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Die Umstellung auf Online-Formate haben die Auktionshäuser beeindruckend schnell bewerkstelligt. Während die großen internationalen Unternehmen massive Verluste verzeichnen, scheint die Großzahl der kontinentaleuropäischen Versteigerer gut durch die Krise zu kommen, wie der letzte Teil unseres dreiteiligen Saisonrückblicks belegt.
Besser als befürchtet seien die von Sotheby's veröffentlichten Zahlen, schreibt Anne Reimers im August in der FAZ: "Sie beziehen sich auf die ersten sieben Monate des Jahres, weil wichtige Live-Auktionen wegen Corona auf spätere Termine im Juli verlegt werden mussten. Der Zeitraum von Januar bis Ende Juli 2020 ist daher besser mit den ersten sechs Monaten des Vorjahres vergleichbar. Es lief deutlich besser als zunächst befürchtet: Die Firma konnte 2,5 Milliarden Dollar umsetzen. Die Summe setzt sich aus Auktions- und Privatverkäufen und Einnahmen über die Online-Plattformen 'Sotheby's Home' und 'Sotheby's Gallery Network' zusammen. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2019 wurden insgesamt 3,3 Milliarden Dollar umgesetzt."
Gute Neuigkeiten hat Susanne Schreiber Anfang September für das Handelsblatt aus Stuttgart erfahren: "Der neue Geschäftsführer des Kunstversteigerers Nagel heißt nach vier Jahren Pause wieder Uwe Jourdan. Diesmal ist der 53-Jährige ausgebildete Kunsthändler und Teppich-Experte die treibende Kraft im neuen Gesellschafterkreis. Dazu zählen nun auch Nagels bewährter Asiatika-Experte Michael Trautmann sowie Saskia Straub, Fabio Straub und Tim Straub. Die drei Kinder des 2004 plötzlich verstorbenen Nagel-Eigentümers Robin Straub werden in einigen Jahren ins operative Geschäft eintreten. Damit ist eine Insolvenz des 1922 gegründeten Traditionshauses abgewendet und das seit Juni laufende Sanierungsverfahren in Eigenregie erfolgreich beendet."
Den Einstieg des ehemaligen Hedgefonds-Manager Alexander Klabin bei Sotheby's Finanzdienstleistungszweig meldet Angelica Villa im Art Market Monitor.
Auch in der Schweiz, in diesem Fall bei der Berner Galerie Kornfeld, sei die Auktionssaison ganz passabel gelaufen, berichtet Sabine Spindler für das Handelsblatt: "Obwohl US-amerikanische und britische Sammler fernblieben, zieht Kornfeld eine positive Bilanz. Mit zwei Live-Auktionen und einer Online Only-Auktion summiert sich nach Informationen des Hauses das Gesamtergebnis ohne Nachverkauf auf 34 Millionen Schweizer Franken. Das sind nur etwa fünf Prozent weniger als im Vorjahr."
Nachdem Christie's schon einen fragwürdigen Leonardo in einer Zeitgenossen-Auktion sehr erfolgreich verkauft hat, schieben sie Anfang Oktober ein Saurierskelett in den 20th Century Evening Sale. Die Witze schreiben sich angesichts der Bemühungen der Auktionsgiganten um die Rettung ihres Geschäftsmodells in die Gegenwart fast von selbst.
Sotheby's habe sein New Yorker Hauptquartier mit 483 Millionen Dollar beliehen, hat Cathy Cunningham für den Commercial Observer erfahren. Ein Großteil des Geldes werde zur Abgeltung von Altschulden genutzt.
60 Prozent Neukunden verhalfen Van Ham in Köln bei der ersten Tranche der Sammlung Olbricht zu einem White Glove Sale, bei dem alle Lose zugeschlagen wurden, meldet Christiane Fricke im Handelsblatt.
Zur Blamage geriet die von Christie's durchgeführte Online-Auktion, mit der La Biennale Paris (früher Biennale des Antiquairs) ihre ausgefallene Messe kompensieren wollte, wie Olga Grimm-Weissert im Handelsblatt fast schon genüsslich ausführt: "Die Verkaufsrate liegt bei mageren 22 Prozent. Angeblich soll die Gesamtschätzung 7 bis 10 Millionen Euro betragen haben. Während sich das Aufgeld für die Käufer wie üblich auf 30 Prozent bezifferte, war der finanzielle Schaden für die leer ausgehenden Händler gering, da sie keine Gebühren zu bezahlen hatten. Der Image-Schaden jedoch ist beträchtlich. Das extrem dürftige Ergebnis resultiert aus dem eklektischen, qualitativ unterschiedlichen Angebot. Visuell bot sich das Bild einer zweitklassigen Provinzmesse, wobei das Prinzip dieser Auktion von vornherein fragwürdig war. Man ist sich nämlich nicht sicher, ob es die Käufer schätzen, Händlerware zu ersteigern."
In ihrer Vorschau auf die europäischen Abendauktionen bei Christie's und Sotheby's betont Anne Reimers in der FAZ die Stärkung des Standorts Paris: "Dass der Standort Paris vom Brexit profitieren würde, deutete sich gleich nach dem Austrittsreferendum von 2016 an. Ein starkes Signal setzen nun Christie's und Sotheby's in der kommenden Woche. Beide Unternehmen haben ihren Londoner Abendauktionen eine Abendveranstaltung in Paris vorangestellt - von Paris wird gleich zum Auktionssaal in London herübergeschaltet. London bleiben zwar weiterhin die teuersten Lose und größeren Umsatzerwartungen vorbehalten, doch ohne die physische Präsenz der 'Frieze'- und der 'Frieze Masters'-Messe erscheint der historische Anspruch der britischen Hauptstadt, der wichtigste Standort für den internationalen Kunstmarkt in Europa zu sein, in diesem Herbst zusätzlich geschwächt."
Hans-Kristian Hoejsgaard, bis vor kurzem Interims-CEO der MCH Group, wird neuer Chef des Auktionshauses Bonhams, meldet Angelica Villa im Art Market Monitor. Christian Mensch sieht in der Baseler bz einen möglichen Interessenkonflikt: "Was einerseits eine Auszeichnung für seine Expertise ist, könnte sich andererseits zum Interessenskonflikt auswachsen. Schliesslich ist naheliegend, dass Hoejsgaard die Nachfolge von Ueli Vischer als Verwaltungsratspräsident der MCH Group antreten könnte."
Auch aus der Analyse eher unspektakulär verlaufender Auktionen lassen sich Erkenntnisse gewinnen, wie Stephanie Dieckvoss in ihrem Nachbericht zu den Terminen in Paris und London im Handelsblatt demonstriert: "Es sind die jungen Künstler, die Gebote auf sich ziehen und deren Schätzungen oftmals verdoppelt oder verdreifacht werden. Mag es sich bei dem Interesse vor allem an Künstlern mit afrikanischen Wurzeln auch teilweise um Spekulation handeln, so reflektiert es doch vielleicht auch eine Müdigkeit an den immer wieder gehandelten Namen. Ein Wechsel in der Käuferschicht und damit auch im Geschmack zeichnet sich sicher ab. Bastienne Leuthe betont, dass bei Sotheby's 23 Prozent der Bieter und Käufer unter 40 Jahren alt waren." Und eine Monet-Parodie von Banksy war begehrter und erzielte einen deutlich höheren Preis als ein Portrait von Picasso.
Die corona-bedingte Virtualisierung werde das Auktionsgeschäft dauerhaft verändern, glaubt Ted Loos in der New York Times: "'Unser Geschäftsmodell ist sehr speziell', sagte Guillaume Cerutti, der Vorstandsvorsitzende von Christie's. 'Es basiert auf einzigartigen Objekten und einer starken Komponente der persönlichen Interaktion mit unseren Kunden.' Die großen Auktionen sehen völlig anders aus, was zum Teil dem Einfluss der Technologie zu verdanken ist. Als im Frühjahr klar wurde, dass sich die Menschen nicht sicher in einem Raum versammeln konnten, entschieden sich die Häuser für ein Hybridmodell, bei dem Livestreaming eingesetzt wurde, um das Gefühl zu vermitteln, dabei zu sein."
Eine ganze Reihe von Losen wurde zu den New Yorker Abendauktionen von Museen eingeliefert, alleine acht vom Brooklyn Museum. Dem Eindruck von Anne Reimers Anfang November in der FAZ ist es zuvor in London und jetzt bei Sotheby's „erstaunlich gut gelaufen“: „Der Gesamtumsatz beider Abende lag bei 283,9 Millionen Dollar, für zusammen 75 Lose, mit starken Verkaufsraten von 97,4 Prozent für die Zeitgenossen und hundert Prozent für Impressionismus und Moderne. Sotheby’s hatte allerdings mehr als vierzig Prozent der Lose im Voraus mit Garantien abgesichert.“
Uneindeutig sieht hingegen Barbara Kutscher die New Yorker Ergebnisse im Handelsblatt: „Bis auf Ausnahmen blieben Bietfeuerwerke aus, die meisten Zuschläge bewegten sich im Rahmen der Erwartungen. Bemerkenswert sind die hohen Zuschlagsraten des Abends: Nur zwei Werke endeten auf der Rückgangsliste. Leider war auch das Toplos des Abends, Mark Rothkos düsteres Farbspiel „Black on Maroon“ dabei, das mindestens 25 Millionen Dollar einspielen sollte. Das handliche Format, an dem Sotheby’s laut Katalogsymbol eine Beteiligung hält, erzielte beim letzten Auktionsauftritt im Mai 2013 noch 27 Millionen Dollar brutto.“
Die französische Auktionsplattform Interencheres sei auf Expansionskurs, meldet Anfang Dezember Olga Grimm-Weissert im Handelsblatt: „Ursprünglich als Informationsplattformen für Auktionshäuser Ende der 1990er-Jahre gegründet, werden beide Unternehmen parallel weitergeführt. Dabei profitiert Auction.fr mit seinen 430 Auktionspartnern von der technischen Kapazität und Kommunikation von Interencheres, das seit 2011 auch Live-Auktionen durchführt. [...] Interencheres kann wegen des Lockdowns mit seinen Online- und Live-Versteigerungen für das Jahr 2020 eine Umsatzsteigerung von 69 Prozent melden sowie einen Jahresumsatz von mehr als 300 Millionen Euro.“
Auch kleinere Auktionshäuser scheinen sich im pandemischen Umfeld gut zu behaupten, wie dem Bericht Christian Herchenröders über die Versteigerung bei Bassenge in Berlin für das Handelsblatt zu entnehmen ist: „'Corona-bedingt war die Aktivität der per Telefon und Internet zugeschalteten Bieter etwa dreimal so hoch wie zu Vor-Corona-Zeiten', bilanziert David Bassenge. Diesmal war es allerdings nicht das weniger elitäre Angebot an Altmeistergrafiken, sondern es waren die Zeichnungen, die Gebote aus aller Welt generierten. 'Hier war die Dichte der Gebote sehr hoch. Die Handzeichnungen brachten das stärkste Ergebnis von rund einer Million Euro. Das war die erfolgreichste Zeichnungsauktion im deutschsprachigen Raum', resümiert der Bassenge-Chef zufrieden. Sammler aus den USA, England, Frankreich, den Niederlanden und Deutschland waren aktiv.“
Der asiatische Kunstmarkt scheint sich schneller zu erholen, liest Barbara Kutscher für das Handelsblatt aus den Ergebnissen der drei großen Auktionshäuser: „Diese letzte New Yorker Versteigerungsrunde der drei führenden Häuser Christie‘s, Sotheby‘s und Phillips warf auch ein Schlaglicht darauf, wie unterschiedlich sie auf den gegenwärtigen Markt reagieren. Aber allen ist gemeinsam: Sie setzen auf den schon wieder erstarkten asiatischen Markt. Laut einer aktuellen Analyse des Londoner Marktforschers ArtTactic hat Hongkong inzwischen London als zweitgrößter Markt für Zeitgenossen überholt.“