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Das Wichtigste zuerst: Die White Cube-Party, die alljährlich die Miami-Sause einläutete, findet nicht mehr statt, weiß Annie Armstrong von Artnet (Payywall) und noch einige andere Dinge, die man vielleicht lieber nicht erfahren hätte: „Die Veranstaltung war berüchtigt dafür, dass sie die eher zugeknöpften Stammgäste der Kunstwelt dazu brachte, ihr Haar zu öffnen. Marc Spiegler, ehemaliger Direktor der Art Basel, schwärmte mir über WhatsApp von der Stimmung vor: 'Den Wind des Atlantiks in zehn Metern Entfernung zu spüren, zu einer echten Band zu tanzen, zu spüren, wie sich die kinetische Energie des Marktes aufbaut, in den letzten entspannten Momenten zu schwelgen, bevor der Tumult über uns hereinbricht.“ Und der sanft anrollenden Brandung entsteigt anmutig Ursula Andress... oder eher Pamela Anderson. Oder Stormy Daniels.
Gute Einstiegsmöglichkeiten angesichts sinkender Preise auf dem Sekundärmarkt sieht das Bank of America Art Market Update, da Kunst und Collectibles langfristig als Anlageklasse wichtiger würden: „Laut der 'Bank of America Private Bank Study of Wealthy Americans' aus dem Jahr 2024 betrachten 56 % der Sammler ihre Kunst heute als Teil ihrer Vermögensverwaltungsstrategie, darunter 98 % der jüngeren Sammler (Millennials und Generation Z), die Kunst in höherem Maße als je zuvor in ihre wohltätigen Spenden (52 %), ihre Steuerplanung (48 %) und ihre Liquiditätsstrategie (28 %) integrieren.“ Zusammenfassungen der Ergebnisse des (ohnehin nicht besonders umfangreichen) Reports bieten Maxwell Rabb bei Artsy und George Nelson bei Artnews.
Der Markt für Luxusgüter soll einer Untersuchung von Bain Capital und Altagamma zufolge in diesem Jahr stagnieren: „Die weltweiten Luxusausgaben werden im Jahr 2024 voraussichtlich fast 1,5 Billionen Euro erreichen und im Vergleich zu 2023 relativ unverändert bleiben, mit einer geschätzten Wachstumsrate zwischen -1 und 1 % im Vergleich zum Vorjahr.“
Art Lending boome hingegen, glaubt George Nelson bei Artnews: „Unter den großen Kreditgebern ist die Bank of America mit Abstand die größte. Während eine Quelle gegenüber [Marion] Maneker spekulierte, dass das Kreditvolumen der Bank von 10 Milliarden US-Dollar in den letzten 18 Monaten auf 8 Milliarden US-Dollar gesunken sei, sagte Drew Watson, der Leiter der Kunstabteilung der Bank, dass das Kreditvolumen der Bank in diesem Jahr tatsächlich um 10 Prozent gestiegen sei. Dieses Wachstum, so Watson gegenüber ARTnews, hänge mit einem langfristigen Trend zusammen, der für die Kunstwelt möglicherweise wichtiger sei als die Zinssätze: Sammler würden ihre Kunstbestände zunehmend in ihre 'Gesamtvermögensstrategie' einbeziehen.“
Der Auktionseinstand im neuen Domizil in Hongkong verlief für Sotheby's nicht gerade glänzend, berichtet Margaret Carrigan bei Artnet (Paywall): „Ein Mark Rothko-Gemälde, das einst dem flüchtigen malaysischen Finanzier Jho Low gehörte, wurde diese Woche bei Sotheby's Hongkong für 252,5 Millionen HK$ (32,5 Millionen Dollar) einschließlich Gebühren verkauft. Das sind rund 30 Prozent weniger als der letzte Auktionspreis vor einem Jahrzehnt. [...] Der Rothko war nicht die einzige Enttäuschung bei der ersten großen Versteigerung von Sotheby's in seinem neuen Hauptsitz in Hongkong. Von 35 angebotenen Losen wurden sieben bereits im Vorfeld zurückgezogen, was auf mangelndes Käuferinteresse hindeutet, und weitere fünf blieben unverkauft, was eine Verkaufsquote von 65 Prozent ergab.“
Jedem Auktionsbericht wohnt ein Abschied inne, besonders dem aktuellen Vorbericht von Christiane Fricke für das Handelsblatt der von der Luxemburger Fotogalerie Clairefontaine: „Hintergrund der Einlieferung ist der krankheitsbedingte Rückzug Marita Ruiters aus dem Geschäftsbetrieb. Das ist ein schmerzlicher Verlust für die internationale Fotoszene, mit der die gut aussehende Galeristin eng vernetzt war. 35 Jahre lang gehörte sie zu den ersten Adressen im Westen Europas.1989 hatte Ruiter die Fotogalerie nur wenige Meter von ihrer ein Jahr zuvor gegründeten Galerie für zeitgenössische Kunst eröffnet. Dort begann sie mit Kokoschka, Klimt und Schiele, um ihr Programm bald für Protagonisten der Gegenwartskunst zu öffnen, die in Luxemburg noch nicht gezeigt worden waren; unter ihnen Gerhard Richter und Jochen Gerz. Das war möglicherweise auch ein Beweggrund für ihren Erfolg: der an der zeitgenössischen Kunst geschulte Blick, der auch für eine Konventionen überschreitende Fotografie offen war.“
Die Ergebnisse der Hassfurther-Auktion in Wien fasst Nina Schedlmayer im Handelsblatt zusammen: „Wer die Ziele bescheiden genug steckt, übertrifft sie leichter. Das zeigte das Wiener Auktionshaus im Kinsky am 6. November 2024. Die Bestände, die aus der Geschäftsauflösung Wolfdietrich Hassfurther stammen, starteten teils bei Spottpreisen. Wie so oft in dem Haus war die Auktion Anlass zum Jubel: Bei einer Verkaufsquote von 76 Prozent der Lose habe man, so die Pressemeldung, 141 Prozent 'in Relation zum Limit' erzielt – vor dem Nachverkauf, der noch einiges einbringen kann. Dass die 431 Lose insgesamt um einiges mehr erzielten als die Summe der Ausrufpreise, ist wenig verwunderlich. Denn diese waren in vielen Fällen fast grotesk niedrig angesetzt.“
Auf die anstehende Auktionsrunde in Berlin und Köln weist Susanne Schreiber im Handelsblatt hin: „Das alles überstrahlende Hauptwerk in der Grisebach-Offerte vom 28. November 2024 ist abermals ein Bild von Max Beckmann. „Quappi mit grünem Sonnenschirm“ entstand 1938, im ersten Jahr des Amsterdamers Exils. Es gilt dem Anbieter als „eines der schönsten und erotischsten Porträts“ von Beckmanns deutlich jüngerer zweiter Ehefrau Mathilde, genannt Quappi. Das aus der Schweiz eingelieferte Strandbild soll vier bis sechs Millionen Euro kosten. Die übrigen Lose der Abendauktion rangieren, zumindest was ihre Schätzpreise betrifft, deutlich darunter. Etliche Einlieferer halten sich derzeit gern zurück und hoffen auf bessere Stimmung für den Verkauf.“
Ebenfalls nach Köln blickt Ursula Scheer für die FAZ: „Bei Sotheby’s wird es modisch: Ein Pop-up-Store des Berliner Designers William Fan, Jungstar der deutschen Modeszene, bringt einen Hauch Fashion Week ins Palais Oppenheim – und illustriert so im Kleinen die Verschränkung von Lifestyle, Luxus und Kunst, die man zuletzt beispielhaft rund um die Art-Basel-Messe in Paris beobachten konnte. In Köln unterhält Sotheby's seit drei Jahren eine Dependance am Rheinufer, in der inzwischen auch Saalauktionen stattfinden. Nur 28 Lose umfasst die Veranstaltung am 12. November mit 'Modern & Contemporary Art'. Drei Gemälde Max Liebermanns stehen im Mittelpunkt.“
Prominente Einlieferer zu den New Yorker Auktionen versucht Daniel Cassady für Artnews zu identifizieren: „Weitere Nachforschungen haben weitere Namen von Sammlern ergeben, von denen wir glauben, dass sie ihre Bestände abstoßen, solange die Zinssätze (relativ) gut sind. Und während vermögende Privatpersonen ihre Ausgaben in den letzten 12 Monaten zurückgeschraubt haben, befinden wir uns laut vielen Marktbeobachtern in einem 'Sammlermarkt'. Wenn das Kunstwerk gut genug ist, werden die Bieter sicher ihre Paddel heben.“
Teuer wird für Sotheby's die Abwendung eines Prozesses wegen Beihilfe zum Umsatzsteuerbetrug, berichtet Daniel Cassady bei Artnews: „Sotheby's hat sich bereit erklärt, dem Staat New York 6,25 Millionen US-Dollar zu zahlen, um eine von Generalstaatsanwältin Letitia James eingereichte Klage beizulegen, in der dem Auktionshaus vorgeworfen wurde, Sammlern dabei geholfen zu haben, die Umsatzsteuer auf den Kauf hochwertiger Kunstwerke zu umgehen. Die New Yorker Generalstaatsanwaltschaft behauptete, dass Sotheby's von 2010 bis 2020 betrügerische Wiederverkaufszertifikate von mindestens acht Sammlern akzeptiert habe, wodurch diese die Verkaufssteuern des Staates New York auf Kunstwerke im Wert von mehreren zehn Millionen Dollar umgehen konnten.“
Bange Fragen nach der Zukunft des Kunstsammelns und der klassischen Programmgalerie stellt sich Christiane Fricke beim Gang durch Kölner Galerien im Handelsblatt: „Galerien mit beständiger Adresse, die mit langem Atem ihre Künstlerinnen und Künstler aufbauen, werden immer weniger. Denn die alte Sammlergarde, die ihre Künstler über längere Zeiträume beobachtet und begleitet, gibt es kaum noch, beobachten die Kölner Galeristen Sylvia und Thomas Rehbein. Eine junge Generation, deren Sammelleidenschaft zukünftig auch für Museen interessant würde, wachse nicht nach beziehungsweise sammele 'wie Kraut und Rüben'. […] Was anstelle der traditionellen Programmgalerie kommen soll, ist noch nicht abzusehen. Denn bei den zahlreichen Off-Spaces, die in Köln – ohne festen Künstlerstamm – auf den Plan getreten sind, ist die Frage, ob sie überleben.“
Den Markt für Werke der Neuen Sachlichkeit stellt Sabine Spindler im Handelsblatt vor: „Viele der damals ausgestellten Künstler wie Otto Dix, George Grosz, Christian Schad erzielten in den letzten Jahrzehnten Millionensummen. Viele andere jedoch, vor allem Malerinnen, wurden damals übersehen. Deswegen überrascht dieser Markt immer wieder mit unbekannten Meisterwerken von beachtlichem Steigerungspotenzial.“
Das British Museum erhält eine Schenkung im Wert von einer Milliarde Pfund, meldet dpa: „Die Sammlung des Geschäftsmanns Percival David (1892-1964) besteht aus etwa 1.700 Stücken. Einem Bericht der Nachrichtenagentur PA zufolge handelt es sich um die wertvollste Schenkung der britischen Museumsgeschichte. Die wertvollen Stücke aus dem zehnten bis 18. Jahrhundert sind bereits seit 2009 als Dauerleihgabe in einem speziellen Raum des bekannten Londoner Museums untergebracht.“
Kurz vor Toresschluss soll es doch noch etwas werden mit der Reform der Stiftung Museen Preußischer Kulturbesitz, meldet dpa: „Das Bundeskabinett verabschiedete am 13.11. den Regierungsentwurf für ein neues Gesetz über Deutschlands größte und wichtigste Kultureinrichtung. Es soll an die Stelle des bisherigen Gesetzes aus dem Jahr 1957 treten.“ Da muss im Bundestag jetzt nur noch die Opposition mitspielen.
Am Freitag wird im Bundesrat das Jahressteuergesetz verabschiedet, so nichts Unvorhergesehenes mehr passiert. Dann gilt auf Kunst wieder der ermäßigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent.
Die Artnet AG hat ihre für heute angesetzte Hauptversammlung abgesagt.
Über das Auffliegen eines italienischen Fälscherrings berichtet Ursula Scheer in der FAZ: „Tausende Kunstwerke angeblich von Banksy, Andy Wahrhol oder Pablo Picasso – und alles Fakes: Die italienische Polizei hat ein groß angelegtes europaweites Netzwerk von Kunstfälschern aufgedeckt, das Werkimitationen bekannter Künstler der Moderne sowie der Gegegwart hergestellt und verkauft haben soll. Wegen gemeinschaftlichen Handelns mit Diebesgut, der Fälschung und des illegalen Verkaufs von Kunstwerken wurde gegen insgesamt 38 Personen in Italien, Spanien, Frankreich und Belgien Haftbefehl erlassen, teilten die für Kunstkriminalität zuständige Abteilung der italienischen Polizei und die Staatswanwaltschaft Pisa in einer gemeinsamen Erklärung mit“.