Optionale Cookies erlauben?
Neben technisch notwendigen Cookies möchten wir Analyse-Cookies nutzen, um unsere Zielgruppe besser zu verstehen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen.
Zahlreiche Medien berichten über einschneidende Maßnahmen bei Christie's. Weltweit sollen 250 Arbeitsplätze abgebaut werden, der Standort South Kensington in London wird ganz geschlossen. Der Standort Amsterdam soll stark zurückgefahren werden. Aus informierten Kreisen ist sogar von einer vollständigen Schließung zum Jahresende zu hören. Der aufschlussreichste Beitrag ist in diesem Zusammenhang das Gespräch, das Marcus Woeller mit Dirk Boll, dem neuen Präsidenten für Europa, Russland, Indien und den Nahen Osten für DIE WELT geführt hat. Der Deutsche erklärt darin, South Kensington werde geschlossen, weil das Auktionshaus das dort angesiedelte untere Preissegment zukünftig vor allem über das Internet abwickeln wolle. Das sei schon deshalb entscheidend, weil die Zukunft asiatisch sei: "Wenn das Gros der Konsumenten am Kunstmarkt eines Tages von der Generation der Digital Natives gestellt wird, dann wird es noch mal die Betrachtung von Mittelbarkeit im Kunstkauf massiv ändern. Das ist auch ein Grund, warum asiatische Regionen den europäischen voraus sind, weil man da jetzt schon eine ganz andere Haltung hat und die Nachfrager tendenziell jünger sind."
Die Zeitgenossen-Auktionen in London waren erwartungsgemäß deutlich stärker als letztes Jahr, erreichten aber noch nicht wieder das Niveau von 2015. Anne Reimers weist in der FAZ vom 11. März darauf hin, dass die beiden Marktführer dem Erfolg dabei ein wenig auf die Sprünge geholfen hätten: "Hier wurden sogar noch kurz vor den Abenden zusätzliche, durch dritte Parteien finanzierte Garantien vergeben, vielleicht, damit nervöse Einlieferer keine kalten Füße bekamen. Bei Sotheby's waren es fünfzehn Garantien, bei Christie's zehn." Stephanie Dieckvoss resümiert im Handelsblatt vom 10. März: "Der Kunstmarkt erholt sich, aber man sieht auch im Nachhinein, wie einschneidend die Krise des letzten Jahres war und wie sich der Markt verändert." Eine detaillierte Zusammenfassung der Ergebnisse liefert Colin Gleadell auf Artnet .
Einen großen Verlierer gibt es jedoch: Dmitry Rybolovlev habe mit seinen Wiederverkäufen der von Yves Bouvier gekauften Kunstwerke über Christie's rund 150 Millionen Dollar verloren, haben Katya Kazakina und Hugo Miller für Bloomberg errechnet.
Die Provinzial hat hingegen ein Gemälde Peter Doigs für 11,2 Millionen Pfund über den Auktionsblock geschoben. Der Versicherer wolle damit sein kulturelles Engagement finanzieren, berichtet Andreas Rossmann in der FAZ vom 11. März. Er moniert: "Doch er bedeutet auch einen Verlust für die Kunststadt Düsseldorf, die Öffentlichkeit und die Kulturpolitik des Landes. Denn Peter Doig lehrt an der Kunstakademie Düsseldorf, die Provinzial ist ein öffentlicher Versicherer, und in Nordrhein-Westfalen wird seit September über einen (bisher nur im Entwurf vorliegenden) Kodex diskutiert, der den Umgang mit Kunst für Unternehmen regelt. Bei einer Trennung von Werken, so heißt es darin, sollte einem Verbleib in Museen des Landes Priorität eingeräumt werden."
Vor einer Überbewertung der Sotheby's-Aktie warnt die Wirtschaftswoche vom 10. März: "Sollten Kunstmarkt und Sotheby's-Aktie nun heißgelaufen sein, wäre das für die Aktienmärkte keine gute Nachricht. Über drei Jahrzehnte hat es die Sotheby's-Aktie mehrfach geschafft, Hinweise auf die Börsenlage zu geben. Kursanstiege in Richtung 50 Dollar waren zum Beispiel 1999 und 2007 Vorboten eines Börsencrashs. Doch es gab auch Fehlsignale, etwa zum Jahreswechsel von 2013 auf 2014. Der jüngste Anstieg auf 48 Dollar mahnt dennoch zur Vorsicht."
Spätestens mit den beiden Tefaf-Töchtern in New York ist aus der Königin der Kunstmessen die Königinmutter geworden. Seit langem kämpft die Messe vergeblich um amerikanische und asiatische Besucher. Alte Meister und Kunsthandwerk sind seit Jahren auf dem Rückzug. Christiane Fricke ist im Handelsblatt vom 10. März trotzdem zuversichtlich: "Kunsthändler wie Möller schließen zwar nicht die Lücken, die klassische Händler wie Neuhaus, Pelham oder nun auch Mitzlaff reißen. Mit seinem modernen, auf Vervielfältigung setzenden klassizistischen 'Design' sieht sich Möller jedoch mit einem Fuß bereits in der Moderne stehen. Die Klage über das mangels Bildung zunehmende Nichtverstehen und Verschwinden der Alten Kunst ließe sich also auch ins Positive wenden. Eine Tefaf, die mit Gespür für das Neue im Alten ihr Angebot bestreitet, hält den Schlüssel zu einer neuen Generation von Kunstkäufern in der Hand."
Enttäuscht vom zeitgenössischen Angebot ist Christiane Meixner im Tagesspiegel vom 11. März: "Den schwächsten Part bietet nach wie vor die Kunst ab 1945. Sieht man von Teilnehmern wie Bastian aus Berlin ab, wo man den Bogen von Cy Twombly bis Joseph Beuys spannt, gewinnt man einen zwiespältigen Eindruck. Sam Francis, das offenbart ein Blick in die Koje von Delaive aus Amsterdam, hat viel Dekoratives gemacht. In Kombination mit den objekthaften Pralinenbildern von Peter Anton tritt diese Facette des amerikanischen Abstrakten besonders krass zutage. Und wenn dann noch ein roter Punkt an den Pralinen klebt, bleibt Ratlosigkeit: Wer schaut in das überirdisch schöne Gesicht eines alten uralten Buddhas - und kauft dann Süssigkeiten?"
Die FAZ vom 11. März zieht in ihrem nicht namentlich gekennzeichneten Messebericht aus der Tefaf-Studie Schlüsse auf den Standort Maastricht: "Global gesehen, sind die Zeiten für den Kunsthandel keineswegs düster. Nach dem diesjährigen 'Art Market Report Tefaf' wurde 2016 ein Wachstum von 1,7 Prozent erzielt. Dabei ist es beachtenswert, dass der Auktionsmarkt mit minus 18,8 Prozent recht spektakuläre Einbußen erlitt. Durch eine Verlagerung hin zu Privatverkäufen stieg hingegen der Umsatz der Kunsthändler weltweit zwischen 20 und 25 Prozent. Tefaf kann von dieser Tendenz nur profitieren."
Die Ergebnisse der Tefaf-Studie fasst Susanne Schreiber im Handelsblatt zusammen: "Pownall und ihr Team sehen eine Verlagerung weg von den Auktionsverkäufen hin zu Privatverkäufen - sei es in den gerade energisch ausgebauten Private Sale-Abteilungen von Christie's und Sotheby's, sei es zu Händlern und Galeristen."
Dem angeblichen Wachstum des Kunstmarktes um 1,7 Prozent steht der dramatische Einbruch bei den Gesamtzahlen von 63,8 auf 45 Milliarden US-Dollar entgegen, wie Anny Shaw im Artnewspaper bemerkt. Das liege an der veränderten Berechnungsmethode. Nachprüfen lässt sich das noch weniger als bei der vorherigen Autorin, die zur Art Basel abgewandert ist, denn die angeblich stark angestiegenen Privatverkäufe lassen sich kaum seriös messen. Anna Louie Sussmann widmet sich diesem Thema ausführlich auf Artsy.
Seit einiger Zeit werden Ausstellungsvergütungen für Künstler heftig diskutiert, in Berlin gibt es für die kommunalen Galerien sogar schon eine entsprechende Regelung. Eine Veranstaltung von Verdi hierzu hat Boris Pofalla für die FAS vom 12. März besucht und miterlebt, wie der CDU-Politiker Philipp David Lengsfeld sich wegen seiner ablehnenden Haltung heftiger Kritik ausgesetzt sah: "Lengsfeld ist der Buhmann, der Paria dieses Abends, weil er sich weigert, dem Wunsch der Künstler nach Anerkennung und mehr Geld mit einem Gesetz entgegenzukommen. Die Honorare der kommunalen Galerien in Berlin findet er gut, aber muss man daraus einen bundesweiten Apparat bauen? Nein, meint er. Und Lengsfeld hat recht. In keinem Land der Erde gibt es so viele Ausstellungsmöglichkeiten wie im Föderalismusland Deutschland, wohl nirgends so viel Künstlerförderung. Es gibt Stipendien und Preise, es gibt Ateliers, es gibt die Künstlersozialkasse, es gibt Hochschulen mit Dozentenstellen. Und es gibt den Kunstmarkt. Trotzdem verdienen bildende Künstler oft wenig Geld. Doch einen Rechtsanspruch darauf, vom Kunst- oder Literatur- oder Musikmachen auch leben zu können, den gibt es eben nicht." Vor allem würden sich gerade viele nicht arrivierte Künstler ihrer wenigen Ausstellungsmöglichkeiten berauben. 350 Euro für die Beteiligung an einer Gruppenausstellung soll es geben. Welcher Kunstverein kann sich da noch Ausstellungen mit mehreren Künstlern leisten? Und auch die angedachten 1.000 Euro für eine Einzelausstellung dürften kleinere Institutionen vor immense Probleme stellen. Für die viele kleinere Galerien gilt dasselbe.