Optionale Cookies erlauben?

Neben technisch notwendigen Cookies möchten wir Analyse-Cookies nutzen, um unsere Zielgruppe besser zu verstehen. Mehr dazu in unserer Datenschutz­erklärung. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen.

Kobels Kunstwoche

Soll sogar Megagaleristen widerfahren: Selbsterkenntnis; Bild Javier Carro via Wikimedia
Soll sogar Megagaleristen widerfahren: Selbsterkenntnis; Bild Javier Carro via Wikimedia
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 15 2020

Wie eine Epiphanie hat die Selbsterkenntnis Marc Glimcher, den Präsidenten und Vorstandsvorsitzenden der Pace Gallery, als Folge seiner CoVid19-Erkranung überkommen. Artnews veröffentlicht das aufrüttelnde Dokument: "Als Galeristen sind wir im Geschäft der Zukunft: der Atelierbesuch, der uns an eine Ausstellung denken lässt, der Kundenbesuch, der uns an einen Kunstmessestand denken lässt, das Treffen mit unserem Kuratorenteam, das uns dazu bringt, uns ein neues Buch oder eine neue Performance vorzustellen. Im Moment haben wir keine andere Wahl, als im Geschäft der Gegenwart zu sein und die Tragfähigkeit bestimmter unhaltbarer Praktiken zu überdenken: die Preisgestaltung, das Über-Promoten, die Reisen, die unerbittliche Befriedigung der niedrigsten Instinkte der Spekulanten, die explodierenden Overhead-Kosten, der selbstzerstörerische Wettbewerb, die manipulierten Auktionsrekorde und die verzweifelte Suche nach Kapital zum Verbrennen, nur um zu beweisen, dass man es verbrennen kann." Wow. Es wird spannend, den Worten Taten folgen zu sehen.

Mit Kunst-Apps ließen sich neue Zielgruppen für Galerien und Museen erschließen, ist Anika Meier im Gespräch mit Gesa Ufer für den Deutschlandfunk überzeugt. Gar an einer All-in-One-Lösung, die von der Virtual Reality-Ausstellung über digitale Künstlerresidenzen bis zur Logistik-Planung reicht, arbeite Hauser & Wirth gerade, berichtet Eileen Kinsella bei Artnet.

Die - fast schon überbordende - Ausweichbewegung der Kunst ins Internet bringt mit sich, dass die digitalen Angebote in der Regel kostenlos sind. Bei allen wirtschaftlichen Zwängen, in denen auch und gerade Großkünstler stecken, kann Elke Buhr der Kunst im Internet bei Monopol durchaus etwas abgewinnen: "Auch die Befürchtungen, dass die Kunst sich selbst entwertet durch die Flut an Umsonstangeboten in der digitalen Sphäre, sind unberechtigt. Das digitale Dauerfeuer erzeugt weniger Abhängigkeit als Überdruss, es facht die Sehnsucht nach dem echten Erlebnis an, dem Werk in der analogen Sphäre. Doch trotzdem sollten sich Künstlerinnen und Künstler jetzt keinesfalls auf die Rolle des armen Kreativen im stillen Kämmerlein festlegen lassen. Sie sollten ihrem Publikum gelegentlich klar machen, dass gute Kunst ein knappes Gut ist, das etwas kostet."

Über die aktuelle Situation und die Zeit nach der Krise hat Bettina Wohlfarth für die FAZ vom 11. April gesprochen, unter anderem mit Jocelyn Wolff: "'Für mich ist es auch eine strukturelle Krise und Covid-19 ein auslösendes Element. Sie ist stärker als die vom Anfang der neunziger Jahre. Wir sind vielleicht auch eher in einer Wertekrise und am Ende eines Zyklus.' Viele sagen jetzt, dass sich die Digitalisierung beschleunigen werde, er erwarte das Gegenteil: 'Die sozialen Netzwerke normieren den Austausch. Ich habe das Gefühl, die Kunstwelt wird sich entdigitalisieren und von neuem zu einem Vektor sozialen Lebens und gedanklichen Austauschs werden.' Außerdem erwartet Wolff, dass der Markt erst einmal konservativer werde, dass Glamour und spekulative Aspekte an Einfluss verlieren."

Ein Drittel der französischen Galerien könnte die Krise nicht überleben, warnt der Galerienverband Comité professionnel des galeries d'art laut Vinvent Noce im Art Newspaper.

Nach der Krise könnte die öffentliche Hand in Großbritannien versucht sein, Kunst aus eigenen Beständen zu Geld zu machen, fürchtet Gina Thomas in der FAZ vom 11. April: "Die "Sunday Times" hat jetzt ermittelt, dass städtische Behörden in den vergangenen zehn Jahren 2280 Kunstgegenstände mit einem Gesamtwert von mehr als 27 Millionen Pfund veräußert haben. Der Erlös ist an städtische Einrichtungen geflossen, dazu gehören neue Bibliotheken und Alterspflegeheime. Nun geht die Sorge um, dass die zu erwartenden Nöte nach der Corona-Krise die Integrität der Kunstsammlungen weiter beeinträchtigen könnten, sei es durch Museumsschließungen oder umstrittene Verkäufe."

Die Soforthilfen von Bund und Ländern gehen in Deutschland nach wie vor weitgehend an den Künstlern vorbei. Die Allianz der Freien Künste apelliert daher eindringlich an die Politik, Korrekturen an den Vergaberichtlinien vorzunehmen: "Die Mitgliedsverbände melden jedoch übereinstimmend, dass die Soforthilfe des Bundes bei den zahlreichen Freiberufler*innen, Solo-Selbständigen und kleinen Unternehmen nur sehr eingeschränkt greift. Das liegt zum einen an fehlenden Bundesvorgaben zur Anerkennung anteiliger Lebenskosten als betriebliche bzw. erwerbsmäßige Kosten sowie zum anderen auch daran, dass die Länder Verwaltungsspielräume eher zum Nachteil der freischaffenden Künstlerinnen und Künstler auslegen."

Kritik an den bisherigen Maßnahmen äußert auch der Kulturjournalist Peter Grabowski im Dritten Programm des WDR-Hörfunks.

Die spartenübergeifende Initiative Kulturschaffender in Deutschland erstellt in einem Offenem Brief (PDF) eine Analyse der bisherigen Maßnahmen und entwickelt daraus Vorschläge: "Wir halten es für unabdingbar, dass Solo-Selbstständigen und freien Kulturschaffenden ein Programm zur Soforthilfe zur Verfügung gestellt wird, das unabhängig von der Grundsicherung funktioniert. Wie bei größeren Unternehmen (z.B. GmbH's) sehen wir es als gerechtfertigt an, dass Solo-Selbstständige sich ebenfalls ihren 'Geschäftsführerlohn' als Betriebsausgabe über die Soforthilfeprogramme finanzieren dürfen. Wir fordern ein durch Landes- und Bundesmittel abgedecktes bundeseinheitliches Soforthilfeprogramm, in welches ein monatlicher Bedarf zur Lebenshaltung in Höhe von 1.180,00 Euro integrierbar ist." Das Positionspapier kann hier mitgezeichnet werden.

Währenddessen bessert das Land Berlin nach und gewährt jetzt auch Medien- und Kulturbetrieben mit mehr als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz bis 10 Millionen Euro einen nicht zurückzahlbaren Zuschuss, wie einer Pressemitteilung zu entnehmen ist.

Wie sich ein Kunstsammler fast aus der Not heraus zum Kunsthändler entwickeln kann, erklärt Rainer Stamm anschaulich an der Person Herbert von Garvens' in der FAZ vom 11. April: "Um die rasch wachsende Sammlung einem interessierten Publikum zugänglich zu machen, gründete von Garvens vor knapp hundert Jahren, in der elterlichen Villa in Hannover-Herrenhausen, im Herbst 1920 seine eigene Galerie: 'Der Sammler wird, um nicht der Einseitigkeit des Nur-Sammelns zu verfallen, zum Händler, die Kunstwerke strömen intensiveres Leben aus, sie leben und spiegeln sich in den Augen vieler, sie wandern', schrieb er im Katalog seiner ersten Ausstellung, die Bilder von Ensor, Modersohn-Becker und tibetanisches Kunstgewerbe vereinigte."

Christie's habe sich mit der New Yorker Staatsanwaltschaft auf die Zahlung von 16,7 Millionen US-Dollar geeinigt, weil das Unternehmen bei bestimmten Geschäften seinen New Yorker Kunden die lokale Sales Tax nicht in Rechnung gestellt und auch nicht abgeführt habe, berichtet Eileen Kinsella bei Artnet.

Ein erst vorletzte Woche von der National Gallery in Washington an die Mendelssohn-Bartholdy-Erben restituiertes Pastell von Pablo Picasso werde bereits jetzt von Larry Gagosian für 10 Millionen US-Dollar angeboten, meldet Alex Greenberger bei Artnews.

Den Tod des Wiener Kunsthändlers Martin Suppan im Alter von 76 Jahren meldet die Nachrichtenagentur APA, nachzulesen unter anderem in der Wiener Zeitung.

Newsletter

Die neuesten Ausgaben von Zilkens Newsblog und Kobels Kunstwoche direkt per E-Mail erhalten.
Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung