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Kobels Kunstwoche

Basel Social Club; Foto Stefan Kobel
Basel Social Club; Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 24 2023

Pre-Basel ist für gewöhnlich Saure Gurken-Zeit, abgesehen von den deutschen Auktionen. Da gibt es in diesem Jahr einige Überraschungen. Noch vor wenigen Jahren hätten die meisten der hierzulande erzielten Millionenzuschläge wahrscheinlich in London stattgefunden. Danke Boris!

Die 500. Auktion des Kölner Auktionshauses Van Ham war auch gleichzeitig seine beste, berichtet Susanne Schreiber im Handelsblatt: „Mit diesem in Farbe und Form reduzierten Picasso-Bildnis kann Van Ham nicht nur den höchsten Zuschlag in der Geschichte des Hauses verzeichnen. Bislang stellen die 4,9 Millionen auch den höchsten Zuschlag in dieser deutschen Auktionssaison dar. Allein am ersten Abend der zweiteiligen Auktionsserie setzte Van Ham Kunst für 13,9 Millionen Euro um. So viel wie nie zuvor. Am zweiten Tag kamen noch einmal 8,1 Millionen dazu. So dass die Jubiläumsauktion mit insgesamt 22 Millionen Euro in die Annalen eingeht. Mehr als ein Dutzend nationale und internationale Künstlerrekorde wurden verzeichnet.“

Prompt konnte Ketterer Kunst in München das Ergebnis toppen, melden Sabine Spindler und Susanne Schreiber im Handelsblatt: „Der Hammer für das teuerste Kunstwerk fiel bei 5,3 Millionen Euro. Brutto sind das 6,4 Millionen Euro. Solch hohe Zuschläge kommen in Deutschland eher selten vor. Damit ist Alexej Jawlenskys 'Mädchen mit Zopf' Deutschlands kostspieligstes Kunstwerk im ersten Halbjahr 2023. Am heutigen Freitagabend schlug Robert Ketterer, Chef des Auktionshauses Ketterer Kunst in München, das museale ausdrucksstarke Gemälde nach einem langen Bietgefecht zwischen zwei finanzstarken Telefonbietern zu. Seiner Ehefrau Gudrun hatte den siegreichen Topkunden am Ohr. Das teure, museale Schlüsselwerk von Jawlensky war bei weitem nicht der einzige Millionenzuschlag an einem Abend, in dem der Münchener mit viel Geduld und Anekdötchen eine Reihe sehr beachtlicher Zuschläge einfahren konnte. Allein in der ersten Stunde der zweieinhalbstündigen Sitzung schlugen drei Bruttopreise über einer Million Euro zu Buche.“

Pech hatte Lempertz in Köln mit einem Gemälde von Max Perchstein, das unmittelbar vor der Auktion zurückgezogen werden musst, wie Ursula Scheer in der FAZ berichtet: „Für Henrik Hanstein, den Geschäftsführer von Lempertz, steht fest: 'Das Gemälde ist keine Raubkunst.' Blanks Söhne seien 1956 für das Inventar ihres Elternhauses, dessen wertvollstes Stück das Selbstbildnis Pechstein war, mit 80.000 Mark entschädigt worden. 2016 hätten die Nachfahren durch ihren Anwalt die Causa überdies für erledigt erklärt. Hanstein kritisiert, das Pechstein-Gemälde sei ohne Prüfung und Benachrichtigung der Eigentümer bei Lost Art gelistet worden. Er habe nun eine gütliche Einigung mit den Nachfahren Blank ausgehandelt – weil er das Bild in Frieden versteigern wolle. Dies soll nun im Rahmen der Herbstauktionen bei Lempertz geschehen. Abgesehen von diesen Turbulenzen um eine womöglich problematische Provenienz lief der 'Evening Sale' für das Haus zufriedenstellend, trotz einiger Rückläufe und Zuschlägen im unteren Bereich der Schätzung. Insgesamt spielte die Abendauktion 6,75 Millionen Euro ein, bei einer Gesamttaxe vorab von 8,4 Millionen; mit Tagesauktionen kamen knapp zehn Millionen zusammen.“

Lediglich die Berliner Villa Grisebach schwächelt etwas, nachdem sie Ende letzten Jahre noch den ersten zweistelligen Millionenzuschlag verbuchen konnte. Christian Herchenröder fasst die Ergebniss für das Handelsblatt zusammen: „Zurzeit lassen sich nicht alle Preiserwartungen erfüllen. In der Grisebach-Auktion ausgewählter Werke am 1. Juni prägte Zurückhaltung die einstündige Sitzung. Bei vollem Saal gingen die meisten Zuschläge wie gewohnt an Telefone. Nicht weniger als 19 Hammerpreise der insgesamt 45 Lose blieben an der unteren Schwelle des Schätzpreises. Er ist hier fast immer identisch mit der Mindesterwartung der Einlieferer, dem Limit. 14 Werke gingen zurück, darunter das Hauptlos des Abends, Lyonel Feiningers 1915 datiertes Ölgemälde 'Trompeter im Dorf'. Es war auf 2 bis 3 Millionen Euro angesetzt. Gleichwohl wurden an diesem Abend rund 7 Millionen Euro umgesetzt. Der Erlös für das gesamte erste Halbjahr einschließlich der Online-Auktionen und der Mehrwertsteuer beläuft sich auf 18 Millionen Euro. Er ist vor allem privatem Zuspruch zu verdanken. 'Der Handel beobachtet nur,' kommentiert Grisebach-Gesellschafterin Micaela Kapitzky.“

Einen Ausblick auf die kommende Art Basel gewährt der bei den Schweizern für Messen und Ausstellunsplattformen zuständige Direktor Vincenzo de Bellis im Gespräch mit Ursula Scheer in der FAZ vom 10. Juni: „Es gibt eine nie dagewesene Anzahl von Newcomern: insgesamt 21. Die andere wichtige Zahl ist, dass wir drei Erstaussteller haben, die direkt in der Hauptsektion 'Galerien' kommen. Unter den Händlern moderner Kunst ist das Offer Waterman aus London, bei den zeitgenössischen Galerien Blank Projects aus Kapstadt und Empty Gallery aus Hongkong. Ich möchte David Castillo aus Miami erwähnen, eine Galerie, die wir auf unserer Messe in Miami Beach haben wachsen sehen und die jetzt nach Basel kommt, oder die Galerie Bene Taschen aus Köln, die Jamel Shabazz präsentiert. und ich bin sehr daran interessiert, die neun Galerien zu sehen, die in den Hauptsektor aufgestiegen sind, wie Croy Nielsen aus Wien oder Deborah Schamoni aus München.“ Mit Basels Über-Chef Noah Horowitz hat Daniel Völzke für Monopol gesprochen Auf die strategische Ausrichtung der Art Basel blicke ich für die WELTKUNST (Paywall). Wem der VIP-Status am Wochenende reicht, kann jetzt übrigens noch kurzentschlossen über das Tourismus-Büro der Stadt entsprechende Hotelarrangements buchen, die auch nicht so empörend teuer sind wie in früheren Zeiten. Sogar eine Art Basel-Tasche ist inkludiert.

(Zunächst) mit einem Büro kommt eine Mega-Galerie nach Berlin, meldet Ursula Scheer in der FAZ: „Mit der Pace Gallery plant eine der international führenden Galerien für moderne und zeitgenössische Kunst die baldige Eröffnung eines Büros an der Spree – und wirbt einem Galeristen vor Ort Führungspersonal und Künstler ab. Als leitende Direktorin des Berliner Büros hat Pace Laura Attanasio benannt, eine langjährige Mitarbeiterin des Kunsthändlers Johann König, die erst im Juni vorigen Jahres zur Partnerin der König Galerie aufgestiegen war.“

Space Art – Weltraumkunst – als neuesten Auswuchs der privaten Raumfahrtbranche beleuchtet Emily Watlington für Art in America: „Je ausgefallener die Weltraumkunst, desto mehr Schlagzeilen macht sie. Jeff Koons und Elon Musk - ein Paar aus der neoliberalen Hölle - haben sich für ein neues Projekt zusammengetan, das diesen Sommer (buchstäblich) startet. Koons schickt 125 Skulpturen, die verschiedene Mondphasen darstellen, mit einer SpaceX-Rakete zum Mond und kombiniert sie mit erdgebundenen Ausgaben, die jeweils mit einem Edelstein versehen sind, der die exakte Position ihrer Gegenstücke auf dem Mond anzeigt. Natürlich haben die Ausgaben alle entsprechende NFTs.“

Nicht ganz ohne kausalen Zusammenhang korrelieren zwei Ereignisse, die (nicht nur) New York aktuell bewegen. Wie Carlie Porterfield im Art Newspaper berichtet, haben die kanadischen Waldbrände Auswirkungen auf die dortige Kunstwelt: „Museen, Galerien und andere Kultureinrichtungen in ganz New York haben aus Vorsicht vor dem Rauch, der von den Waldbränden in Kanada in die Stadt geweht wird, Schließungen und Terminverschiebungen angekündigt. Am frühen Donnerstagmorgen wiesen New York und andere nordamerikanische Städte laut dem Luftqualitätsindex (AQI) der US-Umweltschutzbehörde die schlechtesten Luftqualitätswerte der Welt auf.“ Gleichzeitig gab es letzte Woche eine Kundgebung vor dem MoMA gegen dessen Sponsor Marie-Josée Kravis, deren Mann Henry Kravis als Miteigentümer von KKR massiv in die fossile Energie-Industrie investiert ist, berichtet Shanti Escalante-De Mattei bei Artnews.

Die teilweise entwürdigenden Löhne in der Kunstwelt nehmen Anny Shaw und Scott Reyburn für das Art Newspaper unter die Lupe: „Die Gehälter von Kuratoren, Schriftstellern, Forschern und Akademikern, von denen viele sowohl im kommerziellen als auch im öffentlichen Sektor beschäftigt sind, werden in dem SML-Bericht ebenfalls nicht berücksichtigt. Eine freiberufliche Kuratorin, mit der The Art Newspaper unter der Bedingung der Anonymität sprach, verdiente im letzten Jahr etwas mehr als 20.000 £ - 17.500 £ im Ausland. In den letzten fünf Jahren lag ihr Jahresgehalt im Durchschnitt bei 24.000 £. Ihre Arbeit im Vereinigten Königreich findet zu 90 % in öffentlichen Einrichtungen statt, während ihre Aufträge im Ausland hauptsächlich von Kunstmessen, privaten Museen und Stiftungen bezahlt werden. Die Kuratorin erzählt, dass sie für einen Essay für die National Gallery in London nur 200 Pfund pro 1.000 Wörter erhielt. 'Die prestigeträchtigen Einrichtungen sind manchmal die schlimmsten', sagt sie.“ Tatsächlich wären 230 Euro für knapp zwei Seiten Text in Deutschland bei weitem am unteren Ende der Skala.

Gerichtsakten über die Kunstberaterin Lisa Schiff hat Helen Stoilas für das Art Newspaper eingesehen: „In einer ersten Reaktion auf eine der brisanten Klagen gegen die Kunstberaterin Lisa Schiff hat ihr Anwalt John Cahill in Gerichtsunterlagen enthüllt, dass Schiff mit den Bundes- und Landesbehörden kooperiert, die ihre Geschäfte untersuchen, und daran arbeitet, ihre Beratungsfirma zu liquidieren, um Gläubiger zu bezahlen. Aus den Gerichtsdokumenten geht auch hervor, dass Schiff sich den 'verschwenderischen Lebensstil', der ihr von ihrer ehemaligen Kundin und Freundin Candace Barasch vorgeworfen wurde, nicht mehr leisten kann, einschließlich der 25.000 Dollar Miete für ihre Wohnung in Manhattan, und dass sie ihre Ersparnisse aufgebraucht hat und auf ihre Rentenfonds zurückgreift, um ihren Lebensunterhalt und ihre Anwaltskosten zu bezahlen.“

In einem komplizierten Rechtsstreit um NFTs stehen sich der Enkel des Fotografen August Sander und die Kölner SK Kultur, vertreten durch die VG Bild-Kunst, gegenüber. Damian Zimmermann erklärt den Fall bei Monopol: „doch dann nahm OpenSea die NFTs offline. Oder, um genauer zu sein: Die mit den NFTs verknüpften Abbildungen von August Sander waren auf OpenSea nicht mehr sichtbar. Der Grund: Die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst hatte im Auftrag der SK Stiftung Kultur der Sparkasse Köln-Bonn eine einstweilige Verfügung erwirkt, weil sie die bei ihnen liegenden Urheberrechte verletzt sahen: Nach Ansicht der VG Bild-Kunst hätte Julian Sander von der SK Stiftung Kultur eine Nutzungserlaubnis einholen müssen, weil dieser die Bilder öffentlich zugänglich gemacht habe. Dem widerspricht Julian Sander allerdings. Da an die NFTs auch die ihnen zugrunde liegenden physischen Kontaktabzüge geknüpft seien und jeder Besitzer eines NFTs somit auch den entsprechenden Kontaktabzug geschenkt bekommen beziehungsweise erworben habe, sei dies durch die Schrankenbestimmung im Urhebergesetz legitimiert.“

Das Krim-Gold gehört der Ukraine und wird nicht auf die Krim zurückgeschickt, meldet dpa: „Die Kulturschätze der Krim waren 2014 nach Amsterdam gekommen und wurden dort im Allard Pierson Museum gezeigt. [...] Doch 2014 war die Halbinsel im Schwarzen Meer von Russland annektiert worden. Das Amsterdamer Museum schickte nach Ende der Ausstellung die kostbaren Objekte nicht dorthin zurück, da es nicht wusste, wer nun rechtmäßiger Eigentümer war. Sowohl die vier Museen, die nun unter russischer Verwaltung stehen, als auch der ukrainische Staat erhoben Ansprüche. Doch die Gerichte entschieden in allen Instanzen, dass die Ukraine rechtmäßiger Eigentümer sei. 'Der Staat Ukraine hat ein legitimes Interesse beim Schutz seines kulturellen Erbes', entschied der Hohe Rat.“

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung