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Die Kunstwelt hat spontan und kreativ auf die Invasion der Ukraine durch Russland reagiert. So wurde für den guten Zweck etwa die Flagge der Ukraine als NFT für einen Millionenpreis versteigert, wie Artmagazine meldet. Eine Liste mit Institutionen, die ukrainische Kulturschaffende unterstützen, hat Svetlana Biedarieva für das Art Newspaper erstellt. Berliner Benefiz-Aktionen haben Frederik Hansen und Birgit Rieger für den Tagesspiegel recherchiert. Das Kunstzentrum/Atelierhaus Frankfurt plant gemeinsam mit Christie's eine Benefiz-Auktion am 24. März. Andere Aktionen sind hingegen ganz pragmatisch ad hoc entstanden. Der Wiener Kunstraum Waf Galerie versteigert bis 14. März jeden Tag drei Kunstwerke über Instagram, auf die niedrigschwellig in der Kommentarspalte geboten werden kann. Hessische Künstler bieten in einer ähnlichen Solidarity Art Auction ebenfalls laufend Kunstwerke an, in der aktuellen Runde noch bis Montag 11 Uhr!
Den vielfältigen Verbindungen von Oligarchen- und Kunstszene geht Michael Huber im Wiener Kurier vom 5. März nach: "Die couragierte Wortmeldung kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Strukturen, die Russlands Repräsentation im liberal-weltoffenen Licht der zeitgenössischen Kunstszene tragen, oft sehr nah an der Elite im Umfeld Putins gebaut sind. Der Pavillon auf der Venedig-Biennale ist für diesen Zwiespalt exemplarisch. Denn für die Produktion und das Fundraising der Beiträge wurde 2019 auf zehn Jahre die Firma 'Smart Art' bestellt. Ihre Gründerinnen sind Ekaterina Vinukurova und Anastasia Karneeva, die eine gemeinsame Vergangenheit im Moskau-Ableger des Auktionshauses Christie’s verbindet. Vinukurova wiederum ist niemand geringerer als die Tochter von Russlands Außenminister Sergej Lawrow."
Wie die Sanktionen gegen Russland den Kunstmarkt betreffen könnten, versuchen Katya Kazakina und Eileen Kinsella für Artnet zu ergründen.
Dem Auktionshaus Phillips könnte die Putin-Nähe seiner russischen Besitzer das Genick brechen. Nicht nur der frühere Chef des Wettbewerber Bonhams Matthew Girling fordere zum Boykott des Unternehmens auf, hat Jennifer Gould für die New York Post recherchiert: "Girling, der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Bonham's, sagte, dass 'nur ein Boykott die Aufmerksamkeit der Eigentümer von Mercury erregen und Putin hoffentlich dazu bewegen würde, seinen derzeitigen Kurs zu ändern.'" Das liest sich ja kaum so, als würde da jemand einen unliebsamen Konkurrenten aus dem Weg räumen lassen wollen.
Phillips sei zur Gegenoffensive angetreten und habe angekündigt, sämtliche eigene Gewinne aus der aktuellen Londoner Auktion dem Roten Kreuz zu spenden, berichtet Anne Reimers in der FAZ in einer Zusammenfassung der Ergebnisse aller drei Häuser. Christie's habe dabei einen neuen Rekord von 37 Millionen Pfund für Franz Marcs "Füchse" erzielt, melden Stephanie Dieckvoss und Susanne Schreiber im Handelsblatt.
Zweifel daran, ob die Durchführung einer Kunstmesse in der jetzigen Situation angemessen sein könnte, nimmt Annegret Erhard in der NZZ auf: "Ist es Trotz, oder ist es Gleichgültigkeit? Sammler, Kunstfreunde und Galeristen beteuern sich zwar im Gespräch gegenseitig ihr Entsetzen über die mörderischen Attacken Russlands, ergehen sich in Spekulationen über möglicherweise anstehende Katastrophen, widmen sich jedoch geradezu beharrlich dem Kunstgenuss. Ein Anlass zur Schockstarre scheint an der Art Genève nicht unbedingt gegeben. Flexibel und handlungsbereit folgt man in Zeiten der Inflation und der flatternden Aktienmärkte den freilich meist nur längerfristig wirkenden Verlockungen der Investition in Kunst. Geld will und muss angelegt werden. Einigermassen krisenfest und obendrein, wenn alles gut geht, sinnenfroh." Genau hingeschaut hat Olga Grimm-Weissert für das Handelsblatt: "Das vermutlich teuerste Gemälde hängt bei Van de Weghe aus New York, der das Großformat mit farbigen Schuhen von Andy Warhol bereits auf der Pariser 'Fiac' für 4,5 Millionen Dollar offerierte." Ich war für Artmagazine und den Tagesspiegel dort.
Das Phänomen des Flippings erlebe gerade eine Renaissance, erklärt Scott Reyburn in der New York Times: "2014 erzielten Werke von Künstlern unter 40 Jahren bei Auktionen einen Erlös von 181 Millionen Dollar. Im vergangenen Jahr erzielten sie einen Rekordumsatz von 450 Mio. USD, eine Steigerung von 275 % gegenüber 2020, so Artprice, ein in Frankreich ansässiges Unternehmen, das internationale Auktionsverkäufe verfolgt. Während dieses früheren Überschäumen des Marktes wurde es mit Argwohn betrachtet, als Gemälde von Künstlern wie Smith, Jacob Kassay und Oscar Murillo zu Auktionspreisen von mehr als 300.000 Dollar versteigert wurden. Die jüngsten Verkaufspreise für Yukhnovich, Matthew Wong und Avery Singer haben eine zusätzliche Ziffer ergeben. 'Der Markt hat sich seit 2014 vergrößert', sagt Wendy Cromwell, eine Kunstberaterin aus New York. 'Es gibt viel mehr Leute und es ist viel Geld im System. Es gibt einen Wettbewerb um wenige Künstler, und das führt zu exponentiell höheren Preisen.'"
Für den plötzlichen Abbruch der Auktion von 104 CryptoPunks, bietet James Tarny in einer ausführlichen Analyse bei Bloomberg eine Erklärung an: "Vielleicht fand das Spektakel genau aus diesem Grund nie statt. Das lässt befürchten, dass die Popularität von NFTs eine Obergrenze erreicht hat und das Füllhorn, aus dem die traditionellen Auktionshäuser in den letzten 12 Monaten beglückt worden sind, versiegt ist. Vielleicht sind NFTs nicht, wie ihre Befürworter behaupten, unendlich skalierbar. Vielleicht sind sie, wie die von Sotheby's abgebrochene Auktion zeigt, nur für einige wenige Auserwählte geeignet."
Eine Neuordnung des französischen Auktionsrechts erlaube den dort ansässigen Auktionshäusern nun auch die Versteigerung von NFTs , weiß Bettina Wohlfarth in der FAZ vom 5. März: "Bislang durften in Frankreich nur bewegliche Vermögen – 'bien meubles' – versteigert werden. Deshalb mussten französische Auktionatoren den Kryptokunstmarkt, der mit Non-Fungible Token (NFT) und also mit immateriellen Vermögenswerten handelt, der ausländischen Konkurrenz überlassen. Mit dem Inkrafttreten der Neuregelung können nun auch unbewegliche Vermögen öffentlich unter den Hammer kommen: Datenbanken, Patente, Marken, Lizenzen – und eben NFT".
Von der Offenlegung der Verträge des Kunsthauses Zürich mit der umstrittene Sammlung Bührle berichtet Susanne Schreiber im Handelsblatt: "Der erste war noch von den kurz darauf verstorbenen Kindern Hortense Anda Bührle und Dieter Bührle geschlossen worden. Er gab die Sicht der Familie auf den deutschstämmigen Mann wieder, der in wenigen Jahren im 2. Weltkrieg zum reichsten Schweizer wurde. Der neue Vertrag hält kuratorische Freiheiten des Kunsthauses fest. Und er bekennt sich erstmals und explizit zu den Richtlinien der Washingtoner Konferenz in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten konfisziert wurden."