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Wie ein verfrühtes Arbeitszeugnis für den Direktor der Art Cologne liest sich Marcus Woellers Beschreibung des Status quo in DIE WELT: "Es ist die 52. Ausgabe der Art Cologne und die zehnte unter der Direktion von Daniel Hug, der sich sicher ist, in dieser Dekade einen guten Job gemacht zu haben: 'Ich habe genau das erreicht, was meine Aufgabe war, nämlich die Art Cologne wieder zu einer relevanten Kunstmesse zu machen.' Die Delle im kölschen Kunstselbstbewusstsein, als in den Neunziger- und Nullerjahren Berlin in den Fokus rückte, hat er wieder ausgebeult und Berlin im letzten Jahr kurzerhand eingemeindet."
Catrin Lorch lässt sich für die Süddeutsche Zeitung von der rheinischen Nostalgie anstecken, schwärmt von der Vergangenheit und Christian Nagel und einer goldenen Zukunft: "Auch Nagel ging in die Hauptstadt, wie alle anderen bedeutenden Kölner Galerien, die dort mindestens Dependancen unterhalten. Und die ganze Geschichte der Konkurrenz zwischen Köln und Berlin - auch sie scheint aus der Perspektive der diesjährigen Ausgabe längst Kunsthistorie und irgendwie gut ausgegangen. Köln und Berlin sind nur noch zwei Locations in einem brummenden deutschen Kunstmarkt, der so attraktiv ist, dass die Messe auf drei Etagen mehr als 200 Galerien versammelt."
Den zaghaften Schulterschluss zwischen Art Brussels und Köln hebt Sabine B. Vogel in der Presse hervor: "Am Anfang wäre sie irritiert gewesen, verrät Anne Vierstraete. Aber bald entschied sich die Art-Brussels-Direktorin zur Zusammenarbeit mit Köln. 'Wir haben im Vorfeld vor allem den Sammlern aus Asien und den USA stark kommuniziert, dass die Messen nur zwei Autostunden voneinander entfernt sind, haben einige auch nach Köln gefahren.'"
Eva Karcher hat für den Tagesspiegel auf die Garderobe der Brüsseler Messegängerinnen geachtet: "Bei der Vernissage herrscht entspannte Hochstimmung. Viele Frauen tragen Hosen mit den so oft kopierten berühmten Längsstreifen an den Außenseiten. Kein Joggingmaterial, sondern die Luxusmarkenversionen aus fließenden Stoffen in heiteren Farben, dazu blumige Sommerblusen und die für Messe-Langstreckenläufe tauglichen Turnschuhe."
Währenddessen hat Alexandra Wach in DIE WELT Schwierigkeiten mit der Chronologie: "Die Art Cologne setzte 1967 den Maßstab. Die Art Brussels folgte 1968 und entwickelte schnell ein betont zeitgenössisch-experimentierfreudiges Profil. Seitdem gibt es Kollisionen. Und damit ist nicht nur das parallele Kräftemessen gemeint. Mal sind späte Ostertage schuld, mal enge Kapazitäten der Messebetreiber. 2011 geriet die Art Brussels beim Bemühen um eine zeitliche Entzerrung gefährlich in die Nähe des Gallery Weekend in Berlin. 2017 sind die Kölner den Berlinern auf die Pelle gerückt. Den Brüsselern machte vor der eigenen Haustür zudem die Premiere der Independent, ein Ableger aus New York, den schwer erkämpften Kompromiss mies, als Erster ins Rennen um die vagabundierenden Sammler zu gehen. Zum 50-jährigen Jubiläum in diesem Jahr haben sich immerhin 147 Aussteller aus 32 Ländern, nicht zuletzt dank der auffälligen Überpräsenz heimischer Galerien, für die Art Brussels entschieden." Erst seit 2007 findet die Art Cologne im Frühjahr statt, die Independent hatte 2016 Premiere.
Für das Artmagazine habe ich die Art Cologne sowie die Art Brussels besucht.
Wesentlich erquicklicher als die meisten Messeberichte aus Köln oder Brüssel ist im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung vom 21. April der Rundgang von Max Scharnigg über den Mailänder Salone del Mobile, der uns schon einmal auf den Gute Laune-Horror vorbereitet, der demnächst die besseren Einrichtungshäuser überschwemmen wird: "Schwer vorstellbar, wo genau diese Sachen stehen sollen, und welche Schäden sie auf Dauer an Leib und Seele hinterlassen. Ist eben eher für den Objektbereich, sagt man sich gemeinhin am Ende solcher Überlegungen. Stimmt ja auch. All die neuen Designhotels und jungen Hostelketten sind ein nicht zu vernachlässigender Motor für diese poppige Entwicklung. Denn das sind nun mal die Villen Kunterbunt der Gegenwart, wo sich die Weekend-Gäste in Suite und Lobby auch gerne mal in Extremmuster sacken und frontal anmöbeln lassen."
Die ZEIT betrachtet den Kunstmarkt wieder einmal antizyklisch und lässt Sabine Spindler über preußische Kunst schreiben: "Während Berlin seit Jahren zum Synonym für zeitgenössische Kunst wurde, setzt Lempertz auf den Glanz Preußens. Der Katalog zur Auktion führt das deutlich vor Augen. Hier kommt ein silbernes Leuchterpaar aus dem Tafelservice Friedrichs des Großen für 30.000 Euro zum Aufruf. 30.000 bis 50.000 Euro erwartet man für stattliche Vasen der Biedermeierzeit und mindesten 20.000 Euro für ein Porträt von Preußens beliebtester Monarchin Königin Luise, gemalt von Wilhelm Ternite."
Weil Sie ihr Geschäft wie ein Schneeballsystem betrieben, habe ein New Yorker Sammler Jeff Koons und Larry Gagosian wegen Betrugs verklagt, schreibt Julia Marsh in der New York Post. Bereits 2013 habe er den Großteil des Kaufpreises für eine Skulptur überwiesen, aber bisher außer hinhaltenden Beteuerungen nichts weiter bekommen. Das haben Renaissance-Künstler schon so gehalten, Tizian etwa.
Den Geschäftspraktiken von Hildebrand Gurlitt spürt die Ausstellung "Gurlitt Teil 2" in Bern nach, die Maria Becker für die NZZ besucht hat: "Doch es geht hier nicht vorrangig um sensationelle Werke. Das Wesentliche der Ausstellung sind die Gedanken, die sie anstösst. Das Netz von Transaktionen, Tauschgeschäften und erzwungenen Verkäufen ist kaum überschaubar. Nur bei wenigen Eigentümern kann der Weg der Werke klar nachgezeichnet werden. Zur Strategie der Händler gehörte zweifellos auch die Vertuschung von Spuren. Je besser man Belege für Transaktionen verschwinden lassen konnte, desto fragloser konnte neuer Besitz etabliert werden."
Frauen sind nur die Hälfte wert. Dem Kunstmarkt jedenfalls. Zu diesem Schluss kommt der mm-Kunstindex von Roman Kräussl, den Mark Börschen im Manager Magazin vorstellt: "Das Spitzensegment des Kunstmarkts ist ein Herrenklub. Unter den 50 gefragtesten Künstlern nach Auktionsumsatz 2017 befindet sich keine einzige Künstlerin, zeigt der mm-Kunstindex [...] 'Frauen sind außen vor im Topsegment des Markts, in das 80 Prozent des Geldes fließen', sagt Kräussl". Messen kann der Ökonom die Ungleichheit. Etwas dagegen unternehmen müssen Andere.
Volle zehn Seiten ist dem Handelsblatt vom 20. April der Kunstmarkt wert. Darin werden in einer großangelegten Strecke die unterschiedlichen Player auf dem Kunstmarkt vorgestellt, vom Künstler bis zur Auktionatorin - der Kurator kommt nur in Form eines Kurzportraits von Hans-Ulrich Obrist vor. Außerdem gibt es ein doppelseitiges Interview mit Rosa Loy und ihrem Mann Neo Rauch, der sich empört: "Es ist schon verrückt, wenn man die Verhältnismäßigkeit in den Blick nimmt. Schon die Differenz im Preisniveau zwischen mir und meiner Frau ist atemberaubend, die ist durch nichts zu rechtfertigen."
Der ADKV Art Cologne Preis für unabhängige Kunstkritik wurde am Wochenende in Abwesenheit auf der Messe an Radek Krolczyk verliehen. Allerherzlichsten Glückwunsch! Die vollständige Pressemitteilung ist bei Artmagazine.cc nachzulesen. Der Autor betreibt darüber hinaus eine kleine engagierte Galerie in Bremen.
Währenddessen freut sich der New Yorker Kunstkritiker Jerry Saltz auf Twitter über seinen Pulitzer-Preis.
In eigener Sache: Um "Gurlitt, Stern, Flechtheim - wer versichert mir Geschichte?" ging es beim Kölner Kunstversicherungsgespräch auf der Art Cologne. Die Antwort stand schnell fest: Niemand. Daher wurde mehr über Rahmenbedingungen und die Praxis diskutiert. In der Pressemitteilung heißt es: "Dabei stellte sich heraus, dass die Provenienz von Kunstwerken nicht nur immer noch, sondern zunehmend eine Herausforderung für die Branche und für Sammler darstellt. Schwer praktikable bis absurde rechtliche Regelungen der EU und Deutschlands stellen zum Teil existenzbedrohende Behinderungen für den Handel dar und rücken Sammler in die Nähe zur Kriminalität."