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Eine gewisse Diskursscheu, die sie "Zeitlosigkeit" nennt, charakterisiere die Arco in Madrid, urteilt Ursula Scheer in der FAZ: "Abstrakte Malerei und minimalistische Ansätze sind deutlich prominenter vertreten als andernorts dominante figurative Kunst. [...] Die ARCO 2024 strahlt Zeitlosigkeit aus, fern ideologisch aufgeladener Debatten und des Ringens mit der eigenen Vergangenheit, wie sie der Messe früher durchaus nicht fremd waren. Anregen statt aufregen, scheint nun ihr Motto." Etwas genauer hingesehen hat Uta M. Reindl für den Tagesspiegel: „Viel intensiv farbige Malerei, viel Skulpturales und Objekt- sowie Installationskunst sind zu sehen – oft mit Gewebe, Textil oder anderen organischen Materialien, dafür weniger Fotografie und Videokunst. Engagierte Werke befassen sich eher mit Sujets wie Migration, Ökologie oder Feminismus, nicht jedoch mit den global bedrohlichen Kriegsszenarien. Erst auf den zweiten Blick lässt etwa die Arbeit der Spanierin Laia Abril bei Set Espai D’Art ihre erschütternd politische Dimension erkennen.“ Ob Madrid gar Miami den Rang ablaufen könnte, fragt Vivienne Chow bei Artnet : „Gemessen an ihrem Umfang und der Anzahl der begleitenden VIP-Veranstaltungen ist die Arco Madrid viel bescheidener als die Art Basel Miami Beach. Da jedoch immer mehr wohlhabende lateinamerikanische Sammler die Stadt dank eines Investorenvisums zu ihrem Zuhause machen, ist es vielleicht nicht übertrieben, die beiden zu vergleichen. Einige haben berichtet, dass sie Madrid Miami vorziehen, und die Preise für Wohnimmobilien in Madrid sind gestiegen.“ Ansonsten ignoriert die anglo-amerikanische Fachpresse die Arco weitgehend. Die allgemeine Verunsicherung im Kunstmarkt hat Christof Habres für Parnass auch in Madrid beobachtet: „Ein deutscher Galerist bringt es zu Beginn der ARCO-Preview unbeschönigt offen auf den Punkt. Zu einem Zeitpunkt während einer großen internationalen Kunstmesse, wenn normalerweise Optimismus unter den Galerien vermittelt wird. 'Die vergangenen Monate waren alles andere als motivierend – es entstand des Öfteren der Eindruck, dass niemand mehr Bilder kaufen möchte', führt er die Dramatik der aktuellen Situation weiter aus. Aber er möchte sich nicht aus dem Konzept bringen lassen und setzt auf Madrid: 'Wir haben hier immer gut verkauft und Spanien ist aufgrund der wirtschaftlichen Lage die Stimmung besser als in Resteuropa', begründet er seinen (Rest-)Optimismus. Mit seiner Einschätzung war er zur Preview nicht allein: Die (An-)Spannung war vielerorts deutlich zu spüren und in Gesprächen zu vernehmen. […] Mit den fortschreitenden Stunden der Preview entspannte sich die Lage etwas“. Ich war für Artmagazine in Madrid.
Das Liebäugeln der mittlerweile von New York aus gesteuerten Tefaf mit Nachkriegsmoderne und Zeitgenossen sieht Scott Reyburn im Art Newspaper kritisch: „Aber natürlich besteht die Gefahr, dass die Tefaf, deren Marke seit jeher mit hochwertiger alter Kunst in Verbindung gebracht wird, ihre Stammaussteller verprellt, die in der Regel zwischen 50.000 und 100.000 Euro allein für ihre Standmiete zahlen. Der führende Altmeister-Händler und Tefaf-Mitbegründer Johnny van Haeften, die Tribal-Spezialisten Entwistle und Galerie Meyer sowie die führenden Asienhändler Littleton & Hennessy gehören zu den großen Verkäufern von Klassikern, die in den letzten Jahren ausgestiegen sind.“ Die strengen Qualitätstkriterien der Tefaf in Maastricht stellt Michael Huber ins Zentrum seines Berichts für den Kurier (Paywall): „Die Klärung von Ansprüchen Erbberechtigter können ein Kunstwerk wieder 'marktfähig' machen – und die TEFAF (das Kürzel steht für 'The European Fine Art Fair') bezieht ihre Stellung als weltweit wichtigste Messe für Alte Kunst zu einem guten Teil aus dem Umstand, dass sie die Vorgeschichten der ausgestellten Objekte so akribisch prüft wie keine andere Messe sonst. Das Wissen darum, was auf dem Spiel steht, bewog auch die Wiener Händler Wienerroither & Kohlbacher (W&K), ein als TEFAF-Highlight geplantes, frühes Klimt-Gemälde am Vorabend der Messe kurzfristig aus dem Programm zu nehmen: Man habe mit den Erben früherer Besitzer an einer Lösung gearbeitet, die dann aber nicht rechtzeitig zur Messe abgeschlossen wurde, sagte Andrea Glanninger-Leitner von W&K. Wenn alles nach Plan laufe, könne das Werk aber bald angeboten werden. […] Wird etwas als 'nicht messewürdig' eingestuft, kann es sein, dass die Verkäufer nach der zweitägigen Frist einen leeren Fleck auf ihren Messestand vorfinden: Die Werke werden dann abgehängt und für die Dauer der Messe eingesperrt. 