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Das Jahr 2022 beginnt wie das Jahr 2021 – mit der Absage und Verschiebung von Messen. Den erneuten Ausfall der Artefiera in Bologna meldet Ursula Scheer in der FAZ, die Verschiebung der Tefaf in Maastricht Thore Rausch ebenfalls in der FAZ. London Art Fair und India Art Fair planen laut Daniel Cassady vom Art Newspaper eine Durchführung im April statt Ende Januar. Die Art Gèneve verkündet mittels einer Pressemitteilung im letzten Moment ihre Verlegung von Ende Januar auf Anfang März. Die Brüsseler Brafa zieht laut Werner Remm im Artmagazine von Ende Januar in den Juni und an einen anderen Ort. Die Madrider Arco (Ende Februar) hält sich noch bedeckt.
Update: Auch die Art Karlsruhe ist verschoben – von Mitte Februar auf 7. bis 10. Juli.
Wie jedes Jahr, wagt sich Tim Schneider von Artnet an zehn Prognosen für das neue Jahr, von denen die meisten nur geringer seherischer Fähigkeiten bedürfen, wie etwa Maskenpflicht bei allen größeren Kunstmessen oder ein erneuter Börsengang von Sotheby's. Zu gewagteren Voraussagen, etwa dass eine der größeren Kunstmessen aufgibt oder den Besitzer wechselt, lässt der Autor sich nicht hinreißen.
Die Stimmen mehrerer Marktteilnehmer hat Anna Brady für das Art Newspaper zusammengetragen: „Aber, wie der Analyst Anders Petterson von ArtTactic voraussagt, werden die USA in diesem Jahr ihren Einfluss verstärken. 'Der US-Kunstmarkt hat den Aufschwung angeführt, da mehr als die Hälfte (51 %) der Auktionsumsätze von Sotheby's, Christie's und Phillips im Jahr 2021 in New York erzielt werden, gegenüber 43 % im Jahr 2020.' Dies ist laut Petterson auf 'Nachholbedarf, Vermögensdiversifizierung und einen Generationenwechsel auf dem Kunstmarkt' sowie den Transfer von Kunstvermögen zwischen den Generationen in den USA zurückzuführen, alles Faktoren, die sich 2022 fortsetzen werden.“
Das beherrschende Thema des Jahres 2021 waren NFTs, deren Markt fast halb so groß ist wie der Kunstmarkt, der mit diesem jedoch nur eine geringe Schnittmenge bildet. Dan Milmo erklärt im Guardian: „Der weltweite Markt für nicht-fungible Token erreichte in diesem Jahr ein Volumen von 22 Mrd. $ (16,5 Mrd. £), indem die Begeisterung für Sammlungen wie 'Bored Ape Yacht Club' und 'Matrix Avatars' digitale Bilder in bedeutende Anlagewerte verwandelt hat. NFTs haben bei altgedienten Anlegern ähnliche Warnungen hervorgerufen wie die vor Kryptowährungen: Sie seien symptomatisch für einen nicht nachhaltigen, digitalen Goldrausch. NFTs verleihen das Eigentum an einem einzigartigen digitalen Gegenstand - sei es ein virtuelles Kunstwerk von Damien Hirst oder eine Jacke, die im Metaverse getragen wird“. Das NFT-Jahr fasst Shanti Esacalante-De Mattei anhand von Beispielen bei Artnews zusammen.
Für viele Auktionshäuser ist das vergangene Jahr hervorragend gelaufen, allen voran die Marktführer. Ursula Scheer resümiert in der FAZ: „Allein mit dem Nachholbedarf von Bietern, die in der ersten Phase der Covid-Krise nicht investieren konnten oder wollten, wollen die Häuser das nicht erklären. Das Zauberwort lautet Digitalisierung. Diese hat nicht nur den Anteil der Online-Auktionen schnell und effektiv erhöht und damit die Nachfrage in unsicheren Anlagezeiten befriedigt, sondern mit neuen Angeboten wie Non-Fungible Token (NFT) und der Akzeptanz von Kryptowährung als Zahlungsmittel große neue und vor allem kaufkräftige Kundengruppen für Kunst und Luxusgüter erreicht.“
Sechs Trends hat Christian Herchenröder in seinem Rückblick für das Handelsblatt ausgemacht: „Unter 40“, „Die Erholung“, „Garantien“, „Kryptokunst“, „Mehr Luxus“ und „Käufer in Asien“: „Aber die marktbeherrschenden Sammelgebiete hatten in diesem Jahr einen grandiosen Auftritt. Laut dem Forschungsinstitut ArtTactic hat der Markt für Altmeister, Impressionisten, Moderne und zeitgenössische Kunst 2021 mit einem Allzeithoch von 6,6 Milliarden Dollar selbst das Spitzenjahr 2018 überrundet.“
Die Jahresbilanzen der Großen Drei im Detail: Sotheby's (7,3 Mrd. USD) von Daniel Cassady und Christie's (7,1 Mrd.) von Anna Brady im Art Newspaper sowie Phillips (1,2 Mrd.) von Angelica Villa bei Artnews.
Auch die deutschen Versteigerer können auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken, erklärt Ursula Scheer in der FAZ: „Eine konsequente Digitalisierung des Versteigerungsbetriebs, die neue Kunden lockte und liquide Sammler bediente, sorgte schon im Vorjahr für glänzende Geschäfte; nun ließ eine gesteigerte Nachfrage die Investitionsbereitschaft in den Sachwert Kunst noch größer werden. Der Branchenprimus Ketterer in München meldet mit einem Jahresumsatz von 88 Millionen Euro ein Rekordergebnis, das 45 Prozent über dem des Vorjahres liegt. Das wiederum war nur wenig schwächer ausgefallen als 2019. Grisebach in Berlin blickt mit einem Jahresumsatz von 53,5 Millionen Euro – 38 Millionen waren es 2020 – ebenfalls auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr. Und Van Ham in Köln kann mit einem Gesamtumsatz von 40,1 Millionen seine Bestmarke aus dem vergangenen Jahr leicht verbessern.“
Das Auktionshaus Ketterer dürfte dank eines Coups die nächsten Jahre über seine Spitzenstellung in Deutschland wohl behaupten. Der Brücke-Sammler Hermann Gerlinger hat den Münchenern die Verwertung der wichtigsten privaten Expressionisten-Sammlung in Deutschland übertragen. Im Handelsblatt erklärt Sabine Spindler das schwierige Verhältnis zwischen dem Unternehmer und Institutionen: „Doch so groß wie Gerlingers Renommee als Experte ist auch sein Ruf als kompromissloser und fordernder Leihgeber. Unterschiedliche Vorstellungen über Präsentation seiner Sammlung und Ausstellungsbedingungen haben das Intermezzo in Schloss Gottdorf nur von 1994 bis 2001 dauern lassen. Die Kooperation mit dem Kunstmuseum Moritzburg scheiterte 2015 nach damaligen Aussagen des Museumsdirektors Thomas Bauer-Friedrich am Beharren des Sammlers auf einen eigenen 500 Quadratmeter großen Ausstellungstrakt. Die Entscheidung des 90-jährigen Hermann Gerlinger zum Verkauf seiner Sammlung ist nach dieser Museumsodyssee vor allem eine Botschaft der endgültigen Absage an die Institutionen. Dass er, wie Ketterer vermeldet, der nächsten Sammlergeneration eine Chance geben will, ummäntelt die Auktion mit falscher Tugend.“ In der FAZ bemerkt Ursula Scheer: „Der Erlös der auf vier Jahre angelegten Auktionen, deren Schätzwert Ketterer zufolge im achtstelligen Bereich liegt, soll der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, dem BUND Naturschutz und der Stiftung Juliusspital Würzburg zugutekommen. Wer zum Abschied einen Blick auf Sammlungsobjekte im Kontext werfen möchte, kann dies vom 16. Juli an in der Ausstellung 'Brücke & Blauer Reiter' in Bernried tun: Vierzehn Werke aus der Sammlung Gerlinger sind für sie noch einmal ausgeliehen.“
Der Berliner Galerist Michael Schultz ist tot. Kritische Nachrufe finden sich bei Monopol und von Ursula Scheer in der FAZ, ein schmeichelhafter von Sebastian C. Strenger im Tagespiegel. Sehr deutlich wird wird Catherine Hickley im Art Newspaper .
Eine Liste mit im letzten Jahr verstorbenen Personen der Kunstwelt hat Monopol zusammengestellt.