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Die größte Kunstmesse der Welt mit den undurchsichtigsten Verkaufsbedingungen heißt eine Woche nach Eröffnung für das Fachpublikum jetzt auch das zahlende Fußvolk willkommen. Eine wertvolle Orientierungshilfe bietet Naomi Rea, die für Artnet Pro (Paywall) recherchiert hat, welche Galerie welche Künstler auf der Biennale di Venezia untergebracht hat vertritt. Sie kommt auf über 100 teilnehmende Galerien, wobei David Zwirner mit sieben Positionen antritt, gefolgt von Massimo de Carlo mit sechs und Sprüth Magers mit fünf.
Die passende Karte für das Biennale-Bullshit Bingo hat Hrag Vartanian für Hyperallergic erstellt - wenn nicht der fundierteste, so doch der amüsanteste journalistische Beitrag zur Veranstaltung.
Einigermaßen unterhaltsame Verrisse von Alison Cole, José da Silva, Gareth Harris, Hannah McGivern und Tom Seymour der ihrer Meinung nach schlechtesten Ausstellungen in Venedig bündelt das Art Newspaper. Wahrscheinlich alles keine Medienpartner.
Die Sinnfrage angesichts des venezianischen Business as usual stellt Raimar Stange bei Artmagazine: "Stattdessen wird da gefeiert nach allen Regeln der Kunst: Aperol Spritz, Preview, Party, Bussies … Dass aber gleichzeitig in Europa Krieg ist, stört da kaum jemanden, der russische Pavillon wenigstens ist ja geschlossen." Auch Birgist Rieger vom Tagesspiegel ist irritiert: "Die Preview-Tage sind ein großes Stelldichein der internationalen Kunstszene. Wenn sich der hedonistische Kunstwanderzirkus aus Klimagründen nicht ohnehin schon zwiespältig anfühlen würde – dann spätestens jetzt, wo Künstlerinnen nur kurz aus Kiew anreisen und dann schnell wieder zurückkehren in den Krieg. Verschnaufpause mit Aperol Spritz am Kanal. Es ist absurd."
Da die Berichterstatter mehrheitlich damit beschäftigt waren, ihre Kalt- und Heißgetränke an Kanälen in Szene zu setzen oder die immergleichen Arsenale- und Giardini-Fotos zu posten, hat es der Ukraine-Krieg im wesentlichen durch die Video-Ansprache des ukrainischen Präsidenten Volodymyr Zelensky während der Eröffnung einer vom PinchukArtCentre in der Scuola Grande della Misericordia organisierten Ausstellung in die Medien gebracht, unter anderem durch Shanti Escalante-De Mattei bei Artnews.
Immerhin meldet Frauke Steffens in der FAZ, dass die Benefiz-Auktion von Marina Abramović und der Sean Kelly Gallery 145.250 Dollar eingebracht habe.
Eine richtige Kunstmesse hat mit der Dallas Art Fair letzte Woche auch noch stattgefunden. Dort hat Daniel Cassidy für das Art Newspaper Signale der Hoffnung aufgefangen: "'Seit Jahren hat sich der Markt in einer Weise verändert, die den Sammler der Mittelklasse ausschließt', sagt der Galerist Cris Worley. 'Besonders nach 2008 waren es nur die sehr wohlhabenden Menschen, die den Markt antreiben konnten. Jetzt ändern sich die Dinge. Die Menschen ziehen in erschwinglichere Städte, weil ihre Arbeitsplätze ins Homeoffice verlagert wurden. Sie können gehen, wohin sie wollen. Seit dem Sommer 2020 kommen die Leute in die Galerie und sagen: 'Ich bin gerade aus Kalifornien, Chicago oder New York hierher gezogen'. So viele Menschen fangen an, Kunst zu sammeln, weil sie jetzt die Mittel dazu haben. Und diese neuen Sammler kaufen Kunst, weil sie sie bewegt, und nicht, weil sie in der letzten Saison auf einer Auktion viel Geld dafür bekommen haben. Sie kaufen Kunst, weil sie in die formalen Elemente verliebt sind, weil sie sie lieben.'"
Der Klimawandel scheint sich zum größten Risiko für Kunstversicherer zu entwickeln, was Sammler teuer zu stehen komme, bemerkt Daniel Grant im Art Newspaper: "Steven Pincus, Senior Managing Director bei Risk Strategies. [...] fügt hinzu, dass einige Versicherungsgesellschaften zusätzliche Beschränkungen für die Deckung von Transportschäden auferlegen, die in der Regel den größten Teil der Schadensfälle ausmachen, um so ihr Gesamtrisiko zu verringern. Er sagt jedoch, dass "die Unternehmen zunehmend keine neuen Verträge mehr abschließen und in den für Katastrophenschäden anfälligen Bundesstaaten, allen voran Kalifornien, nicht erneuern". Zu diesen Unternehmen gehören seiner Beobachtung nach AIG, Chubb, Cincinnati und Vault. 'Sie wollen das Risiko aus ihren Büchern streichen, und die einzige Möglichkeit, das Ausbluten zu stoppen, ist, keine neuen Policen mehr zu zeichnen."
Die Einrichtung eines monatlichen Seefrachtdienstes für Kunst zwischen London und New York durch Christie's und das Logistikunternehmen Crozier meldet Eileen Kinsella bei Artnet.
Vom Pariser Auktionsmarkt meldet sich Bettina Wohlfarth in der FAZ mit einem Nachbericht zur Matisse-Auktion: "Für die 78 Lose – fünf blieben unverkauft – wurden mit dem Aufgeld bei Christie’s in Paris mehr als 40 Millionen Euro eingespielt: fast das Doppelte der Erwartung. Allein die 29 Werke von Henri Matisse erzielten 13,7 Millionen Euro, darunter viele Zeichnungen, die zumeist weit über der Taxe zugeschlagen wurden."
Die Künstlersozialkasse, kurz KSK, soll künstlerisch selbständig tätigen Menschen ein Minimum an sozialer Absicherung sowie den Zugang zur Krankenversicherung ermöglichen. Seit seiner Einführung 1981 funktioniert das Modell mehr schlecht als recht und ist dringend reformbedürftig, wie Kevin Hanschke in der FAZ vom 22. April feststellt: "Besonders aktiv in der Reformdiskussion ist Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD): 'Die Bundeskulturpolitik steht vor der Aufgabe, sich um die soziale Absicherung von Künstlern zu kümmern', sagt er. Er ist der Meinung, dass neue Regelungen erforderlich sind, um den Schwierigkeiten der Künstler in der Pandemie Rechnung zu tragen. Doch im Regierungsprogramm des Bundes haben sich nur wenige seiner Vorschläge durchsetzen können. Der Koalitionsvertrag sieht drei Punkte vor: ein erleichterter Zugang für Künstler zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung, Sonderregelungen für Beschäftigte, die nicht kontinuierlich bei dem gleichen Arbeitgeber tätig sind, und steuerfinanzierte Wirtschaftshilfen für Selbständige. Der große kulturpolitische Wurf ist das nicht. 2021 machte Brosda den Vorschlag, ein Kurzarbeitergeld für Künstler einzuführen. Er spricht von einer 'Arbeitsversicherung', in die sie in einkommensstarken Phasen einzahlen können, um in einkommenslosen Phasen versichert zu sein. Diese Versicherung soll an der KSK angesiedelt werden. Kritik kommt hierzu von den Unternehmerverbänden."