Optionale Cookies erlauben?
Neben technisch notwendigen Cookies möchten wir Analyse-Cookies nutzen, um unsere Zielgruppe besser zu verstehen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen.
Kunst als Show Business: Marc Glimcher, Chef des Pace Gallery-Imperiums, glaubt, dass Künstler in Zukunft nicht zuletzt von den Eintrittsgeldern zu ihren multimedialen Shows leben werden, erklärt er Andrew Goldstein in einem ausführlichen Interview bei Artnet. Das ist eine der wilder erscheinenden Ideen, die der Galerist entwickelt. Seine Analyse des Kunstmarkts ist jedoch ziemlich klar bis ernüchternd: "Wir gehören nicht zur Einzelhandelsbranche, sondern zur Erlebnisindustrie mit dem teuersten Souvenir-Shop der Welt."
Der Hype war kurz. Nachdem Christie's Ende letzten Jahres mit einem von Künstlicher Intelligenz (KI oder AI) auf Leinwand gedruckten Kunstwerk des französischen Kollektivs Obvious mit viel PR in New York auf einen Auktionszuschlag von 432.000 Dollar (Schätzung 7-10.000 Dollar) gehievt hatte, ist Sotheby's bei der aktuellen Auktion in London mit den elektronischen "Memories of Passersby I" von Mario Klingemann baden gegangen, wie Naomi Rea bei Artnet meldet. Die beiden Monitore hätten mit einem Gebot über 32.000 Pfund gerade einmal die untere Taxe überwunden.
Durchwachsen sind die Ergebnisse der Zeitgenossen-Auktionen in London, was sowohl am mittelprächtigen Angebot wie auch am Ausbleiben asiatischer Gebote gelegen haben dürfte, wie der Bericht von Stephanie Dieckvoss im Handelsblatt nahelegt: "Diese Woche schritt Christie's mit mehr Energie und besseren Einzelergebnissen voran, obwohl Sotheby's auf dem Papier ein respektableres Gesamtergebnis vorweisen konnte. Beide Häuser konnten nur mit wenigen wirklichen Höhepunkten aufwarten, sieht man einmal ab von den Heroen der englischen Nachkriegskunst, Lucian Freud und David Hockney, die bei beiden Versteigerern als Spitzenlose fungierten. Die hohen Versteigerungsraten von über 90 Prozent in den Abendauktionen sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass nicht selten Garantien von externen Parteien diese Verkäufe absicherten, Reserven nach unten verschoben wurden und auch der Handel die eine oder andere Arbeit günstig aufschnappte."
Bei Phillips habe sich jetzt für 15,5 Millionen Pfund ein Käufer für Gerhard Richters "Düsenjäger" aus dem Jahr 1963 gefunden, meldet Anny Shaw im Art Newspaper. Das Auktionshaus war Ende 2016 in New York auf dem Bild sitzengeblieben, weil der chinesische Garantiegeber nicht zahlen konnte, nachdem sich in der Auktion kein weiterer Bieter gefunden hatte.
Die deutschsprachige Berichterstattung von der Armory Show in New York ist überschaubar. Die orstansässige Handelsblatt-Korrespondentin Barbara Kutscher blickt auf ein Vierteljahrhundert Armory Show zurück: "Von bescheidensten Anfängen ist [die] Armory Show heute auf 198 Galeristen aus 33 Ländern explodiert. In diesem Jahr ist unter den 56 Neuzugängen auch ein Teilnehmer aus Tunesien, ebenso kamen einige New Yorker Galerien der ersten Stunde wieder, wie Tanya Bonakdar und 303 Gallery. In den ersten VIP-Stunden wurde offenbar recht gut verkauft, Preise übersteigen jedoch selten eine Million Dollar. Dafür gibt es viel zu entdecken. Wie etwa Einzelpräsentationen weiblicher Künstler."
Für die FAZ war der Feuilleton-Redakteur Niklas Maak vor Ort: "Weil Pier 92 aber mittlerweile baufällig ist, musste man auf Pier 90 ausweichen, wo eigentlich die Messe Volta stattfinden sollte, die sich freundlicherweise in mehrere Ausweichquartiere umsiedeln ließ - unter anderem in die Räumlichkeiten der Großgalerie Zwirner. Allein das kann man als vielsagende Metapher der Machtverhältnisse in der aktuellen Kunstwelt sehen: die ganz großen Galerien bemühen sich gar nicht mehr, einen Stand auf der Kunstmesse zu bekommen, sie verleiben sich umgekehrt ganze Messen ein. Dafür ist die Armory, die noch bis zu diesem Sonntag läuft, mit ihren 198 Galerien dann doch zu groß, und wenn man mit Nicole Berry spricht, die im letzten Jahr die Leitung der Armory übernommen hat, dann scheint sie nicht besonders traurig, dass die ganz großen Galerieschiffe wie Gagosian oder eben Zwirner an den Hudson Piers der Armory nicht anlegen wollen".
In den Himmel wüchsen die Umsätze nicht, konstatiert Vivien Trommer in DIE WELT vom 10. März: "Rekordverkäufe scheinen allerdings eher eine Seltenheit. Man spürt auch, dass der Handel irritiert ist. Der Zollstreit der Vereinigten Staaten mit China bleibt ungelöst. Auch bremst die Dichte an Kunstmessen womöglich die ungestüme Kauflust früherer Zeiten. Unmittelbare Erfolge feiern jedenfalls eher Galerien im mittleren Preissegment." Auch sei Plan B für die gestrandeten Volta-Aussteller nicht wirklich aufgegangen: "Am Eröffnungstag ist es ziemlich leer, und man muss in manch trauriges Gesicht blicken."
Im Trend seien auf Angebots- wie auf Nachfrageseite weibliche und farbige Künstler, analysiert Margaret Carrigan im Art Newspaper die ersten Messetage.
Die komplette eigene Berichterstattung mit über 30 Beiträgen hat Artnews in einer Übersicht zusammengestellt.
Im Bemühen um eigene Kundschaft hat Artsy gleich die "20 besten Stände" gekürt. Die "sechs besten Kunstwerke" gibt's bei Artnet, dazu erklärt von Andrew Goldstein.
Den Verwertungszyklus noch ein bisschen beschleunigen möchte die MFA Fair, die ab November in New York schon Akademieabgänger in den Markt einspeisen möchte, wofür sich Wallace Ludel bei Artsy und Sarah Cascone bei Artnet begeistern.
Das "langweiligste und meistmissverstandene Werk des Jahres 2018" zündet die nächste museale Verwertungsstufe, die Kolja Reichert in der FAZ heftig kritisiert: "Nachdem 60.000 Besucher das Objekt im Privatmuseum Frieder Burdas in Baden-Baden beglaubigten, tritt es jetzt in die nächste Aufwertungsschleife ein, in das mit Staatsvertrauen und -geld segelnde württembergische Museumsflaggschiff. Seit Donnerstag hängt der Goldrahmen mit Leinwandschnipseln hinter einer großen Scheibe Sicherheitsglas neben Rembrandts 'Selbstporträt mit roter Mütze' aus dem Jahr 1660 - klassischerweise so gehängt, dass sich die Mittelachsen treffen, so dass Banksys Rahmen durch die Schnipsel nach oben geschoben und der Ausbruchsversuch aus dem Rahmen endgültig nivelliert wird. Rembrandt und Banksy: Es ist, als würde man eine Pizza und einen Stein in den Ofen legen und hoffen, dass zwei Pizzen rauskommen."
Die bekannt triste Realität der Produzentenseite veranschaulicht ein leider nicht namentlich gekennzeichneter Artikel aus den Zeitungen der Rheinischen Post Mediengruppe, unter anderem in der Saarbrücker Zeitung nachzulesen. 375 Euro betrage die durchschnittliche Rente Kunstschaffender aller Sparten, doch damit ende das Elend nicht: "So wie Müller ergeht es im Alter vielen Künstlern, beobachtet Hanne Schweitzer vom Büro gegen Altersdiskriminierung. Das liege nicht nur an den oft mickrigen Renten, sondern auch daran, dass es für ältere Künstler kaum Fördermöglichkeiten gebe. 'Bei Stipendien und Preisvergaben gibt es eine Altersdiskriminierung', sagt Schweitzer. Denn meist bestehen für die Ausschreibungen Altersgrenzen. 'Ältere Künstler sind außerdem für den Kunstmarkt nicht mehr so sexy', weiß Emmanuel Mir vom Landesbüro für Bildende Kunst NRW. Er erwartet, dass das Problem der Altersarmut bei Künstlern künftig noch wachsen wird. 'Denn die Zahl der Absolventen an den Kunsthochschulen explodiert.' Filme über berühmte Künstler wie Gerhard Richter, Joseph Beuys oder auch Vincent van Gogh bewirkten einerseits mehr Akzeptanz für die Kunst. Andererseits treffe das steigende Angebot an Kunstproduktion aber auf eine viel zu geringe Nachfrage." Die Vergabe der meisten öffentlichen Stipendien und Preise folgt der Marktlogik: Alte Künstler, die nicht bereits erfolgreich sind, werden höchstwahrscheinlich keine Karriere mehr machen, also werden sie auch nicht gefördert.
Den anstehenden Verkauf der Sammlung des Galeristenpaars Marianne und Pierre Nahon bei Sotheby's in Paris nimmt Olga Grimm-Weissert zum Anlass für ein wenig schmeichelhaftes Portrait im Handelsblatt vom 8. März: "Pierre Nahon ist trotz seiner Intelligenz, Bildung, Sachkenntnis und seiner exzellenten institutionellen Vernetzung in der Kunstszene ziemlich unbeliebt. Angeblich hat das Paar nicht immer kollegial gearbeitet und andere Galeristen gelegentlich skrupellos ausgebootet. Hinzu kommt die Persönlichkeit des Galeristen, der nicht gerade an Minderwertigkeitskomplexen leidet. Ein Film von Jean-Luc Léon über Pierre Nahon, den Arte 1996 ausstrahlte, zeigte ihn als unsympathischen, arroganten und überheblichen Händler, der pausenlos über Geld redet. Ein grausames Porträt, das den gesamten Kunstmarkt diskreditierte, was ihm die Galeristenkollegen bis heute vorwerfen. Bedauerlich, denn Nahon analysiert und formuliert klar. Er behauptet, dass man früher vom 'Kunstmarkt' sprach, während es heute nur noch um 'die Kunst des Marktes' gehe."
Das Düsseldorf Photo Weekend machte in den letzten Jahren vor allem durch die Einmischung der Politik auf sich aufmerksam. Regine Müller rekapituliert den Streit in ihrer Vorschau auf die aktuelle Ausgabe im Handelsblatt.