'Es geht um den Käuferschutz. Das ist der Grund, warum Museen hier einkaufen gehen', sagt Glanninger-Leitner.“ Kira Kramer stellt in der FAZ eine ganze Reihe der angebotenen Werke vor: "Dabei schmücken sich so einige der 270 Aussteller aus gut 20 Ländern mit großen Namen und stolzen Preisen. Mit einer 7,5 Millionen Euro teuren Fassung von Auguste Rodins Skulptur 'Der Denker' aus dem Jahr 1903 trumpft Bowman Sculpture (London) auf. Ein Ölgemälde des niederländischen Malers Frans Hals von 1635 hat Solomon Lilian aus Amsterdam dabei, und die Galerie Koetser aus Zürich ein zweites, das 1625/26 entstanden ist (Preise jeweils auf Anfrage). Die aktuelle Ausstellung im Amsterdamer Rijksmuseum hat das Interesse an Werken des altes Meisters gesteigert." Mit ihrer Aufzählung reichts sie allerdings noch lange nicht an die Inhaltsangabe von Gloria Ehret in der WELTKUNST heran. Dass heute noch jemand 20.000 Zeichen lange Messeberichte verfasst, ist fast schon wieder bewunderswert. Ich war für das Handelsblatt in Maastricht.
Die Londoner Auktionen hinterlassen bei Stephanie Dieckvoss einen gemischten Eindruck, trotz einiger Erfolge besonders für Kunst von Frauen. Für das Handelsblatt protokolliert sie akribisch auch zurückgezogene und durchgefallene Lose: "Alles in allem zeigt sich ein unübersichtlicher Markt, in dem alles möglich zu sein scheint. Die Preise sind allgemein moderat, was Käufer gut tut und die hohen Verkaufszahlen erklärt. Es ist genug Geld im Umlauf und Bieter scheuen auch teure Arbeiten nicht. Zumindest in dieser Saison scheint allerdings der Hype um die ganz jungen Künstler etwas abgekühlt zu sein. Dafür wird es vielleicht das Jahr der Frauen. Man wird gespannt sein, was die Auktionen in New York im Mai bringen werden." Zu einem ähnlichen Urteil kommt George Nelson, der für Artnews einen einigermaßen zahmen Auktionsverlauf erlebt hat.
Ein der Forschung bekanntes, aber als verschollen geltendes Werk von Ernst Ludwig Kirchner, noch dazu mit tadellos erscheinender Provenienz, bietet Ketterer in München in seiner Auktion im Juni an. Eine Pressemitteilung dazu liegt als PDF vor.
Karriere und Mutterschaft seien in der Kunst weiterhin kaum vereinbar, Vaterschaft hingegen schon, mahnt Sascia Bailer bei Monopol: „Das Bild verstärkt sich, wenn wir uns nun die zehn erfolgreichsten männlichen Künstler der [Capital]-Liste anschauen: Dabei sind neun kinderreiche Väter; zusammen kommen diese auf 32 Kids. [...] Im Kontrast dazu haben die zehn erfolgreichsten Künstlerinnen der Liste insgesamt nur fünf Kinder; die, die Mütter sind, haben maximal ein Kind. Der Liste nach ist somit die Schweizer Künstlerin Pipilotti Rist, die erfolgreichste zeitgenössische Künstlerin, die auch Mutter ist (alle Grafiken hier). Der kurze Blick auf die Zahlen zeigt deutlich: Elternschaft wird bei Müttern und Vätern nicht gleich bewertet, denn Vaterschaft scheint unter erfolgreichen Künstlern kaum ein Hindernis darzustellen, während Mutterschaft unter erfolgreichen Künstlerinnen weniger verbreitet ist und mit strukturellen Hürden und tradierten Rollenklischees behaftet ist.“
Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis nach den zunächst weitgehend zerstörungsfreien Farb- und Lebensmittelattacken der Klimaaktivisten auf Kunst die ersten Ritter vom Orden der Selbstgerechtigkeit tatsächlich bilderstürmen. Dem Teppichmesser zum Opfer gefallen ist jetzt ein historisches Portrait in Cambridge, im Namen der Befreiung Palästinas, meldet der Spiegel mit Agenturmaterial.
Die überfälligen Überarbeitungen an den Washingtoner Prinzipien zum Umgang mit Nazi-Raubkunst erklärt Catherine Hickley in der New York Times: „Die neuen 'Best Practices', die heute vorgestellt wurden, heben die Beweislast vom Antragsteller auf und besagen, dass jeder Kunstverkauf 'durch eine verfolgte Person während der Zeit des Holocausts zwischen 1933 und 1945 aufgrund der Umstände des Verkaufs als unfreiwillige Übertragung von Eigentum angesehen werden kann'. Olaf Ossmann, ein Schweizer Anwalt, der sich mit Fällen von Kunstrückgabe befasst und an der Ausarbeitung der neuen Richtlinien mitgewirkt hat, sagte: 'Jetzt liegt es an dem aktuellen Besitzer, die Ausnahme von dieser allgemeinen Regel zu beweisen.' Die 'Best Practices' verfeinern auch die Aufforderung der Washingtoner Prinzipien an die Regierungen, 'ein unabhängiges Expertengremium' einzurichten, 'das über Fälle von Kunst- und Kulturgut entscheidet'. Die neuen Richtlinien legen fest, dass ein 'unilateraler Zugang' zu solchen Gremien möglich sein sollte, d.h. Erben sollten Ansprüche zur Bewertung einreichen können, ohne die Zustimmung des derzeitigen Besitzers zu benötigen.“ Bisher versuchen besonders deutsche Institutionen Rückgabeansprüche auszusitzen, indem sie sie schlicht ignorieren.
Die NZZ hat das Sammlernetzwerk Independent Collectors geschluckt, ist einer Pressemitteilung zu entnehmen: „Ein strategisch wichtiger Schritt hin zum neuen Kunstangebot ist die Übernahme von Independent Collectors Ende 2023 durch die NZZ. Dadurch wird die Verbindung der NZZ zum Kunstmarkt und zur Kunst-Community gestärkt, insbesondere auch im Wachstumsmarkt Deutschland. Das Online-Netzwerk mit Sitz in Berlin hat Zugang zu knapp 7’000 Sammlungen aus rund 100 Ländern und ist bestens vernetzt mit privaten Sammlerinnen und Sammlern, Galerien und Kunstschaffenden. Unternehmen, die sich für Kunst begeistern, werden über das neue Ökosystem Kunst der NZZ künftig die Möglichkeit haben, sich stärker in diesem Umfeld zu positionieren und auf innovative Weise zu engagieren.“ Der letzte Satz ist vielleicht nicht unbedingt notwendig, damit auch wirklich jeder begreift, worum es geht.
Was der Kunstmarkt aus Menschen machen kann, führt eindrücklich der Wheeler-Dealer Stefan Simchowitz vor Augen, der im Zuge seiner Senats-Kandidatur für die Republikaner im Interview mit Suzy Weiss für The Free Press menschenverachtende Sprüche aus der „Eure Armut kotzt mich an“-Kiste zieht: "Wir brauchen eine zentralisierte, unternehmerische Regierung, die knallharte Führungsentscheidungen trifft, die vielleicht gesellschaftlich unpopulär sind, wie z.B. 150.000 Obdachlose in Kalifornien zusammenzutreiben und sie in MASH-Camps [Lazarett-Lagern] unterzubringen, die vom Militär betrieben werden". Nach entsprechendem Gegenwind beschwert er sich in einem weinerlichen Instagram-Post über die böse Presse, die immer alles aus dem Zusammenhang reißt und das seine Äußerungen doch in Wahrheit ganz anders gemeint seien. Dabei hat er genau diesen Spruch selbst herausgepickt und gepostet.
Jetzt hat die französische Justiz den Wildenstein-Clan doch noch dingfest gemacht, berichtet Aurelien Breeden in der New York Times: „Guy Wildenstein, der internationale Kunsthändler, wurde am Dienstag in Frankreich des massiven Steuerbetrugs und der Geldwäsche für schuldig befunden. Dies ist die jüngste Wendung nach jahrelangen juristischen Verwicklungen, die die Geheimhaltung, die einst seine mächtige Familiendynastie umgab, aufgedeckt haben. Wildenstein, 78, der französisch-amerikanische Patriarch der Familie und Präsident von Wildenstein & Co. in New York, wurde vom Pariser Berufungsgericht zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt, von der die Hälfte zur Bewährung ausgesetzt und die andere Hälfte unter Hausarrest mit einer elektronischen Fußfessel abgesessen werden muss. [...] Die sieben anderen Angeklagten, die zuvor ebenfalls freigesprochen worden waren, wurden ebenfalls wegen ihrer mehr oder weniger großen Beteiligung an dem Steuerbetrug verurteilt.“