht optimal, steckt das Traditionsunternehmen doch gerade in einer tiefen Krise.
Die Eröffnung einer weiteren Frieze-Immobilie, diesmal in Seoul, meldet Angelica Villa bei Artnews: „Ein Sprecher der Frieze erklärte, dass der neue Raum in Seoul einem ähnlichen Modell wie die Londoner Galerie Nr. 9 Cork Street in Mayfair folgen werde, in der wechselnde Pop-up-Ausstellungen stattfinden. Die Messe-Franchise wurde 2021 ins Leben gerufen.“
Ob der Kauf der Frieze ein kluger Schachzug von Ari Emanuel war, fragt Melanie Gerlis im Art Newspaper: „Frieze hat gut daran getan, sich einen kulturell engagierten Eigentümer zu sichern, der bereit ist, in schwierigen Zeiten einen sehr selbstbewussten Preis zu nennen. Es handelt sich um ein profitables Unternehmen, wie uns mitgeteilt wurde, und die Marke ist stark – worin ein Großteil ihres potenziellen Werts liegt. Das derzeitige Format der Kunstmesse scheint jedoch kein Motor für schnelles Wachstum zu sein. Frieze setzt darauf, dass Emanuel wesentlich klüger ist als alle anderen.“
Ob Millennials den Kunstmarkt getötet hätten, fragt Melanie Gerlis provokativ in der Sunday Times: „Die Risse im Kunstmarkt sind nicht zu übersehen. Nach einem Aufschwung nach der Pandemie sank der Gesamtwert der Kunstverkäufe im Jahr 2023 um 4 Prozent und brach im vergangenen Jahr um weitere 12 Prozent ein. Weitere Verwerfungen wurden durch die Aussicht auf die Zölle von Präsident Trump verursacht. Kunst ist zwar nach amerikanischem Recht von diesen Zöllen ausgenommen, aber ihre vermögenden Käufer haben mit unbekannten Folgen zu kämpfen, was bedeutet, dass sie bestenfalls abgelenkt sind und schlimmstenfalls Geld verlieren. Dass Kunst möglicherweise keine so gute Investition ist, wird allmählich deutlich.“
Das London Gallery Weekend sieht Jo Lawson-Tancred bei Artnet an einem Scheideweg: „Die LGW findet nun bereits zum fünften Mal statt und hat sich zu einem Highlight des jährlichen Kunstangebots in London entwickelt. Die Attraktivität liegt in der echten Kameradschaft zwischen großen und kleinen Galerien in einem der größten und wettbewerbsintensivsten Kunstzentren der Welt. Aber kann angesichts des immer dichter werdenden Londoner Kunstkalenders jeder mit seinem Moment im Rampenlicht rechnen? Um es auf den Punkt zu bringen: Eine bescheidene Anzahl trendiger, jüngerer Galerien aus dem Programm des letzten Jahres hat sich diesmal gegen eine Teilnahme entschieden, darunter Union Pacific, Guts Gallery, The Sunday Painter und Xxijra Hii. Es wird gemunkelt, dass der immer voller werdende Veranstaltungskalender, der oft nicht im Voraus bekannt gegeben wird, zu Terminkonflikten geführt hat, bei denen in der Regel hochkarätige Veranstaltungen bekannter Galerien in zentraleren Lagen Vorrang haben.“ Einen Rundgang durch die teilnehmenden Galerien hat Anne Reimers für die FAZ unternommen.
Den Markt für Fotografie haben Artnet und Morgan Stanley unter die Lupe genommen: „Aus einer Perspektive betrachtet, zeigt sich für den Zeitraum von zwei Jahrzehnten ein Bild der Stagnation. Im Jahr 2005 erzielte der Markt für Fotografie-Auktionen einen Umsatz von 113,4 Millionen US-Dollar, im Jahr 2024 waren es 116,9 Millionen US-Dollar, was einem Anstieg von etwas mehr als 3 Prozent entspricht. (Der Wert der verkauften Gemälde stieg in diesem Zeitraum um 76,2 Prozent, der von Skulpturen um 109,2 Prozent und der von Drucken und Multiples um 145,8 Prozent.) Inflationsbereinigt bedeutet dies einen Rückgang von rund 36,7 Prozent für Fotografien. Auch die Durchschnittspreise sind gesunken, obwohl die Zahl der verkauften Lose gestiegen ist.“
Den Streit um das Hohenzollern-Erbe und seine Lösung beschreibt dpa zusammenfassend: „Der historische Deal über die Kunstschätze des Hauses Hohenzollern gilt. Die Vereinbarung der Nachfahren des letzten deutschen Kaisers mit der öffentlichen Hand nahm am Freitag die letzte juristische Hürde - das Deutsche Historische Museum stimmte zu, wie zuvor schon alle anderen betroffenen Institutionen. […] Dabei herrschte in diesem jahrzehntelangen Verhandlungskrimi keineswegs immer eitel Sonnenschein. Die wichtigsten Fragen und Antworten...“
Die Klage von Disney und Universal gegen den KI-Bildgenerator Midjourney betrachtet Tamara Wendrich bei Legal Tribune Online auch aus deutscher Sicht: „Die Studios werfen Midjourney auf über 100 Seiten Klageschrift vor, für das Generieren der KI-Fotos urheberrechtlich geschütztes Material zu 'klauen'. Nach amerikanischem Urheberrecht dürften nämlich ausschließlich die Studios als Urheberrechtsinhaber ihre kreativen Werke kontrollieren und vermarkten, argumentieren sie. Aus diesem Grund sei es Midjourney auch verboten, nicht nur Bilder zu kreieren, die auf den Originalen beruhen, sondern diese Bilder auch in seiner Galerie zu verbreiten. Für die Medienriesen ist auch klar: Der Missbrauch ihres geistigen Eigentums könnte leicht gestoppt werden. Das KI-Start Up sucht laut Klageschrift nämlich selbst aus, mit welchen Inhalten es seine Software trainiert. Auch technische Schutzmechanismen seien denkbar, da die Plattform bereits Maßnahmen ergriffen habe, um zum Beispiel das Verbreiten und Darstellen von Gewalt oder Nacktheit zu verhindern.“
Das Aus des renommierten Kunstforum Wien meldet Werner Remm bei Artmagazine: „Das Kunstforum Wien der Bank Austria im Palais an der Freyung im ersten Wiener Gemeindebezirk wird Ende Juni endgültig geschlossen. Das teilten die Leiterin Ingried Brugger und Wolfgang Schilk, Vorsitzender des Vereins in einer Pressekonferenz mit. [...] Dass der neue Besitzer des Gebäudes die Liegenschaft bestmöglich verwerten möchte sei diesem nicht vorzuwerfen, so Wolfgang Schilk. Außerdem wolle die Bank Austria nicht mehr selbst eine Ausstellungsinstitution führen, sondern das Sponsoring auf die Unterstützung von Kulturveranstaltungen konzentrieren. Das für die Ausstellung von Marina Abramovic geplante Budget wird von der Bank Austria nun der Albertina zur Verfügung gestellt. Für Olga Kronsteiner vom Standard ist die Schließung des Kunstforums symptomatisch für den Umgang von Konzernen mit ihrem Kulturengagement: „Die künftige Förderung der Kunstszene läuft folglich auf Sparflamme. Und das fügt sich in das Bild einer Branche, die sich mit dem Aufbau von Kunstsammlungen einst gerne als mäzenatisch gerierte und teils eben auch eigene Ausstellungsräume betrieb. Die 1974 gegründete Bawag Foundation, die 2013 als Bawag Contemporary ihr Ende fand, war eines der ersten Opfer straffer Sanierungsprogramme in der Bankenszene. Die Kollektion der Bawag wurde längst verscherbelt, und auch deutsche Banken begannen ihre Kunstassets in den vergangenen Jahren lukrativ zu versilbern. Den mit Abstand größten Brocken warf dabei von 2019 bis 2021 bekanntlich die Unicredit auf den Markt, wo sich im Laufe der Jahre über diverse Fusionen mit europäischen Banken fast 60.000 Kunstwerke angehäuft hatten.“ Die vielbeschworene Corporate Cultural Responsibility ist oft eben doch nur ein Lippenbekenntnis.
Der Galerist Kamel Mennour schenkt dem Musée d’Art Moderne (MAM) in Paris 180 Kunstwerke, meldet Karen K. Ho bei Artnews.
Jerry Gogosian möchte jetzt Hilde genannt werden. Das US-amerikanische Kunstwelt-Starlet Hilde Lynn Helphenstein hat letzte ihre Kunstfigur Jerry Gogosian per Instagram-Story beerdigt und den Account noch am selben Tag gelöscht. Alex Greenberger widmet ihr bei Artnews einen Nachruf. In einer Rundmail schreibt Helphenstein: „Rückblickend war meine Reise in den sozialen Medien von tiefgreifendem Wachstum geprägt. Ich habe eine schwere Krankheit überwunden, mich meinen Suchtproblemen gestellt und schließlich zur Abstinenz gefunden. Auf diesem Weg habe ich mit Fitness begonnen und mich verliebt. Ich bin nach Connecticut gezogen, habe ein Haus gekauft und meinen Executive MBA begonnen. Ich habe auch meine Sorgen und meine Verwirrung geteilt. Manchmal wurde es chaotisch. Ich habe das Gefühl, in der Öffentlichkeit erwachsen geworden zu sein.“ Da hat der Therapeut wohl ein Machtwort gesprochen. Eine Hintertür hat sie sich jedoch offengehalten: Die Webseite existiert noch, Außerdem hat sie angekündigt, der Kunstwelt erhalten zu bleiben, sie wisse nur noch nicht, in welcher Form.