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Kobels Kunstwoche

Iryna Balodian, War sponsorship; frei via creativesforukraine.com
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Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 22 2022

Das Gallery Weekend Tiflis stehe ganz im Zeichen der Hilfe für die Ukraine, berichtet Aimee Dawson im Art Newspaper: „Dreizehn kommerzielle Galerien und Museen in der georgischen Hauptstadt veranstalten das erste Tbilisi Gallery Weekend (28.-30. Mai), dessen Erlös den Kriegsanstrengungen in der Ukraine zugute kommen soll. Im Rahmen des Gemeinschaftsprojekts mit dem Titel 'War Diaries' (Kriegstagebücher) wird jede Galerie Werke ukrainischer Künstler präsentieren, die seit der russischen Invasion entstanden sind.“

Benefizveranstaltungen zugunsten der Ukraine können Lehrstunden in Bigotterie sein, kommentiert John Kampfner im Art Newspaper: „Die Benefizveranstaltung "Brave [Tapfere] Ukraine" am 6. Mai wurde von Christie's und der ukrainischen Botschaft in London unter großer Geheimhaltung organisiert. Die Berichte einiger Teilnehmer werfen ein interessantes Licht auf Kunst, Reichtum, wohltätige Zwecke und einen flexiblen Umgang mit der Moral. Den Auftakt bildete der Großmeister der ethischen Unbekümmertheit, Premierminister Boris Johnson. Er wurde dafür gelobt, dass er dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Zelenskij schnell militärische Hilfe leistete und ihn lautstark politisch unterstützte. Doch wie üblich hat er kein Wort der Erklärung, geschweige denn der Reue darüber verloren, dass er mit den Oligarchen verkehrt, Partys gefeiert, Tennis gespielt und ihr Geld für die Konservative Partei angenommen hat.“

Ob die Art Basel in Hongkong angesichts der politischen Entwicklung überhaupt noch eine Berechtigung habe, fragt Saskia Trebing bei Monopol: "Die Art Basel und ihre teilnehmenden Galerien haben sich durch ihre Hongkonger Ausgabe den Zugang zum lukrativen, und offenbar recht krisenfesten, asiatischen Kunstmarkt gesichert. Doch es gibt Anzeichen dafür, dass sich das Geschäft mit Kunst zunehmend in andere, politisch weniger brisante Metropolen wie Seoul oder Tokio verlagert. Ob die Art Basel am Standort Hongkong festhält oder sich in absehbarer Zukunft eine andere Heimat in der Region sucht, wird sich zeigen. Eine offene Diskussion darüber ist jedenfalls überfällig." Allerdings stellt sich die Frage eigentlich viel drängender bei Christie's und Sotheby's, die mit ihren großvolumigen Auktionen den dort lebenden Künstlern zwar in keiner Weise helfen, sehr wohl aber Investoren und Spekulanten.

Immerhin sei die Veranstaltung zufriedenstellend verlaufen, resümiert Reena Devi im Art Newspaper: „Bei der zweitägigen Preview der diesjährigen Art Basel in Hongkong (bis 29. Mai) sorgten Fernverkäufe und der Fokus auf asiatische Kunst dafür, dass sich die Messe trotz geringerer Größe, Besucherzahlen und internationaler Aussteller gut entwickelte - wenn auch nicht unbedingt zukunftssicher.“

Die zehn besten Kojen Kojen in Hongkong kürt Valencia Tong bei Artnews.

Die parallel abgehaltenen Auktionen von Christie's Hong Kong fasst Angelica Villa für Artnews zusammen: „Obwohl Hongkong und Shanghai gerade einen weiteren strengen Lockdown hinter sich haben, verlief die Auktion gut, mit einer relativ hohen Verkaufsrate von 93 Prozent und Rekorden für 11 Künstler. Unter den Künstlern waren etablierte Größen wie Hernan Bas und Zhang Enli, aber auch solche, deren Markt noch im Wachstum begriffen ist, wie Ayako Rokkaku und Rhee Seundja. Von den 59 angebotenen Losen wurden 55 verkauft. Nur vier Lose wurden aus der Auktion zurückgezogen. Achtzehn Lose, d. h. rund 30 % des Angebots, waren mit finanziellen Garantien ausgestattet.“

Die Auktionen mit Alter Kunst bei Lempertz verzeichneten einige Überraschungen und eher zähes Interesse bei vermeintlichen Favoriten, berichtet Christian Herchenröder für das Handelsblatt aus Köln: „In der dreitägigen Versteigerungsfolge wurden brutto 8,6 Millionen Euro umgesetzt; die meisten Lose gingen an Privatkunden. Der Handel ist nach Aussage des Auktionators Henrik Hanstein nach der Covid-Pause 'noch schwach auf der Brust'.“

Die Versteigerung der legendären Brücke-Sammlung Hermann Gerlingers kündigt Sabine Spindler im Handelsblatt an: „Schließlich hat er in mehr als einem halben Jahrhundert eine der bedeutendsten Expressionismus-Sammlungen zusammengetragen. Am 10. Juni versteigert Ketterer Kunst in München den ersten Teil der insgesamt 1000 Objekte umfassenden Sammlungen und öffnet damit ein Füllhorn hochkarätiger Werke für den leicht ausgetrockneten Expressionismus-Markt.“

Eine Nachlese der New Yorker Zeitgenossen-Auktionen stellt Barbara Kutscher für das Handelsblatt an: „Das Auktionshaus Phillips konnte nicht nur Basquiats Großformat aus dem Besitz des jungen japanischen Unternehmers Yusaku Maezawa für 85 Millionen Dollar brutto absetzen. Mit der '20th Century & Contemporary Art' verbuchte Phillips bei 225 Millionen Dollar einen herausragenden Erfolg. Sämtliche 36 Lose wurden zum besten Ergebnis in der Geschichte des Hauses verkauft.“

Die Zahlen der Artnet AG für das letzte Jahr und das abgelaufene Quartal habe ich mir für das Handelsblatt angesehen.

„Geld verlieren mit NFT“, unter dieser launigen Überschrift erklärt Ursula Scheer in der FAZ, wie Betrug in der Online-Welt funktioniert: „Phishing heißt die Masche, mit der schon ein Betrug um angebliche Banksy-NFT gestrickt worden war. Dass es sich in der Blockchain herrlich anonym und dezentral ohne Intermediäre handeln lässt, hat eben seine Tücken. Allein im laufenden Jahr soll bisher der Gegenwert von rund 1,3 Milliarden Dollar an Kryptowerten gestohlen worden sein. Zu Buche schlägt auch der Hack des Instagram-Accounts der hoch gehandelten NFT-Sammlung 'Bored Ape Yacht Club' im April. Klick, Klick, schon waren Token für Millionen perdu; drei geprellte Sammler klagen nun gegen die Handelsplattform OpenSea. Darauf, ihre 'Apes' zurückzubekommen, können sie nicht hoffen: Ist eine Transaktion in der Blockchain einmal abgeschlossen, ist sie nicht mehr rückgängig zu machen.“

Einen analytischen Zugang zum Thema Online-Kriminalität im Kunstmarkt hat Riah Pryor im Art Newspaper: „'Der schiere Umfang und die Bandbreite der Probleme, mit denen wir konfrontiert werden, haben in den letzten 18 Monaten exponentiell zugenommen', sagt Rob Moore, Leiter der Abteilung Intelligence bei Mitmark, die an der Zusammenstellung von Beweismaterial für eine kürzlich beim High Court des Vereinigten Königreichs eingereichte Klage wegen des Diebstahls von zwei digitalen Kunstwerken aus der Boss Beauties-Sammlung gearbeitet hat. 'Vor zwei Jahren hatten wir es hauptsächlich mit 'traditionellen Kriminellen' zu tun, während heute 90-95 % der eingehenden Anfragen mit Cyberaktivitäten zu tun haben'. Neue Methoden sind ebenso zahlreich und immer häufiger anzutreffen. Dazu gehören: Pump-and-Dump-Methoden (die illegale Aufblähung eines Projekts vor dem Verkauf zu Höchstpreisen), Rug Pulls (bei denen Entwickler Gelder für ein Projekt erhalten, bevor sie verschwinden) und offener Diebstahl oder Betrug bei NFTs.“

Nicht nur pixelige Affenbildchen taugen zum Millionärsspielzeug: Der Decentral Art Pavillon im venezianischen Palazzo Giustinian Lolin hat am Wochenende in einer dreitägigen Ausstellung Mode- und Luxus-NFTs präsentiert, unter anderem von Dolce & Gabbana: „'The Doge Crown'[...] ist mit rund 1,3 Mio. $ das bisher höchstbezahlte digitale Mode-NFT“, heißt es in der Pressemitteilung.

Nach Martin Kippenbergers „Paris Bar“ wird jetzt auch bei Maurizio Cattelans Papst-Skulptur „La Nona Ora“ die Urheberschaft des Künstlers durch den ausführenden Handwerker/Künstler infrage gestellt. Jürg Altwegg erklärt den Fall in der FAZ: „[Daniel] Druet will als Urheber von acht Wachsfiguren Cattelans anerkannt werden. Er habe, plädierte sein Anwalt, 'der Materie Leben eingehaucht'. Es sei gerade umgekehrt, hielt der Anwalt von Perrotin, Pierre-Olivier Sur, dagegen: 'Ohne Cattelan sind Druets Skulpturen wertlos.' Der Wachsfigurenformer sei angemessen bezahlt worden.“ Letztlich geht es darum, was das Konzept in Konzeptkunst vor Gericht wert ist. Sollte das Gericht in Paris am 8. Juli entscheiden, dass tatsächlich Druet als Urheber zu gelten habe, dürften Juristen in der Folge mit einer Flut an Rückabwicklungsbegehren und Schadenersatzklagen beschäftigt sein.

Ärger mit der Justiz haben der Louvre und einige seiner hochrangigen Mitarbeiter, meldet Olga Grimm-Weissert im Handelsblatt: „Jean-Luc Martinez, bis Ende August 2021 Generaldirektor des Louvre, Vincent Rondot, Leiter der Ägypten-Abteilung im Louvre und ein Ägyptologe am Collège de France seien mutmaßlich bei den Ankäufen des Louvre Abu Dhabi nicht achtsam genug gewesen.“ Mehr Details hat Maximilíano Durón bei Artnews.

Der betrügerische Kunsthändler Inigo Philbrick muss für sieben Jahre ins Gefängnis meldet Monopol. Eine Erklärung, wie der junge Mann einen Schaden in Höhe von 86 Millionen Dollar anrichten konnte, sieht Thore Rausch für die FAZ in der mangelhaften Regulierung des Kunstmarkts: „Der Fall Philbrick steht exemplarisch für die Versuchungen und Risiken des Kunstmarkts, auf dem enorm hohe Summen im Spiel sind, der aber im Gegensatz zu anderen Märkten kaum reguliert ist. Der vierunddreißigjährige Amerikaner wusste das auszunutzen und spezialisierte sich auf den Spekulationshandel mit Kunst, bei dem Werke auf dem Sekundärmarkt gekauft und mit möglichst hohen Gewinnmargen weiterverkauft werden.“ Böser Kunstmarkt, böse. Im Finanzsektor wäre so etwas wie Wirecard nie möglich gewesen. Der ist nämlich aufs Schönste reguliert und bestmöglich beaufsichtigt.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung