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Der Hype um die Spekulation mit digitalen Bildchen und Filmchen ist jetzt auch in den Feuilletons angekommen. Ursula Scheer fragt sich in der FAZ: "Ist der NFT-Boom die ultimative Validierung der Digitalkunst im Virtuellen? Oder ihre künstlerische Bankrotterklärung, die radikale Reduktion auf ein abstraktes Spekulationsgeschäft? Das wird sich zeigen."
Skeptisch ist auch Kolja Reichert in der Süddeutschen Zeitung vom 3. März: „2020 ist der Markt für NFTs von 456.885 auf 12,9 Millionen Dollar gewachsen, und in den letzten Wochen wohl noch mal um ein Vielfaches. Ein Viertel dieses Marktes entfällt auf Kunst. Kunst? Ja. Während das, was man bisher unter Kunstmarkt verstand, schon vor Corona Verkaufsrückgänge verzeichnete, blüht in den Messageboards der Kunsthandel. Womit sich der Kunstbegriff ins Bodenlose erweitert. Vier- und sechsstellige Beträge werden für niedrig aufgelöste Ausweise größter ästhetischer, konzeptueller und historischer Orientierungslosigkeit gezahlt. Das meiste, das bislang in Foren wie Opensea, Async oder Rarible an Kryptokunst angeboten wird, formt einen gigantischen, internetweiten, markerschütternden ästhetischen Hilfeschrei.“
Noch grundsätzlicher wird Hanno Rauterberg in der ZEIT vom 4. März: „Begreift man die Blockchain als ein Museum unserer Gegenwart, kehrt sich der Vorgang um: Die Bilder, die im Internet vor allem als Symbole fungierten, gewinnen hier, in der digitalen Sonderzone, eine Eigentlichkeit und Aura, die sie auf einem Instagram-Account nicht besitzen. Diese Eigentlichkeit liebäugelt mit der Idee des Ewigen, und diese Idee ist es wohl, die manche Menschen dazu bewegt, für ein virtuelles Werk sehr reale Dollarmillionen zu bezahlen. Mit ihrem Geld partizipieren sie an der verheißenen Ewigkeit, das ist der eigentliche Clou der neuen Technik. Als Käufer werden sie ebenso in der Blockchain eingeschrieben wie der Künstler und erscheinen damit wie Mitschöpfer, auf immer gebunden, an die Chain gekettet, könnte man sagen.“
Der Autor und Unternehmer Seth Godin erklärt in seinem Blog, warum er NFT für eine Falle hält: „Die Kurzversion ist, dass für die absehbare Zukunft, die Methode, die verwendet wird, um die Blockchain zu verifizieren und neue digitale Münzen zu erstellen, absichtlich energieintensiv und ineffizient ist. Das ist gewollt. Und je wertvoller sie werden, desto mehr Energie wird verbraucht, nicht weniger. Es ist eine fortlaufende Verschwendung, die nur wenig Wert schafft und mit der Zeit immer weniger effizient und teurer wird. Bei den meisten technologischen Innovationen ist das Gegenteil der Fall.“ Die Konsequenzen der Spekulation trügen also nicht nur die Beteiligten: „Die Falle besteht darin, dass Schöpfer [von NFT] süchtig danach werden können, diese zu erstellen. Käufer mit versenkten Investitionen werden süchtig danach, die Preise in die Höhe zu treiben, da sie nicht aussteigen können. Und so sind dann Schöpfer und Käufer in einem Kreislauf gefangen, dessen Kosten wir alle tragen in einem unregulierten System, das riesige Mengen an kostbarer Energie für keinen anderen Zweck verbraucht als einige knappe digitale Token zu schaffen.“
Ihr Portrait des NFT-Superstars Mike Winkelmann, besser bekannt als Beeple, schließt Anny Shaw im Art Newspaper mit einer beunruhigenden Aussicht: „'Menschen, die eine Menge Geld mit Krypto gemacht haben, haben diesen Markt [der NFT] in Gang gesetzt. Wer eine Menge Geld mit Krypto gemacht hat, hat es damals gekauft, als es noch nicht etabliert und ziemlich spekulativ war. Und jetzt haben diese Leute angefangen, auf diese NFTs zu spekulieren.' In Bezug auf die Sammler könnte der Christie's-Sale einige Überschneidungen mit der Kunstwelt bringen. Einem Kunstberater zufolge erkundigen sich sogar Kunden in ihren 60ern und 70ern nach NFTs.“
Währenddessen zeige das UCCA Lab in Peking die erste Ausstellung mit Krypto-Kunst im realen Raum, meldet Claire Selvin bei Artnews und Sarah Cascone bei Artnet. Die Meldung scheint auf einem Blogeintrag von Gastgeber und Kurator BlockCreateArt(BCA) – selbst Krypto-Kunst-Vermarkter - bei Medium zu beruhen; auf der Webseite des UCCA ist noch nichts angekündigt.
Der wohl bekannteste Kunst-Spekulant Stefan Simchowitz eröffne in Los Angeles seine erste Galerie, meldet Christina Ruiz im Art Newspaper.
Die Kulturtechnik des Netzwerkens und die Rolle von Kunst dabei erklärt Hans-Jürgen Jakobs den Lesern des Handelsblatts: „Jede deutsche Großstadt hat für ihre wichtigen kulturellen Institutionen solche Freundeskreise. Es handelt sich um Interessen- und Neigungsgemeinschaften, die versuchen, Geschmack und Geld zu verbinden, und die darüber hinaus kulturelle Netzwerke bilden. Aufstieg und Karriere zeigt sich in postmodernen Gesellschaften eben nicht mehr allein in der von der Hausbank übermittelten Vermögensübersicht, sondern vielmehr im bildungsbürgerlichen Befähigungsnachweis. So ist Kunst gewissermaßen der Türöffner für Debatten über Sein und Schein, über Schön und Böse, über Arm und Reich, über die großen Widersprüche dieser Welt. Das interessiert eine Klientel, die das Sammeln von Kunst als Neben-Lebensinhalt entdeckt hat und – in virenfreien Zeiten – die großen Kunstmessen abklappert.“
Das abgelaufene Corona-Jahr für den Antikenhandel seit der abgebrochenen Tefaf-Ausgabe in Maastricht lässt Jan Kohlhaas in der Weltrkunst Revue passieren: „Da bereits unklar war, ob die Messe überhaupt öffnen würde, wurden die Händler von der Vollbremsung nicht völlig kalt erwischt. […] Ähnlich kreativ zeigten sich die Auktionshäuser. Nach einer kurzen Schockstarre gingen sie wieder zum Tagesgeschäft über, Spezialauktionen mit antiker Kunst wurden zwar verschoben oder ins Netz verlegt, fanden aber statt. Teils sehr gute virtuelle Touren ersetzten reale Vorbesichtigungen, die nur bedingt möglich waren.“
Das gedruckte Buch mag ein sterbendes Medium sein. Als Sammelobjekt kann es jedoch immer noch nicht nur der Wissens-, sondern auch der Wertsteigerung dienen, wie Olga Grimm-Weissert am Beispiel der Versteigerung der Bibliothek des Abenteurers und Sammlers Paul Destribats im Handelsblatt demonstriert: „Für 1385 angebotene Lose konnte Christie‘s bis jetzt in drei Auktionsserien insgesamt 14 Millionen Euro einnehmen. Die dritte Serie vom Februar dieses Jahres spielte 3,7 Millionen Euro ein, in einer Marathonsitzung mit und ohne Publikum.“
Die Berliner Galerie des kürzlich verstorbenen Georg Nothelfer hat mit Irene Schumacher und Vera Ehe zwei Nachfolgerinnen gefunden. Sie nutzen die Corona-Pause laut Michaelas Nolte im Tagesspiegel vom 6. März „für den Relaunch der Homepage und die Auffrischung des Profils. 'Hinter dem Konzept der Programmgalerie', sagt Ehe, 'stehen wir aber weiterhin. Das werden wir mit jungen Künstlerinnen und Künstlern ergänzen, die sich aus dem Blickwinkel der Gegenwart mit Informel, Tachismus oder gestischer Malerei auseinandersetzten.'“
Von einer Diskussionsrunde über das Tabuthema Künstlerberuf und Nebenjob in der Köner Temporary Gallery berichtet Birgit Rieger im Tagesspiegel: „Es hält sich die Vorstellung, dass nur die oder der ein echter Künstler ist, die sich zu 100 Prozent seinem Werk widmet. Man kann es auch so sehen: Künstler sind erst dann frei, vor allem von den Bedingungen des Kunstmarktes, wenn sie eine zweite, dritte Einnahmequelle haben. Es bleibt ein Spagat: Künstlerin sein und gleichzeitig übersetzen, verkaufen, Webseiten basteln – das ist eine geistige und organisatorische Herausforderung.“
Die Presse für Deutschlands prominenteste Sammlerin von Videokunst war in letzter Zeit nicht so gut – sei es wegen ihres ungeschickten Agierens auf dem Immobilienmarkt, sei es wegen des Umgangs der Familie mit der eigenen Vergangenheit. Etwas besser kommt die Konzernerbin in Susanne Schreibers Portrait im Handelsblatt weg: „Doch was Julia Stoschek von anderen vermögenden Privatsammlern mit einem Faible für Kunst und Jet-Set unterscheidet, ist der Aufwand, den sie für Vermittlungsarbeit betreibt. Ihr jüngstes Projekt ist der permanente, kostenlose Zugang zu ihrer Sammlung im Netz. Das klingt kaum nach einer besonderen Leistung. Doch die virtuelle Öffnung der Sammlung ist gleich in doppelter Hinsicht spektakulär. Von rund 600 Einkanal-Arbeiten in der Julia Stoschek Collection (JSC) sind letztes Jahr 200 technisch so komprimiert worden, dass sie einerseits abrufbar sind und andererseits nicht geklaut werden können und Urheberrechte der Künstler gewahrt bleiben.“