Optionale Cookies erlauben?
Neben technisch notwendigen Cookies möchten wir Analyse-Cookies nutzen, um unsere Zielgruppe besser zu verstehen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen.
Mit dem alljährlichen Marktreport von Art Basel und Basel (PDF) ist wieder etwas Normalität in die Kunstmarktberichterstattung gekommen. Der von Clare McAndrew verfasste Bericht beschreibt und analysiert den Kunstmarkt des abgelaufenen Jahres.
Vom größten Umsatzrückgang seit 2009 schreibt Eileen Kinsella bei Artnet: „Die weltweiten Verkäufe von Kunst und Antiquitäten erreichten 2020 einen geschätzten Wert von 50,1 Milliarden US-Dollar, was einem Rückgang von 22 Prozent gegenüber 2019 entspricht, während die Online-Verkäufe ein Rekordhoch von 12,4 Milliarden US-Dollar erreichten, was einer Verdoppelung des Wertes gegenüber dem Vorjahr entspricht. Diese Verkäufe machten einen Rekordanteil von 25 Prozent des Marktwerts aus.“
Angelica Villa weist bei Artnews auf die Veränderungen im Marktgefüge hin: „Eine der Vorhersagen aus dem im September veröffentlichten Halbjahresbericht war, dass es eine wachsende Kluft zwischen dem oberen und dem unteren Ende des Marktes geben könnte, was zu einer größeren Konzentration des Umsätze an der Spitze führt. Dieser Trend ist ein potenzielles Problem für die Organisatoren von Kunstmessen, da ein Anstieg der Online-Verkäufe nicht gleichbedeutend ist mit einer Angleichung der Wettbewerbsbedingungen, sagt McAndrew, trotz der Hoffnungen kleinerer Galerien auf einen demokratischeren Markt in Bezug auf Kunstmessen.“
Das Kaufverhalten der für den Report ebenfalls befragten Reichen und Superreichen hat sich Anny Shaw für das Art Newspaper vorgenommen: „Ohne die Ablenkung durch luxuriöse Urlaube und die Ausgaben für Luxusgüter, die mit solchen Aktivitäten einhergehen, waren vermögende Personen (HNWI) stärker motiviert, Kunst zu kaufen - 66 % der Befragten gaben an, dass die Pandemie ihr Interesse am Sammeln gesteigert hat. Millennial-HNWI-Sammler waren im Jahr 2020 die spendabelsten: 30 % gaben mehr als 1 Million Dollar aus, während es bei den Boomern nur 17 % waren.“
Über Länder-, Sparten- und Vertriebskanäle hinweg strecke sich die neue Normalität der Auktionshäuser, bemerkt Anne Reimers in der FAZ vom 20. März: „Die Abendauktion 'Modern Renaissance: A Cross-Category Sale' am 25. März ist die erste Saal-Auktion, die von Sotheby’s in diesem Jahr in London live abgehalten wird. Sie erfolgt gleich im Anschluss an die Versteigerung mit Impressionismus und Moderne bei Sotheby’s in Paris. In London hat das Haus Moderne und Zeitgenossen mit Werken der Renaissance in einer umfangreichen Auktion vereint.“
Konsequenterweise werde Christie's ab den New Yorker Mai-Auktionen die Kategorien Impressionist and Modern sowie Post-War and Contemporary durch 20th und 21st Century Art ersetzen, meldet Anna Brady im Art Newspaper.
London hat jetzt auch sein Gallery Weekend, abgekürzt LGW. Mit über 80 Teilnehmern rechnet Mitgründer Jeremy Epstein von der Galerie Edel Assanti laut Pressemitteilung (PDF) für das erste Juniwochenende. Dass die Briten es dabei anders machen als einige vergleichbare Veranstaltungen, berichtet Naomi Rea bei Artnet: „Die teilnehmenden Galerien zahlen eine Gebühr zwischen £300 und £3.000 - wobei die größeren Räume ihre kleineren Kollegen subventionieren.“
Das preislich untere Ende des Kunstmarkts, von dem sich auch hiesige Auktionshäuser immer mehr verabschieden, hat mit Artpeers eine neue Plattform, von der ich im Handelsblatt berichte.
Der NFT-Hype treibt derweil immer seltsamere Blüten: Die Klopapier-Marke Charmin bringt eine eigene NFT-Reihe heraus, vermarktet als „NFTP, the world’s first Non-Fungible Toilet Paper “. Für den guten Zweck versteht sich. Das könnte der New Yorker Film-Regisseur Alex Ramírez-Mallis sicher gut gebrauchen, von dessen „Year of Farts Master Collection“ Hannah Frishberg in der New York Post berichtet (Hörproben hier). Und der Amsterdamer Porzellanhändler Aronson bietet laut dem Art Newspaper zwei Scans einer Delfter Vase als NFT an. Sotheby's plane ebenfalls etwas mit NFT, meldet Anna Brady im Art Newspaper.
Bestenfalls medioker, in Teilen rassistisch und offen frauenfeindlich sei das NFT „Everydays: The First 5000 Days“ von Beeple, dessen Einzelbilder rechnerisch rund 14.000 Dollar gekostet haben, stellt Ben Davis nach Durchsicht des gesamten Werkes für Artnet fest.
Das negative Echo auf den NFT-Boom fasst Daniel Völzke bei Monopol zusammen: „Ob die Käuferinnen und Käufer, die Millionensummen investieren in Kunst, die ohnehin nicht von klassischen Kunst-Institutionen beglaubigt ist, all diese Einwände überhaupt wahrnehmen, darf bezweifelt werden. Beeple selbst hat sich immer wieder über die etablierte Kunstwelt lustig gemacht. Da verletzt das Lachen eines Tech-Milliardärs wie Elon Musks schon einiges mehr. Wenn selbst dieser Visionär nicht wirklich an das Werkzeug NFTs glaubt, wie soll sich dieser Markt dann etablieren?“
Welche ganz neuen (Urheberrechts-) Probleme sich mit dem neuen Vertriebsweg NFT für Künstler ergeben, erklärt das Kryptowährungs-Magazin Zephyrnet (in einer teilweise recht mühsamen Maschinenübersetzung): „Wie Rechtsprofessoren ihren Studenten gerne sagen, ist Eigentum wie ein Bündel Stöcke. Jeder Stock im Bündel stellt ein Recht dar, etwas zu tun, beispielsweise das Recht, das Grundstück zu verkaufen, es zu ernten oder zu zerstören und so weiter. Dies gilt sicherlich für das Urheberrecht, das mehr Sticks in seinem Bündel enthält - beispielsweise das Recht, ein Bild zu senden und zu vermarkten - als viele Menschen glauben.“
Den Diebstahl von NFT meldet Ursula Scheer in der FAZ vom 20. März: "Auf Twitter wurde vor einigen Tagen publik, dass Hacker in Nutzerkonten des digitalen Marktplatzes Nifty Gateway eingedrungen sein sollen und dort NFT-Kunstwerke für sechsstelligeBeträge gestohlen sowie weiterverkauft hätten."
Auch wenn Großbritannien nicht mehr EU-Mitglied ist, setzt es doch deren Fünfte Geldwäsche-Richtlinie um, was den Kunsthandel der Insel vor Herausforederungen stellt, wie John Dizard in der Financial Times anmerkt: „Ab Juni wird die britische Steuerbehörde von den so genannten 'Art Market Participants' (AMPs) verlangen, dass sie sich registrieren lassen, bevor sie ihr Geschäft weiter betreiben, definiert als 'eine Transaktion von 10.000 € oder mehr oder eine Reihe von miteinander verbundenen Transaktionen von 10.000 € oder mehr'. Mit anderen Worten, jedes Auktionshaus, jeder professionelle Kunsthändler, Kunstfinanzierer oder Berater sollte sich besser anmelden.“
Über die sich weiter zuspitzende Diskussion um Verkäufe aus Musemsbestand berichten Robin Pogrebin und Zachary Small in der New York Times: „Es begann als Überbrückungsmaßnahme, um auf die Pandemie zu reagieren, eine vorübergehende zweijährige Lockerung einer Richtlinie der Association of Art Museum Directors, die es amerikanischen Institutionen seit langem verbietet, Kunst aus ihren Sammlungen zu verkaufen, um die Rechnungen zu bezahlen. Doch immer mehr Museen machen von dieser Regelung Gebrauch, und der Verband begann darüber zu diskutieren, sie dauerhaft einzuführen - eine Idee, die, je nachdem, mit welcher Institution man spricht, entweder absolut sinnvoll ist oder die eigentliche Existenzberechtigung der Museen untergräbt.“
Kurz vor ihrem voraussichtlichen Abschied in die Opposition kommt die SPD noch auf die Idee, Kultur ins Grundgesetz schreiben zu wollen. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet: „Die SPD will einen 'Aufbruch hin zu einem neuen Kulturkonsens über die Aufgaben und Verfahren der Kulturpolitik'. Grundlage dafür seien 'die kreativen, kritischen, innovativen und verbindenden Kräfte von Kunst und Kultur'. Kultur solle als Staatsziel im Grundgesetz verankern werden. 'Die Künste sind eine wesentliche Werte-, Identitäts- und Dialogressource und für den Zusammenhalt in der Demokratie unverzichtbar.'“