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Kobels Kunstwoche

Schön wie immer: Tefaf, hier New York; Foto Michael Beck
Schön wie immer: Tefaf, hier New York; Foto Michael Beck
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 19 2018

Die Tefaf hat alle Voraussetzungen der Frieze New York beim einheimischen Publikum den Rang abzulaufen, lässt sich aus Barbara Kutschers Bericht für das Handelsblatt vom 4. Mai schließen: "Diese auf 90 Aussteller reduzierte, aber ebenso elegant vorgetragene Ausgabe der Maastrichter Messemarke zeigt den Tefaf-typischen Mix von Antike bis Pop, gerahmt von Stammeskunst, Juwelen und Design. Hinzu kommt das überaus einträgliche Segment der Moderne und der zeitgenössischen Blue Chips, bisher Domäne von 'Frieze' und 'Art Basel'." Das wichtigste Argument liefert eine deutsche Ausstellerin: "'Man merkt, dass unsere Kunden vier Blocks rauf und drei herunter wohnen', fasst es Silke Thomas von der Galerie Thomas zusammen".

Ob ein Modethema die Frieze New York rettet? Nach vernachlässigten Positionen der 60er, 70er, 80er und zuletzt sogar 90er Jahre sowie marginalisierten Frauen der Nachkriegskunstgeschichte scheint es jetzt ein neues Zugpferd zu brauchen. Michael Watzka hat für die FAZ ansonsten wohl nichts Prägnantes im Zelt gefunden: "Aus zwei Themen kristallisiert sich schließlich ein politisches Profil: Die Auswahl der Galerien und ihrer Programme setzt stärker auf die Präsenz von Frauen, und es geht spürbar bunter und sichtbar queer zu. Damit fügt sich auch die Messe in den Trend ein, den in der New Yorker Szene zuletzt das New Museum mit seiner Schau zu Gender und Queerness gesetzt hatte." Ob es den betreffenden Gruppen als Ganzes hilft, wenn sie als weitere Scheite das Fegefeuer des Starsystems beschicken?

Das Ende der Kunstmesse ruft Jerry Saltz auf Vulture aus. Warum wir auf Galerien nicht verzichten können, beschreibt Thaddaeus Ropac bei Artsy.

Den neuen Art Market Report der Tefaf hat sich Susanne Schreiber für das Handelsblatt vorgenommen. Bei dessen Vorstellung liefert sie indirekt Argumente dafür, warum sich die Sammler unter den Kunstkäufern weniger um den Markt kümmern sollten: "Skalierung heißt das Zauberwort aller Kunst-Industrien. Und skalierbar im Sinne der elektronischen Datenauswertung ist vorrangig die zeitgenössische Kunst. Vor allem, wenn sie von Künstlern stammt, die ihr Werk und ihren Atelierbetrieb mit Markenbewusstsein sehen, als Brand wie Gucci oder Mercedes. Aktuelle Kunst strömt in großen Mengen aus den Studios in die Galerien und auf die Messen. In diesem beliebtesten aller Sammelgebiete gibt es nur selten Nachschubprobleme. Hier werden inzwischen für einzelne Künstler astronomische Summen bewilligt. Hier tummelt sich das Geld der neuen Reichen und Superreichen. Hier macht Anders Petterson 'wachsende Nachfrage im eher spekulativen und liquiden Bereich der Gegenwartskunst aus.' Liquid meint hier das Flippen, die Beteiligung am Hype durch Ankauf und superschnellen Weiterverkauf. Geschuldet sei dieses Phänomen der neuen Motivation Kunst zu kaufen - um 'return on investment' zu sichern und um das Portfolio zu diversifizieren."

Die Tugend der Bescheidenheit hält der Münchener Galerist Rüdiger Schöttle im Interview mit Alexandra Wach für Monopol hoch: "Viele suchen das ganz große Glück, das sich an Geld bemisst. Aber da muss man sehr viel aufgeben. Es ist ganz gut, wenn man hinter die Kulissen schaut, wie man dann leben muss. Wenn man wachsen will, sitzt man nur noch im Flugzeug. Wir bleiben lieber eine mittelständische Galerie mit vier bis sechs Mitarbeitern."

Als Gegenmittel zur galoppierenden Preisinflation zeitgenössischer Kunst empfiehlt Marion Löhndorf in der NZZ Druckgraphik. Die biete keineswegs nur Schonkost, wie sie bei einem Besuch der London Original Print Fair festgestellt habe: "Denn während auf dem Kunstmarkt generell die Preise in den Himmel schiessen, blieben sie beim Print weitgehend stabil. Druckgrafiken sind eine günstige Einstiegsdroge für Kunstkäufer: Man kann schon für 100 Pfund ein Blatt mit nach Hause nehmen. Obwohl es auch hier Preisschilder mit grösseren Zahlen gibt. Bei Bedarf (und passendem Budget) lassen sich spielend bis zu einer Viertelmillion Pfund oder mehr investieren, in einen seltenen Rembrandt etwa."

Mit nur ein wenig Humor lässt sich das Interview, das Jana Gioia Baurmann und Jens Tönnesmann für die ZEIT vom 3. Mai mit Wolfgang Beltracchi, geb. Fischer, wunderbar genießen. Die Wirtschaftsredakteure haben den Ex-Fälscher nicht mit Samthandschuhen angefasst, und er dankt es ihnen mit tiefen Einblicken in seinen Kosmos: "Wenn ein Künstler jahrelang immer gleiche Bilder rakelt oder jemand im Baumarkt ein paar Holzteile kauft und 50 Nägel reinhaut, denkt er vielleicht, das sei was Individuelles. Aber das ist doch nicht wirklich kreativ! Wenn jemand aber zehn Bilder von mir nebeneinanderhängt, sehen die alle anders aus. Ich male, weil ich es kann."

Eine Wohltat ist hingegen das Gespräch zwischen dem Sammler Eugen Viehof und Tim Ackermann in derselben Ausgabe der ZEIT. Auch hier geht es unter anderem um einen Betrüger, dessen Reue ihm jetzt nach Verbüßung seiner Strafe durchaus zugute gehalten wird: "Wir sind nicht nachtragend. Er hat eine Strafe bekommen, die war hoch, aber angemessen. Ich halte ihm zugute, dass er meine Brüder und mich an die Kunst herangeführt hat. Und ich fände es auch gut, wenn er es wieder auf die Beine schafft. Aber für uns gibt es eben einen klaren Cut: Betrug bleibt Betrug! Beraten kann er uns nicht mehr."

Die verschärften EU-Regeln zur Geldwäsche, die ab 2019 umfassende Sorgfaltspflichten schon ab 10.000 Euro vorsehen, würden die kleineren Galerien besonders hart treffen, befürchtet Anna Brady im Art Newspaper. Eileen Kinsella paraphrasiert den Artikel ihrer Kollegin auf Artnet und zitiert aus einer Stellungnahme der Kunsthändlerverbandes CINOA (PDF-Download).

Warum Henri Neuendorf überhaupt noch seinen Namen unter einen Text bei Artnet schreibt, der aus praktisch nichts anderem besteht als der Zusammenfassung eines Agentur-Artikels im Guardian über ein französisches Provinzmuseum voller Fälschungen, weiß wohl nur er selbst oder sein Chefredakteur.

Sotheby's gerichtliche Auseinandersetzung mit Sultan Sooud Al-Qassemi wirft Fragen auf. Dabei ist es gar nicht einmal erheblich, ob die Beschreibung der strittigen Skulptur wissentlich oder unwissentlich unkorrekt war, oder ob ein Interessenkonflikt vorliegt, wenn der verantwortliche Sotheby's-Experte der Sohn der Einlieferin ist, wie Colin Gleadell im Telepgraph berichtet. Vielmehr stellt sich die Frage, warum es ein Konzern wegen der vergleichsweise bescheidenen Streitsumme von 725.000 Pfund auf einen Prozess ankommen lässt, der an den Grundfesten des eigenen Geschäftsmodells rütteln könnte.

Für die gute Sache kann man auch schon mal Prinzipien über Bord werfen. Ungefähr so scheint die Denke zu sein hinter dem Plan des Baltimore Museums, Hauptwerke der eigenen Sammlung zu verkaufen, um mit dem Erlös hauptsächlich aktuelle Kunst von Frauen und People of Color zu erwerben, über den Eileen Kinsella auf Artnet berichtet.

Der Verkauf der beiden Bilder von Andy Warhol hat die Spielcasinos offensichtich auch nicht retten können. Die NRW-eigene Westspiel GmbH werde jetzt verkauft, meldet dpa, unter anderem bei Monopol. Die restliche Kunst solle der Allgemeinheit jedoch erhalten bleiben: "Die parteilose NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen hatte bereits 2017 angekündigt, die teilweise in Depots gelagerte Westspiel-Kunst in NRW-Museen holen zu wollen. Dass noch einmal Kunst aus indirektem Landesbesitz verkauft werden könnte, hatte sie ausgeschlossen."

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung