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Kobels Kunstwoche

Mögen die Spiele beginnen: Art Basel; Foto Stefan Kobel
Mögen die Spiele beginnen: Art Basel; Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 24 2019

Die Profanisierung vollzieht sich still: VIP-Karten für die Art Basel kann man jetzt kaufen. Was bisher nur bei B-Messen möglich war, ermöglichen die Schweizer jetzt allen, die es sich leisten können und wollen. Für 390 Franken lässt sich VIP-Zugang erkaufen. 590 Franken kostet die Luxusversion, die zusätzlich nicht nur reduzierten, sondern sogar freien Eintritt in Baseler Museen verspricht sowie bevorzugte Behandlung bei Restaurant-Reservierungen auf der Messe sowie Zugang zur VIP-Lounge an den Publikumstagen. Kleiner Wermutstropfen: Die Karte gilt jeweils erst ab Mittwoch und auch nur für eine Person.

 

Wie Kunstmessen und Kunstlager aus dem Bereitstellen diskreter Private Showrooms ein Geschäftsmodell gemacht haben, erklärt Katya Kazakina bei Bloomberg anlässlich und am Beispiel der Art Basel.

 

Konsolidierung, Konzentration, Marktbereinigung: Während Gavin Brown's Enterprise einen von zwei Räumen in New York (den in Chinatown) schließt, wie Andrew Russeth bei Artnews meldet, sei Marlborough auf Expansion ausgerichtet, weiß Alex Greenberger ebenfalls bei Artnews zu berichten. In Chelsea ziehe das Unternehmen in die zuvor von Blain Southern (weiterhin in London und Berlin) und davor von Cheim & Read (jetzt private dealer) genutzten Räume. Gleichzeitig würden die drei bisher relativ unabhängig geführten Galerien unter einem Markendach zusammengeführt.Großes Kino: In DIE WELT (Paywall) unterhält sich Springer-Chef Mathias Döpfner mit Larry Gagosian über Gott, die Welt, Geld und Kunst: „Als ich Poster verkaufte, wurde mir klar: Mit Bildern kann ich Geld verdienen. Und Geld war mir wichtig. Ich liebe es, Geld zu machen. Denn ich bin ohne Geld aufgewachsen. Aber dann habe ich mich wirklich für Kunst interessiert.“

 

Eine neue Front mache Gagosian in Basel auf, rumort Sarah Douglas Chefredakteurin von Artnews. Er zeige abseits der Messe Abstrakten Expressionismus. Der Mega-Galerist habe zwar schon zuvor Pop Ups inszeniert, etwa in Miami. Diese seien jedoch weit weg von der Hauptveranstaltung im Design District gewesen. Jetzt sei er in Sichtweite des Ultra-Luxus Hotels Trois Rois. Das ist zwar richtig. Doch Basel ist eher kleinstädtisch. Den in Basel angemieteten Raum hatte zudem zuvor schon etwa die Davidoff Art Initiative während der Art Basel für eine Ausstellung. Gleichwohl dürften ihn nur Eingeweihte finden, denn Sichtkontakt zwischen beiden Locations besteht nur von den jeweiligen Terrassen aus. Eine weitere Front, die die Großgalerien aufgemacht hätten, sei die Publizistik. Hier habe sich besonders Hauser & Wirth mit großvolumigen Katalogen hervorgetan, um „Kontext herzustellen“. Tatsächlich dürfte es eher um kunsthistorische Deutungshoheit gehen. Gleichzeitig gibt sie Wettbewerber Artnet noch einen mit, dem sie vorwirft, einen solchen Marketing-Text der Galerie zweitverwertet zu haben, ohne darauf hinzuweisen.

 

 

In der FAS vom 9. Juni klärt Kolja Reichert darüber auf, dass der Kunstmarkt in Wahrheit schrumpfe und dass die irrsinnig erschleichenden Preise, die zum Teil für junge Künstler gezahlt werden, in Wahrheit nur Zeichen der Marktkonzentration bei wenigen Teilnehmern seien: „Wer die Preise für Kunst zu hoch findet, muss die Schuld dafür nicht der Kunst zuschieben oder dem Kunstmarkt. Wer sie ändern möchte, muss das Wachstum der größten Vermögen ändern.“ Die von ihm verwendeten Zahlen seien zugegeben angreifbar, erklärt er. Doch der deutsche Markt ist in der hübsch anzuschauenden Grafik, die den Artikel begleitet, grotesk kleingerechnet. So kommt er denn auch zu der Behauptung: „Es gibt Galerien, die mehr umsetzen als der gesamte deutsche Kunstmarkt“.

 

Um dem wachsenden Ungleichgewicht auf dem Kunstmarkt zu begegben, kündigt Alexander Forbes bei Artsy eine Artikelreihe an, in der Wege aus der Msiere aufgezeigt werden sollen. Es gehe um alternative Preismodelle, innovative Geschäftsmodelle, ein Aufbrechen der aktuellen Produktion von Bedeutung und Wert sowie die Beseitigung von Informations-Asymmetrien. Wie gut, dass die Produktpalette von Artsy da einiges im Angebot hat!

 

 

Die allumfassende Marketing-Maschine von KAWS sorgt selbst am untersten Ende für Aufläufe. Für Artsy hat Nate Freeman den jüngsten Run auf T-Shirts von KAWS beschrieben, den What's on Weibo  zuvor dokumentiert hat.

 

Bei B- und C-Messen scheint es mittlerweile einzureißen, Veranstaltungen kurzfristig abzusagen oder zu verschieben und die Zahlungen ihrer Aussteller bestenfalls widerwillig zu erstatten. Den jüngsten Fall der Nashville Art Fair enthüllt Eileen Kinsella bei Artnet.

 

 

 

Wie eng die Karriere des Kunsthändlers Ernst Beyeler mit Pablo Picasso verbunden war, erläutert Simon Baur in der NZZ anlässlich einer Ausstellung in der Fondation Beyeler und anhand von dessen eigenen Erzählungen: „'Dann habe ich auch einmal vorsichtig angefragt, ob ich eventuell Bilder haben könnte, ob überhaupt was verkäuflich sei, ich würde gerne eine grosse Ausstellung machen. Er sagte zwar ‹ja, ja›, aber das war’s auch. Jacqueline und der spanische Sekretär Miguel haben mich indes ermutigt, wiederholt nachzufragen. Wenn man von Picasso etwas wolle, müsse man insistieren. Eines Tages hat er mich am Arm genommen, hat ein grosses Gemach aufgeschlossen und hat mich wählen lassen. Ein Vorrecht, sagte er, das er sonst keinem Händler einräumte. Picasso hat meine Verlegenheit natürlich sofort bemerkt: ‹Machen Sie’s wie Vollard! Der kam ins Atelier, fragte nach dem Preis und zog gleich Schnüre aus seiner Hosentasche, um grosse Bündel mit den Bildern zu machen. Suchen Sie in Ruhe aus, was Sie haben wollen.›'“

 

Die teilweise erschreckend niedrigen Gehälter in der US-Museenlandschaft dokumentiert eine Initiative von Museumsmitarbeitern, die eine Online-Tabelle erstellt hat, zu jeder beitragen kann. Innerhalb von zehn Tagen sind dort über 2.200 Einträge zusammengekommen. Das Dokument dürfte Wellen schlagen. Ähnlich schockierend dürfte das Ergebnis für Mitarbeiter im Kunstmarkt und verwandten Bereichen, etwa die Kunstkritik oder den Journalismus ausfallen. Vielleicht möchte sich in Europa ja mal jemand darum kümmern. Anregungen sind willkommen!

 

 

Gnädig verpackt Richard Hagemann die mit 15,3 Millionen Euro brutto ziemlich enttäuschenden Auktionsergebnisse der Berliner Villa Grisebach für die FAZ.

 

Deutlicher ist Christian Herchenröder im Handelsblatt: „Hier fielen hoch dotierte Werke durch, weil ihre Schätzpreise zum Teil überzogen waren; eine Entwicklung, die wie die Gesellschafterin des Hauses Michaela Kapitzky betont, von unrealistischen Preiserwartungen der Einlieferer geprägt wird. Generell leiden die deutschen Auktionen in diesem Jahr an einem Mangel an Top-Losen. Die Auswirkungen des Kulturgutschutzgesetzes zeigen sich jetzt in aller Härte. Keiner gibt bedeutende Werke ab, obwohl es genug Käufer gäbe, wenn die Preise einladend sind. Auch die permanente Niedrigzins-Politik dämpft den Markt. Wer kein Geld braucht, trennt sich eben nicht von Spitzenwerken.“

 

 

Positiv hebt Christiane Fricke im Handelsblatt den Verkauf von Teilen der Kaufhof-Sammlung bei Lempertz in Köln hervor: „Drei Millionen Euro klopfte Hanstein für die rund 40 vom Kaufhof eingelieferten und gut nachgefragten Werke zusammen. Abzüglich der zwei schon am 18. Mai versteigerten Altmeister kommt er damit auf ein knappes Viertel des Gesamtumsatzes für Moderne, zeitgenössische Kunst und Fotografie, den er auf zwölf Millionen Euro beziffert. Im Herbst soll noch einmal eine allerdings etwas kleinere Tranche aus der Kaufhof-Sammlung versteigert werden. Die Erlöse aus dem Kunstverkauf kann das frisch fusionierte Unternehmen Galeria Karstadt Kaufhof dringend brauchen. Seit Jahren sinken die Umsätze, Kaufhof steckt tief in den roten Zahlen, Karstadt hat es nur einmal kurz im Geschäftsjahr 2016/17 durch Sonderfaktoren auf ein kleines Plus gebracht.“

 

Aktien von Kunstmarkt-Unternehmen habe ich für das Handelsblatt unter die Lupe genommen.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung