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Den zweiten und letzten Teil des Saisonrückblicks eröffnet die Frieze London. Eine unterhaltsame polemische Kritik der Frieze London und der auf ihr gezeigten aktuellen Kunstproduktion hat Jonathan Jones für den Guardian verfasst: „All das macht solche Bilder zu einem schönen Hingucker an der Wand, oder? Nur wenn man eine sehr hohe Toleranzschwelle für Langeweile hat. Sie lenken bestenfalls einen Moment lang ab. Von einer künstlerischen Revolution oder Herausforderung ist hier nichts zu spüren. Die großen Umwälzungen der modernen Kunst scheinen nicht nur auf der Frieze ein Ende zu gefunden zu haben. Es ist, als hätte es sie nie gegeben. Was auch immer man von Picassos Privatleben hältst, er hat die Grundlagen der westlichen Kultur erschüttert. Heute hingegen dient die Kunst nur noch dazu, auf geschmackvolle, bestätigende und fade Art und Weise zu unterhalten. Die Frieze hat sich zu einem Schnarchkonzern entwickelt. Wurden die Galerien von seinen Big Business-Eigentümern aktiv dazu ermutigt, sich selbst zu disneyfizieren? Oder ist das einfach die Art, wie Kunst heute ist? [...] Die Menschen, die diese zaghaften künstlerischen Bemühungen bewundern, tragen zwar keine Zylinder und Reifröcke, aber wir könnten uns genauso gut in der Royal Academy im Jahr 1850 befinden.“
Von den insgesamt mittelprächtigen Auktionen bei Phillip's, Christie's und Sotheby's in London berichtet Colin Gleadell bei Artnet.
Den dritten Art + Tech-Report über das Sammeln digitaler Kunst habe ich für das Handelsblatt gelesen.
In Paris funktioniere das Kunstmarkt Casino-Spiel mit Wartelisten und Zuteilung knapper Ware noch oder wieder, behauptet James Tarny bei Bloomberg: "Mehrere Galerien hatten so viele Werke verkauft, dass sie bereits am Nachmittag Verkaufsberichte verschickten, und in den folgenden Tagen erzählten mir Sammler - Giganten in ihren eigenen Bereichen wie Finanzen, Immobilien oder Private Equity - klagend (und leider inoffiziell), dass sie 'keinen Zugang' zu Kunstwerken im Wert von 500.000 Dollar erhielten. Andere sprachen triumphierend davon, dass sie kleine Gemälde für 300.000 Dollar pro Stück 'ergattern' konnten."
Die Messe 1-54 für afrikanische Kunst mit Ausgaben in London, New York und Marrakesch will nach Asien. Im Art Newspaper erläutert Chinma Johnson-Nwosu die Pläne: "Die Organisatoren der 1-54 haben nach eigenen Angaben "in letzter Zeit ein steigendes Interesse von Galerien aus Asien an der Messe und eine wachsende Zahl von Sammlern aus dieser Region, die die Messe besuchen" festgestellt. Wenn alles gut läuft, hofft 1-54, im Jahr 2025 eine vollwertige Messe in Hongkong zu veranstalten - höchstwahrscheinlich im neuen Hauptsitz von Christie's im zentralen Geschäftsviertel der Stadt, sagte Messegründer Touria El Glaoui der South China Morning Post. Die 2013 ins Leben gerufene 1-54 ist die einzige internationale Kunstmesse, die sich den Werken afrikanischer und diasporischer Künstler widmet." Letztere Aussage ist allerdings nicht ganz korrekt: In Paris existiert bereits seit 2016 Also Known As Africa (AKAA) parallel zur Fiac/Paris+.
Die Münchener Kunstmesse Highlights sei auf einen guten Weg Richtung Gegenwart, beobachtet Susanne Schreiber im Handelsblatt: "Doch der Sammlergeschmack wendet sich im nicht umkehrbaren Strom dem 20. und 21. Jahrhundert zu. Das sahen auch die Organisatoren der Messe, die seit 2013 in der Residenz stattfindet. Sie luden einen wachsenden Anteil Aussteller moderner oder zeitgenössischer Kunst ein, als Ergänzung und zur Abrundung des einzigartigen Epochenüberblicks von der Gotik bis heute. Doch nicht alle Händler für zeitgenössische Kunst vermochten mit dem Niveau der Marktführer von Alter Kunst mitzuhalten. Dieses öfter kritisierte Ungleichgewicht ist diesmal besser ausbalanciert. Ein großer Zugewinn an Expertise ist die Teilnahme von Emanuel von Baeyer aus London und der Gebrüder Lehmann aus Dresden."
Seine jährliche Liste der Top 200 Sammler hat Artnews zusammengestellt, begleitet von einem Dossier unter anderem mit Artikeln über das Kaufverhalten mexikanischer Sammler von Shanti Escalante-De Mattei, über belgische Privatsammlungen von Sarah Belmont darüber, was einen Kunstsammler heute ausmacht von Maximilíano Durón.
Ob sich der Kunstmarkt in einer Korrekturphase oder einem Abschwung befindet, diskutiert Daniel Cassady für Artnews: "Ist der Markt also vom Covid-Boom 'korrigiert'? Das ist schwer zu sagen. In diesem Jahr hat die Federal Reserve ihre aggressivste Zinserhöhungskampagne seit den 1980er Jahren gestartet, um die Inflation einzudämmen. Während einige behauptet haben, dass solche Zinserhöhungen kaum Auswirkungen auf die Superreichen haben, hatten die Zinssätze unter anderem verheerende Auswirkungen auf das Risikokapital und die Tech-Industrie. Es wäre töricht zu behaupten, dass die Sammler allein immun sind. Der offensichtliche andere Datenpunkt ist der explodierende Covid-Kunstmarkt im Jahr 2021, als die Zinssätze ihr Allzeittief erreichten. Man wird nicht wohlhabend genug, um Millionen für ein Gemälde auszugeben, wenn man die Makroökonomie ignoriert. Die Realität ist folgende: Der Markt schwankt, oft dramatisch. Im Jahr 2017 stellte der UBS Art Basel Report fest, dass der Auktionsmarkt im Jahr 2016 gegenüber 2015 um 26 Prozent eingebrochen war. Im folgenden Jahr stieg er um 27 Prozent. Das Jahr 2019 verzeichnete einen Rückgang von 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr und 2020 einen Rückgang von 30 Prozent gegenüber 2019. Und natürlich wurde all dies durch einen 47-prozentigen Anstieg im Jahr 2021 wieder ausgeglichen."
Am 19. Oktober hatte Artforum einen Offenen Brief zum Nahost-Konflikt veröffentlicht, der ausschließlich das palästinensische Leid beklagte und zunächst von über 4.000 Menschen aus der Kunstwelt unterschrieben wurde. Zudem wurde der Text online mit dem Kunstwerk einer Künstlerin illustriert, die unmittelbar nach den Hamas-Massakern in Israel die Opfer verhöhnt hatte. Die vorwiegend in den sozialen Medien ausgefochtenen Folgediskussionen führten dazu, dass viele Unterschriften zurückgezogen wurden und der Text mehrere Änderungen erfuhr. Artforum sah sich daraufhin veranlasst, sich öffentlich zu entschuldigen, und Eigentümer Penske Media hat den Chefredakteur David Velasco entlassen, wie Zachary Small in der New York Times meldet. Reaktionen auf diesen Schritt ließen nicht auf sich warten. Einige Mitarbeiter von Artforum haben daraufhin selbst gekündigt, etwa die in Kroatien lebende Redakteurin Kate Sutton, wie sie auf Facebook mitteilt. Weitere Ex-Mitarbeiter nennen Harrison Jacobs und Alex Greenberger bei Artnews. Einige prominente Künstler hätten zum Boykott des Magazins aufgerufen, schreibt Zachary Small in der New York Times. Mit 'den Reichen gemeinsame Sache' zu machen, wirft Alex N. Press dem Verlag bei Jacobin vor. Rechte Netzwerke sehen gar Daniel Boguslaw und Natasha Lennard bei The Intercept am Werk und führen die Entlassung auf den Druck des Sammlers Martin Eisenberg zurück.
Oft sind es die Details, die den etwas drögen Art Basel UBS Art Market Report (PDF-Download) lesenswert machen. Und manchmal auch ein bisschen angsteinflößend. 43 Prozent aller Sammler hätten in der Vergangenheit Kunst auf Pump gekauft, knapp ein Drittel 2022 oder 2023. Gleichzeitig seien Käufer im Hochpreisbereich vorsichtiger geworden, erklärt Angelica Villa in ihrer Zusammenfassung des Berichts bei Artnews: "Noah Horowitz, CEO der Art Basel, sagte, dass die konservative Haltung der Sammler mit den 'unbeständigen' wirtschaftlichen und geopolitischen Bedingungen zusammenhängt, die die Welt derzeit beeinflussen, einschließlich des Konflikts in Israel und Gaza. Paul Donovan, Chefvolkswirt von UBS Global Wealth Management, sagte in dem Bericht, dass die Sammler bei ihren Kunstkäufen heute wählerischer sind als in den vergangenen Jahren."
Von Luigi Fassi, dem Direktor der Artissima, hat sich Elke Buhr für Monopol die Sonderstellung der Turiner Messe in der ersten Novemberwoche erklären lassen: "Fassi führt die besondere Qualität der Messe auch darauf zurück, dass sie in öffentlicher Hand ist. 'Artissima gehört einer Kooperation von drei Museen, deshalb denkt Artissima wie eine öffentliche Institution. Wir kuratieren auch Ausstellungen jenseits der Messe, wir geben Werke in Auftrag, machen Projekte in der Stadt. Wir machen Dinge, die sonst ein Museum tun würde. Wir haben das über viele Jahre aufgebaut. Wir sind eine kommerzielle Plattform, wir brauchen die Sammlerinnen und Sammler, die Galerien müssen verkaufen. Aber wir denken auch, dass wir hier alle einen kulturellen Wert erarbeiten. Und alle Institutionen in der Stadt machen mit. Es ist ein Ökosystem, das wir pflegen und das wächst.'"
Handelt es sich um bedauerliche Einzelfälle, oder ist die politisch sonst so bewusste Kunstszene anfällig für Blindheit auf dem nicht-westlichen Auge? Ingo Arend hat in der taz Fragen unter anderem an Ute Meta Bauer, die die Diriyah-Biennnale in Saudi-Arabien leitet: "Doch wenn Bauer Reportern gegenüber zugibt: 'Man darf keine anderen Religionen promoten oder keine sexuellen Inhalte zeigen', wird offensichtlich, welch enge Grenzen ihrem Versuch gesetzt sind, 'kritische Diskurse zu entwickeln'. Und der gewandelte soziokulturelle Kontext ändert nichts an der Tatsache, dass die Biennale unter der direkten Kontrolle des kompromittierten Kronprinzen steht und von ihm bezahlt wird. Gemessen an dem Blutzoll, den die Reformen bin Salmans bei allen neuen Freiheiten das Land auch gekostet haben, wäre der Monarch der saudische Sackler. Lässt sich in einem solchen Kontext die Freiheit von Kunst wahren? Oder unterstützt diese ästhetische Kollaboration das Artwashing von Diktaturen?"
Die Paris Photo sei für viele Besucher ein temporäres Museum, erklärt Freddy Langer in der FAZ: "Keine Kunsthalle könnte eine solche Fülle an Material präsentieren, und es ist offensichtlich, dass die meisten der rund 40.000 Besucher die Messe als temporäres Museum begreifen. 'Höchstens ein Prozent von ihnen', sagt ein Galerist, 'sind potentielle Kunden.' Er fügt an, dass es immer schwieriger werde, Sammler zu finden. Umso entscheidender sind für die Messe die Kuratoren der Fotoabteilungen aller wichtigen Museen der Welt, von der Albertina über das Centre Pompidou bis zum Museum of Modern Art, die hier im großen Stil einkaufen. Private Kunden seien heute eher Kunst- als reine Fotografiesammler. Ihr Interesse konzentriere sich auf Bilder nahe der klassischen Kunst."
Die gemischten Signale, die von den New Yorker Abendauktionen ausgehen, fangen Judd Tully, Tim Schneider und Carlie Porterfield für das Artnewspaper auf. Die New Yorker Abendauktionen seien auch eine Show, meint Barbara Kutscher im Handelsblatt: "Eine ganze Reihe von Losen hatte allerdings nur einen Interessenten. Trotzdem konnte sich Sotheby’s über eine Zuschlagsrate von 100 Prozent freuen. Das Haus hatte den Nachlass dank einer Garantiesumme akquirieren können und lud anschließend das Risiko für 24 Lose durch 'unwiderrufliche Gebote' auf Dritte ab. Die Werke waren also schon vorab verkauft. Für manche Beobachter ist die eigentliche Auktion nur noch Theater oder ein Private Sale, der in der Öffentlichkeit stattfindet. Für David Galperin, Sotheby’s Leiter Contemporary Art in the Americas, ist Risikomanagement aber auch eine effektive Strategie, die nicht nur vor der Rückgangsliste schütze, sondern Sammler auch motivieren und Preise erfolgreich setzen könne."
Zum Einstieg seiner Besprechung der Art Cologne für die FAZ spart Georg Imdahl nicht mit Kritik: "Wenn sich eine Messe wie die Art Cologne um Profil bemüht, über die Jahre aber eher stagniert, statt entscheidend nach vorne zu kommen, heißt es im Branchensprech gerne, sie bilde eben ganz „realistisch den deutschen Markt“ ab. Für ihre aktuelle, 56. Ausgabe heißt dies, dass sie auch diesmal international strahlkräftigen Teilnehmern hinterherschaut und auf eine Ausstellerzahl von jetzt 170 geschrumpft ist. Das macht sich rein zahlenmäßig besonders auf dem Feld der klassischen Moderne bemerkbar, das in Köln kontinuierlich an Bedeutung einbüßt – während in der Gegenwartskunst so manche internationale wie auch Berliner Galerie der Traditionsmesse die kalte Schulter zeigt."
Die abschließenden Versteigerungen von Sotheby's in New York markierten das Ende einer mittelmäßigen Auktionssaison, urteilt Carlie Porterfield im Art Newspaper: "Obwohl die beiden Versteigerungen jeweils gut genug waren, um in ihre jeweiligen Taxenbereiche vorzudringen, sorgten sie nur für mäßige Begeisterung - ein passender Abschluss für eine Herbstauktionssaison, die bewies, dass der Markt relativ weich und selektiv bleibt."
Eine gewisse Ratlosigkeit stehe am Ende der Saison, resümiert Scott Reyburn in der New York Times: "Ein Tiefpunkt, eine Talsohle oder nur ein Ausreißer? Diese Frage stellten sich Händler und Sammler, nachdem zwei Wochen lang in New York das obere Ende des Auktionsmarktes für moderne und zeitgenössische Kunst auf die Probe gestellt wurde. [...] 'Wir hatten ein paar sehr schwierige Wochen erwartet', sagte Philip Hoffman, Geschäftsführer der Fine Art Group, einer internationalen Kunstberatungsfirma. 'Abgesehen von einigen wenigen Losen gab es nicht viele Unterbieter', kommentierte Hoffman die erste Woche, die von der Fisher Landau-Auktion dominiert wurde. 'Es gab keine Funken. Aber Sotheby's und Christie's schaffen es immer noch, Gemälde zu sehr hohen Preisen zu verkaufen.'"
Dass und wie sich Mode- und Kunstindustrie immer weiter ineinander verschränken, erklärt Charlotte Cotton für Artnews: "Der Austausch zwischen Kunst und Mode wurde lange Zeit als eine Art transaktionbasiert angesehen, ein Kompromiss zwischen der kulturellen Vorrangstellung der einen und der breiten Sichtbarkeit der anderen. Aber die Plattformen und das Publikum für beide entwickeln sich zu einer expansiven, zugänglichen, algorithmisch geprägten Sphäre, die sowohl Kunst als auch Mode aus ihren einst jeweils exklusiven Welten herausholt. Die vielen Talente, die in beiden Bereichen tätig sind, bilden jetzt einen schillernden Pool von Kreativen, die mehrere Talente besitzen."
Mit der FAB Paris hat Paris endlich wieder eine glänzende Messe für Kunst und Antiquitäten im Grand Palais (Éphémère), die Bettina Wohlfarth für die FAZ besucht hat: "Nach einigen Jahren der aufreibenden Konkurrenz schlossen sich im vorigen Jahr die beiden Pariser Kunst- und Antiquitätenmessen unter dem Namen Fine Arts Paris & La Biennale zusammen. Der zerstrittene Verband der französischen Kunsthändler zog sich von der Organisation zurück, die vom Betreiber Agence d'Évènements Culturels übernommen wurde. An der Firma, die auch den Salon du Dessin ausrichtet, sind neun Kunsthändler und die Luxus-Gruppe LVMH beteiligt. [...] Die jetzige zweite Ausgabe bestätigt den Erfolg des Zusammenschlusses. Unter dem neuen, nun definitiven Namen 'FAB Paris' - das Akronym möchte auf die Fusion, aber auch auf ein euphorisches fabulous verweisen - zeigt sich schon eine selbstbewusste Messe. Im dichten Messekalender werden die richtige Strategie und ein vorteilhaftes Zeitfenster zur Überlebensbedingung. Die Londoner Masterpiece musste im vergangenen Sommer wegen zu geringer Teilnehmerzahl das Handtuch werfen." Für das Handelsblatt habe ich die Messe besucht.
Die Neujustierung des europäischen Auktionsmarkts lässt sich auch am neuen Leiter der Zeitgenossen-Sparte im Wiener Dorotheum festmachen, den Nina Schedlmayer im Handelsblatt vorstellt: "Seinen früheren Arbeitgeber verließ er nur teilweise aus privaten Gründen. Er erzählt auch, wie der Brexit mit seinen neuen Zollbestimmungen den Marktplatz London veränderte. Nicht nur steuerliche Barrieren spielten dabei eine Rolle, sondern auch jene in den Köpfen. 'Wenn jemand aus Deutschland ein Werk verkaufen will, stellt er sich die Frage, wieso er es nach London ausführen soll', führt er aus. 'Es ist ja doch etwas aufwändiger und kostspieliger.' Wobei sich der deutsche Markt sehr stark entwickelt habe, 'auch die Auktionshäuser. Früher war Grisebach der Platzhirsch, jetzt haben weitere an Bedeutung dazu gewonnen – Ketterer ist beispielsweise aufgestiegen.' Konkurrierten diese Häuser früher noch stärker mit Sotheby’s, so habe der Brexit ihnen seiner Beobachtung nach nun Auftrieb gegeben."
Doppelt so viele Privatflüge nach und von Miami wie in anderen Wochen gibt es auch in diesem Jahr wieder zur Art Basel Miami Beach, hat der Wiener Kollege Michael Huber beim dortigen Flughafen in Erfahrung gebracht. Ein Stimmungsbild der ABMB und ihres Umfelds zeichnet Susanna Petrin in der NZZ: "Drückt die Weltlage also doch nicht, wie von vielen befürchtet, auf die Kauflaune? Ein wenig spürbar sei sie schon, sagt Peter Blum, der einst als Assistent von Ernst Beyeler in Basel seine Kunstkarriere begonnen hat. Mit seiner Galerie ist er seit der ersten Miami-Ausgabe von 2002 ununterbrochen dabei. Wahrscheinlich würden die meisten Galeristen das nicht offen zugeben, aber man müsse härter arbeiten als auch schon, es käme zu weniger Schnellkäufen, was wohl auch mit einer allgemeinen Verunsicherung zu tun habe." Auch die Kunst in Miami Beach hat sich Nicole Scheyerer für die FAZ (Paywall oder gratis gegen Datenspende bei Microsoft) angesehen: "Auch wenn sich zeitkritische Fragen zu Ökologie, Rassismus oder Kolonialismus durch die Messe ziehen, dominiert doch farbstarke Flachware. Malerei ist Trumpf, immaterielle Medien wie Video oder die noch vor zwei Jahren hochgejubelten NFTs fehlen. Dass Black Art oder Kunst von Frauen weniger offensiv präsentiert wird, kann als überfällige Normalisierung gelesen werden. Oder ist der Trend zur Diversität schon rückläufig? Wer in Krisenzeiten politisch offensive Statements erwartet, wird im zahmen Messeangebot kaum fündig. Bei der zweitägigen Preview herrschte großer Andrang und saß der Dollar locker." Aus den Verkaufsmeldungen der großen Galerien hat Karen K. Ho für Artnews eine bebilderte Liste zusammengestellt.
Jüngere Sammler seien auch in Bezug auf Wohltätigkeit anders aufgestellt als die alternde Generation der Boomer, hat Anny Shaw für das Art Newspaper herausgefunden. Die großen Auktionshöuser, wie auch Galerien und die CharityIndustrie hätten sich darauf eingestellt und entwickelten passende Modelle: "Neue Finanzierungsmodelle, die sowohl soziale Zwecke als auch das Ökosystem der Kunst unterstützen, könnten einen dringend benötigten Rahmen für langfristige Nachhaltigkeit schaffen. In Verbindung mit dem großen Vermögenstransfer - schätzungsweise 100 Billionen Dollar [kein Übertragungsfehler!] werden von der Generation der Babyboomer auf ihre eher linksgerichteten Erben übertragen, von denen allgemein angenommen wird, dass sie Umverteilungsgerechtigkeit gegenüber der Schaffung von Wohlstand bevorzugen - könnte der Durchsickereffekt auf den Kunstmarkt beträchtlich sein."
Die hochkarätigste deutsche Auktion des Jahres hat Susanne Schreiber bei Ketterer für das Handelsblatt mitverfolgt: "Es lag mehr Unsicherheit in der Luft als zwölf Monate zuvor. Um das beste Auktionsangebot dieser Saison unter deutschen Versteigerern rangen aus vielen Ländern zugeschaltete Kunstfreundinnen und Sammler am Freitagabend in München bei Ketterer Kunst überlegter und länger als sonst. Es gab außergewöhnlich viele sechsstellige Zuschläge, sowohl über dem Mindestpreis als auch darunter. Doch nicht alle 78 Lose wurden mit Geboten bedacht, mindestens 16 stießen auf kein Interesse. Gleichwohl, die rarsten und besten Werke mit Wallpower, Aura und Seltenheitswert erzielten Spitzenpreise. Weit über der Schätzung konnte der bedacht agierende Auktionator Robert Ketterer die farbkräftige Ansicht von Murnau von Wassily Kandinsky versteigern. 3,9 Millionen Euro mit Aufgeld ist ein Bieter bereit für das kunsthistorisch bedeutende, kleine Bild von 1909 zu zahlen. Erwartet waren 1, 5 bis 2,5 Millionen Euro."