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Kobels Kunstwoche

Pecunia non olet, oder doch?
Pecunia non olet, oder doch?
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 3 2019

Das ging schnell: Vor nicht einmal einem halben Jahr ließ Banksy sein eigenes Bild vor laufenden Kameras bei Sotheby's sich selbst schreddern, schon landet es im Museum. Das Museum Frieder Burda in Baden-Baden kündigt eine Einzelausstellung des Bildes an: "Die geplante Inszenierung im Museum fokussiert ganz auf das Bild, die neue globale Ikone, zugleich versucht sie in konzentrierter Form die Hintergründe und Intentionen im Werk Banksys plausibel zu machen - sowie auch die Bedingungen in einer Kunstwelt zu hinterfragen, die eine solche Entwicklung, ja Wertexplosion überhaupt erst möglich macht. Die Einlassbedingungen werden - konsequent an Banksys eigenen Überzeugungen orientiert - so gestaltet sein, dass der Besuch vielen Menschen möglich sein wird." Letzteres bedeutet freien Eintritt - aber nur zu diesem Bild, wie das Museum auf seiner Internetseite betont. Der Zugang zur richtigen Kunst kostet nach wie vor Geld. Die Aktion scheint so bigott wie die Attitüde des Künstlers.

Der Middle Market Squeeze macht erfinderisch. Da der Kunstmarkt in Berlin die gelebte Dauerkrise ist, scheint der Erfindungsreichtum hier auch am größten. Lorina Speder hat sich für die ZEIT vom 10. Januar unter Noch- und Ex-Galeristen der Stadt umgehört und unterschiedliche alternative Geschäftsmodelle für die Vermittlung von Kunst aufgezeichnet: "Der neue Fokus auf den Inhalt der Kunst eint die drei ehemaligen Galeriebetreiber Koal, Bar-Am und Duve. Sie möchten wieder mehr über Kunst sprechen. 'Was ich in elf Jahren erlebt habe, ist, wie wenig man eigentlich redet. Besonders bei überfüllten Eröffnungen', sagt Duve und freut sich auf eine privatere Atmosphäre in seinen neuen Räumen. Auch Koal und Bar-Am legen den Fokus wieder ganz auf die Kunst. Ob sie Vorreiter oder Aussteiger sind, wird sich zeigen." Zu erwähnen sind noch zwei weitere Beispiele: Die ehemalige Galerie Supportico Lopez betreut neuerdings das Archiv des italienischen Sammlers Francesco Conz und ist gerade mit in die Büroräume des deutschen Zweigs der mäzenatischen Organisation Outset in den Kunst-Werken gezogen, während Dan Gunn die Flucht von Kreuzberg nach London angetreten hat. Nebenbei schreibt die Autorin die Kunstmarktgeschichte um, wenn sie behauptet: „Jahrzehntelang galt, dass Ausstellungen und die daraus resultierenden Verkäufe weitere Projekte mit den Künstlern, etwa Messeteilnahmen, finanzieren.“ Tatsächlich ist es ja so, dass viele Galerien erst ernsthaft in Schwierigkeiten gekommen sind, seit auch die früher verlässlichen Messeumsätze ausbleiben, mit denen der Ausstellungsbetrieb finanziert wurde.

In seinen Voraussagen von fünf Trends, die den Kunstmarkt 2019 mit formen werden, sieht Nate Freeman für Artsy eine Umsatzdelle am oberen Ende des Marktes. In Asien sei nach der Kaufzurückhaltung der Festlandchinesen Taiwan das nächste Wachstumszentrum. Der saudische Einfluss auf dem Kunstmarkt werde sich erhöhen, nachdem der umstrittene Kronprinz Mohammad bin Salman nicht nur bei der Muttergesellschaft der Frieze-Messen, sondern auch bei der Eigentümerin der Magazine Artnews und Artforum mit größeren Beträgen eingestiegen sei. Manches Geld stinkt vielleicht doch.

Der übervolle Messekalender verleitet offenbar zum Erstellen von Listen. Monopol verzeichnet die wichtigsten Veranstaltungen des Jahres (Art Karlsruhe!), während TheArtGorgeous fünf Messen entdeckt hat, die sonst unter dem Radar laufen (Tiflis! Lagos! Adelaide!) und man im Art Newspaper von Anna Brady und Margaret Carrigan mehr über drei neue Kunstmessen erfährt, die man nicht verpassen darf. Hinter zwei dieser Veranstaltungen (Taipeh und Singapur) stecken neben Magnus Renfrew (Direktor Taipei Dangdai) Tim Etchells, Sandy Angus und Will Ramsay, die in unterschiedlichen Konstellationen bereits für einen ganzen Strauß von Kunstmessen (Art HK, Art International Istanbul, Art India, Affordable Art Fairs etc.) verantwortlich zusammengearbeitet haben.

Der französische Auktionsmarkt präsentiert sich laut Olga Grimm-Weisserts Jahresrückblick im Handelsblatt vom 11. Januar stabil: "Stattliche 1,2 Milliarden Euro - so hoch war der Gesamtumsatz der Pariser Auktionshäuser 2018. Ein Jahr zuvor waren es zwar noch 100 Millionen Euro mehr gewesen, und doch gilt der Auktionsmarkt in der Seine-Stadt als stabil. Allein die 62 im Versteigerungsgebäude Hôtel Drouot vereinigten Auktionshäuser setzten in insgesamt 1 078 Versteigerungen 376 Millionen Euro um. Erfreut stellt man fest, dass Drouot-Verbands endlich die anachronistische Tradition der Nettopreise aufgegeben hat. Dominant sind nach wie vor die großen internationalen Auktionshäuser: Sotheby's reiht sich mit 251,4 Millionen Euro vor der Konkurrenz ein."

Die Krise des Münchener Haus der Kunst schlägt Wellen bis in die USA. Nach einem Bericht von Jörg Heiser in der Süddeutschen Zeitung in der Vorwoche, berichten jetzt auch Artforum sowie Nate Freeman bei Artnews über die fragwürdige Ausstellungspolitik des Hauses. Der Fokus der Kritik hat sich dabei von der Alte Weiße Männer-Problematik zur Marktnähe der Verantwortlichen verlagert. So schnell lässt sich der Ruf einer Institution ruinieren.

Die gerade erst wieder aufgewärmte Idee vom freien Eintritt für das Berliner Humboldt-Forum hält Swantje Karich in DIE WELT für wenig sinnvoll: "Erstaunlich ist, dass Grütters selbst ein Gegenargument liefert, wenn sie sagt: Das Humboldt-Forum sei 'eben kein Museum klassischen Typs, sondern eine interdisziplinäre Bildungseinrichtung mit mehreren beteiligten Akteuren'. Wer aber generell über freie Eintritte bei öffentlichen Ausstellungshäusern nachdenkt, sollte lieber das Pilotprojekt mit einem klassischen Museum starten. Daraus lassen sich dann auch die richtigen Schlüsse ziehen."

Der Plan des niederländischen Königshauses, Kunstwerke aus eigenem Besitz nicht zuerst Museen anzubieten, sondern über Sotheby's versteigern zu lassen, stößt auf Widerstand, laut einer dpa-Meldung, nachzulesen unter anderem im Kölner Stadt-Anzeiger.

Schlappe für Helge Achenbachs Insolvenz-Verwalter: Der Versteigerungserlös von 70 bronzenen Affen-Skulpturen von Jörg Immendorff mit ohnehin zweifelhafter Authentizität habe das Landgericht Düsseldorf der Schweizer Galerie St. Gilles zugesprochen, meldet Regine Müller im Handelsblatt vom 11. Januar: " Nach Ansicht des Gerichtes waren sie damals fälschlicherweise als Teil der Insolvenzmasse des wegen Betrugs verurteilten Kunstberaters Helge Achenbach versteigert worden."

Angststörungen hätten die New Yorker Galeristin Mary Boone zur Steuerhinterziehung getrieben, argumentierten ihre Anwälte einer Monopol-Meldung zufolge, weshalb sie auf mildernde Umstände plädierten.

Zum Schluss noch ein bisschen Promi-Klatsch mit Auswirkungen auf den Kunstmarkt: Die Scheidung des Kunsthändlers David Mugrabi von seiner Ehefrau Libbie verspricht unschön zu werden, wie Ben Widdicombe in der New York Times ausführlich darlegt. Das Paar sei getrennt, seit Mrs. Mugrabi ihren Gatten nach einer Party im eigenen Haus morgens nur mit einem Handtuch bekleidet auf den nackten Brüsten eines Gastes schlafend vorgefunden habe. Einen Ehevertrag gebe es nicht. Daher müsse Mr. Mugrabi seine finanziellen Verhältnisse offenlegen, was wiederum bedeute, dass das tatsächliche Ausmaß des Vermögens der Händlerdynastie ans Licht kommen könne, das unter anderem aus ungefähr 1.000 Werken von Andy Warhol bestehen soll.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung