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Kobels Kunstwoche

Edgaras Žukauskas "Misconception", frei via creativesforukraine.com
Edgaras Žukauskas "Misconception", frei via creativesforukraine.com
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 18 2022

Das Ministerium für Kultur und Informationspolitik der Ukraine starten unter dem Titel “Save Ukrainian Culture” eine Initiative zur Rettung und zum Schutz ukrainischer Kulturstätten. Über eine eigene Webseite können Spenden auf verschiedenen Wegen in traditionellen und Kryptowährungen getätigt werden.

Die offizielle Trennung der Viennacontemporary von ihrem bisherigen russsichen Eigentümer Dmitry Aksenov meldet Olga Kronsteiner im Standard aus Wien: "Eine bereits vergangenes Jahr eingeleitete Umstrukturierung wird damit schlagend, beschleunigt durch Irritationen, die der Angriffskrieg gegen die Ukraine bescherte. Obwohl Aksenow weder sanktioniert wurde, noch je als Putin-Freund in Erscheinung getreten war, hatten einige Galerien Bedenken im Hinblick auf eine Teilnahme an der Messe und einem damit womöglich verbundenen Reputationsverlust. Aksenow steht auch den russischen Freunden der Salzburger Festspiele vor." Das in der Öffentlichkeit bisweilen etwas schiefe Bild der Messe und ihres Ex-Eigentümers versuche ich bei Monopol etwas geradezurücken.

In diesem Zusammenhang macht Nina Schedlmayer in der WELTKUNST auf eine Unwucht im Kunstmarkt aufmerksam: "Zwar nimmt der Kunstmarkt für sich gern in Anspruch, 'global' zu agieren. Ohne internationale Ausrichtung geht gar nichts. Doch wie weltumspannend ist ein Kunstbetrieb, ein Markt, der zwar ständig neue Interessensgebiete wie Asien entdeckt, dabei aber das vernachlässigt, was direkt vor der Haustür liegt? Lemberg ist von Wien nicht besonders viel weiter entfernt als Vorarlberg, das westlichste Bundesland Österreichs. Doch erst jetzt – und das auch nur in sehr geringem Ausmaß – kommen wir in den deutschsprachigen Ländern drauf, dass es weiter im Osten Europas ebenfalls Kunst gibt. Lange Zeit zerfleischte man sich ob des Eurozentrismus der Kunstblase – die Tatsache negierend, dass es damit ohnehin nicht so weit her sein kann, wenn das Interesse bereits an den Grenzen zum einstigen Eisernen Vorhang endet."

Wie Berliner Künstler, Galerien und Auktionshäuser der Ukraine helfen, hat Michaela Nolte für den Tagesspiegel recherchiert. Weitere Initiativen hat Monopol zusammengestellt.

Die Berliner Galerienszene sei nach zwei Jahren Corona wieder in Bewegung, stellt Christian Herchenröder im Handelsblatt fest: "Wanderschaft ist angesagt. [...] Rechtzeitig zum Gallery Weekend haben nicht weniger als fünf Galerien neue Räume bezogen. Es sieht so aus, als ob nach der Coronaphase der Hunger auf Kunst und der große Atem zurückgekehrt sind. In Berlin werden sie in diesen Tagen besonders gestillt, denn das Programm der 52 am Gallery Weekend beteiligten Häuser ist so animierend wie lange nicht (bis 1. Mai). Ein Trend zum Riesenformat, der auch die Messen prägt, ist unverkennbar."

Ein halbes Dutzend Kritiken von Galerieausstellungen versammeln Benedikt Ellebrecht, Hanno Hauenstein, Margit J. Mayer und Ingeborg Ruthe in der Berliner Zeitung.

Bezüge zur aktuellen Weltlage hat Kevin Hanschke für die FAZ auf dem Gallery Weekend gesucht: "Doch auf die immer noch nicht überstandene Corona-Krise folgt die nächste: Der Schatten des Ukrainekriegs liegt über allen Schauen. Viele Galerien betonen den Aktualitätsbezug ihrer Arbeiten, die oft nachdenklich stimmen. Ukrainische Künstlerinnen und Künstler sind allerdings kaum vertreten. Eine Ausnahme bildet Maria Kulikovska mit ihrer mutigen Performance '254', die in Kooperation der Berliner Galerien und der Neuen Nationalgalerie nach Berlin geholt wurde, um Spenden für den Verein 'Be an Angel' zu sammeln, der sich für Flüchtlinge einsetzt. Bedeckt von der ukrainischen Flagge liegt Kulikovska wie verwundet auf den Stufen des Museumsgebäudes von Mies van der Rohe."

Seinen urbanistischen Rundgang durch die Berliner Galerienszene lässt Peter Richter in der Süddeutschen Zeitung in einer Buchempfehlung enden: "So könnte man jetzt noch bis zum Ende dieses Textes quer durch die große Stadt jagen und insgesamt 52 Galerien anschauen. Das geht aber nicht, weil dringend noch dies berichtet werden muss: Insgesamt sind die Berliner Galerien erfreulich gut durch die Pandemie gekommen, dank staatlicher Hilfen, auch dank der eingesparten Messekosten, und es haben sogar neue aufgemacht wie eben 'Heidi' von Pauline Seguin, die vorher bei Gavin Brown in New York war, einem deutlich unbarmherzigeren Pflaster. (Browns Galerie gibt es zum Beispiel nun nicht mehr.) Der Ruf, dass Berlin zwar viele Künstler habe, aber kaum Sammler, hat sie nicht geschreckt. Er stimmt auch schon länger nicht mehr. Und deswegen hier noch folgende Empfehlung. Die Sammlerin Manuela Alexejew hat mit Hilfe des Journalisten Thomas Kausch ein Buch geschrieben, das heißt 'It's not about the Money'."

Auch jenseits des offiziellen GWB-Programms ist Raimar Stange für Artmagazine fündig geworden: "Da fällt die Auswahl der zu besprechenden Ausstellungen schwer, zumal auch Galerien am Rande des Spektakels, also nicht teilnehmende, aber gleichzeitig Kunst präsentierende Galerien, selbstverständlich nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Oftmals sind nämlich genau dort die spannenderen Arbeiten zu sehen. Die wohl wichtigste Ausstellung des Gallery Weekends ist dann auch die Ausstellung 'Dialogue' mit James Bride und Jonas Staal in der Galerie NOME."

Auf die wichtige Rolle von Privatsammlungen im Kunstkeben Berlins weisen Nicola Kuhn und Simone Reber im Tagesspiegel hin: "Als Flick ankündigte, seine Sammlung aus dem Hamburger Bahnhof abziehen zu wollen, Erika Hoffmann bekannt gab, dass sie ihre Kunst nach Dresden gibt, und Thomas Olbricht seinen me collectors room in der Auguststraße schloss, da war jedes Mal die Angst groß. Könnte das jetzt das Ende der ruhmvollen Zeit Berlins als Kunststadt sein? Das 14. Gallery Weekend, das fast wie vor Corona stattfinden kann, ist deshalb wie ein Frühlingserwachen: Blumen sprießen, Ausstellungen eröffnen. Plötzlich kriegen auch besorgte Galerist:innen wieder bessere Laune, weil ihnen der Wirtschaftssenat Förderung in Aussicht stellt, wenn sie sich auf auswärtigen Messen zusammenschließen."

Als letzter ernstzunehmender Kunstmesse-Veranstalter hat die Positions ihre Paper-Ausgabe ins Rennen geschickt, die ich für Artmagazine bespreche.

Parallel zum Gallery Weekend in Berlin hat in Brüssel die Art Brussels stattgefunden, von der sich Alexandra Wach bei Monopol mehr Politisches erwartet hätte: "Immerhin, eine Button-Aktion des Künstlers Dan Perjovschi und eine Galerien-Initiative der Sektion 'INVITED' wenden den Blick nicht ab. Und auch, dass Barthélémy Toguos großflächige Aquarelle 'Das letzte Gericht' von 2012, ein Danse macabre floral verbundener Totenköpfe am Stand der Galerie Lelong & Co., zu den ersten verkauften Werken der Preview gehörte, zeigt, dass die latente Gefahr einer Kriegsausdehnung manch einen Sammler in Kauflaune zu versetzen weiß. Ganz zu schweigen von der Aufmerksamkeit, die Frederik Heymans NFT-Video 'Lament' von 2022 bei der Antwerpener PLUS-ONE Gallery erregt. Es punktet mit Androiden-Köpfen, die in der Schwebe hängende Grabsteine besingen.

Umso erstaunlicher, dass die Mehrheit der 157 teilnehmenden Galerien das Risiko eines kontroversen Auftritts lieber nicht auf sich nimmt. Selten war bei der Art Brussels, die zum letzten Mal auf dem Areal Tour & Taxis stattfindet, bevor es wieder wie in früheren Zeiten stadtauswärts auf das Messegelände der Brussels Expo geht, so viel belanglose Flachware vertreten." Dafür, dass eine Kunstmesse eine Verkaufsveranstaltung ist und keine Ausstellung, war allerdings außergewöhnlich viel Kunst im nicht ganz so einfach verkäuflichen Medium Skulptur zu sehen, wie ich für das Handelsblatt und Artmagazine notiere.

Das Sammler-Ehepaar Boros erklärt der (Berliner) Politik im Gespräch mit Boris Pofalla für die WeLT, was sie im Umgang mit Kunst, Künstlern, Sammlern und ihren eigenen Institutionen falsch macht: "KAREN BOROS: 'Es ist sehr wichtig für eine Stadt, auch in die Zukunft zu schauen. Das sieht man gerade an Paris, wo zuletzt so viele tolle Institutionen, aber auch Privatsammlungen entstanden sind, die gerade wieder eine wahnsinnige Aufmerksamkeit für die Stadt erzeugen. Und zwar so sehr, dass jetzt die Art Basel entschieden hat, in Paris eine Dependance zu eröffnen, eine neue Kunstmesse. Das bringt der Stadt etwas, den Künstlern, den Kulturschaffenden, den Leuten, die dort ihre Geschäfte machen, allen. Und das hat man in Berlin ein bisschen unterschätzt.'" An dieser Stelle wäre vielleicht für weniger in den Kunstmarkt involvierte Leser der Hinweis hilfreich, dass Frau Boros VIP-Beauftragte der Art Basel ist.

Das gerade für 24,4 Millionen Euro versteigerte „Walderdbeerkörbchen“ von Jean-Siméon Chardin sei ein Beispiel, wie der französische Staat von seinem Vorkaufsrecht Gerbauch mache, stellt Olga Grimm-Weissert im Handelsblatt fest: "Die Generaldirektorin des Louvre, Laurence des Cars, hätte das Bild normalerweise sofort nach dem Fall des Hammers über das gesetzlich geregelte Vorkaufsrecht erwerben können. Mit ihrem Ankaufsbudget von maximal 10 Millionen Euro kann sie am Markt jedoch nicht teilnehmen. Sie wählte daher nach der Auktion die Tageszeitung „Le Figaro“, um ihre Absicht bekanntzugeben, das schönste Stillleben Chardins mit Hilfe eines Mäzens für den Louvre zu erwerben."

Die existenzielle Bedrohung des britischen Kunsthandels im unteren Preissegment durch den Brexit demonstriert Anny Shaw im Art Newspaper am Beispiel eines Händlers von Alter Kunst im Bereich bis 1.500 Pfund: "'Ein Paket, das vor dem Brexit 14 Pfund inkl. MwSt. nach Italien kostete, kostet jetzt 22 Pfund ohne MwSt. Anstatt dass ein Kunde das Gemälde erhält und es an die Wand hängt, erhält er eine Zollbenachrichtigung, in der Einfuhrzoll, Bearbeitungsgebühr und 20 % Mehrwertsteuer verlangt werden, bevor er es erhält. Das sind ca. 230 € mehr für einen 1000 € teuren Artikel.'"

Einen Nachruf auf die im Alter von 84 Jahren verstorbene Stuttgarter Sammlerin Ute Scharpff hat Adrienne Braun für die Stuttgarter Nachrichten verfasst.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung