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Zugegeben, es bereitet immer wieder Vergnügen, Prognosen im Nachhinein auf ihre Treffgenauigkeit zu überprüfen. Die Trendvorhersage eines Kollegen floppten nicht etwa wegen Nichteintretens, sondern weil die großen Neuigkeiten einfach andere waren: In seinen Voraussagen von fünf Trends, die den Kunstmarkt 2019 mit formen werden, sieht Nate Freeman Anfang des Jahres für Artsy eine Umsatzdelle am oberen Ende des Marktes. In Asien sei nach der Kaufzurückhaltung der Festlandchinesen Taiwan das nächste Wachstumszentrum. Der saudische Einfluss auf dem Kunstmarkt werde sich erhöhen, nachdem der umstrittene Kronprinz Mohammad bin Salman nicht nur bei der Muttergesellschaft der Frieze-Messen, sondern auch bei der Eigentümerin der Magazine Artnews und Artforum mit größeren Beträgen eingestiegen sei.
Der COO von Artsy Sebastian Cwilich hat Anfang Januar überraschend seinen Rücktritt erklärt. Anny Shaw meldet die Personalie ausführlich im Art Newspaper. Der Art Market Monitor macht sich Gedanken über die Konsequenzen des Abgangs von Artsys Mastermind nicht nur für das Unternehmen, sondern für das gesamte Geschäftsmodell von Irgendwas-mit-Kunst-im-Internet.
Wie Start-ups den Kunstmarkt verändern, versucht Anne Waak Ende Januar in Monopol anhand einiger Beispiele zu erklären. Dabei ist vielleicht tatsächlich nicht alles Irgendwas-mit-Kunst-im-Internet. AucArt, New Blood Art und Singulart heißen die Plattformern, die versuchen, etablierten Playern wie Artnet oder Artsy mit mehr oder wenigen orignellen Geschäftsmodellen (Akademieabgänger!) Marktanteile streitig zu machen. Besonders hübsch auf der Webseite von Artland, das originellerweise Galerien und Sammler zusammenbringen will: Im 15-köpfigen Team des dänischen Unternehmens findet sich eine Frau, die - wie sollte es anders sein - für Kommunikation zuständig ist. Different different but same. Einen etwas anderen Weg geht die im Text nicht erwähnte Berliner Sammlerin Gudrun Wurlitzer, deren neue Seite Artcrater vor allem Sammlern eine Plattform für den diskreten Handel untereinander bieten soll. Auch ausgewählte Händler sollen nach den Worten der Gründerin zugelassen werden.
Hauser & Wirth gehört zu den Galerieimperien, in deren Reich die Sonne nie untergeht. Als neunter Standort kommt jetzt St. Moritz dazu. Marcus Woeller hat sich Ende Januar für DIE WELT dort umgesehen. Immerhin zeigt Matriarchin Ursula Hauser in der Somerset-Filiale jetzt ihre Sammlung feministischer Kunst, wie Javier Pes bei Artnet berichtet.
Mit einem Rekordumsatz im vergangenen Jahr habe Christie's seine führende Stellung im Auktionsmarkt ausgebaut, berichtet Susanne Schreiber im Handelsblatt vom 8. Februar: "Das 1766 von James Christie gegründete Kunstversteigerungshaus konnte 2018 mit Bildern, Skulpturen und Grafik insgesamt 5,3 Milliarden Pfund umsetzen. Umgerechnet in die den Kunstmarkt dominierende Währung sind das sieben Millionen Dollar. Im Vergleich zu 2017 hat das Haus ein Plus von sechs Prozent erwirtschaftet. Damit liegt es deutlich über den Erlösen des ewigen Mitbewerbers Sotheby's. Das an der US-Börse notierte Unternehmen nahm nach eigenen Angaben 2018 5,3 Milliarden Dollar ein." Mit den Jahreszahlen von Christie's befassen sich gleichfalls Anny Shaw im Art Newspaper und Benjamin Sutton bei Artsy.
Irritiert von dem friedlichen Nebeneinander eines turbokapitalisierten Kunstmarkts und der Gesinnungskunst von Kuratoren zeigt sich Ulf Erdmann Ziegler in einem Essay für den Deutschlandfunk: "Eine linke Kunst, global, transparent, transgender und hochmoralisch, feiert international sich selbst, ein juste milieu, das immer Recht hat. Die Kunstkritik als Korrektiv hat so gut wie ausgedient. Wie kommt es, dass eine Kunst des guten Gewissens triumphiert, während der Zynismus des Marktes keine Grenzen kennt?" Die halbe Stunde Hörzeit ist gut investiert.
Kunst als Show Business: Marc Glimcher, Chef des Pace Gallery-Imperiums, glaubt, dass Künstler in Zukunft nicht zuletzt von den Eintrittsgeldern zu ihren multimedialen Shows leben werden, erklärt er Andrew Goldstein in einem ausführlichen Anfang März Interview bei Artnet. Das ist eine der wilder erscheinenden Ideen, die der Galerist entwickelt. Seine Analyse des Kunstmarkts ist jedoch ziemlich klar bis ernüchternd: "Wir gehören nicht zur Einzelhandelsbranche, sondern zur Erlebnisindustrie mit dem teuersten Souvenir-Shop der Welt."
Pop Up-Galerien könnten das nächste große Ding sein, glaubt Mitte März Benjamin Sutton bei Artsy.
Der Tefaf Markt-Report, der seit Mitte März hier gelesen werden kann, lege den Schluss nahe, dass der chinesische Kunstmarkt seinen Höhepunkt überschritten habe und wohl nicht mehr an vergangene Umsätze anschließen könne, analysiert Tim Schneider für Artnet. Das zweite Jahr in Folge sei der weltweite Kunstmarkt gewachsen, jubelt hingegen Alex Greenberger bei Artnews. Das Herannahen rosiger Zeiten verheiße der Report für die Tefaf laut Frances Allitt in der Antiques Trade Gazette zufolge, da über drei Viertel der befragten Sammler in den nächsten Jahren moderne und zeitgenössische westliche Kunst kaufen wollten - ein Bereich, den die Tefaf gerade ausgebaut habe. Auf die Situation der zahlreichen Privatmuseen geht Gareth Harris im Art Newspaper ein. Viele von ihnen könnten die nächsten Jahre wohl nur überleben, wenn die Regierung erhebliche Steuervergünstigungen erließe. Eine konzise Zusammenfassung des Berichts hat Eva Komarek für Die Presse erstellt.
Aus dem Art Basel UBS-Report schlussfolgert Abby Schultz bei Barron's, Kunst sei für die Superreichen weniger attraktiv als vor einem Jahrzehnt. Das Wachstum des Kunstmarkts könne nicht von der starken Zunahme der Millionäre profitieren, da deren Zahl in den letzten zehn Jahren zwar um rasante 75 Prozent zugelegt habe, der Kunstmarkt jedoch lediglich um zehn Prozent gewachsen sei. Die Abhängigkeit kleinerer Galerien von nur einem Zugpferd betont Anna Brady im Art Newspaper, da in diesem Marktsegment im Durchschnitt eine einzelne Position für 42 Prozent des Umsatzes sorge. Das Kapitel zur Unterberwertung von Kunst aus weiblicher Produktion macht Melanie Gerlis zum Thema ihres Artikels in der Financial Times. Wie sich Galerien bemühen, daran etwas zu ändern, beschreibt Rochelle Spencer im Art Newspaper. Den Jungen (Millenials, Generation X, Generation Z) gehöre gerade in Asien die Zukunft des Kunstmarkts, liest Kanika Sood für den australischen Financial Standard aus dem Report. Zu einem ähnlichen Schluss kommt The National aus Abu Dhabi. Auch Marcus Woeller betont in DIE WELT vor allem die China betreffenden Aspekte des Berichts aus der Schweiz. Was die Gewichtsverschiebungen innerhalb der einzelnen Marktsegmente für die kleineren Marktteilnehmer, insbesondere in Europa bedeuten, habe ich für das Handelsblatt untersucht.
Die Gründung des ersten (privaten) Schiedsgerichts für Kunststreitfälle in Den Haag meldet Ende März Laura Gilbert im Art Newspaper.
Die Luft sei wohl vorerst raus aus dem Online-Kunstmarkt, fasst das Versicherungsmagazin den Hiscox Online Art Trade Report Anfang April zusammen: "'Die Euphorie unter den Online-Kunstplattformen ist rückläufig', so Hiscox. Während 2017 noch 96 Prozent positiv auf das kommende Geschäftsjahr blickten, waren es 2018 nur noch 77 Prozent. 71 Prozent der Befragten rechnen zudem mit einer Konsolidierung innerhalb der nächsten zwölf Monate. Nach dem Boomjahr 2015 hat sich der Online-Kunstmarkt deutlich beruhigt."
Mit Gagosian Art Advisory LLC steige Larry Gagosian jetzt in das Beratungsgeschäft ein, meldet Artnews. Damit begibt sich das Galerieimperium auf ein Geschäftsfeld, das die großen Auktionshäuser in den letzten Jahren entwickelt haben. Vielleicht wird es für den kinderlosen Unternehmer Zeit, an einen Börsengang zu denken. Dafür würde auch die Schaffung eines Advisory Boards sprechen, das allerdings weitgehend aus den Top-Verkäufern der Galerien besteht, wie Nate Freeman bei Artsy berichtet, der mutmaßt, Gagosian-Mitarbeiter Andrew Fabricant solle als Nachfolger Gagosians aufgebaut werden, der am Karfreitag seinen 74. Geburtstag feierte.
Den rasanten Aufstieg des Kunstmarktplatzes Hongkong und dessen Auswirkungen auf die Szene in Festland-China und im gesamten asiatischen Raum versuche ich im Handelsblatt zu skizzieren.
Die Muttergesellschaft der Art Basel hat ihre Cash Cow Basel World so lange gemolken, bis diese kollabiert ist. Jetzt stehe die MCH vor der Pleite und müsse unbedingt privatisiert werden, so ventiliert Christian Mensch Mitte Mai in der Basellandschaftlichen Zeitung alarmistisch die Forderung der grün-liberalen Oppositionspartei GLP. Was ein privatwirtschaftlicher Eigentümer für die Kunstmesse Art Basel bedeuten würde, mag man sich gar nicht ausmalen. Schließlich trägt dieser Unternehmensteil erheblich dazu bei, dass die Messegesellschaft überhaupt noch Geld verdient.
Während Anne Reimers in der FAZ vom 18. Mai lediglich die Ergebnisse der New Yorker Auktionswoche referiert, resümiert Marcus Woeller die Hochpreissause in DIE WELT mit Blick aufs große Ganze: "Nach dem Saisonfinale bei Sotheby's werden die beiden großen Auktionshäuser wohl wieder rund 1,5 Milliarden Dollar mit Kunstwerken der vergangenen 150 Jahre bewegt haben. Über die Lage am Kunstmarkt an sich, sagt das wenig aus. Aber viel über den Geschmack der überschaubaren Klientel, die acht- oder neunstellige Beträge für Kunst ausgeben kann. Ob Monet oder Koons, ob Modiglianis beliebte Liegeakten, ob Picassos Frauengestalten oder Rothkos sublime Farbfelder, selbst überrestaurierte Pseudo-Leonardos - Trophäen auf dem obersten Preisniveau müssen offenbar auf den ersten Blick einem (männlichen) Künstler zuzuordnen und gefällig bis zur Banalität sein."
Die vier großen Mega-Galerien vergleicht Ende Mai Claire Selvin bei Artnews miteinander. Während Hauser & Wirth mit 24 innerhalb der letzten drei Jahre die meisten Künstler hinzugewonnen habe - zuletzt John Chamberlain - sei Gagosian bei Mitarbeitern (250) und Umsatz (1 Mrd. US-Dollar) vorne. Zwirner und Pace dürfen demnach auch noch in dieser Liga mitspielen, sind aber in keiner Kategorie führend.
Die Messe Schweiz steigt Ende Mai bei der Art Düsseldorf aus und verkauft ihre Anteile an die Gründer der Art Hong Kong, die heute Art Basel Hong Kong heißt. Meldungen dazu gibt es unter anderem im Artmagazine von Werner Rodlauer und in Artforum. Für das Art Newspaper hat Anny Shaw ausführlicher mit Sandy Angus gesprochen (einem der neuen Teilhaber), ich habe mit Art Düsseldorf-Gründer Walter Gehlen für den Tagesspiegel vom 1. Juni seine Pläne für eine verstärkte Ausrichtung auf den asiatischen Sammlermarkt besprochen. Währenddessen vermutet Urs Seiler in der schweizerischen Werbewoche, dass die angeschlagene Art Basel-Mutter MCH Group ihre zur Disposition stehenden Messezentren in Basel und Zürich an die jeweiligen Kantone verkaufen könnte, die gleichzeitig Großaktionäre des Konzerns sind.
Wie Kunstmessen und Kunstlager aus dem Bereitstellen diskreter Private Showrooms ein Geschäftsmodell gemacht haben, erklärt Katya Kazakina Anfang Juni bei Bloomberg anlässlich und am Beispiel der Art Basel.
Aktien von Kunstmarkt-Unternehmen habe ich Anfang Juni für das Handelsblatt unter die Lupe genommen.
An die Schaltzentralen der Kunstmacht ist Kolja Reichert für das FAZ Quarterly gereist und hat Mitte Juni eine ausführliche Bestandsaufnahme mitgebracht, die zugleich Sittenbild ist: "Wie lange wird der Glaube halten, dass es in der Kunst um das Gleiche geht, sich der Aufenthalt in Somerset um dieselben Werte dreht wie der Projektraum in Berlin-Neukölln? Wie lange wird eine weitere Besonderheit der Kunstwelt bestehen, nämlich dass sich hier die unterbezahlte Künstlerassistentin neben der Milliardärin am selben Dinnertisch findet? Und wenn der Glaube bricht, werden die Preise halten?"
Sotheby's wird Ende Juni verkauft und vom Börsenzettel verschwinden, wie das Unternehmen selbst mitteilt. Roland Lindner fasst die Fakten für die FAZ zusammen: "Einer Mitteilung vom Montag zufolge wird Patrick Drahi, der die Telekommunikationsholding Altice kontrolliert und auch als Kunstsammler bekannt ist, das 275 Jahre alte Unternehmen kaufen und sich dies viel Geld kosten lassen. Er will insgesamt 3,7 Milliarden Dollar in bar bezahlen, und der Preis von 57 Dollar je Aktie entspricht einem Aufschlag von mehr als 60 Prozent auf den Schlusskurs von Sotheby's am vergangenen Freitag." Der Käufer wolle das Unternehmen selbst erwerben und nicht mit einem seiner Telekommunikationskonzerne. Dass der bisher wie eine Heuschrecke agierende Unternehmer knapp die Hälfte seines Vermögens dafür hergeben möchte, dürfte allerdings ebenso unwahrscheinlich sein wie die Option, dem ohnehin hoch verschuldeten Auktionshaus selbst den Kaufpreis überzuhalftern. Auf alle Fälle geht dem Kunstmarkt mit dem Delisting ein Stück Transparenz verloren, da privat geführte Unternehmen der Öffentlichkeit nur sehr eingeschränkt rechenschaftspflichtig sind.
Das Imperium schlägt zurück: Nach dem phänomenalen Auktionserfolg und einer begleitenden kommerziellen Ausstellung von KAWS während der Art Basel Hong Kong mit seinen toten Comic-Figuren, folgt die museale Antwort auf dem Fuße. Im neuen Tai Kwun Contemporary-Areal übertrumpft Takashi Murakami den Wettbewerber mit Glitzer und kreischbuntem Pop. Catherine Shaw bespricht das Spektakel in Wallpaper wie eine seriöse Kunstausstellung.
Die Expansion der Gagosian Gallery schreitet voran: Die Verpflichtung von Artsy's ehemaligem COO (Chief Operating Officer) Sebastian Cwilich meldet Eileen Kinsella Ende Juni bei Artnet. Wenn das so weitergeht, könnten die Großen Drei des Kunstmarkts in naher Zukunft nicht Christie's, Sotheby's und Phillip's heißen, sondern vielleicht Christie's, Gagosian und Poly oder China Guardian. Derweil dreht sich bei Artsy das Personalkarussell weiter. Wie aus einer Pressemitteilung (PDF) des Unternehmens hervorgeht, räumt Mitgründer und CEO (Chief Executive Officer) Carter Cleveland seinen Vorstandsposten und rückt als operativ tätiger Chairman ins Board. Sein Nachfolger wird Mike Steib, der zuvor die XO Group leitete, bis Mitbewerber WeddingWire den Internet-Wedding Planner Anfang des Jahres für über 900 Millionen US-Dollar kaufte. Mit erfolgreichen Exits kennt sich der neue Mann an der Spitze des Start Ups, das bisher offiziell rund 100 Millionen Dollar Risikokapital eingesammelt hat, also aus.
Zum Kunstmarkt, Asien, KAWS und die Gründe für den Erfolg seiner Galerie hat Andrew Goldstein den Galeristen Emmanuel Perrotin Ende Juni für Artnet interviewt.