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Kobels Kunstwoche

Lösung in Sicht für Benin -Bronzen; Foto Daderot via Wikimedia
Lösung in Sicht für Benin -Bronzen; Foto Daderot via Wikimedia
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 13 2021

Wie die Art Basel nach Corona-Pandemie und Eigentümerwechsel aus der Krise finden will, fragt Zachary Small nach Lektüre des Geschäftsbericht der MCH Group bei Artnews: „Schon lange vor Covid-19 verspürte eine wachsende Zahl von Kunsthändlern eine gewisse Messemüdigkeit. In den letzten fünf Jahren ungefähr wurden die mittlere und jüngere Galerien durch die hohen Kosten der Veranstaltungen unter Druck gesetzt. Bei der Art Basel Miami 2019, der letzten der drei jährlichen Basel-Messen vor Covid, kostete der günstigste Stand im Bereich Galerien 31.000 Dollar, und bei der Hongkong-Ausgabe 2019 waren es 34.000 Dollar. Wenn sich die Messe nicht verändert, werden viele Galerien ihre Teilnahme einstellen und ihr Geld bei der Konkurrenz ausgeben oder das Geschäftsmodell ganz aufgeben und die Mittel in ihre eigenen Ladengeschäfte umleiten.“ Die Kritik an Messepolitik und -leitung erreicht ein bisher unbekanntes Niveau und legt an mehreren Stellen den Finger in die Wunde.

Die – zumindest nominell - Londoner Auktionsergebnisse von Christie's fasst Stephanie Dieckvoss für das Handelsblatt zusammen: „Die Digitalisierung des Geschäfts, in dem der Austragungsort der Auktion immer weniger wichtig ist, bedient allerdings erfolgreich einen globalen Käufermarkt. Davon konnte zum Auftakt der Frühjahrsauktionen in London Christie’s profitieren. Das Haus bot über mehrere Auktionen hinweg Kunst des 20. Jahrhunderts an und erzielte dabei an einem Tag mit gleich drei Auktionen an zwei Orten ein Gesamtergebnis von 199 Millionen Pfund bei 93 Prozent verkaufter Lose.“

Die Volten eines so internationalisierten wie digitalisierten Kunstmarkts thematisiert Anne Reimers ebenfalls anhand der Ergebnisse bei Christie's in der FAZ vom 27. März: „London hat als Auktions-Standort 2021 seinen ersten großen Markttest seit dem Brexit und trotz des Lockdowns bravourös bestanden. Die Abende mit Moderne und Zeitgenossen lieferten Rekorde und starke Verkaufsraten. Das teuerste Los der Abendauktion mit Moderne und Zeitgenossen bei Christie’s war Jean-Michel Basquiats „Warrior“ von1982. Jussi Pylkkänen stand zwar in London auf dem Rostrum, trotzdem feierte Christie’s mit dem Basquiat den Verkauf des teuersten, 'je in Asien angebotenen' Werks eines westlichen Künstlers, das heißt, es befand sich zum Zeitpunkt der Auktion in Hongkong. Der Hammer fiel bei 26,3 Millionen Pfund für einen Bieter am Telefon in Hongkong“.

In einem fast romantisch-wehmütigem Essay singt Hans-Joachim Müller in Monopol ein Loblied auf die Institution Kunstverein: „In Zeiten, in denen die Kunstwelt mit Inbrunst auf den Markt starrt und Sammlermuseen den Geschmack der gesellschaftlichen Eliten spiegeln, klingt es fast ein wenig romantisch, wenn man daran erinnert, dass es einmal die Kunstvereine waren, die die Wege der Kunst nicht nur nachgezeichnet, sondern mehr noch mit Witz und Ausdauer vorgespurt haben. […] Nirgendwo sonst ist bis heute so deutlich zu erfahren, wie zeitgenössische Kunst nicht nur aus Autorität, Ranküne und Setzungsakten entsteht, sondern mehr noch aus der öffentlichen Verhandlung, aus der immer wieder kritischen Befragung von Macht. Sagen wir es so: Kunstverein – eine Erfolgsgeschichte aus der Zeit vor der Einführung des Marketings.“

Was Bürgersinn und privates Engagement vor gut 100 Jahren noch zustandezubringen in der Lage waren, schildert Peter Kropmans in Erinnerung an den 100. Todestag von Karl Ernst Osthaus in der FAZ vom 27. März: „Sein letztes Testament sah vor, dass die Erben die Sammlung veräußern konnten. Bedingung war, sie möglichst geschlossen abzugeben und nur auf ein Angebot einzugehen, dass „mindestens ein Zehntel des Taxwertes“ erbrachte. Nach langen Verhandlungen erfolgte schließlich der Transfer der Sammlung nach Essen. Dort hatten sich Industrie, Handel und Mäzene verbündet, um den Zuschlag zu erhalten und damit dem lokalen Kunstmuseum zu Prestige zu verhelfen. Im Jahr 1922 konnte der Essener Bestand mit der aus Hagen kommenden Kollektion unter der neuen Bezeichnung Museum Folkwang fusioniert und 1929 in einem Neubau gemeinsam präsentiert werden.“

Der sagenhafte Erlös von 62 Millionen US-Dollar für einen guten Zweck hat den bisher weitgehend unbekannten und in Dubai beheimateten britischen Künstler Sasha Hafri zum viertteuersten lebenden Künstler gemacht, wie Alex Greenberger bei Artnews meldet. Ursula Scheer kommentiert in der FAZ: "Der finanzielle Erfolg des wohltätigen Projekts steht für sich: André Abdoune, ein in Dubai lebender französischer Geschäftsmann, kaufte sämtliche Teile des Riesengemäldes für einen Gesamtpreis von 62 Millionen Dollar. Es ist wohl kein Zufall, dass Abdouné ausgerechnet in der Krypto-Industrie tätig ist, die zurzeit durch den Aufstieg von NFT-Kunstwerken zu überaus heiß gehandelten Spekulationsobjekten von sich reden macht." Die Versteigerung des weltgrößten Gemäldes im Vorfeld der Art Dubai stellt Moritz Baumsteiger für die Süddeutsche Zeitung in eine Reihe mit den Bemühungen arabischer Staaten, ihr schglechtes Image durch Kunst, Kultur und Großevents aufzupolieren: "Und so ist die Kunst in den Emiraten nur so lange frei, wie sie die Verhältnisse vor Ort ausblendet und sich aufs Geschäft konzentriert. So, wie es eben auch die Fußballer tun. Das Werk von Sacha Jafri, das da eben in Dubai versteigert wurde, heißt übrigens "The Journey of Humanity", die Reise der Menschheit. Ein Name, der genau wie die kitschigen Slogans klingt, die sich die Marktinggenies der Fifa so gerne einfallen lassen."

Mit NFT befassen sich inzwischen auch etablierte Galerien. Für den Tagesspiegel haben sich Birgit Rieger und Joana Nietfeld dort und im Netz auf die Suche nach der digitalen Kunst begeben: „Dabei gilt als der große Vorteil der NFT-Plattformen: Hier kommen auch die vor, die der traditionelle Kunstmarkt bisher gar nicht anerkannt hat. Wer dort digitale Kunst anbieten darf, entscheiden die Betreiber der Plattformen. Die Zahl der Instagram-Follower ist dafür wesentlich wichtiger als Galerievertretungen oder Messebeteiligungen. In der digitalen Welt mischen sich die Kreateure und die Künstler, das verwirrt viele. Surft man auf NFT-Plattformen wie Nifty Gateway, SuperRare, Foundation oder MakersPlace, sieht man zuerst viele Bildchen von Figuren mit großen Mündern, aufgerissenen Augen und Sabberfäden oder wolkige Fantasie-Landschaften. Den Stil verortet man in Zocker-Zimmern mit beleuchteten Tastaturen und ergonomischen Schreibtischstühlen mit Rollen. Die digitalen Marktplätze wirken auf den ersten Blick wie Online- Postershops mit Wucherpreisen.“

Über NFT und Beeple hat sich jetzt auch Rose-Maria Gropp für die FAZ Gedanken gemacht: „Die Auktion war im Ganzen der publikumsträchtige Versuch von Christie’s, eine neue, dringend erwünschte Käufergruppe zu generieren, basierend auf der Überlegung, dass sich vermögende Jüngere am ehesten für NFTs begeistern könnten. Doch selbst wenn diese wohlhabende Klientel demnächst mit den Kryptowährungen zu tun hat, weil digitale Zahlungsmittel zweifellos an Bedeutung gewinnen werden, ist noch nicht ausgemacht, dass sie sich entsprechend an virtuellen Kunstwerken delektiert (womöglich: im Gegenteil). Auch deshalb muss die Kunstgeschichte vorerst nicht neu geschrieben werden. Nüchtern betrachtet, hat man es mit geschickt bedienten, im Kern gängigen Mechanismen des traditionellen Kunstmarkts zu tun. Neu ist nicht einmal die infantile Komponente, die auf der Käuferseite das Spiel mit den Ether-Millionen hinzufügt.“

An CryptoKitties erinnere der NFT-Hype, erklärt der Medienwissenschaftler Tilman Baumgärtel für Monopol: „Neue CryptoKitties werden kaum noch gekauft beziehungsweise gezüchtet und viele Käufer beginnen sich zu fragen, was genau sie da eigentlich erworben haben. Die Antwort ist dieselbe wie bei den JPGs von Beeple, den potthässlichen Videos von Grimes oder der 'Nyan Cat', die in den letzten Wochen für astronomische Summen verhökert worden sind: eine Hexadezimalzeichenfolge. Das mag gut für Krypto-Spekulanten und Zocker sein, denen das Schachern mit Game-Stop-Aktien nicht mehr aufregend genug ist. Für die Kunst ist es weitgehend egal, und für den traditionellen Kunstmarkt dürften die Auswirkungen von NFTs bis auf weiteres ebenfalls gering sein.“

Meta meta: Ein Journalist (Alex Rühle) schreibt in der Süddeutschen Zeitung über einen Journalisten, der seine Artikel über NFT zu einem NFT macht und verkauft : „Der New-York-Times-Journalist Kevin Roose dachte sich nun, kann ich auch, und bot seine aktuelle wöchentliche Kolumne kurzerhand als NFT an. Oder als Meta-NFT: Er schrieb einen Text, in dem er die NFT-Technik genauso erklärte wie den sagenhaften Auktionshype um NFT-Bilder, -Musikdateien oder -Comics. Dann erklärte er, wie er den eigenen Text in ein NFT verwandelt hatte, was ich nun leider nicht korrekt wiedergeben kann, weil mein Technikverständnis ungefähr mit dem von van Gogh konkurrieren kann. Jedenfalls bot er den Text beziehungsweise dessen NFT-Avatar Anfang dieser Woche zur Versteigerung an und versprach, die Einnahmen an 'The Neediest Cases' zu spenden, eine karitative Einrichtung, die der New York Times angegliedert ist. Am Mittwoch ersteigerte ein Mensch, der sich während der Auktion @3fmusic nannte, die Kolumne für 560.000 Dollar.“

Den schwierigen Markt für Arbeiten von Joseph Beuys nehmen Sabine Spindler und Susanne Schreiber im Jubliäumsjahr des Künstlers für das Handelsblatt in den Fokus: „Während Dutzende Museen den Jahrhundertkünstler mit Ausstellungen ehren, zeigt sich der Kunstmarkt eher verhalten. Das hat mehrere Gründe. Die Fragilität von Fett und anderen Substanzen in Beuys‘ Kunstwerken, lässt so manchen Sammler zögern. Dann hat der strategisch agierende Künstler gern ganze Werkkomplexe bei nur wenigen Sammlern und Museen selbst platziert. Und schließlich reagierte der bedeutende amerikanische Markt mit seiner Vorliebe für die strenge Form der Minimal Art mit Skepsis auf die höchst subjektive, Mythen beladene Kunst des Schamanen Beuys.“

Nach jahrelangem Zaudern und sich Winden könnte es jetzt doch ganz schnell gehen mit der Restitution von Benin-Bronzen in deutschem Museumsbesitz. dpa meldet, Kulturstaatsministerin Monika Grütters „werde 'noch im April' die betroffenen Kulturminister der Länder mit den Museumsdirektionen zu einer Gesprächsrunde einladen, teilte ihr Haus am Donnerstag mit. Auch das Auswärtige Amt solle hinzugezogen werden. 'Der Umgang mit den Benin-Bronzen ist ein Prüfstein für den Umgang Deutschlands mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten', teilte Grütters mit. Das gelte für das Humboldt Forum in Berlin, aber auch für die anderen betroffenen Museen, die in der Trägerschaft von Ländern und Kommunen liegen. Ziel des geplanten Treffens sei es, zu einer nationalen Strategie im Umgang mit den Bronzen zu kommen.“ Nachzulesen unter anderem bei Monopol.

Hingegen werde es wohl keine gütliche Einigung mit den Hohenzollern geben, geht aus einer ebenfalls bei Monopol nachzulesenden dpa-Meldung hervor: „Berlin, Brandenburg und der Bund verhandeln seit 2014 mit der Familie Hohenzollern über Leihgaben und andere Kunstobjekte. Die Gespräche ruhen, nachdem Brandenburg einen seit 2015 laufenden Prozess um enteignete Immobilien wieder aufgenommen hat. Das Land hatte eine Entschädigung auf Basis des Einigungsvertrages abgelehnt. Dagegen klagen die Hohenzollern, es geht um 1,2 Millionen Euro.“

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung