Optionale Cookies erlauben?

Neben technisch notwendigen Cookies möchten wir Analyse-Cookies nutzen, um unsere Zielgruppe besser zu verstehen. Mehr dazu in unserer Datenschutz­erklärung. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen.

Kobels Kunstwoche

Marina Abramovic verkauft "Schlangenöl"
Marina Abramovic verkauft "Schlangenöl"
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 3 2024

So viel Terminkollision war selten. Den Anfang machen artgenève und Brafa Ende Januar, die am selben Tag eröffnen. Es folgen eine späte Arco Madrid mit der Tefaf in Maastricht Anfang März, Expo Chicago und Art Düsseldorf im April sowie im November die Art Cologne, die sich unmittelbar nach den Termin der Artissima in Turin platziert hat, die besonders bei den in Köln dringend benötigten europäischen Avantgarde-Galerien beliebt ist. Hier drängt sich die Frage auf, wie wichtig der Kölnmesse ihre Kunstmesse ist. Nachdem man schon vor Jahren mit einer Terminrochade an der Art Brussels Porzellan zerschlagen und Cologne Fine Art beerdigt hat, müsste man dem Elefanten jetzt nicht noch unbedingt Rollschuhe anlegen.

Unter den elf Kulturtrends des vergangenen Jahres, die Christy Choi und Oscar Holland für CNN ausgemacht haben, sind nicht weniger als vier Kunstmarktthemen.

Die Auktionsbranche befinde sich in einem Käufermarkt, resümiert Christian Herchenröder die Bilanzen der internationalen Auktionshäuser für das Handelsblatt: "Dass in vielen Spitzenversteigerungen die Gesamterlöse am Rande der unteren Taxen blieben, ist ein weiteres Anzeichen einer Marktberuhigung. Nicht minder sind es niedrigere Umsätze in den Auktionen moderner und zeitgenössischer Kunst in Hongkong, die in diesem Herbst um 21 Prozent gegenüber dem Frühjahr gesunken sind. Die entsprechenden New Yorker Auktionen haben laut dem Analysten Arttactic gar um 42 Prozent abgespeckt. Angelsächsische Medien sprechen von einem 'soft market', von einem gedämpften Markt. Die Einlieferer marktbestimmender Spitzenwerke sind wegen des ökonomischen Klimas verunsichert. Hohe Zinsen und die abgekühlte Weltwirtschaft spielen immer noch eine Hauptrolle. Aber für Käufer ist es eine gute Zeit, weil es streckenweise kaum Gegenbieter gibt. 'Es ist ein echter Sammlermarkt und nicht ein Markt der Spekulanten', sagt Sotheby’s Verwaltungschef Charles Stewart."

Ihren Jahresrückblick für die FAZ leitet Anne Reimers mit der Konkurrenz von London und Paris ein: "So trug der Handel mit Luxusgütern bei Christie’s mehr denn je zum Gesamtumsatz bei, und der Standort Paris legte an Bedeutung zu. Christie’s verkaufte dort im Oktober parallel zur Messe Paris+ par Art Basel Kunst und Luxusobjekte im Wert von 136,5 Millionen Dollar – eine Steigerung von 54 Prozent im Vergleich zur Vorjahressaison. London liegt gleichwohl mit immer noch deutlichem Abstand vorn. An der Themse verkaufte Christie’s im Jahr 2023 auf Auktionen Kunst und Luxusgüter im Wert von 826 Millionen Dollar, an der Seine von 335 Millionen Dollar."

Nicht mit einstimmen in den Kunstmarkt-Blues möchte Eva Karcher, deren Rückschau im Tagesspiegel viel Positives bereithält, "behaupten sich erstaunenlicherweise gerade die Boutique-Messen mit kleinen und mittleren Galerien immer mehr. Zu den kleinsten der Miniformate zählen die zwei Jahre junge CAN Ibiza, außerdem der Nomad Circle, der wechselnde, architektonisch spektakuläre Standorte an exklusiven Orten wie St. Moritz, Capri oder Monaco wählt und Kunst, Handwerk sowie Design mixt, und als jüngste die Art & Design Tegernsee. Mit zehn Ausstellern startete sie im Herbst, darunter die Galerien Beck & Eggeling aus Düsseldorf und Wentrup aus Berlin."

Die Umsatzzahlen von Christie's hat sich Susanne Schreiber für das Handelsblatt genauer angesehen: "Und so charakterisiert [Christie's-Chef] Cerutti 2023 als 'paradoxes Jahr'. Das herausfordernde makroökonomische Umfeld hat zu Umsatzrückgang, niedrigeren Schätzpreisen, Zuschlägen an den unteren Taxen und Garantien als Sicherheit für die Einlieferer geführt. Hoffnungsträger ist neben zunehmenden Privatverkäufen der Luxussektor. Juwelen, Handtaschen, Uhren und Wein haben erstmals eine Milliarde Dollar in die Kassen gespült – das höchste Luxusgüter-Ergebnis in der Geschichte des anglofranzösischen Versteigerers. Auf Dollar-Basis ist das ein Anstieg von 53 Prozent zum Vor-Corona-Niveau."

Glimpflich scheint das Dorotheum letztes Jahr laut Nina Schedlmayer für das Handelsblatt davon gekommen zu sein: "Gab das Dorotheum für das Vorjahr einen Auktionsumsatz von 200 Millionen Euro bekannt, so wird dieser 2023 darunterbleiben. Immerhin ist er aber, wie eine Sprecherin dem Handelsblatt mitteilt, das zweitstärkste Ergebnis seit der Gründung 1707."

Ein Opfer des enttäuschenden Umsatzes seines Auktionshauses könnte Stephen Brooks sein, der nicht mehr CEO von Phillips ist, wie Stephanie Dieckvoss für das Handelsblatt am Freitag herausgefunden hat. Dass der Chef des drittgrößten Kunstauktionshauses nach einem Absturz um 15 Prozent, wie es Artnews meldet, seinen Hut nimmt, ist nicht unbedingt verwunderlich. Erstaunlich ist allerdings, dass es keines der einschlägigen Organe Artnews, Artnet oder Art Newspaper mitbekommen hat. Anscheinend sind die drei so damit beschäftigt, voneinander abzuschreiben oder Unternehmensmitteilungen zu verarbeiten, dass für die Beobachtung anderer Medien oder gar für eigene Recherchen keine Zeit bleibt.

Im nicht endenwollenden Rachefeldzug Dmitry Rybolovevs gegen Yves Bouvier steht jetzt Sotheby's in New York vor Gericht. Ursula Scheer erklärt in der FAZ: "Doch um Bouvier geht es nur noch mittelbar. Im Fokus stehen nun Schriftwechsel, aus denen ersichtlich werden soll, wer was über die Rollen und Kenntnisse der anderen bei den Transaktionen wusste. Eine Schlüsselfigur ist der bei Sotheby’s im Privatkundengeschäft tätige Samuel Valette. Er war an der Taxierung des 'Salvator Mundi' ebenso wie des 'Kopfs' beteiligt. In Absprache mit Bouvier, der Rybolowlew Verhandlungen mit Dritten vorgaukelte, und womöglich im Wissen darum? Sotheby’s habe keine Kenntnis von solchen Lügen gehabt, konterte vor Gericht eine der Anwältinnen des Auktionshauses." Während seiner Aussage in diesem Prozess erklärte ein ehemaliger FBI-Experte, woran man einen unseriösen Kunstvermittler erkennt. David Cassady fasst für Artnews zusammen.

Währenddessen schreitet die Konzentration im Mittelmarkt auch in den USA weiter voran: "Das Chicagoer Auktionshaus Hindman Auktionshaus wird mit dem in Philadelphia ansässigen Unternehmen Freeman's fusionieren, dem ältesten Unternehmen seiner Art in den Vereinigten Staaten", meldet Artnews. "Durch den Zusammenschluss werden die beiden zum größten mittelgroßen Auktionshaus mit Schwerpunkt auf amerikanischer Kunst. Die beiden Auktionshäuser verfügen über sechs Auktionssäle und 18 Büros, die sich alle in den USA befinden. Zusammengenommen übertrifft dies die Präsenz von größeren globalen Auktionshäusern wie Christie's, Sotheby's und Phillips."

Der französische Investment-Fond ArtNova, dem bereits die BeauxArts-Gruppe (mit dem gleichnamigen Magazin und dem Quotidien de l'Art) hat laut einer Meldung von Jo Lawson-Tancred bei Artnet Art Markets Minds, den Veranstalter der Art Business Conference gekauft.

Mit der reißerischen Drohung in der Überschrift, ein neues Anti-Geldwäschegesetz könne Künstler ins Gefängnis bringen, weist die Anwältin Hannah Cole bei Hyperallergic auf einen für EU-Bürger erstaunlichen Umstand hin. Laut eines neuen Gesetzes, müssen als LLC registrierte Unternehmen - in diesem Fall der "kleine GmbH" genannte UGs vergleichbare Firmen - den Behörden ihren beneficial owner bekanntgeben. Das Versäumnis, ein entsprechendes Formular einzureichen, könne eine Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren nach sich ziehen. Für hiesige Gebräuche ungewöhnlich sind weder die Höhe der möglichen Strafe, noch dass das Gesetz auch als Kapitalgesellschaft arbeitende Künstler betrifft, sondern der Umstand, dass bisher in einigen US-Staaten solche Gesellschaften ins Firmenregister eingetragen werden konnten, ohne dass sich der Anmelder ausweisen musste.

Sorgfaltspflichten werden im Kunsthandel zunehmend wichtiger, für den Handel und Sammler gleichermaßen, wollen sie oder ihre Erben keine bösen Überraschungen erleben. Für das Handelsblatt war ich auf der Suche nach so etwas wie einem Leitfaden ( - vergeblich).

Die nicht ganz unproblematische Praxis einiger Künstler, ihre eigenen Werke rückzudatieren, thematisiert Hubertus Butin in der FAZ: "Im Gegensatz zu Ernst Ludwig Kirchner ging es Giorgio de Chirico also nicht um die Herstellung eines höheren ideellen Werts; vielmehr zielte er auf eine banale Gewinnmaximierung. Gemeinsam ist beiden Künstlern jedoch, dass sie die Datierungen in betrügerischer Absicht gefälscht und ganze Generationen von Kunsthistorikern, Händlern und Sammlern hinters Licht geführt haben. Datierungen sind also keineswegs immer korrekt, nur weil die Künstler oder Künstlerinnen sie auf ihren Werken selbst vorgenommen haben."

Marina Abramovic scheint dringend Geld zu brauchen. Sie verkauft jetzt unter ihrem Namen Langlebigkeitsprodukte. Jo Lawson-Tancred beschreibt bei Artnet leicht belustigt über das Angebot, erwähnt jedoch nicht, dass zum Beispiel bei der "Energy"-Rezeptur Alkohol die Hauptzutat ist. Das 4er-Set Pipettenfläschchen kostet schlappe 459 Pfund.

Newsletter

Die neuesten Ausgaben von Zilkens Newsblog und Kobels Kunstwoche direkt per E-Mail erhalten.
Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung