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"Back in full force" mit "genually enthusiastic collectors" sei die Expo Chicago, wie eigentlich immer jede Kunstmesse bei Eileen Kinsella für Artnet. PR-Sprech des gleichen Tenors findet Carlie Porterfield für das Art Newspaper. Ausgewogener berichtet Christiane Meixner im Tagesspiegel: "Es gibt jedoch auch zahlreiche Werke, in denen die Schwarzen Protagonist:innen kaum etwas an der betulichen Sprache der Bilder ändern. Nicht einmal, wenn sie – mit Perlen und Stoff beklebt – in den Modus Superkitsch schalten und zwischen Pop und Diskurs zu changieren vorgeben. Vieles davon wird in ein paar Jahren keine Rolle mehr spielen. Jetzt aber nagt es am Eindruck der Messe. Und es sorgt dafür, dass man sich an Stände etwa von Yares Art rettet, wo die bewährte Garde hängt." Ich war für Handelsblatt und Artmagazine in Chicago.
"Money in Art" heißt eine Ausstellung in der Monnaie de Paris, die dem Zusammenspiel von Geld und Kunst nachgeht, mit dem legendären Galeristen Paul Durand-Ruel als Ankerfigur. Farah Najeri hat sie für die New York Times besucht: "Die Hauptthese der Ausstellung ist, dass Kunst und Wirtschaft schon immer eng miteinander verwoben waren und dass man dem Geld folgen muss, um das Wesen der Kunst in der Neuzeit zu verstehen. [...] Nach der Industriellen Revolution, als Gelder für Fabriken, Eisenbahnen und Bergwerke benötigt wurden, trat der Staat in den Hintergrund, und das Kapital wurde vom Finanzsektor bereitgestellt. Schon bald wurde er auch zur Lebensader der Kunstwelt. Plötzlich war die Spekulation in Frankreich allgegenwärtig: in den ersten Kasinos, in denen das Glücksspiel offen erlaubt war, und an der Pariser Börse, die 1826 eingeweiht wurde. 'Dieser Tempel der Moderne hat völlig neue Verhaltensweisen hervorgebracht', sagt [Kurator Jean-Michel] Bouhours. 'Die Menschen haben Wetten abgeschlossen. Sie gingen Risiken ein.' Wir sprechen nicht mehr von einer Realwirtschaft, sondern von einer Finanzwirtschaft, die auf Glücksspiel und Spekulation basiert', sagte er." Klingt irgendwie bekannt. Es gibt eben nichts Neues unter der Sonne.
Die Auswirkungen der Inflation auf den Kunstmarkt diskutiert die Kunsthändlerin Jane Kallir im Art Newspaper: "Im Moment kaufen jedoch viele Sammler, verängstigt durch die jüngsten wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten, entweder weniger teure Werke oder gar keine. Je länger dieser Trend anhält, desto wahrscheinlicher ist es, dass er die kopflastige Struktur des Kunstmarktes zum Kippen bringt, die von einer winzigen Gruppe superreicher Sammler und den sie bedienenden Auktionshäusern und Mega-Händlern getragen wird."
Gefühlt erscheint aktuell jede Woche irgendwo ein Interview mit Art Basel-Chef Noah Horowitz. Im Interview mit Marcus Woeller für die WeLT vom 16. April äußert er sich unter anderem ebenfalls zur Inflation: „Wir haben Investitionen in Kunst während vergangener Inflationszeiten erlebt – und werden sie auch weiterhin sehen, vor allem im höherpreisigen Bereich. Der aktuelle Kunstmarktbericht von Art Basel und UBS zeigt ja, dass die Spitze des Marktes wächst. Aber die Art Basel bedient nicht nur das Millionensegment. Unsere Kunden stellen einen direkten Einfluss der Inflation auf die Geschäftsausgaben fest. Die Kosten für Versand, Reisen und Transport steigen zurzeit stark. Gerade die kleinen Galerien sind jetzt gefordert, ihre Ausgaben zu reduzieren und genau zu überlegen, wie sie Investitionen tätigen.“
Ob Kunst als Anlageklasse ihre beste Zeit hinter sich hat, untersucht Scott Reyburn für das Art Newspaper. Laut Guy Jennings, Senior Director bei der Fine Art Group, „ist die Konzentration der Sammler auf junge Kunst finanziell sinnvoll. 'Das Geld folgt dem Angebot', fügt er hinzu. Es gibt viele Künstler und es wird viel gehandelt. Aber wer weiß, ob diese Künstler in zehn Jahren noch von Interesse sein werden'. Das stimmt. So sieht also der aktuelle Stand der Kunst als alternative Anlageklasse aus. Die berühmten Trophäen sind überbewertet. Das gilt wahrscheinlich auch für die meisten Werke dieser jungen, begehrten Namen. Und es wird immer schwieriger, das, was dazwischen liegt, zu verkaufen. Aber welchen Preis kann man für den Lebensstil ansetzen?'
Selbst wenn also Gerhard Richters "4096 Farben" möglicherweise kein Bietergefcht auslösen, dürfte die Rendite für den Einlieferer immer noch beträchtlich sein, wie Christiane Fricke für das Handelsblatt recherchiert hat: "Sotheby’s erwartet für das aus anonymem Privatbesitz eingelieferte Hauptwerk des Künstlers 18 bis 25 Millionen Dollar. Christie’s hatte es im Mai 2004 mit 3 bis 4 Millionen Dollar angesetzt und für 3,7 Millionen Dollar weiter vermittelt. Erst im Oktober 2022 versteigerte Sotheby’s Richters erstes ungegenständliches Farbtafel-Gemälde, '192 Farben', für 18,3 Millionen Pfund."
Den Markt für antiquarische Comics portraitiert Peter Dittmer in der WELTKUNST (Paywall): „Keine Marktanalysen und Statistiken gibt es zu den globalen oder nationalen Umsätzen mit antiquarischen Comic-Heften und Originalzeichnungen, die auf Auktionen mit Millionenzuschlägen Aufsehen erregen, die aber auch mit einer Fülle von Verkäufen im dreistelligen Bereich erhebliche Umsätze generieren. Dabei wäre das Sammelgebiet für Wirtschaftswissenschaftler gewiss eine Herausforderung, bedenkt man, dass ein Heft der ersten Ausgabe der Action Comics mit Superman, die im Juni 1938 10 Cent kostete, im Januar 2023 für 3,55 Millionen Dollar verkauft wurde.“
Die Eulenspiegelei um einen Schwung gefälschter Basquiats dürfte geklärt sein, berichtet Ursula Scheer in der FAZ: "Jetzt packt [der Entrümpler Michael] Barzman aus: Er habe die Herkunft der Kunstwerke aus dem Lager nicht nur erfunden, gestand er den Ermittlern, sondern mit einem Komplizen 'J. F.' die Bilder auch geschaffen, wobei der andere vor allem den Pinsel geführt habe. Fünf bis dreißig Minuten habe das jeweils gedauert, danach hätten sie die Gemälde Wind und Wetter ausgesetzt, um sie altern zu lassen. Wenn das stimmt, ist nicht nur die Blamage für das Museum, sondern auch für mehrere Experten, die Authentizität gesehen haben wollen, perfekt."
Mit Eberhard Kornfeld ist letzte Woche eine Ikone des Kunstmarkts im Alter von fast 100 Jahren gestorben. Ursula Scheer würdigt den Auktionator in der FAZ: "Es dürfte indes auch Kornfeld zu verdanken sein, dass Gurlitt das Kunstmuseum Bern als Erben einsetzte. Kornfeld selbst bekundete, für den Großteil seiner Sammlung anderes zu wünschen: Sie solle auf den Markt kommen statt in Museen, die er schon einmal 'Leichenkammern der Kunst' nannte." Seine Bodenständigkeit betont Susanne Schreiber im Handelsblatt: „Eberhard Kornfeld hatte stets nicht nur die potenten Sammler im Blick, die an die höchste Preisspitze gehen können. Er schätzte auch jene, die sich – wie er – an der Kunst auf Papier erfreuten, die mit kleinerer Münze gehandelt wird als die Gemälde.“ Einen ausführlichen Nachruf hat der Kunsthistoriker Gerd Presler für die WELTKUNST verfasst.