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Stell Dir vor, es ist Art Basel, und niemand geht hin. Die Berliner Galerien, die ja nicht nur angeblich keinen Heimatmarkt haben, sondern mit dem Ableben der Art Berlin auch keine eigene internationale Messe mehr, müssen in diesem Jahr auf die physische Präsenz in Basel verzichten und versuchen es daher online und zuhause.
Beate Scheder hat sich das für Monopol angesehen: "Klar, geht es ums Verkaufen, Illusionen mit 'Basel by Berlin' plus Online-Messe ähnliche Erlöse zu erzielen wie sonst auf der analogen Art Basel macht sich freilich dennoch keiner. 'Basel by Berlin' setzt aber ein deutliches Zeichen, ein Zeichen für Berlin und für wiederentdeckte Solidarität zwischen den Galerien, für Experimentierfreude, vor allem bei Ideen mit kurzen Wegen."
Als respektablen Erfolg verbucht Rose-Maria Gropp die Online-Art Basel in der FAZ: "Dass aber bereits von den global agierenden Galerien noch teurere Verkäufe gemeldet worden sind, liegt wesentlich daran, dass diese auf ihren eigenen Websites - und bei ihrer Klientel - dafür Vorarbeit geleistet haben."
Die Berliner Art Basel-Galerien hat ebenfalls Christian Herchenröder für das Handelsblatt besucht: "Die spontane Aktion 'Basel in Berlin' geht unter anderem auf Marie-Blanche Carlier von der Galerie Carlier Gebauer zurück. Sie betont: 'Man muss die Leute jetzt mit dem analog ansprechen, was wir virtuell aufgebaut haben'. Einige dieser Shows sind nur zwei Tage geöffnet, die meisten laufen aber bis zum 26. Juni."
Das Format Hausmesse der Berliner König Galerie stellt Kevin Hanschke in der FAZ vor: "Offensichtlich liegt Johann Königs Initiative im internationalen Trend zur Symbiose des Handels mit dem Auktionsmarkt. Dass bei dieser neuen Form noch Erklärungsbedarf herrscht, ist allzu nachvollziehbar. Sollte die 'Messe' übrigens ein Erfolg werden, so König, plant er eine Fortsetzung der Hybrid-Veranstaltung - während des Gallery Weekends im September." Ich war für Artmagazine dort. Mit dem Galeristen Johann König habe ich, ebenfalls für Artmagazine, über seine Sicht auf den Kunstmarkt nach Corona gesprochen.
Gar einen "Nachruf auf die Art Basel" hat Hans-Joachim Müller für die WeLT vom 17. Juni formuliert: "So verging Art um Art. Und ein Art-Ende ist nicht wirklich vorstellbar. Was aber, wenn dieses Kapitel doch einmal abgeschlossen wäre, Erinnerung nur mehr, eine fernliegende Epoche in der Geschichte der modernen Kunst? Vielleicht würde erst dann vollends sichtbar werden, was diese Epoche eigentlich ausgemacht hat: Eine beispiellose Öffentlichkeitserzwingung, die man dem genuin intimen Medium Kunst nie zugetraut hätte."
Eine eigenwillige Idee zur Rettung der Art Basel und ihrer Muttergesellschaft MCH Group AG hege die Investorin Annette Schömmel laut Finanz und Wirtschaft aus der Schweiz (Paywall): "Ihr Szenario sieht vor, dass durch einen Teilverkauf von 70% der MCH Group rund 350 Mio. Fr. zufliessen würden. Das wäre deutlich mehr, als von einer Kapitalerhöhung erwartet werden kann, und würde die Art Basel mit rund 500 Mio. Fr. bewerten - das Fünffache des MCH-Börsenwerts."
Stattfinden sollen die Frieze und Frieze Masters im Oktober, allerdings möglicherweise in einem Zelt statt zwei und mit weniger Besuchern, fasst Anna Brady im Art Newspaper einen Brief der Direktorin Victoria Siddall an die Aussteller zusammen: "Die Organisatoren haben die Galerien gebeten, bis nächsten Freitag, den 26. Juni, zu bestätigen, ob sie auf den beiden Messen ausstellen möchten, betonen aber, dass sie jeder Galerie, die sich verpflichtet, im Falle einer Absage 100% der Standmiete zurückerstatten wird." Anders können selbst die ehemals mächtigsten Kunstmessen wohl keine Galerien zur Vertragsunterzeichnung bewegen.
Europäische Galeriewochenenden haben sich derweil zu einem lockeren Netzwerk zusammengefunden. Als Art across Europe wollen (bisher) Brüssel, Düsseldorf/Köln, Lissabon, Madrid, Mailand und Zürich Kräfte bündeln.
Einen eindringlichen Appell zum Erhalt von unabhängigem Journalismus und Kunstkritik richtet bei Artnet mit John Melick ausgerechnet der Eigentümer einer PR-Agentur an Galerien, Auktionshäuser, Museen etc. Er fordert dazu auf, nicht nur die eigenen Kanäle mit selbstproduzierten Inhalten zu bespielen, sondern auch und vor allem unabhängige Medien und kleinere Publikationen etwa mit Anzeigenschaltungen zu unterstützen: "Ob als Konsumenten oder Gegenstand der Nachrichten, wir alle sind auf unvoreingenommene Journalisten angewiesen, die uns zur Rechenschaft ziehen, die über Trends berichten, die größer sind als einzelne Ereignisse oder Transaktionen, und die kritische Einblicke in die Kunst sowie in die unzähligen Menschen geben, die Kunst ermöglichen und von ihr profitieren. Niemand möchte sich eine Branche vorstellen, in der es keine unparteiische Marktanalyse, keine Profile aufstrebender Führungspersönlichkeiten, keine neuen Ideen, keine Auflistung der wichtigen realen und virtuellen Talks und Veranstaltungen, keine Rezensionen, über die man streiten kann - ganz zu schweigen von der Berichterstattung darüber, wie sich große Weltereignisse, von der Pandemie bis zu den aktuellen Protesten gegen Polizeibrutalität und systemischen Rassismus, auf unsere Institutionen und das Publikum, dem sie dienen, auswirken."
Mit quadratischen Kreisen aus der Mottenkiste erklärt Kilian Jay von Seldeneck im Interview mit Felix von Boehm für Monopol, warum seine Berliner Auktion mit von Erstgalerien eingelieferten Losen zeitgenössischer Kunst für die Einlieferer ebenso attraktiv sein soll wie für die Käufer: "Die Startgebote liegen bei uns bei 50 bis 60 Prozent der Galerie-Preise. Und es gibt ein gemeinsames Vertrauen darauf, dass sich die Preise potenzieren werden," lautet das Akquise-Argument für die Galeristen. Käufer hingegen werden mit der Aussicht auf Schnäppchen angelockt: "Weil sie sich in das Werk verlieben. Und es zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis erwerben können [...] Wir bieten auf jeden Fall sehr verlockende Startgebote an.Wohin die Reise dann geht, das werden wir sehen." Was die Reise kostet, steht im Kleingedruckten: "Aufgeld: 25,00% - USt.: 16,00%". Sammler starten also bei mindestens 79 Prozent des Galeriepreises mit dem Bieten.
Das Stuttgarter Auktionshaus Nagel hat ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung angemeldet, wie ich bei Artmagazine melde.
Das Freeport-Geschäft von Yves Bouvier scheint sich wieder einmal in Turbulenzen zu befinden. Die Business Times aus Singapur veröffentlicht einen Bericht von Bloomberg, demzufolge sich die kolumbianischen Käufer des dortigen Freeports weigerten, den vereinbarten Kaufpreis zu entrichten, während der Vorsitzende des Verwaltungsrats in Luxemburg seinen Rücktritt erklärt habe, meldet Thierry Labro im luxemburgischen Paperjam .
Ein Familienstreit und ein geplatztes Immobiliengeschäft scheinen das Galerie-Imperium Marlborough zu zerlegen, wie einem etwas verworrenen Beitrag Nate Freemans für Artnet zu entnehmen ist. Monopol bietet eine Zusammenfassung auf Deutsch.
Recht offen und unbekümmert scheint sich der letzte Woche festgenommene Kunsthändler Inigo Philbrick auf Vanuatu bewegt zu haben, schildert Eileen Kinsella in einem vergnüglichen Bericht bei Artnet.
Auf kuriose Art scheint die vorzeitige Haftentlassung der wegen Steuerhinterziehung verurteilten New Yorker Galeristin Mary Boone publik geworden zu sein, wie Rose-Maria Gropp in der FAZ berichtet: "Sie hat sich nämlich die 'Citizen'-App heruntergeladen, die ihre User über polizeiliche Aktivitäten in der New Yorker Nachbarschaft informiert. Ein neuer User wird durch einen Klingelton denen angezeigt, die schon zu seinen Kontakten gehören. Säße sie wegen krimineller Aktivitäten noch im Gefängnis, hätte Mary Boone, nicht nur für diese App, ihr Smartphone nicht benutzen können."