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Kobels Kunstwoche

Daniel Hug: Köln und Berlin gehen weiter; Foto Stefan Kobel
Daniel Hug: Köln und Berlin gehen weiter; Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 24 2020

Das Fingerzeigen auf andere fällt Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die in Not geratene Künstler großzügig ans Sozialamt verweist, auf die Füße, zumindest im Fall des Berliner Kultursenators. Der keilt laut Nina Breher und Rinja Ringelstein im Tagesspiegel kräftig zurück: "'Grotesk' und 'schlicht unredlich' nennt der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) die Kritik von Grütters, Berlin habe Solo-Selbstständigen nicht ausreichend geholfen und wolle mit dem Verweis auf den Bund nun davon ablenken, kein Kulturrettungsprogramm 'hinzukriegen', wie Grütters im rbb sagte. Berlin habe innerhalb kürzester Zeit Hilfen angeboten, sagte Lederer."

Dass sich ausgerechnet die sonst als Kulturverächter verschrienen ganz Roten zu Fürsprechern der Kunst aufschwingen, während sich die amtsinhabenden Bürgerlichen einen schlanken Fuß machen, ist eine der bemerkenswerteren Entwicklungen der Krise. Die kulturpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag Simone Barrientos schlage laut einer dpa-Meldung, nachzulesen unter anderem bei Monopol , eine pragmatische Lösung vor: "Eine Grundlage böte aus Sicht von Barrientos der neugefasste Artikel 91 b des Grundgesetzes zur Forschung. 'Der Artikel sieht ein Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre in Fällen von überregionaler Bedeutung vor.' Eine ähnliche unproblematische Lösung sei auch für Kunst und Kultur geboten, 'um einen Flächenbrand in der Kulturlandschaft zu verhindern'."

Derweil meldet Artmagazine die Senkung der Mehrwertsteuer auf Kunst auf 5 (Fünf!) Prozent zunächst bis Ende des Jahres. Leider nur in Österreich. In Deutschland wurde sie (bei Galerieverkäufen) um magere 3 auf 16 Prozent verringert.

Mit dem abrupten Halt der Kunstmarktkarawane sei auch der Diskurs zum Stillstand gekommen, merkt Catrin Lorch in der Süddeutschen Zeitung an: "Doch war das zuweilen nur laute, häufig aber auch kluge Gemurmel, das über dieser Szene in der Luft hing, ein Diskurs, der die strengen Kolloquien der Kunsthistoriker einfach überdröhnte. Während Altmeister und ewige Werte vom boomenden Kunstmarkt nicht wirklich profitierten, gewannen die Zeitgenossen. Museumsdirektoren hofierten Mega-Galeristen, die längst sogar deren ureigenste Aufgaben - beispielsweise die Betreuung von Nachlässen - übernommen hatten. Das hat Abhängigkeiten geschaffen, das System breitet sich längst auch über öffentliche Institutionen wie Kunstvereine, Ausstellungshäuser und Museen aus. In seiner Gesamtheit hat es die zeitgenössische Kunst aber zu dem gemacht, was sie heute ist: eine politisch wache, wirklich internationale, schnelle und kluge Disziplin."

Mit den Lockerungen nach Corona beginne erst die schwere Zeit für den Kunstmarkt, glaubt Katya Kazakina bei Bloomberg: "Nach Angaben von Kunsthändlern fordern die Käufer Rabatte von bis zu 30% auf neue Werke und 50% auf dem Sekundärmarkt. Vorübergehende Erleichterungen, einschließlich staatlicher Rettungsdarlehen oder Mietsenkungen, werden auslaufen. Und Kunstmessen, eine der größten Einnahmequellen für Galerien, werden nicht so bald wieder stattfinden."

Art Cologne-Direktor Daniel Hug wagt im Interview mit mir für Artmagazine eine Prognose für die Zukunft der Kunstmessen: "Ich bin ziemlich sicher, dass der Deutsche Kunsthandel diese schwierigen Zeiten überleben wird und dass die Art Cologne weiterhin relevant bleiben wird. Für Messen in Orten und Ländern mit wenigen Galerien ist das eine andere Sache. Messen, die keinen einheimischen Markt haben, werden diese Zeit nicht überleben. Köln und das Rheinland, Berlin als Kunsthauptstadt, das geht alles weiter."

Der Berliner Galerist Johann König veranstaltet in den eigenen Galerieräumen eine Art Hausmesse, die Kevin Hanschke in der FAZ vorstellt: "Bei der Organisation habe er sich deshalb an den Zeitgenossen-Programmen der großen Auktionshäuser orientiert und in den vergangenen Wochen viele Sammler abtelefoniert. Seine 'Auktionsausstellung ohne Auktion', bei der die Grenzen zwischen Galerie und Sekundärhandel noch weiter verschwimmen, solle ein Angebot an jene Kunstbesitzer sein, die Angst davor haben, dass ihre Werke bei Versteigerungen einen zu niedrigen Preis erzielen. Oder gar vor Publikum durchfallen könnten, möchte man ergänzen. Offensichtlich liegt Johann Königs Initiative im internationalen Trend zur Symbiose des Handels mit dem Auktionsmarkt. Dass bei dieser neuen Form noch Erklärungsbedarf herrscht, ist allzu nachvollziehbar."

Eine Bestandsaufnahme vornehmlich aus Züricher Perspektive nimmt Gerhard Mack in der NZZ vor.

Die Art Basel sieht Christiane Meixner für die Weltkunst in einer existenziellen Krise, da selbst die Durchführung der Ausgabe in Miami nicht gesichert sei: "Niemand weiß, wie die Ein- und Ausreise zwischen Ländern und Staaten in ein paar Monaten funktionieren. Solche Unwägbarkeiten werden viele Galeristen von den Risiken abhalten, die sich mit einem teuren Messeauftritt verbinden. Im schlimmsten Fall hat die Art Basel dann drei Absagen zu verkraften. Nicht eine wie die Paris Photo oder zwei, wie sie die Veranstalter der Frieze in London und New York voraussichtlich erwarten. Der gesamte Apparat um Art-Basel-Direktor Marc Spiegler dreht sich ein Jahr lang im Leerlauf."

Marc Spiegler blickt im Gespräch mit Marcus Woeller für die WeLT selbstbewusst in die Zukunft: "Die Art Basel hat eine lange Geschichte, ist tief in der Kunstwelt verwurzelt, und obwohl es für uns eine schwierige Zeit ist, sind wir in der Lage, sie durchzustehen, auch wenn wir keine physischen Messen abhalten können."

Frohe Kunde aus München: Die Munich Highlights solle auf alle Fälle stattfinden, meldet Brita Sachs in der FAZ vom 13. Juni. Sogar einen Plan B gebe es: "Noch läuft die Anmeldefrist; man hofft auf weitere Zusagen. Sollten sie ausbleiben, die Halle sich damit als zu groß erweisen, möchte man im kleineren Kreis auf historische Räume der Residenz ausweichen."

Die ohnehin angeschlagene Biennale de Paris (früher Biennale des Antiquaires) hat mit Christie's als Ausgleich für die diesjährige Ausgabe im September auf die Durchführung einer Online-Auktion mit Ware der Aussteller verabredet. So ganz auf Augenhöhe sei das Projekt nicht, kritisiert Olga Grimm-Weissert im Handelsblatt: "Einige Händler bedauern, dass die Namen der Käufer aus Gründen der Berufsethik der Versteigerer geheim bleiben, das Auktionshaus jedoch potenziell seine Kundendatei um neue Bieter erweitern könne. Volker Wurster von der Galerie Neuse kritisiert das Konzept, 'weil die Objekte in den Galerien bleiben und die Interessenten von einer Galerie zur anderen pilgern müssen'. Der Bremer Kunsthändler weist auch darauf hin, dass Christie's-Spezialisten - wie alle - monatelang nicht reisen konnten, 'und es dem Haus nicht ungelegen kommen dürfte, seine Auktionen mit frischem Warenangebot anzureichern'."

Vor dem Hintergrund der Corona-Krise hat Kito Nedo das Buch "Große Kunst für kleines Geld" des Sammlers Kagge für die Süddeutsche Zeitung erneut gelesen und mit dem Norweger korrespondiert: "Gerade jetzt sei die Gelegenheit günstig, um Kunst zu kaufen, schreibt der Autor in einer E-Mail aus Oslo: 'Die Gründe dafür sind vielfältig: Es gibt weniger Käufer und mehr Möglichkeiten, große Kunst von großen Künstlern zu fairen Preisen zu finden. Das ist schließlich das Einzige, was zählt. Der Hype ist weg. Die Galerien und Künstler haben es schwer und werden dankbar sein. Niemand kauft, um nett zu sein. Aber es ist schließlich schön, nett zu sein. Heute ist eine positive Einstellung nötiger denn je.'"

Einer der ersten corona-bedingten Notverkäufe zur Rettung von Arbeitsplätzen werde Sotheby's mit ungefähr zehn Kunstwerken aus der Sammlung von British Airways durchführen, meldet Anna Brady im Art Newspaper.

Art Lending erfahre durch die Corona-Krise einen Boom, behauptet Sarah Douglas bei Artnews. Sie beruft sich dabei allerdings ausschließlich auf Vertreter der Branche, die naturgemäß die Gelegenheit zu kostenlosem Marketing nicht ungenutzt lassen.

Die nach einigen Turbulenzen in den Besitz der Wiener Albertina gelangte Sammlung des Baumarkt-Pleitiers Essl bildet den Grundstock der gerade eröffneten Albertina modern, die Martina Meister für die WeLT vom 13. Juni besucht hat: "'Zum Wiener Wiedergutmachungswunsch gehört es, groß zu denken. Am liebsten hätte [Direktor] Schröder, dass die Albertina modern für Wien wird, was die Tate Modern für London ist: das zeitgenössische Gegenstück eines großen, klassischen Museums. Der Chef des Hauses gibt die Anweisung, das Wort 'modern' klein zu schreiben und bitte englisch auszusprechen. Understatement ist nicht Sache der Wiener und die Botschaft eindeutig: Eine internationale Klientel soll her."

Um satte 1,7 Milliarden US-Dollar wollten fünf große Stiftungen in den USA ihre Auszahlungen an Non Profit-Organisationen aufstocken, berichtet Nancy Kenney im Art Newspaper. Davon profitiere auch der Kunst-Sektor.

Die Festnahme des hochverschuldeten Kunsthändlers Inigo Philbrick durch das FBI auf Vanuatu meldet Alex Greenberger bei Artnews.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung