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Kobels Kunstwoche

Noch nicht eröffnet und schon unter Druck: M+ in Hongkong; Foto Stefan Kobel
Noch nicht eröffnet und schon unter Druck: M+ in Hongkong; Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 17 2021

Hongkong brummt. „Die Abendauktion mit zeitgenössischer Kunst wurde zu einem 'White Glove Sale', einer Auktion, bei der 100 Prozent der Lose verkauft wurden. Für eine Mischauktion, die nicht eine einzelne Sammlung anbietet, ist das ein äußerst ungewöhnliches Ereignis“, schreibt Stephanie Dieckvoss im Handelsblatt. „Hier zeigt sich wieder einmal, dass asiatische Sammler nicht nur genau wissen, was im zeitgenössischen Bereich international im Trend liegt, sondern auch fast alles bezahlen, wenn es um kunstgeschichtlich und historisch bedeutende Manifestationen ihrer eigenen Kultur geht. Das ist auch ein finanzielles Engagement für die Vergangenheit, das man sich manchmal auch hier in Europa wünschte.“

Der harte Durchgriff der chinesischen Regierung scheint den Geschäften in Hongkong bisher also nicht zu schaden. Das ambitionierte Museumsprojekt M+ sieht sich hingegen unter Druck. In einem gekauften Artikel des um fragwürdige Journalismus-Modelle selten verlegenen Art Newspaper drückt das Beiratsmitglied des Museums Victor Lo seine Hoffnungen aus: „Eine wirklich großartige Stadt muss mehr sein als ein wirtschaftliches Kraftzentrum oder ein bedeutendes touristisches Zentrum. Die größten Städte der Welt inspirieren und bereichern ihre Bewohner und Besucher, bieten neue Ideen und ein Umfeld, in dem Kreativität und Innovation gedeihen können. M+ war unsere Vision davon, was eine kulturelle Institution des 21. Jahrhunderts in Asien sein könnte, die eine Hongkonger Perspektive auf die globale visuelle Kultur bietet. Das bedeutete auch, eine einzigartige, erstklassige Plattform in Asien zu schaffen, um den Austausch zwischen Hongkong und der Welt zu fördern. Unsere Mission für M+ war, dass es auch ein Ort sein sollte, der unseren Nachbarn aus der Greater Bay Area, Südostasien und allen internationalen Besuchern zeigt, dass Hongkong nicht nur eine Wirtschaftsmetropole ist, sondern auch ein pulsierendes kulturelles Leben hat.“

Durch die Absage der Frieze LA ist in Los Angeles deren Satellitenmesse Felix zur Hauptmesse parallel zum dortigen Gallery Weekend avanciert, berichtet Nate Freeman bei Artnet.

Die Gallery Climate Coalition will dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck des Kunstmarkts zu reduzieren, meldet Georg Imdahl in der FAZ vom 24. April: „Die Plattform versteht sich als Informationsbörse und atmet einen pragmatischen, zupackenden Geist. Mit wenigen Klicks lässt sich errechnen,welche Emissionen zum Beispiel bei unterschiedlichen Frachtgewichten auf Straße, Schiene und in der Luft anfallen.“ Nach London habe die Initiative auch Mitstreiter in Deutschland gefunden, berichtet Monopol: „Die neue in Berlin ansässige Gruppe bietet Informationen und Ressourcen für in Deutschland ansässige Kunstorganisationen und Fachleute an. 'Unser Kernziel bleibt das Bekenntnis zum Pariser Abkommen: das heißt, die notwendige Reduktion der Kohlenstoffemissionen zu erreichen, um die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern', heißt es in einem Statement. 'Das bedeutet, gemeinsam nachhaltige Lösungen für die Kunstbranche zu finden, um bis 2030 eine 50-prozentige Reduktion der Kohlenstoffemissionen in der gesamten Branche zu erreichen.'“

Neues Medium, alte Probleme: Vom Entstehen erster physischer Galerien für NFTs berichtet Reena Devi im Art Newspaper und darüber, dass sich zu den NFT-spezifischen Missständen mitunter die gleichen hinzugesellten, die auch sonst im Kunstmarkt herrschten: „NFTs sind jedoch nach wie vor problematisch, da sie mit Problemen wie Betrug und ihren schädlichen ökologischen Auswirkungen behaftet sind. Und auch der Superchief Gallery wurde in der Vergangenheit die Ausbeutung von Mitarbeitern vorgeworfen, was in jüngsten Gesprächen auf der reinen Audio-Social-Media-Plattform Clubhouse zur Sprache kam. Ein Artikel in Jezebel aus dem Jahr 2019, der ein Dutzend ehemaliger und aktueller Superchief-Mitarbeiter interviewte, behauptete, dass 'der gehypte Ruf der Galerie nur durch Arbeitspraktiken möglich gemacht wurde, die angeblich illegal, unethisch und unsicher sind'."

Die traditionellen Kunsthandelssparten sind nicht ganz vergessen. Eine frühes Foto-Album von William Henry Fox Talbot, unter anderem mit der Aufnahme „Yellow Room at Lacock Abbey“, entstanden um 1840, erzielte bei Sotheby's in New York den Rekordpreis von 1,6 Millionen US-Dollar ohne Aufgeld, wie Angelica Villa bei Artnews berichtet. Ein Preisbild des Marktes für Ikonen zeichnte, geordnet nach Heiligen, Bernhard Bornheim in der Weltkunst (kostenlose Anmeldung erforderlich). Bei Neumeister in München wurde laut Brita Sachs in der FAZ vom 24. April ein barocker Aufsatzschrank mit einem Gebot über 100.000 Euro gar zum Toplos der Auktion. Spitzenstücke gehen halt immer.

Um die handelt es sich zweifelsohne bei der Porzellansammlung von Franz und Margarethe Oppenheimer, die sie auf der Flucht vor den Nazis zurücklassen mussten. Die Weltkunst erzählt: „In den folgenden Jahrzehnten wechselte die Sammlung mehrfach den Besitzer und gelangte schließlich in den Besitz des niederländischen Staates, der sie dem Rijksmuseum in Amsterdam, dem Kunstmuseum Den Haag und dem Museum Boijmans Van Beuningen in Rotterdam als Leihgabe zu Verfügung stellte. Nun wurde die Kollektion an die Erben der Oppenheimers restituiert, die beschlossen, sie über Sotheby’s versteigern zu lassen."

Die Handzeichnung erfreut sich gegen den Trend bei Alter Kunst auch in der Breite anhaltender Nachfrage, wie Christian Herchenröder mit seinem Marktüberblick für das Handelsblatt belegt: „Auf dem Kunstmarkt spielt sie in den letzten zehn Jahren eine herausragende Rolle. Das liegt zum Teil an den zweistelligen Millionensummen, die seit 2009 Zeichnungen von Raffael, Michelangelo, Leonardo, Mantegna und Rubens in Auktionen erlöst haben. Es ist aber auch das Resultat einer breiteren Marktakzeptanz und einer kontinuierlich wachsenden Gruppe von Sammlern, die sich der Kunst auf Papier verschrieben haben. Schon 2013 registrierte Sotheby’s einen Zuwachs von 50 Prozent mehr Kunden in den Auktionen von Altmeister-Zeichnungen, vor allem aus Asien. Schon zu dieser Zeit waren es auch Sammler zeitgenössischer Kunst, die sich für die Handzeichnung Alter Meister begeisterten.“

Gegen ein Urteil zu Andy Warhols Appropriation eines Prince-Portraits gehe die Warhol Foundation in Berufung, meldet Daniel Cassidy im Art Newspaper. Der Fotograf Lynn Goldsmith hatte gegen die Verwendung eines eines von ihm gemachten Fotos des Musikers durch den Pop Artisten geklagt und in zweiter Instanz Recht bekommen. „Die Kanzlei Latham & Watkins, die die Stiftung vertritt, behauptet, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts gegen einen Präzedenzfall des Obersten Gerichtshofs der USA verstößt und 'droht, viele der historisch bedeutendsten zeitgenössischen Kunstwerke des letzten halben Jahrhunderts aufgrund der engen Auffassung des Gremiums von der 'Fair Use'-Doktrin rechtswidrig zu machen.' Man denke nur an Marcel Duchamps Skulptur 'Fountain' von 1917 oder Warhols eigene 'Brillo Boxes'.“

Der Nachlass Jörg Immendorffs habe laut eines Gutachtens nur einen Bruchteil des bisher angenommenen Werts, meldet dpa, nachzulesen unter anderem bei Monopol: „Der vom Gericht bestellte Gutachter schätzte das noch nicht verkaufte künstlerische Erbe des Malers zum Todeszeitpunkt auf einen Verkaufserlös von 6,5 Millionen Euro. Bislang standen Summen von 58 und 33 Millionen Euro im Raum.“

Die Überschrift der Pressemitteilung des Bundestags lässt frühlingshafte Hoffnung aufkeimen: „Solo-Selbstständige sollen besser abgesichert und vergütet werden“. Doch schon der zweite Satz gemahnt eher an einen trüben Novembertag mit Aussicht auf mindestens vier weitere graue Monate: 'Die Vorlage wurde im Anschluss an den federführenden Ausschuss für Kultur und Medien überwiesen.'

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung