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Das Jahr 2022 ist eindeutig ein Montag. Wer sich zum Jahreswechsel damit zu trösten versucht hatte, es hätte auch schlimmer können, sieht sich jetzt bestätigt. Der russische Überfall auf die Ukraine hat Auswirkungen auf fast alle Lebensbereiche, so auch auf den Kunstmarkt. Unser Rückblick zur Jahreshälfte steht unter dem Eindruck der Seuche und des Krieges. Am stärksten betroffen von den aktuellen Verwerfungen sind die Messen, denen der erste von drei Teilen gewidmet ist.
Einen Tiefschlag für Fiac und Paris Photo meldet Ingo Arend Ende Januar in der Süddeutschen Zeitung. Chris Dercon, Direktor des Kunst- und Ausstellungskomplexes Réunion des musées nationaux et du Grand Palais (Rmn-GP) und damit des Grand Palais Éphémère plane schon für diesen Herbst die Neuvergabe des prestigeträchtigen Orts an ein "internationales zeitgenössisches Kunst-Event": „Angesichts der kurzen Vorbereitungszeit bis zum Herbst käme für ein solches Mega-Event nur ein großer, erfahrener Player im Feld der Kunstmessen in Frage. Viele Augen blicken deswegen nach Basel. Und fragen sich, ob die geplante Rochade Vorbote einer weiteren Veränderung der im Gefolge der Pandemie ohnehin labilen Kunstmarkt-Tektonik sein könnte.“
Endlich Frieden in Paris! Allerdings kommt die erfreuliche Nachricht nicht aus der Zeitgenossen-Szene, sondern aus der Sparte Alte Kunst und Antiquitäten. Die (ehemalige) Biennale des Antiquaires und die Fine Art Paris fusionieren. Ursula Scheer schreibt dazu Anfang Februar in der FAZ: "Der vorläufige, wenig elegante Doppelname 'Fine Arts Paris & La Biennale' zeigt, dass es sich um eine Vernunftehe handelt. Der Vertrag gilt zunächst für fünf Jahre. Die Biennale wurde bislang vom Syndicat National des Antiquaires (SNA) getragen. Eine Händlergruppe hatte sich abgespalten und 2017 die Fine Arts gegründet. Einheimische und internationale Händler mussten sich seither entscheiden, auf welche der beiden Messen sie setzen wollten. Der SNA soll nun in den Hintergrund treten, während die Messegesellschaften der Fine Arts Organisatoren werden." In den Nullerjahren hatte das Syndicat selbst erfolglos versucht, mit dem Salon du Collectioneur im Wechsel eine jährliche Bespielung des Grand Palais zu gewährleisten und war dann 2018 unter dem verkürzten Namen La Biennale selbst in diesen Modus gewechselt.
Die traditionsreiche Cologne Fine Art (ehemals Westdeutsche Kunst- und Antiquitätenmesse) ist Geschichte. Zuerst meldet das Werner Remm Mitte Februar für Artmagazine: "Die Cologne Fine Art als eigenständige Messe wird es nicht mehr geben. Ein neues Sonderprogramm, Art + Object genannt soll innerhalb bzw. neben der Art Cologne Angebote aus dem Kunst- und Antiquitätenhandel, von Antiken bis Design und außereuropäischer Kunst. Die zeitgenössische Kunst, bisher auf der Cologne Fine Art ob mangelnder Qualität eher Ärgernis denn ernstzunehmendes Angebot an die Sammler:innen, fällt damit alleine an die Art Cologne. Als Kurator steht Messedirektor Daniel Hug der Kunsthändler und Kurator Sebastian Jacobi zur Seite, der selbst erstmals 2019 auf der Cofa ausgestellt hatte." Ein Statement dazu habe ich von Daniel Hug, Direktor von Art Cologne und Cofa, für das Handelsblatt eingeholt.
Es lässt sich kaum noch leugnen, dass Los Angeles sich zu einem Zentrum des internationalen Kunstmarkts entwickelt hat. Der dort dortige Frieze-Ableger blüht und gedeiht, wie der Eröffnungsbericht von Deborah Vankin von der Los Angeles Times vor Augen führt: "Apropos großflächig: Das Frieze-Zelt selbst - eigentlich drei miteinander verbundene Zelte [...] ist 40 % größer als in den Vorjahren. Es beherbergt 100 Aussteller aus 17 Ländern (beim letzten Mal, im Jahr 2020, waren es 77). Die Frieze erwartet an den vier Tagen rund 35.000 Besucher. Alle erwarteten Blue Chip-Galerien waren vertreten, darunter Blum & Poe, David Kordansky, Sprüth Magers und Hauser & Wirth. Aber die Galerien von der Ostküste, die nach L.A. ziehen, sorgten für den größten Rummel. Es gibt mindestens acht von ihnen, darunter Sean Kelly, Lisson Gallery, Pace, the Hole, Karma, Albertz Benda, Danziger und Sargent's Daughters in Zusammenarbeit mit Shrine."
Dass eine Kunstmesse mehr sein kann als eine reine Verkaufsveranstaltung, betont Uta M. Reindl bei ihrem Rundgang über die Arco in Madrid für die NZZ: "Neben dem seit den ersten Dekaden jeweils hochkarätig besetzten Begleitprogramm mit Vorträgen und Talks parallel zu den Verkaufsausstellungen spiegeln in ganz Madrid Sonderschauen in (fast) allen Kunsthäusern der Stadt den Anlass. Daher ist die Madrider Messe bis heute immer noch mehr als nur ein kommerzieller Event." Die FAZ hat ihren Spanien-Korrespondenten aus dem Politik-Ressort mit der Arco betraut und erhält eine entsprechend wenig fachkundige Nacherzählung. Substanzieller berichtet Kabir Jhala im Art Newspaper.
Zweifel daran, ob die Durchführung einer Kunstmesse in der jetzigen Situation angemessen sein könnte, nimmt Annegret Erhard Anfang März in der NZZ auf: "Ist es Trotz, oder ist es Gleichgültigkeit? Sammler, Kunstfreunde und Galeristen beteuern sich zwar im Gespräch gegenseitig ihr Entsetzen über die mörderischen Attacken Russlands, ergehen sich in Spekulationen über möglicherweise anstehende Katastrophen, widmen sich jedoch geradezu beharrlich dem Kunstgenuss. Ein Anlass zur Schockstarre scheint an der Art Genève nicht unbedingt gegeben. Flexibel und handlungsbereit folgt man in Zeiten der Inflation und der flatternden Aktienmärkte den freilich meist nur längerfristig wirkenden Verlockungen der Investition in Kunst. Geld will und muss angelegt werden. Einigermassen krisenfest und obendrein, wenn alles gut geht, sinnenfroh." Genau hingeschaut hat Olga Grimm-Weissert für das Handelsblatt: "Das vermutlich teuerste Gemälde hängt bei Van de Weghe aus New York, der das Großformat mit farbigen Schuhen von Andy Warhol bereits auf der Pariser 'Fiac' für 4,5 Millionen Dollar offerierte." Ich war für Artmagazine und den Tagesspiegel dort.
Kunstmesse war übrigens Mitte März auch noch, und zwar in Dubai. Lena Bopp hat sie für die FAZ besucht. Der Überfall Russlands auf die Ukraine soll dort kaum Thema gewesen sein - die Emirate beteiligen sich bekanntlich auch nicht an den Sanktionen. Wichtig waren in der Wüste vielmehr NFTs: "Zu den vielen Freihandelszonen, aus denen das Emirat besteht, soll eine weitere hinzukommen, die sich der Kryptowelt widmet. Wie zu hören ist, erwäge Binance, die in China gegründete und inzwischen auf Malta ansässige größte Börse für Kryptowährung, den Umzug an den Golf. Eine staatliche Behörde, die sich um Digitales kümmert, gibt es schon". Da wächst zusammen, was zusammengehört.
Was das Duopol von Art Basel und Frieze nach dem Untergang der Fiac für den Kunstmarkt und speziell für Paris bedeutet, fragt Scott Reyburn im Art Newspaper: "Ein Hass auf Steuern scheint ebenso wie die Liebe zur Kunst der Schlüssel zum Erfolg einer internationalen Kunstmesse zu sein. Abgesehen davon hat Frankreich mit 5,5 % die niedrigste Einfuhrumsatzsteuer für Kunst aller großen EU-Länder, die Pariser Kunstszene ist im Aufschwung begriffen, und die Stadt hat eine zeitlose Anziehungskraft für Luxusreisende. Kann die Art Basel in Paris den gleichen Zauber entfalten wie in Miami Beach und Hongkong, zumal das RMN-Grand Palais festgelegt hat, dass die Veranstaltung nicht unter dem Namen Art Basel, Paris stattfinden wird? [...] Nachdem London durch den Brexit geschwächt ist und Berlin von Immobilienentwicklern und Tech-Bros übernommen wurde, hofft Paris, wieder die Hauptstadt der europäischen Kunstwelt zu werden. Vielleicht kann es das. Aber wenn Paris will, dass die Welt seine Vorzeigemesse für zeitgenössische und moderne Kunst besucht, muss es auch mit dem Geld haushalten."
In Wien hat die Spark Art Fair nach ihrem aufsehenerregenden Debüt im letzten Jahr eine gelungene Fortsetzung gefunden, meint Niocole Scheyerer in der FAZ: "Die offene Messearchitektur trägt nicht nur dem pandemiebedingten Platzbedürfnis Rechnung, sondern auch dem Wunsch der Galerien nach gleich großen Ständen. Das größte Ass im Ärmel des Spark-Chefs sind aber zweifellos die Standmieten, die mit rund 4500 Euro nur ein Drittel des Preises bei der Viennacontemporary betragen. Die niedrigen Kojenkosten eröffnen den Spielraum, eine jüngere, preislich noch moderate Generation zu zeigen. Insgesamt 25 Positionen unter 40 Jahren sind vertreten. Malerei ist Trumpf auf der Spark".
Gleich ein ganzer Strauß an Kunstmessen hat Anfang April stattgefunden. Alleine drei in Paris, die Olga Grimm-Weissert für das Handelsblatt besucht hat: "[...] effektiv konstatiert man generell ein besseres Niveau. Besonders auf der 24. Art Paris, während auf der 24. PAD Paris (Pavillon des Arts et du Design) eine Umorientierung zum Design der letzten hundert Jahre zu erkennen ist. Und die in London gegründete, auf afrikanische Kunst spezialisierte kleine Messe 1:54 Paris füllt zum zweiten Mal die Säle des Auktionshauses Christie’s Paris."
Die neun besten Kojen der Expo Chicago kürt Sarah Belmont für Artnews. Sämtliche Artikel zur Messe listet Artnews in einem Dossier. Die Vorteile der Regionalmesse preist Daniel Cassady im Art Newspaper: "Die Bezeichnung 'regionale Messe' kann im besten Fall nachteilig und im schlimmsten Fall herabsetzend wirken. Die Expo Chicago mit ihrem reichhaltigen internationalen Programm, das Galerien, Kuratoren, Leiter von Institutionen und Besucher aus der ganzen Welt in das Juwel des Mittleren Westens führt, definiert neu, was es bedeutet, regional zu sein. Anstatt eine exklusive Definition des Wortes 'regional' zu verkörpern, ist die diesjährige Expo Chicago Messe sehr inklusiv und weitreichend."
Die art Düsseldorf wartet nach längerer Corona-Pause mit Neuerungen auf, die Christiane Fricke im Handelsblatt beschreibt: "Möglich macht es ein laut [Messedirektor] Gehlen bislang nicht da gewesener 'Digital-Service'. 50 Guides stehen, ausgerüstet mit einem hoch auflösenden Handybildschirm bereit, um die Anruferin persönlich mit den sie interessierenden Werken und Galerien in Verbindung zu bringen. Voraussetzung ist ein VIP-Zugang. Wer noch nicht als ernsthaft Sammelnder bekannt ist, kann sich am Angebot der Aussteller im Online-Shop bedienen (drei Monate, ab 8.4.), an Online-Führungen teilnehmen oder online in Magazinbeiträgen blättern."
Die Eigentümer der Art Basel-Mutter MCH Group müssen Geld nachschießen. James Murdochs Lupa Systems und der Kanton Basel-Stadt werden einer Pressemitteilung von Mitte April zufolge jeweils 34 Millionen Franken investieren: "Nach den pandemiebedingten Verlusten in den vergangenen zwei Jahren ist ein finanzielles Massnahmenpaket notwendig, mit dem die im Mai 2023 anstehende Refinanzierung der Anleihe über CHF 100 Mio. und die notwendigen Investitionen für das Wachstum des Unternehmens sichergestellt werden können."
Die größte Kunstmesse der Welt mit den undurchsichtigsten Verkaufsbedingungen heißt Ende April eine Woche nach Eröffnung für das Fachpublikum jetzt auch das zahlende Fußvolk willkommen. Eine wertvolle Orientierungshilfe bietet Naomi Rea, die für Artnet Pro (Paywall) recherchiert hat, welche Galerie welche Künstler auf der Biennale di Venezia untergebracht hat vertritt. Sie kommt auf über 100 teilnehmende Galerien, wobei David Zwirner mit sieben Positionen antritt, gefolgt von Massimo de Carlo mit sechs und Sprüth Magers mit fünf.
Die offizielle Trennung der Viennacontemporary von ihrem bisherigen russischen Eigentümer Dmitry Aksenov meldet Olga Kronsteiner Anfang Mai im Standard aus Wien: "Eine bereits vergangenes Jahr eingeleitete Umstrukturierung wird damit schlagend, beschleunigt durch Irritationen, die der Angriffskrieg gegen die Ukraine bescherte. Obwohl Aksenow weder sanktioniert wurde, noch je als Putin-Freund in Erscheinung getreten war, hatten einige Galerien Bedenken im Hinblick auf eine Teilnahme an der Messe und einem damit womöglich verbundenen Reputationsverlust. Aksenow steht auch den russischen Freunden der Salzburger Festspiele vor." Das in der Öffentlichkeit bisweilen etwas schiefe Bild der Messe und ihres Ex-Eigentümers versuche ich bei Monopol etwas geradezurücken.
Parallel zum Gallery Weekend in Berlin hat in Brüssel die Art Brussels stattgefunden, von der sich Alexandra Wach bei Monopol mehr Politisches erwartet hätte: "
Umso erstaunlicher, dass die Mehrheit der 157 teilnehmenden Galerien das Risiko eines kontroversen Auftritts lieber nicht auf sich nimmt. Selten war bei der Art Brussels, die zum letzten Mal auf dem Areal Tour & Taxis stattfindet, bevor es wieder wie in früheren Zeiten stadtauswärts auf das Messegelände der Brussels Expo geht, so viel belanglose Flachware vertreten." Dafür, dass eine Kunstmesse eine Verkaufsveranstaltung ist und keine Ausstellung, war allerdings außergewöhnlich viel Kunst im nicht ganz so einfach verkäuflichen Medium Skulptur zu sehen, wie ich für das Handelsblatt und Artmagazine notiere.
Frieze New York war Mitte Mai übrigens auch noch. Zehn hochpreisige Verkäufe bebildert Angelica Villa bei Artnews. Mehr zum Thema bietet ein Dossier im Art Newspaper.
Ob die Art Basel in Hongkong angesichts der politischen Entwicklung überhaupt noch eine Berechtigung habe, fragt Saskia Trebing bei Monopol: "Die Art Basel und ihre teilnehmenden Galerien haben sich durch ihre Hongkonger Ausgabe den Zugang zum lukrativen, und offenbar recht krisenfesten, asiatischen Kunstmarkt gesichert. Doch es gibt Anzeichen dafür, dass sich das Geschäft mit Kunst zunehmend in andere, politisch weniger brisante Metropolen wie Seoul oder Tokio verlagert. Ob die Art Basel am Standort Hongkong festhält oder sich in absehbarer Zukunft eine andere Heimat in der Region sucht, wird sich zeigen. Eine offene Diskussion darüber ist jedenfalls überfällig." Allerdings stellt sich die Frage eigentlich viel drängender bei Christie's und Sotheby's, die mit ihren großvolumigen Auktionen den dort lebenden Künstlern zwar in keiner Weise helfen, sehr wohl aber Investoren und Spekulanten. Immerhin sei die Veranstaltung zufriedenstellend verlaufen, resümiert Reena Devi im Art Newspaper: „Bei der zweitägigen Preview der diesjährigen Art Basel in Hongkong (bis 29. Mai) sorgten Fernverkäufe und der Fokus auf asiatische Kunst dafür, dass sich die Messe trotz geringerer Größe, Besucherzahlen und internationaler Aussteller gut entwickelte - wenn auch nicht unbedingt zukunftssicher.“
Während Sprüth Magers nach New York expandiert, bekommt Tokio gleich eine neue Messe, meldet die FAZ Anfang Juni: "Gegründet wird die Messe von Magnus Renfrew, Mitgründer der Art HK und anderer Kunstmessen in Asien, mit Tim Etchells and Sandy Angus." Die Gruppe hat damit zumindest zahlenmäßig die Oberhoheit in Asien. In verschiedenen Konstellationen betreiben die Beteiligten unter anderem Messen in Taiwan, Hongkong, Indien und Singapur - sowie in Europa und den USA. Das sieht nach unerwarteter Konkurrenz für Basel aus.
Die erste post-pandemische Art Basel Mitte Juni wird von der Presse unterschiedlich eingeschätzt. Ursula Scheer resümiert in der FAZ: „Das Aufgebot an hochklassiger Kunst ist wieder enorm, die Investitionsbereitschaft der Sammler ebenso. Alles sieht nach 'business als usual' aus, doch wie viel Wasser die Art Basel wirtschaftlich unter dem Kiel hat, ist nicht ganz so offensichtlich.“ In einen größeren Kontext bettet Scott Reyburn die Art Basel für die New York Times ein: "In der Ukraine tobt der Krieg. Die Aktien sind um 20 Prozent gefallen, die Inflation ist auf mehr als 8 Prozent gestiegen. Die Kryptowirtschaft kollabiert. Doch in der Blase der internationalen Kunstwelt scheinen die Wohlhabenden, zumindest im Moment, im Kaufrausch zu sein. Nach der rekordverdächtigen zweiwöchigen Auktionsserie im Mai in New York, bei der mehr als 2,5 Milliarden Dollar eingenommen wurden, waren die Sammler bei der 52. Ausgabe der Art Basel in der Schweiz auf der Jagd nach weiteren begehrten modernen und zeitgenössischen Werken.“ Die Schwäche der Muttergesellschaft MCH Group und deren Folgen für die Art Basel thematisiert Kito Nedo in der Süddeutschen Zeitung: „Im Oktober expandiert die Art Basel, die bereits Ableger in Hongkong und Miami betreibt, dann unter dem Titel 'Paris+' auch in die französische Hauptstadt. Die krisengeschüttelte Schweizer Messegesellschaft MCH tritt damit auf der Suche nach Umsätzen die Flucht nach vorn an. Ein Thema, über das nicht gesprochen wird, ist indes, wie es künftig mit der Messe in Hongkong weitergeht. In Hongkong existiert faktisch keine Meinungs- und Demonstrationsfreiheit mehr, die chinesische Regierung greift die Opposition in der ehemaligen britischen Kronkolonie immer härter an. Wie das zur Freiheit der Kunst passt, die das Fundament der Art Basel bildet? Dazu verlor Spiegler kein Wort. Aber dazu wird sich die Messe in nächster Zeit positionieren müssen.“
An ungewohntem Termin, mit verkürzter Laufzeit und weniger Ausstellern errichtet die Tefaf in Maastricht Ende Juni wieder ein Museum auf Zeit, das Georg Imdahl für die FAZ besucht hat: „'Cross Collecting' möge gerade in aller Munde sein, sagt Hidde van Seggelen, Direktor der Maastrichter Kunstmesse TEFAF und Galerist in Hamburg, „aber bei unserer Messe gibt es das schon seit Jahrzehnten.“ Tatsächlich ist „The European Fine Arts Fair“ dafür der passende Ort. [...] Die Auktionshäuser sind auf diesen Zug aufgesprungen, indem sie Werke alter Meister im Segment moderner Kunst ins Rampenlicht schieben und damit erstaunliche Erlöse beflügeln.“ Ich war für Handelsblatt und Artmagazine in Maastricht. Ein ganz schlechtes Zeugnis stellt Susanne Schreiber vom Handelsblatt der Tefaf für ihr Sicherheitskonzept aus: „Mit diesem peinlich-gefährlichen Überfall steht das Sicherheitskonzept des MECC, des Maastrichter Kongresszentrums, zur Disposition und die eh schon Corona lädierte Tefaf in schlechtem Licht. Seit Jahren werden hier ausschließlich Frauen kontrolliert. Sie müssen Taschen öffnen und inspizieren lassen, selbst Geldbörsen werden kontrolliert: beim Ein-und beim Ausgang. Männer aber werden nicht kontrolliert. Sie können, wie wir seit gestern wissen, gefährliche Waffen einschmuggeln.“