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Nach einem halben Jahr der Sedisvakanz hat die Art Basel in Basel mit Maike Cruse eine neue Direktorin. Berliner beklagen den Abgang der Leiterin des Gallery Weekend Berlin, auch Marcus Woeller in der WeLT: „Die Benennung ist eine gute Entscheidung für die Welt – schlecht aber für Berlin. Hier muss eine große Lücke gefüllt werden. Denn in der Hauptstadt hat Maike Cruse in den vergangenen zehn Jahren das Gallery Weekend geleitet und zu dem Anziehungspunkt der Kunstszene schlechthin gemacht.“ Die Hierarchie im Unternehmen erklärt Ursula Scheer in der FAZ: „Den Direktoren vor Ort übergeordnet ist Vincenzo de Bellis als allgemein für Messen und Ausstellungsplattformen zuständiger Direktor, über dem wiederum der von New York aus agierende CEO Noah Horowitz rangiert. So sieht die Hierarchie an der Spitze der Art Basel im Jahr nach dem Weggang Marc Spieglers aus, der das Messeunternehmen von 2012 an als alleiniger globaler Direktor geführt hatte und 2019 zudem Mitglied im Vorstand der Muttergesellschaft MCH geworden war.“ Mit dem Berliner Galeristen und GWB-Beirat Jochen Meyer habe ich für das Handelsblatt über den Wechsel gesprochen und für den Tagesspiegel versuche ich die Personalie einzuordnen.
Die Art Karlsruhe verlässt ihr Gründer Ewald Karl Schrade anscheinend, wie er sie geführt hat, folgt man Daniela Gregoris Bericht bei Artmagazine: „Dass der Herr Messekurator auch Galerist ist, ist durchaus im Rahmen, dass er als Sammler mit einer 400m2 Präsentation gewürdigt wird, ist hingegen eher verwunderlich, zumal die Präsentation eher dem Konzept Schaudepot folgt, als nachvollziehbaren Sammlungskriterien. Nun ja, man kann dies auch als Würdigung seines unermüdlichen Messeengagements für 20. Ausgaben verstehen. Das Engagement ging bisweilen auch soweit, dass in redaktionell gekennzeichnete Texte eingegriffen wurde, auch diesmal gab es wohl etwas zu beanstanden und verbessern - zumindest musste zu einem monopol-spezial-Heft eine 'Berichtigung' gedruckt und extra ausgelegt werden. Die Unterschiede? Marginale Weihrauchkrümel.“
Qualitativ scheint sich hingegen nicht so viel getan zu haben in den zwei Jahrzehnten. Auch wenn die Messeberichte hinter der Paywall sind, reichen die Überschriften „Alles so schön bunt hier“ von Birgit Möthrath in der Rheinpfalz und „Kunst, die nicht wehtut“ von Adrienne Braun in der Stuttgarter Zeitung, um sich eine Vorstellung vom Gebotenen zu machen.
Es sei daher an der Zeit, alte Zöpfe abzuschneiden, urteilt Brita Sachs in der FAZ: „Der jetzt anstehende Generationenwechsel in der Führung der Art Karlsruhe bietet die Gelegenheit, Konzepte zu überdenken oder neue Richtungen einzuschlagen. Dass Änderungen fällig sind, springt beim Gang über die Messe ins Auge: Diese riesige, vier Hallen umfassende Villa Kunterbunt gehört einmal aufgeräumt, finden kritische Aussteller, will sagen, die Teilnehmerzahl könnte reduziert, die Auswahl strenger gehandhabt werden. Denn mit der Devise 'Für jeden etwas' riskiert man bei einem Überhang an Mittelmaß auf Dauer das Ausbleiben hoher Qualität.“
Einige gute Galerien Christiane Meixner in Karlsruhe für den Tagesspiegel gefunden: "Sie heben die Messe mühelos auf ein Niveau, das sie auch nach der Übergabe an das neue Direktoren-Duo Olga Blaß und Kristian Jarmuschek zum Anziehungspunkt für Sammler:innen macht. Um einen Relaunch aber kommen die beiden nicht herum. Reduktion und Konzentration stehen an. Auch wenn das für 2024 heißen sollte: „Liebling, ich habe die Messe geschrumpft.“
Lediglich Susanne Schreiber sucht im Handelsblatt zum Abschied des Impresarios nach schmeichelhaften Worten: „Die bis Sonntag laufende „Art Karlsruhe“ ist eine Messe, die auf Kunst für Normalverdiener fokussiert. Dennoch besuchen sie auch zahlreiche Privatsammler und Vertreter von Corporate Collections aus Deutschlands Südwesten. Die Spanne der Stil- und Geschmacksrichtungen ist breit, hier findet jeder etwas.“
Entsteht da gerade ein Derivate-Markt im Kunsthandel? Judd Tully enthüllt im Art Newspaper neueste Entwicklungen um die guarantied bids der großen Auktionshäuser: „Der Markt für Drittgarantien - die Auktionshäusern und Verkäufern ein nützliches Instrument zur Absicherung ihrer Wetten bieten - zeigt keine Anzeichen einer Verlangsamung und wird im Jahr 2022 wahrscheinlich ein Rekordvolumen von 3,4 Mrd. $ erreichen. The Art Newspaper hat jedoch einen dunkleren, weniger bekannten Markt entdeckt, auf dem Drittparteien einen Teil ihrer Garantien an anonyme Partner verkaufen und so sowohl die Risiken als auch alle Gewinne teilen. Zu den größten Namen in diesem Spiel gehören die Kunsthändlerfamilie Nahmad, der Megahändler Larry Gagosian und der Milliardär und Sammler José Mugrabi. Sie alle sind dafür bekannt, dass sie regelmäßig Garantien oder unwiderrufliche Gebote für Werke im Austausch für eine ausgehandelte finanzielle Gebühr des Auktionshauses abgeben. Es ist unwahrscheinlich, dass Gagosian und Mugrabi für ihre millionenschweren Garantien eine helfende Hand brauchen, aber es wird davon ausgegangen, dass die beiden die Garantien hin und her tauschen.“ Überraschend auch, dass in diesem und ähnlichen Zusammenhängen immer wieder dieselben Namen fallen.
Den Kunstmarkt für NFTs nach dem Kryptowinter erkundet Christian Wermke im Handelsblatt: „Auch in der Berliner Galerie Office Impart wird es künftig zwischen all den physischen Werken einen festen Ort geben, an dem digitale Kunst gezeigt wird. Schon 2020 kuratierten Anne Schwanz und Johanna Neuschäffer über die Plattform 'Common Garden' eine reine Online-Ausstellung. 'Wir glauben an digitale Kunst, die durch die NFT-Technologie handelbar gemacht wurde', sagt Schwanz. Für sie ist die Branche einer der wenigen Bereiche, in denen die Blockchain-Technologie eine sinnvolle Anwendung erfährt. […] Das Interesse an digitaler Kunst wachse, aber noch immer gebe es viele Vorurteile. 'Ich kann mir auch ein Poster von Gerhard Richter kaufen, aber das ist nicht dasselbe, wie das Werk zu besitzen', erklärt Schwanz. Genauso sei es im Digitalen. 'Klar kann man sich das Foto per Rechtsklick speichern, aber ich bin dann nicht der Besitzer, habe kein Zertifikat.' Schwanz sammelt auch selbst NFTs. Vieles sei dabei, dass sie gar nicht physisch haben will. 'Weil es digital am besten funktioniert.'“
Sotheby's versucht sich an der Wiederbelebung des NFT-Marktes, indem es ihn für Privatverkäufe öffnet, berichtet Shanti Escalante-Di Mattei bei Artnews: „Sotheby's Metaverse, der NFT-Marktplatz des Auktionshauses, bekommt ein Upgrade. Der Marktplatz wird nun nicht nur um Angebote für den Primärmarkt erweitert, sondern auch um Sekundärverkäufe, über die Sammler direkt aneinander verkaufen können. [...] Allerdings wird er ganz anders funktionieren als sekundäre NFT-Marktplätze wie OpenSea, wo jeder Nutzer alle NFTs hochladen kann, die er möchte. In der Anfangsphase des neuen Metaverse werden Sammler nur Werke von 13 Künstlern einstellen können. [...] Mit dieser Strategie kann Metaverse einige der Probleme umgehen, mit denen andere Handelsplattformen zu kämpfen haben. OpenSea wurde ständig mit plagiierten, minderwertigen oder gestohlenen NFT-Projekten überschwemmt, so dass sich Sammler nicht nur von Betrügern verraten fühlten, sondern auch von einem Marktplatz, der kaum eine Entschädigung für verlorene Investitionen bieten konnte. Durch die Beschränkung der Werke, die Sammler/innen einstellen können, kann Metaverse den Umgang mit schlechten Akteuren besser vermeiden und gleichzeitig die Qualität der angebotenen Werke hoch halten.“
Eine erste Verurteilung wegen Insiderhandels mit NFTs meldet ebenfalls Shanti Escalante-De Mattei bei Artnews: „Nate Chastain, ein ehemaliger Manager des Marktplatzes OpenSea, ist im ersten Fall von Insiderhandel im NFT-Ökosystem schuldig gesprochen worden. Im Herbst 2021 bemerkten OpenSea-Nutzer, dass Chastain anonyme Ethereum-Wallets nutzte, um Werke von Künstlern aufzukaufen, die auf der Startseite des Marktplatzes vorgestellt werden sollten. Auf dem heißen NFT-Markt des Jahres 2021 führte ein Feature von OpenSea in der Regel zu einem sprunghaften Anstieg der Bewertung des Werks eines Künstlers.“ Hoffen wir mal nicht, dass diese Rechtsauffassung noch auf den Kunstmarkt überschwappt!
Die Restitution kolonialen Raubguts hat so seine eigenen Fallstricke, weiß Brigitta Hauser-Schäublin in der FAZ (Paywall) zu berichten: „Der noch amtierende nigerianische Staatspräsident Muhammadu Buhari gab in einer öffentlichen Erklärung am 23. März 2023 bekannt, dass er die Eigentumsrechte sämtlicher Benin-Artefakte, die 1897 im Königspalast geplündert und anderswo im Benin-Reich gesammelt wurden, dem Oba von Benin übertragen habe. Er anerkenne ihn als Eigentümer und habe ihm deshalb mittels einer präsidialen Verfügung alle damit verbundenen Rechte einschließlich Aufbewahrung und Verwaltung übereignet – und zwar 'unter Ausschluss jeder anderen Person oder Institution', wie die nigerianische Zeitung 'This Day' den Erlass zitiert. Dies gelte für alle bereits zurückgegebenen und alle weiteren zu erwartenden Restitutionen von Benin-Objekten weltweit; sie müssten künftig direkt dem Oba als ursprünglichem Eigentümer übergeben werden. Sämtliche Artefakte sollen nach Gutdünken des Oba im Palast des Königs oder in einer anderen Lokalität in Benin City oder anderswo untergebracht werden, solange ihre Sicherheit gewährleistet sei.“ Wie es zu dieser für Außenstehende überraschenden Volte kam, erklärt säd (Florian Sädler?) in der WeLT: „Im Hintergrund der Eigentumsübertragung steht laut nigerianischen Medien ein persönlicher Konflikt zwischen dem Oba und dem Gouverneur der Region Benin, Godwin Obaseki, einem der entschiedensten Förderer des Museumsprojekts. Obasekis Großvater hatte den Briten nach der Zerstörung von Benin-City im Jahr 1897 und der Absetzung des damaligen Obas als Interims-Regent gedient. Royalistische Anhänger von Ewuare II. werfen dem Gouverneur nun die Fortsetzung der Kollaboration mit den Gegnern des Königshauses vor.“ Die Experten der einschlägigen Auktionshäuser haben wahrscheinlich schon Flugverbindungen nach Abuja herausgesucht.