Optionale Cookies erlauben?

Neben technisch notwendigen Cookies möchten wir Analyse-Cookies nutzen, um unsere Zielgruppe besser zu verstehen. Mehr dazu in unserer Datenschutz­erklärung. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen.

Kobels Kunstwoche

Kuratoren abschaffen? 
Foto Stefan Kobel
Kuratoren abschaffen? Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 26 2017

Ab heute wird es ernst für den deutschen Kunsthandel. Mit dem Inkrafttreten des neuen Geldwäschegesetzes kommen auf die Branche verschärfte Sorgfalts- und Prüfungspflichten zu. Der Münchener Anwalt Johannes von Eggelkraut-Gottanka hat die vier wichtigsten Punkte für das Handelsblatt vom 23. Juni zusammengefasst: Anwendung bei Bargeldgeschäften über 10.000 Euro, Erkennung von Verdachtsmomenten bei Geschäften unter 10.000 Euro, mögliche Verpflichtung zur Stellung eines Geldwäschebeauftragten, Bußgelder bis zu 1 Million Euro. Sein Fazit: "Die Akteure sollten sich nun aktiv mit den Anforderungen des Geldwäschegesetzes auseinandersetzen, um rechtliche und finanzielle Risiken für ihr Unternehmen zu vermeiden. Die Frage, ob der Kunsthandel in Deutschland tatsächlich zur Geldwäsche genutzt wird, scheint für den Gesetzgeber bei dieser Gesetzesnovelle zweitrangig gewesen zu sein und bleibt offen."

Der legendäre Galerist Rudolf Zwirner zieht im Interview mit Swantje Karich für DIE WELT zum wiederholten Mal gegen das Kulturgutschutzgesetz zu Felde: "Es hat jahrzehntelang alles wunderbar funktioniert. Das Problem ist, dass verschiedene Konflikte miteinander verbunden wurden. Die Überzeugung einiger, dass sich der deutsche Antikenhandel aus Raubgrabungen in Kriegsländern finanzieren würde, wurde von der Bildenden Kunst bis zur Briefmarke mit allem in einen Topf geworfen. Das Gesetz entspringt, glaube ich, dem Neid des Gesetzgebers. Er sieht nur das irreale Erfolgsbild des internationalen Kunstmarkts. Gesund ist das natürlich nicht."

Die Auswirkungen des Kulturgutschutzgesetzes auf das deutsche Auktionswesen hat Christian Herchenröder für die NZZ vom 24. Juni untersucht: "Mit einer solchen Gesetzgebung werden nicht nur Kunsthändler und Auktionatoren mit einer Nachweispflicht belastet, die ja bisher generell durch das Art Loss Register und die Lost-Art-Datenbank abgeklärt war. Auch Sammler oder Erben aller Couleur, die keine Dokumente des Erwerbs vorlegen können, sind nicht mehr sichere Besitzer ihrer Kunstwerke. Damit wird das ganze bisher gültige Rechtssystem, das auch den gutgläubigen Erwerb und das Ersitzen von Kunstobjekten bestätigte, auf den Kopf gestellt. In dieser Saison konnte man die Auswirkungen besonders stark im Bereich der aussereuropäischen Kunst spüren. Weil hochkarätige Einlieferungen chinesischer Kunst nicht mehr den Weg in deutsche Auktionen gefunden hätten, wurden die einschlägigen Versteigerungen des Stuttgarter Hauses Nagel nach Salzburg und jene des Kölner Traditionshauses Lempertz nach Brüssel verlegt, wo 90 Prozent der Lose an die chinesische Kundschaft abgesetzt wurden."

Einblick in die Denkweise von Sam Keller kann Susanne Schreibers Portrait des Direktors der Fondation Beyeler im Handelsblatt vom 23. Juni zwar nur beschränkt geben, schließlich sei er "ein geborener Diplomat." Doch die Eigenschaften, die den Museumsdirektor Keller mit dem Art Basel-Direktor Keller verbinden oder von ihm unterscheiden, erklären durchaus seinen Erfolg: "Während ein Messedirektor viele Sammler in kurzer Zeit auf der Messe trifft, arbeite er im Museum mit wenigen Sammlern lange Zeit zusammen. Der Plural lässt aufhorchen und dürfte den wenigsten Besuchern bewusst sein. Das von Hildy und Ernst Beyeler mit ihrer qualitätsvollen Sammlung Klassischer Moderne eröffnete Museum ist inzwischen strategische Partnerschaften eingegangen".

Den Fehlstart der von Paris nach Brüssel umgezogenen Paris Tableau hat Olga Grimm-Weissert für das Handelsblatt vom 23. Juni protokolliert: "Der Stadtwechsel war durch die 2016 vollzogene, vertraglich festgelegt Fusion der "Paris Tableau" mit der Pariser Antiquitätenbiennale ("La Biennale de Paris") bedingt. Doch die Einbindung in die 'Biennale' erwies sich als nicht schlüssig. Um juristische Probleme zu vermeiden, sondierten die Altmeister-Galerien das Kunstklima in Europas Hauptstadt erst einmal. Mit nicht mehr als durchwachsenem Erfolg, was im Hinblick auf die guten einschlägigen Auktionsergebnisse schwerer wiegt. [...] Leider waren nur etwa 2 500 Besucher bereit, diese Brise zu schnuppern."

Die FAZ vom 24. Juni frönt wieder einmal der Auktionsberichterstattung, mit der Vorschau auf die Londoner Zeitgenossen-Termine von Anne Reimers als einzigem Text gratis online.

Gleich zweimal in einer Auktion wurde In London der Preisrekord für Wassily Kandinsky gebrochen, berichtet Susanne Schreiber im Handelsblatt. Den erneuten Hang zu überzogenen Taxen, selektives Bieten auf Spitzenwerke, insgesamt niedrige Volumina und ein dauerhaftes Abwandern des Niedrigpreissektors ins Internet liest Scott Reyburn für die New York Times aus den Londoner Auktionsergebnissen.

Van Ham gibt in Köln die Resterampe des pleitegegangenen Internet-Auktionshauses Auctionata. Michael Kohler hat sich das Angebot für den Kölner Stadt-Anzeiger angesehen: "Die einladende Preispolitik erklärt Markus Eisenbeis auch damit, dass er die Auktion im Auftrag eines Pfandleihers durchführt, bei dem Auctionata seine Ware beliehen hatte. 'Der Pfandleiher braucht nur ein Drittel des Wertes zurück', so Eisenbeis, 'und darf sich nicht an der Ware bereichern.' Auch Van Ham werde 'sich sicher keine goldene Nase verdienen' - alle Überschüsse gehen laut Eisenbeis an den Insolvenzverwalter von Auctionata. So hilft der klassische Auktionshandel seiner angeblichen Zukunft, halbwegs in Würde abzutreten." Die Lose stammen demnach aus der Insolvenzmasse. Die Berliner hatten also am Ende 1.500 Posten unverkaufte Eigenware auf ihrer Plattform. Und keinem Investor scheint das seltsam vorgekommen zu sein.

Das Landgericht Düsseldorf habe sein erstinstanzliches Urteil gegen Helge Achenbach bestätigt, nach dem dieser den Albrecht-Erben 18,7 Millionen Euro zurückzahlen müsse, berichtet unter anderem die Rheinische Post.

Die verkaufsfördernde und preissteigernde Funktion von Wartelisten erläutert Tim Schneider anschaulich für Artnet. Einen ethischen Aspekt - wenn bei einer kartellrechtlich fragwürdigen Praxis davon überhaupt die Rede sein kann - lässt er jedoch unerwähnt: die Vorspiegelung der Existenz einer Warteliste, um Sammler zum Kauf von Ladenhütern zu animieren.

Als Alternative zur traditionellen Kunstmesse preist Casey Lesser auf Artsy alternative Formate wie Condo New York, bei dem sich auswärtige Galerien für eine Pop Up-Show bei Kollegen einmieten.

Den Aufreger der Woche liefert Stefan Heidenreich in der ZEIT mit seiner Forderung: "Schafft die Kuratoren ab!" (englische Version bei &&& Journal) In einer teilweise etwas kruden Argumentation wettert er gegen das Regietheater des zeitgenössischen Kuratierens, das seiner Meinung nach unfreiwillig, aber zwangsläufig zu quasi-feudalen Verhältnissen führt: "Längst überwunden geglaubte Auftragsverhältnisse kehren zurück. Formell sind die Künstler autonom, sie können machen, was sie wollen. Aber die Kuratoren können das eben auch. Mit dem feinen Unterschied, dass Letztere entscheiden, was ausgestellt wird. Kuratoren sind nicht rechenschaftspflichtig, schon gar nicht sind sie dem Publikum verpflichtet. Da allerdings die Geldmittel fürs Ausstellen knapper werden, hilft es, wenn Galerien und Sammler ihnen zur Seite springen. Das führt dazu, dass viele Ausstellungen zu Werbeveranstaltungen des Kunstmarktes herunterkommen." Sein Lösungsvorschlag der Abstimmung mit den Füßen scheint allerdings ebenfalls wenig attraktiv: "Zudem sollte man erwägen, auch die Betrachter einzubeziehen, all jene, die sich für Kunst interessieren. Wie das ginge? Das kann sich ernsthaft nur fragen, wer noch nie mit sozialen Medien in Berührung gekommen ist." Das kann sich ernsthaft nur wünschen, wer noch nie mit der Schwarmdummheit der sozialen Medien in Berührung gekommen ist.

In einer dritten Entlassungswelle seit 2015 soll Jeff Koons die Hälfte seiner verbliebenen 60 Maler-Assistenten unter zum Teil unschönen Umständen vor die Tür gesetzt haben, berichten Julia Halperin und Brian Boucher bei Artnet.

Die Berliner Galerie Silberkuppe schließt für immer. Meine Meldung dazu bei Artmagazine.

Newsletter

Die neuesten Ausgaben von Zilkens Newsblog und Kobels Kunstwoche direkt per E-Mail erhalten.
Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung