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Kobels Kunstwoche

Diese Woche ist Frühlingsanfang, hier: Freiburg; Foto Stefan Kobel
Diese Woche ist Frühlingsanfang, hier: Freiburg; Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 12 2018

Frankfurt bekommt wieder eine Messe für zeitgenössische Kunst. Wie Monopol meldet, soll sie bereits in diesem Jahr Anfang November mit rund 80 Ausstellern erstmals stattfinden. Der Ausrichter Jörgen Golz verantwortet auch die Kölner und die Berliner Liste, zwei Veranstaltungen, die jeweils das lokale Angebot nach unten abrunden.

Die AfD engagiert sich beim Thema Raubkunst - auf Seiten Russlands. Im russischen Propaganda-Portal Sputnik verbreitet der AfD-Abgeordnete Harald Weyel seine Vorschläge zum Umgang mit dem Thema in einem Bericht von Armin Seibert: Deutschland solle auf seine Ansprüche verzichten, dann würde Russland kriegsbedingt verbrachte Kunstgegenstände schon als Gnadenakt zurückgeben: "Man sollte also keine Reparationen fordern, sondern an die höhere Schule der Gemeinsamkeiten anknüpfen. Hier wären auch gemeinsame Ausstellungen deutscher und russischer Museen im Rahmen der Städtepartnerschaften denkbar. Da bieten sich vielfältige Möglichkeiten." Beim Thema Ukraine mahne er mehr Pragmatismus an: "Es ist total absurd, dass die Position vertreten wird, nicht mit Russland zu verhandeln wegen der Geschichte mit der Ukraine seit 2014. Es geht um die Kunstwerke, und wer auch immer die Verfügungsgewalt darüber hat, sollte eingeladen werden, über eine Rückführung zu reden". Das ist so intellektuell niederschwellig, zynisch und offensichtlich rechtswidrig, dass man dem Mann seinen Professorentitel nicht glauben möchte. Wenn sich die Bundesrepublik von einem Besatzungsregime, das sie noch nicht einmal anerkennt, Kunst aus dem besetzten Land schenken ließe, würde sie Raubkunst annehmen.

Der aktuelle Kunstmarktreport von Art Basel und UBS, den Clare McAndrew erstellt hat, wird von der Presse trotz seiner methodischen Mängel und des fragwürdigen Zahlenmaterials wieder begierig aufgegriffen. Schließlich ist er der am wenigsten schlechte in einem von Intransparenz und Datenmangel geprägten Markt.

Susanne Schreiber thematisiert im Handelsblatt die unterschiedlichen Realitäten der beiden führenden Berichte: "Für das Berichtsjahr 2017 schätzt sie [McAndrew] den weltweiten Kunstumsatz auf 63,7 Milliarden Dollar, ein Plus von 12 Prozent im Vergleich zum schwächelnden Vorjahr. 2016 hatte die Ökonomin ihn mit 56,6 Milliarden Dollar ermittelt, 2015 63,3 Milliarden Dollar. Der Tefaf-Report indes, dessen neue Ausgabe erst Anfang Mai veröffentlicht werden soll, hatte für das Berichtsjahr für 2016 deutlich weniger angesetzt: 45 Milliarden Dollar. Die Differenz zwischen den Wettbewerbern macht deutlich, wie ungefähr die hochgerechneten und im privaten Sektor bei ausgewählten Galeristen und Händlern ermittelten Zahlen sind."

Astrid Mania konzentriert sich in ihrem Bericht für die Süddeutsche Zeitung vom 16. März auf die Analyse der präsentierten Zahlen: "Nun gibt es einen Anstieg um zwölf Prozent und ein geschätztes Gesamtverkaufsvolumen von 63,7 Milliarden Dollar zu verkünden. Zurückzuführen ist diese Zunahme weiterhin auf die Aktivitäten im obersten Segment. Allerdings fragt man sich, warum der Markt nicht unter dem Druck der Langeweile kollabiert. Seit zehn Jahren nun steht Andy Warhol unangefochten an der Spitze der am häufigsten ausgestellten Künstler, gefolgt von Picasso sowie Gerhard Richter, Bruce Nauman und Joseph Beuys, die ab und zu die Plätze tauschen. Warhol ist gerade in den USA der Lieblingskünstler, wenn es darum geht, Messekojen zu bestücken, und fast möchte man zynisch sagen, dass Künstlerinnen auf Messeständen immerhin zu rund 25 Prozent vertreten sind. Der Anteil des Auktionshandels hat um vier Prozent zugenommen und liegt nun bei 47 Prozent. Der Markt für Ware unterhalb einer Million ist in den letzten zehn Jahren stetig geschrumpft."

Anna Louie Sussman befragt bei Artsy das im Report konstatierte Phänomen, dass im vergangenen Jahr für jede geschlossen Galerie nur eine neu eröffnet habe, während vor zehn Jahren noch fünfmal so viele gegründet worden seien wie geschlossen wurden. Auf die naheliegende Idee, dass das vielleicht einfach ein paar zu viele gewesen sein könnten, kommt sie nicht.

Die Spekulation mit Kunst in den USA könnte einen Dämpfer erhalten. Wie schon länger erwartet, habe die Trumpsche Steuerreform ein Schlupfloch geschlossen, das Gewinne aus Kunstverkäufen steuerfrei gestellt hatte, wenn die Erlöse ebenfalls in Kunst reinvestiert wurden, schreibt Franco Brussardi in Il Sole 24 Ore. Ursprünglich war die entsprechende Regelung vor über 100 Jahren für private Immobiliengeschäfte erlassen worden. Aktuell machen sich die Kryptowährungsspekulanten noch Hoffnungen.

Seinen pragmatischen Zugang zum Thema zeitgenössische Kunst als Wertanlage demonstriert der Berliner Galerist Johann König im Interview mit Susanne Schreiber und Thomas Tuma für das Handelsblatt vom 16. März: "Ist der Ansatz denn so unverständlich? Jeder, der Summen über 50.000 Euro für ein einzelnes Werk ausgibt, will zumindest sicherstellen, dass er dieses Geld irgendwann wieder zurückbekommen könnte. Sammlern und Käufern nur rein ideelles Interesse zu unterstellen, wäre totaler Quatsch. Mein Ratschlag an Sammler ist stets: 'Bis 10.000 oder 15.000 Euro reicht es, wenn es dir nur gefällt. Folge deiner Intuition! Ab 50.000 Euro musst du Marktrecherchen machen!'"

In seiner mehrteiligen Geschichte des Kunstmarkts erzählt Christian Herchenröder im Handelsblatt vom 15. März vom Bedeutungsverlust der Regionalmärkte im Zuge des Kunstmarktbooms seit den 80er Jahren, die aber immer noch vorhanden seien: "In ihrer Spitze werden die Märkte von New York bis Hongkong vom Großkapital der Superreichen angetrieben. Die schlucken ohnehin nur die teuerste spekulationsreife Kost. Aber in den weniger rekordbeladenen Zonen regieren noch Marktvernunft und echte Leidenschaft, stimmt noch die Relation zwischen Lustobjekt und Preis. Es ist diese dauerhafte Unterströmung, die die Märkte auch durch magere Zeiten trägt. Solange sie weiterwirkt, sind auch geplatzte Spekulationsblasen leichter zu verschmerzen. Nicht mehr und nicht weniger lehrt uns die Markthistorie der letzten 65 Jahre."

Ein ewigwährender Kunstfälschungsskandal um russische Avantgarde hat jetzt mit Haftstrafen für die beiden Angeklagten ein Ende gefunden. Über den Wiesbadener Prozess berichtet Brigitta Sölling für den Hessischen Rundfunk, allerdings ohne Ross und Reiter zu nennen. Ebenfalls ohne Namensnennung kommt Catrin Lorch in der Süddeutschen Zeitung aus. Sie fragt, was wohl mit den 1.700 Arbeiten passiert, die im Zuge der Ermittlungen in einem Lager entdeckt wurden: "Werden sie herausgegeben und wieder in das Lager der Galerie verfrachtet? Schon vor dem Ende der Verhandlungen hatte Itzhak Z. angekündigt, er werde in Revision gehen, um seinen guten Namen wiederherzustellen, und als Galerist seinen Bilderschatz weiter zu vermarkten. Die Kampagne für die noch bei Gericht lagernden Gemälde läuft: Ein PR-Berater aus dem Umfeld der ehemaligen Galerie hat sich bereits mit der Nachricht, ein Wiesbadener Gericht habe die Echtheit dieser 1700 Kunstwerke bestätigt, bei Zeitungsredaktionen gemeldet." Philip Oltermann ist im Guardian weniger zimperlich. Einige der "Experten", die viele der inkriminierten Gemälde mit Expertisen versehen hatten, waren oder sind Mitglieder der Vereinigung InCoRM, die seit über einem Jahrzehnt versucht, die Deutungshoheit über die russische Avantgarde zu erlangen. Ihr Internet-Auftritt wirkt allerdings wie die Webversion einer berühmten Liedzeile von Michael Holm: "Doch der Schein verbirgt, was er dir verspricht". Ein Zusammenschluss von Fachleuten, die sich Transparenz auf die Fahnen geschrieben haben, sollte schon in der Lage sein, deren Namen öffentlich zu machen. Auf Verbindungen von InCoRM-Mitgliedern und der Wiesbadener Galerie habe ich bereits 2007 in der Antiquitätenzeitung (heute Kunst und Auktionen; Text von damals auf Anfrage) und 2009 bei Artnet hingewiesen. Artnet hat allerdings sein gesamtes deutsches Artikel-Archiv offline genommen, der Beitrag ist hier jedoch noch online. Nach guten Ratschlägen meine Gesundheit betreffend, habe ich das Thema damals dann nicht weiter verfolgt.

Schnäppchenjagd in Österreich: Die Galerie Thoman veranstaltet anscheinend bis Ende März einen Lagerverkauf mit 50 Prozent auf Alles. Die Liste als PDF gibt es hier. Versandkosten pauschal 30 Euro (Inland) oder 50 Euro (EU), auch für eine lebensgroße Chaiselongue von Bruno Gironcoli für 45.000 Euro.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung