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Kobels Kunstwoche

Neuer Markttrend Graffiti?
Neuer Markttrend Graffiti?
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 15 2018

Londoner Galerien haben offenbar Soho als neuen Standort entdeckt. Das Ausgehviertel mit dem zweifelhaften Ruf liege zentraler und die Mieten seien mittlerweile preiswerter als Teile von East London, wo die Kunst-Karawane sich zuletzt eingerichtet hatte, berichtet Anny Shaw im Art Newspaper.

Mehr Street Credibility als mit einem Showroom in Beirut kann man als Galeristin wohl kaum erwerben. Andrée Sfeir-Semler hat das schon vor über einem Jahrzehnt erkannt. Lena Bopp hat die Libanesin mit Wohnsitz Hamburg für die FAZ vom 7. April in ihrer Dependance besucht: "Als Sfeir-Semler 2005 in Beirut begann, war zwar von jener vibrant art scene, von der mittlerweile viel die Rede ist, noch nichts zu sehen. Das Beirut Art Center eröffnete erst ein paar Jahre später. Christine Thomé, die der Stadt das Ashkal Alwan, einen extrem wichtigen Open Space für Künstler beschert hat, arbeitete noch von zu Hause aus. Und kommerzielle Galerien nach westlicher Art gab es nicht. Aber das Interesse an der arabischen Welt und ihrem Kulturkreis, das vor allem nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wuchs, hat sich als hervorragender Treibstoff für die Kunstszene in Beirut erwiesen, die außerdem davon profitiert, dass im Libanon eine vergleichsweise liberale Atmosphäre herrscht. 'Es gibt keine Zensur in dem Sinn, man kann hier alles sagen', meint auch Andrée Sfeir-Semler und überlegt kurz. 'Man stirbt vielleicht, aber man darf es sagen.'"

Art Paris heißt die nicht ganz zu Unrecht ungeliebte kleine Schwester der Fiac, die Ende März ebenfalls im Grand Palais stattfindet. In ihrer 20. Ausgabe scheint sie jedoch so etwas wie ein Profil gefunden zu haben, hat Betina Wolfarth für die FAZ vom 7. April beobachtet: "Zur zwanzigsten Ausgabe der Art Paris stellt ein von François Piron gestalteter Fokus zwanzig französische Künstler in den Vordergrund, die (wieder) zu entdecken sich lohnt. Darunter manche, die die Nachkriegsszene mitbestimmt haben, wie Bernard Aubertin als Vertreter der Gruppe Zero bei Jean Brolly aus Paris oder Hurtebize aus Cannes. Andere blieben mit einem sehr persönlichen Werk auf Distanz zu diesen Tendenzen, wie die 95 Jahre alte Bretonin Geneviève Asse: Ihren sensiblen Variationen in Meer- oder Himmelsblau widmet sich die Galerie Oniris aus Rennes (von 9000 bis 60 000 Euro). Es ist eine Generation, die Abschied nimmt und deren Werk man auf der Messe deshalb besonders berührt begegnet." Kritischer blickt Olga Grimm-Weissert im Handelsblatt vom 5. April auf das Angebot: Die Art Paris deklariert sich als Ergänzung zur Trendsetzer-Messe FIAC. Dieser 'Anti-Mainstream'-Diskurs wirkt beim Besucher eher wie die Fabel vom Fuchs und den Trauben, die zu hoch hängen, um erreichbar zu sein. Trotzdem sieht man in einigen hellen Kojen unter der Glaskuppel des Grand Palais interessante und akzeptable Werke. Viele Galeristen präsentieren geschickt mehrere Aspekte ihres Programms, aber nur wenige Arbeiten - oder ganze Standgestaltungen der 'Solo Shows' - ragen aus dem sympathischen Gesamtangebot wirklich heraus."

Ob sich Messeteilnahmen für kleine und mittlere Galerien überhaupt noch lohnen, fragt Astrid Mania in der Süddeutschen Zeitung. Meistens nicht, lässt sich ihre Antwort zusammenfassen. Aber gerade, wenn es interessant wird, endet der Text: "Dennoch stellt er [Christian Siekmeier von Exile, Berlin], wie manche auch internationale Kollegen, das klassische Galerie-Modell infrage: 'Besonders für junge Künstler ist, glaube ich, eine Galerievertretung gar nicht mehr so wichtig. Aufmerksamkeit kann man auch über andere, selbst organisierte Präsentationsformate erreichen.' Die dann doch auf eine spätere Galerie-Repräsentanz abzielen?"

Street Art hat Norbert Kuls als möglichen nächsten Trend auf dem Kunstmarkt für die FAZ ausgemacht: "Dondi ist nicht der einzige Graffiti-Pionier, der gerade begehrt ist. Auch Werke von Zeitgenossen wie Futura oder Rammellzee erzielten jüngst Preise von mehr als 100.000 Dollar. 'Es gibt viele Sammler, die sehr an diesen Künstlern interessiert sind', sagt Graffiti-Spezialistin Candy Light von Artnet. Oft seien es gutverdienende Unternehmer oder Manager, die in der Ära groß geworden sind."

Der Kunstmarkt der ZEIT scheint in einer Findungsphase zu sein. In der Zwischenzeit schreibt Lisa Zeitz, Chefredakteurin der Weltkunst aus dem selben Verlag, über die Versteigerung des Besitzstandes von David Rockefeller, der im Alter von 101 Jahren verstarb, bei Christie's: "Aber der Rockefeller Sale soll alles übertreffen, es ist die größte Benefiz-Auktion aller Zeiten. Rendell und seine Kollegen bei Christie's rechnen mit mindestens 500 Millionen Dollar Umsatz. Vom 7. bis zum 11. Mai wird es sieben Auktionen in New York geben, gefolgt von einer Reihe von Online-Auktionen. Angeboten werden rund 1600 Lose mit Möbeln, Silber, Porzellan, Folk Art, Asiatika, griechischer Antike, afrikanischer und präkolumbischer Kunst und auch Juwelen. Obwohl Peggy Rockefeller 'eher ein Gummistiefeltyp war, am liebsten war sie auf dem Land mit der Rinderzucht beschäftigt', erzählt Rendell. Der Erlös der Auktion kommt zehn Stiftungen und Institutionen zugute, darunter die Harvard University, die Rockefeller University, eine Umweltschutzorganisation im Bundesstaat Maine und das Museum of Modern Art (MoMA) in New York, das Davids Mutter Abby Aldrich Rockefeller in den zwanziger Jahren mit zwei Freundinnen gründete." Wenn man regelmäßig nur eine Seite Platz hat in der wichtigsten Wochenzeitung des Landes, ist halt einfach kein Platz für Analyse oder Kritik.

Immerhin darf Stefan Koldehoff in derselben Ausgabe der ZEIT noch auf einer Spalte über die seltsamen Preiskapriolen eines kleinen Van Gogh-Gemäldes schreiben, das mal 12,5, dann 4,5 und dann wieder 9,5 Millionen US-Dollar kosten sollte.

Der Kulturgutschutzgesetz-Paranoia des US-amerikanischen Sammlerehepaars Hall lässt Franz Kurzhals in seinem Portrait anlässlich der ersten Ausstellung in Schloss Derneburg im Handelsblatt vom 5. April freien Lauf: "Die erste Ausstellung auf Schloss Derneburg nach der Renovierung sollte eigentlich eine umfassende Schau von Baselitz sein. Doch Staatsministerin Monika Grütters hat diesen schönen Start vermasselt. Hall findet deutliche Worte: 'Es liegt auf der Hand, dass das Kulturgutschutzgesetz (KGSG) historische Ausstellungen wie diese nicht gerade erleichtert. Für uns hat es zunächst sehr viel Verwirrung gestiftet. Dies hat vor allem damit zu tun, dass es ein sehr hastig zusammengeschustertes, unausgegorenes Gesetz ist, das doch sehr viel Interpretationsspielraum zulässt. Experten vermuten, dass innerhalb der letzten 24 Monate, bevor das Gesetz in Kraft trat, Kulturgüter im Wert von etwa 20 Milliarden Euro aus Deutschland abgezogen worden waren. Wir können nur hoffen, dass das KGSG dementsprechend nachjustiert wird, denn es ist dringend nötig.' Aber nicht nur Grütters steht im Fokus von Andrew Halls Unmut: 'Zudem wurden wir zu Anfang schlecht beraten, und es waren ausgiebige Besprechungen mit dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur von Niedersachsen nötig, um alle Fragen aufzuklären.'" Nun steht der Sammler mit seiner Kritik an dem Gesetz nicht alleine, doch hätte der Autor durchaus darauf hinweisen können, dass die Sammlung fast ausschließlich aus zeitgenössischer Kunst besteht, der amerikanische Begriff von "historisch" möglicherweise ein anderer ist als der von Europäern und dass die Sammlung zu keiner Zeit von irgendwelchen Ausfuhrbeschränkungen bedroht war.

Die in den USA einst sehr erfolgreiche Masche der Kreuzfahrtauktionen ist von Gerichten weitgehend unterbunden worden. Mytchell Symons weint ihnen im Art Newspaper sehr amüsant nach.

Auch Klauen will gelernt sein. Kate Brown paraphrasiert für Artnet eine "Analyse" von Element Paints zum Kunstdiebstahl und wirft mit deren zum Teil erstaunlichen Zahlen um sich. Element Paints stellt Künstlerfarben her und versteigt sich gleich zu Beginn des Textes zu der Behauptung, Kunstdiebstahl würde mit einem jährlichen Schaden von 4 bis 6 Milliarden US-Dollar direkt nach Drogenschmuggel, Geldwäsche und Waffenhandel kommen. Korruption kommt allein in Italien locker auf das Zehnfache. Und dann gibt es da ja noch Menschenhandel, Umweltverbrechen, Steuerhinterziehung etc. pp. Auch oder gerade für einen Zweitverwerter von Informationen sollten einfachste Plausibilitätsprüfungen schon drin sein.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung