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Kobels Kunstwoche

Nicht neu: Art as an Asset, hier: Johann Zoffany, Die Tribuna der Uffizien
Nicht neu: Art as an Asset, hier: Johann Zoffany, Die Tribuna der Uffizien
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 29 2020

Das Wichtigste kommt zum Schluss und wird in der Beiläufigkeit der Erwähnung seiner Bedeutung nicht gerecht: "Aus der Villa Grisebach wird ein Gesamtumsatz aller Auktionen inklusive des Online-'Third Floor' von sechzehn Millionen Euro gemeldet", schreibt Kevin Hanschke in seinem Auktionsbericht für die FAZ vom 18. Juli. Ein Jahr zuvor wurde mit 15,3 Millionen Euro an gleicher Stelle weniger erlöst. Das sollte die eigentliche Nachricht jenseits der referierten Einzelergebnisse sein. Zwar war die Vorjahressaison wegen überzogener Schätzpreise bei den Toplosen nur mittelprächtig verlaufen. Doch dass in diesem Corona-Jahr ein führendes deutsches Auktionshaus normale Umsätze einfährt, während die überseeische Konkurrenz fast komplett einbricht, ist einigermaßen sensationell. Auch Christian Herchenröder verliert sich in seinem Nachbericht für das Handelsblatt eher in Details: "Diese Zuschläge animierten den Berliner Kunsthändler Wolfgang Wittrock zu der Bemerkung: 'Alte Kunst rettet die Moderne'. Doch auch die konnte sich an diesem Abend gut behaupten. 'Die Moderne, die bei uns sowieso stark ist, hat wieder aufgeholt', kommentierte Grisebach-Gesellschafterin Micaela Kapitzky."

Berlin ist nicht der Nabel der Welt, auch wenn das Berliner überraschen mag. Abseits der Hauptstadt herrscht mitunter eher Aufbruch- statt Untergangsstimmung, wie Eva Karcher für den Berliner Tagesspiegel aus der Münchener Galerieszene zu berichten weiß: "Allmählich kehrt jener Aufwind wieder, den einige jüngere Galeristen, darunter Jo van de Loo, Enkel des großen Händlers des europäischen Informel Otto van de Loo, und Tim Geißler, Partner der Galerie Jahn und Jahn, seit ein paar Jahren zu erzeugen versuchen. Sie gründeten einen 'Verein zu Förderung der Außenwahrnehmung Münchens als Kunststandort' (VFAMK) und starteten 2018 die Initiative 'Various Others'. Elf Galeristen sind inzwischen Mitglieder, ihre Mission: die Differenz zwischen dem Image Münchens als etwas selbstgefälligem, zu wenig innovativen Gegenwartskunstort und seinem tatsächlichen Potenzial für den zeitgenössischen Kunstmarkt und die Kunstszene zu verkleinern."

Die MCH Group wird ihrem Ruf gerecht und agiert opak bei ihrer Suche nach einem Ausweg aus der Klemme. Mark Dittli geht für The Market, das Finanzportal der NZZ, hart mit dem Konzern ins Gericht: "Doch die Aufregung um die Person von Murdoch lenkt von zahlreichen Ungereimtheiten rund um die Kapitalerhöhung ab. Es zeigt sich immer deutlicher, dass die vorgeschlagene Transaktion erhebliche Mängel aufweist, Fragen aufwirft und sich sowohl für einige der öffentlich-rechtlichen Aktionäre - primär den Kanton Basel-Landschaft sowie Kanton und Stadt Zürich - wie auch für die Publikumsaktionäre nachteilig auswirkt. Diese Mängel betreffen erstens den Prozess, mit dem der Verwaltungsrat der MCH Group die Gespräche mit potenziellen Investoren geführt hat, und zweitens die Struktur der vorgeschlagenen Kapitalerhöhung. Sie sind möglicherweise rechtlich anfechtbar." Für das Handelsblatt habe ich versucht, die Umstände zu erhellen und mit verschiedenen Parteien gesprochen: "Ein Anteilseigner, der nicht genannt werden möchte, weiß zu berichten, 'dass die Verantwortlichen die Aktionäre aktiv zwecks 'korrekter' Stimmabgabe zugunsten der vorgeschlagenen Kapitalerhöhung bearbeiten. Das ist mir nämlich auch in anderen Fällen bekannt.'" Dass James nur ein Strohmann für seinen Vater Rupert sein könnte, befürchtet Marcus Woeller in der WeLT.

Über den bereits erwarteten Ausfall von Frieze London und Frieze Masters informiert Werner Remm im Artmagazine; die Absage der in den Herbst verschobenen Tefaf in New York meldet Maximilíano Durón bei Artnews.

Auf den ersten Blick scheint der bei Christie's erzielte Preis von 29,2 Millionen US-Dollar inklusive Aufgeld für Pablo Picassos Version F der "Femmes d'Alger" etwas zu enttäuschen. Doch sei er bei realistischer Betrachtung durchaus angemessen, erklärt Rose-Maria Gropp in der FAZ ausführlich und nachvollziehbar.

Derweil ist Christie's jetzt richtig groß ins Geschäft mit getragenen Turnschuhen eingestiegen, wie Caroline Goldstein bei Artnet erstaunlich nüchtern berichtet. Vielleicht zieht die Verwertungsmaschinerie ja irgendwann weiter in Richtung gebrauchter Gesichtsmasken, weil Kunst nicht mehr genügend Rendite verspricht.

Romantische Hoffnungen auf ein Ende der Kommodifizierung von Kunst (oder Art as an Asset Class) macht ein Blick auf das Art Lending jedoch zuverlässig zunichte. Carol Ryan analysiert im Wall Street Journal nüchtern die goldenen Aussichten dieser illustren Branche: "Wenn die Zinsen sinken, wie in diesem Jahr, steigt in der Regel die Nachfrage nach Kunstkrediten. Investoren nutzen solche Darlehen, um Millionen von Dollar freizusetzen, die in ihren Sammlungen gebunden sind, und legen das Geld in Vermögenswerte an, die eine höhere Rendite bieten können. Private-Equity- und Hedge-Fonds-Bosse nutzen Kunstdarlehen seit langem als Teil ihrer Portfoliomanagementpläne, aber sie werden auch bei anderen Sammlern immer beliebter."

Mit den schnellen Marktkarrieren bisher übersehener Künstler in den USA steigt die Gefahr von Fälschungen, zeigt Ruth Lopez anhand einiger Beispiele im Art Newspaper auf.

Offenbar von einem damaligen Sammlungsleiter aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien gestohlene veruntreute Antiken sind in einem Münchener Auktionshaus aufgetaucht. Olga Kronsteiner berichtet im Handelsblatt.

Fürs Protokoll: Eine Grand Jury habe den inhaftierten Inigo Philbrick wegen Überweisungsbetrugs und Identitätsdiebstahls angeklagt, meldet Helen Stoilas im Art Newspaper.

Jugendstil und Porzellan des 20. Jahrhunderts waren seine Leidenschaft und sein Geschäft. Dem verstorbenen Berliner Händler Ulrich Gronert widmet Susanne Schreiber im Handelsblatt einen Nachruf: "Jugendstil landete in den sechziger Jahren noch auf dem Sperrmüll, galt er den Freunden der Pop Art doch als verzopft. Gronert aber erkannte seine Qualitäten zu einer Zeit, als Porzellan, Silber und Möbel des europäischen Jugendstils auf Kunstmessen noch nicht mal zugelassen war. Der Berliner wandte sich ferner dem Porzellan der KPM, der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin, zu und handelte anfangs nur mit deren so kühnen wie eleganten Formteilen des 20. Jahrhunderts."

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung