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Kobels Kunstwoche

Wertgrenze Null: EU-Verordnung zum Import von Kulturgütern; Foto SwKSwK via Wikimedia
Wertgrenze Null: EU-Verordnung zum Import von Kulturgütern; Foto SwKSwK via Wikimedia
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 22 2018

Dass Frauen im Kunstmarkt im Vergleich zu anderen Branchen noch weniger verdienen als Männer in vergleichbaren Positionen, wird immer noch oft kleingeredet, der fehlenden Datengrundlage wegen. Zumindest in Großbritannien ist damit jetzt Schluss. Dort mussten nämlich Unternehmen mit mehr als 250 Angestellten geschlechtsspezifische Gehaltsdaten melden. Das trifft auf Sotheby's, Christie's und Bonhams zu, denen Anny Shaw und Anna Brady im Art Newspaper ein deutlich höheres Gehaltsgefälle bescheinigen als im britischen Durchschnitt. Demnach zahle Bonhams seinen weiblichen Mitarbeitern im Durchschnitt 37 Prozent weniger Gehalt als den männlichen, Christie's 25 und Sotheby's 22, während der Pay Gap im branchenübergreifenden Mittel bei knapp 10 Prozent liege.

Nach dem deutschen denkt sich jetzt der europäische Gesetzgeber neue Regulierungen für den Kunstmarkt aus. Für das Handelsblatt vom 25. Mai habe ich den Entwurf gelesen und mit Experten gesprochen: "Als Begründung der Notwendigkeit einer Importkontrolle aus Nicht-EU-Staaten wird vor allem die Verhinderung der Terrorfinanzierung herangezogen, ein Argument, das längst als widerlegt gilt. Der Handel ist entsetzt, weil es - anders als im KGSG [Kulturgutschutzgesetz] - keine Wertgrenzen geben soll, sondern nur eine pauschale Altersgrenze von 250 Jahren. Die ist zwar höher als im deutschen Gesetz, wo sie bei Gemälden schon bei 75 Jahren gezogen wird. Doch die Pflicht, für jedes noch so geringwertige Objekt aufwendige Herkunftsnachweise zu führen, würde ganze Teilbereiche des Marktes in Europa verschwinden lassen, so die Befürchtung."

Derweil bewegen sich die Restitutionen deutscher Museen an Herkunftsländer in sehr bescheidenem Rahmen, berichtet Karl-Heinz Kohl in der FAZ. Der Grund mag überraschen: "Die sehr viel kleinere Zahl von restituierten Kulturgütern ergibt sich dagegen schlicht aus der mangelnden Nachfrage. Zum Zeitpunkt der Untersuchung lag dem Auswärtigen Amt in Berlin nur eine einzige offizielle Anfrage vor. Sie stammte von der namibischen Regierung und bezog sich auf die im Stuttgarter Lindenmuseum aufbewahrte Familienbibel Hendrik Witboois, der den Aufstand der Nama gegen die deutsche Kolonialmacht angeführt hatte. Die grundsätzliche Bereitschaft des Museums zur Rückgabe scheiterte bislang jedoch an den Besitzansprüchen, die neben der Regierung Namibias auch die Nama und Witboois Nachfahren vorbringen. Die eigentlichen Urheber der gegenwärtigen Raubkunstdebatte sind die Mitglieder des Aktionsbündnisses 'No Humboldt 21', zu dem sich Migrantenvereine und antirassistische Gruppierungen 2014 zusammengeschlossen haben."

Künstlernachlässe erfreuen sich bei Galerien immer größerer Beliebtheit und landen zumeist bei den Großen der Branche. Ich habe mich für die aktuelle Ausgabe von Monopol des Phänomens angenommen: "Doch nur um Ruhm und Ehre wird es dabei kaum gehen. Tatsächlich wird es wohl ganz lukrativ sein, Zugriff auf den gesamten noch bei den Erben verbliebenen Bestand eines verstorbenen Künstlers zu haben. Das Werkverzeichnis ist denn auch oft der wirklich interessante Part für den Handel. Man erfährt, wo die Werke sind und wer die Sammler. Wenn eine einzelne Galerie über die Echtheit von Kunstwerken entscheidet, kann das zu Interessenkonflikten führen. Ropac oder Hauser & Wirth bemühen sich, Vermarktung und Aufarbeitung voneinander zu trennen. Bei weniger berühmten Künstlern ist der Nachlass mitunter schwieriger zu verwalten und zu pflegen. Es ist einfach nicht so viel Geld im Spiel, um für die großen Marktteilnehmer attraktiv zu sein. Die Erben eines Künstlers stehen dann vor dem Problem, ein nicht selten umfangreiches Werk erfassen, lagern und zu seinem Erhalt des Ganzen einen Teil verkaufen zu müssen."

Wegen satzungswidriger Verkäufe aus den eigenen Beständen werden das Berkshire Museum in Pittsfield, Massachusetts, und das La Salle University Art Museum in Philadelphia vom Leihverkehr ausgeschlossen, teilt die Association of Art Museum Directors (AAMD) mit. Eine erste Verkaufsrunde mit 13 Werken habe dem Berkshire Museum nur 42 Millionen US-Dollar gebracht statt der erhofften 55, berichtet Andrew Russteh bei Artnews.

Immer noch aufwärts gehe es in New York, resümiert Barbara Kutscher im Handelsblatt vom 25. Mai die Zeitgenossen-Auktionen am Ende der zweiwöchigen Versteigerungsorgie: "Auch für die Tagesauktionen mit Werken des Mittelmarktes verkündeten Phillips und Sotheby's Superlative. Offenbar kann derzeit das Angebot kaum die Nachfrage decken. Christie's wiederum spannte in der Abendauktion am 17. Mai kapitale Werke bewährter Zugpferde wie Warhol, Koons und Rothko ein. Ausgereizte Taxen in zweistelliger Millionenhöhe sahen dann aber nur wenig Wettbewerb, Finanzakrobatik im Vorfeld hatte den Absatz aber sowieso gesichert."

Fotokunst scheint sich in London dank beharrlicher Aufbauarbeit langsam zu etablieren, beobachtet Stephanie Dieckvoss für das Handelsblatt vom 25. Mai: "Mithilfe der vereinten Kräfte aller in der Fotoszene Beteiligten ist es ihnen gelungen, langsam und stetig London auch in der Fotografie ins Scheinwerferlicht zu rücken. Die "Photo London" selbst schafft in den ehrwürdigen Räumen des Somerset-Hauses 111 Ausstellern eine Plattform, Arbeiten aus allen Sparten und Jahrhunderten oftmals zu Einsteigerpreisen feilzubieten. Die internationalen Aussteller zeigen durchaus auch Trends auf, wie das Interesse an moderner japanischer Fotografie, aber auch an experimentellen Positionen mit Fokus auf Unikate. Man kann die Messe zwar (noch) nicht mit dem Branchenprimus, der Paris Foto, vergleichen, doch sie bringt frischen Wind in die Fotografie- und Kunstszene, der London gut tut. Denn neben der Messe bieten Galerien, Museen und die Aktionshäuser in der Photo Week ein Programm, das nicht nur Spezialsammlern, sondern allen Fans der Fotografie mehr als genug Futter zum Sehen, Lernen und Kaufen gibt."

Während der Revolution in Armenien hat in Eriwan die erste Kunstmesse des Landes stattgefunden. Die 700 Besucher zur Vernissage und 2.000 während der Laufzeit werteten die Veranstalter laut Aimee Dawson im Art Newspaper als vollen Erfolg. Unter den 19 Ausstellern der Armenia Art Fair waren nicht nur Galerien, sondern auch freie Kuratoren und Institutionen mit eigenen Präsentationen.

Die letzte Woche an dieser Stelle erwähnten Entwicklungen im Pariser Möbel-Skandal werden jetzt in der FAZ von Bettina Wolfarth nachgezeichnet, während sich die restlichen Beiträge im Kunstmarkt vom 26. Mai mit den kommenden Versteigerungen deutscher Auktionshäuser beschäftigen; Richard Hagemanns Vorschau auf Moderne und Zeitgenossen bei Van Ham in Köln ist auch online.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung