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Kobels Kunstwoche

Handelsblatt-Redakteurin Susanne Schreiber bei einem Talk in Köln. Auch online: https://vimeo.com/1045356929
Handelsblatt-Redakteurin Susanne Schreiber bei einem Talk in Köln. Auch online: https://vimeo.com/1045356929
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 3 2025

Das vergangene Jahr war weitgehend wieder einmal ein Montag, und 2025 verspricht recht turbulent zu werden. Rück- und Ausblicke prägen die Berichterstattung der letzten Wochen. Ursula Scheer hat in der FAZ eine Bildstrecke mit den Top Ten-Zuschlägen des letzten Jahres zusammengestellt. Im vergangenen Jahr mussten die großen globalen Auktionshäuser kräftige Umsatzrückgänge verkraften. Susanne Schreiber ordnet im Handelsblatt das Geschehen ein: „Die Saison verzeichnet vereinzelt zwar sehr hohe Zuschläge, doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen, weil das Angebot insgesamt schwächer war als in den Coronajahren. Denn wer nicht wegen Scheidung, Schulden oder Erbteilung verkaufen muss, wartet auf ökonomisch bessere und geopolitisch stabilere Zeiten. Bietet sich aber eine einmalige Gelegenheit, halten sich finanzkräftige Käuferinnen und Käufer keineswegs zurück. Ein paar Beispiele: So besetzt Christie’s die ersten beiden Positionen der teuersten Objekte des Jahres 2024 mit Malerei. Spitzenreiter ist mit 121 Millionen Dollar René Magrittes 'L’ Empire des Lumières', ein surrealistisches Bild, das zugleich den Tag und die Nacht schildert. Ed Ruschas Ansicht einer Tankstelle mit einem flatternden Comic-Heft in der Luft, 'Standard Station', erlöste im selben Haus 68 Millionen Dollar. Mit 65,5 Millionen Dollar folgt Sotheby’s mit Claude Monets hochformatigem Gemälde 'Seerosen' aus der Sammlung Sydell Miller“.

Wegen des schwächelnden Geschäfts mit Kunst suchten die Versteigerer nach Alternativen, beobachtet Scott Reyburn für die New York Times: „Josh Pullan, Sotheby's globaler Leiter der Luxusabteilung, sagte, dass der Verkauf solcher Waren wohlhabende Kunden anzieht, die mit der Zeit vielleicht anfangen, hochwertige Kunst zu kaufen. „Luxuskategorien sind für uns ein wichtiges Tor für neue, oft jüngere Sammler“, fügte er hinzu. Im vergangenen Jahr machte der Luxusbereich etwa 33 Prozent des Umsatzes bei Sotheby's aus, verglichen mit 16 Prozent bei Christie's, so die Kommunikationsteams der Unternehmen. Aber diese Kategorie zog mehr Käufer an als Kunst. [...] Christie's gehört dem Luxusgüter-Milliardär François-Henri Pinault, dessen Kering-Konglomerat ebenfalls von sinkenden Umsätzen betroffen ist. Nachdem Christie's 2014 Auktionen für Handtaschen eingeführt hatte, muss das Unternehmen nun mit dem Angebot von Sotheby's an Luxusartikeln und Sammlerstücken, wie Dinosaurierskeletten, aufholen.“

Das Personalkarussell bei den großen Auktionshäusern dreht sich weiter und anscheinend immer schneller. Jetzt ist der CEO von Phillips zurückgetreten. Sein Nachfolge wird der bisherige Chief Legal Officer Martin Wilson. Monopol und FAZ berichten. Due Schließung der Niederlassung von Sotheby's in Österreich meldet Olga Kronsteiner im Standard.

Derweil versucht Sotheby's den Geist ihres neuen Preismodells wieder zurück in die Flasche zu bekommen. Stephanie Dieckvoss erläutert den Rückzieher für das Handelsblatt: „In einer radikalen Kehrtwende hebt Sotheby’s die vor einem Jahr reduzierten Kommissionen auf Auktionen für Einlieferer und Käufer wieder an. Man „habe auf den Markt” gehört, heißt es in einer Kundenmitteilung des Hauses. Ab Februar werden maßgeschneiderte Gebühren für Einlieferer angeboten, die nicht veröffentlicht werden. Nach der angestrebten Transparenz geht es nun in die entgegengesetzte Richtung, nämlich die totale Verhandlungsfreiheit für das Haus. Diese wird aber sicher viel Zeit kosten.“

Mit kleineren und vor allem heimischen Brötchen begnüge sich mittlerweile der Marktplatz Großbritannien, berichtet Anne Reimers aus London für die FAZ: „Die internationalen Auktionshäuser konzentrierten sich an der Themse am Ort ihrer Gründung wieder verstärkt auf britische Kunst und das Traditionsgeschäft mit Alten Meistern. Im Sommer erging bei Christie’s der Zuschlag für eine Darstellung Tizians der Heiligen Familie auf der Flucht nach Ägypten bei 15 Millionen Pfund. Im Dezember kam ein von Sotheby’s als „Entdeckung des Jahres“ gefeiertes Renaissance-Gemälde Sandro Botticellis, „The Virgin and Child enthroned“ zur Auktion. Gebote von acht Konkurrenten trieben den Zuschlagspreis auf 8,6 Millionen Pfund.“

Der französische Auktionsmarkt habe sich hingegen positiv entwickelt, resümiert Aurélie Tanaqui im Handelsblatt: „Dennoch erzielten sie beeindruckende Ergebnisse und blicken auf ein Jahr mit außergewöhnlichen Verkäufen, historischen Rekorden und neuen Initiativen zurück. Das Drouot, unter dessen Dach mehrere unabhängige Auktionshäuser arbeiten, erreichte einen Umsatz von 662,9 Millionen Euro, ein Anstieg von 4,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. [...] Neu war die Einführung von drouot.immo, einer Plattform für Immobilienauktionen. Mit einem Umsatz von 65 Millionen Euro verzeichnete Piasa ein Wachstum von acht Prozent gegenüber 2023 und baute seine führende Rolle in den Bereichen Design und zeitgenössische Kunst weiter aus.“ Bettina Wohlfarth schreibt in der FAZ: „Betrachtet man die Umsätze der französischen Versteigerungsunternehmen aber über einen weiteren Zeitraum, zeigt sich ein stetig wachsender Markt, der trotz geopolitischer Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheiten seine Attraktivität bewahrt. Im Duell an der Spitze zwischen den Marktführern Christie’s und Sotheby’s schob sich 2024 das Haus von François Pinault mit Geschäften über 384 Millionen Euro auf den ersten Platz. Ein Plus von fast 24 Prozent machte Christie’s zum Umsatzgewinner des Jahres. Gelungene Akquise spielte dabei eine ebenso wichtige Rolle wie ein Gefühl für ausgewogene Schätzpreise in einem eher kühlen Investitionsklima.“

Den asiatischen in Rück- und Vorschau betrachten Vivienne Chow und Cathy Fan für Artnet (evtl. Paywall): „Japan hat sich auf der internationalen Bühne still und leise zurückgemeldet. Die japanischen Künstler Yayoi Kusama, Yoshitomo Nara und Takashi Murakami sind nach wie vor die meistverkauften lebenden Künstler aus Asien, und das Land hat laut Artnet Price Database nach China den zweitgrößten Auktionsmarkt in der Region. Auch auf internationalen Kunstmessen haben japanische Sammler kräftig zugeschlagen. Veranstaltungen wie Art Collaboration Kyoto und Art Week Tokyo ziehen weltweit Aufmerksamkeit auf sich“.

Den japanischen Kunstmarkt hat Clare McAndrew für die japanische Kulturbehörde untersucht. Louis Lu fasst die Ergebnisse des Reports „The Japanese Art Market 2024“ (PDF) bei Art Asia Pacific zusammen: „Dennoch haben die Primärverkäufe stetig an Boden gewonnen, wobei der Anteil am gesamten Transaktionswert allmählich von 35 Prozent im Jahr 2022 auf 42 Prozent im Jahr 2023 gestiegen ist. Dieses Wachstum spiegelt sich auch in der Zunahme der durchschnittlichen Anzahl der von Galerien vertretenen Künstler wider, die von 20 im Jahr 2022 auf 27 im Jahr 2023 stieg. Die Umfrage zeigte jedoch eine kommerzielle Realität auf: Trotz der wachsenden Zahl an vertretenen Künstlern stammten bei den meisten Galerien über 40 Prozent der Einnahmen von den drei kommerziell erfolgreichsten Künstlern. Die übrigen Künstler erwirtschafteten bescheidenere Erträge, benötigten aber dennoch erhebliche Unterstützung bei Ausstellungen, Produktion und Werbemaßnahmen. Der Bericht stellte fest, dass die aggregierten Händlerumsätze zwar um neun Prozent zurückgingen, kleinere Galerien mit einem Jahresumsatz von unter 500.000 US-Dollar jedoch einen unerwarteten Aufwärtstrend bei den Verkäufen verzeichneten. Vielleicht ist größer in der Kunstwelt nicht immer besser.“

Personalien, Pleiten und andere Schlagzeilen des vergangenen Jahres haben Vivienne Chow, Margaret Carrigan, Eileen Kinsella, Annie Armstrong für Artnet zusammengetragen. Voraussagen für 2025 von Marktteilnehmern hat Artnews gesammelt. Ein ganzes Dossier zum Jahr 2024 hat Artnews zusammengestellt.

Das nächste Jahr werde von drei Phänomenen geprägt, glaubt Margaret Carrigan bei Artnet (evtl. Paywall) - Künstlicher Intelligenz, einem Generationswechsel und dem Bedeutungszuwachs der Golfregion: „Es besteht jedoch die weit verbreitete Hoffnung, dass das Schlimmste hinter uns liegt. Ich für meinen Teil bin bereit, an die Kraft des positiven Denkens zu glauben, aber ich glaube nicht, dass wir auf einen umfassenden Aufschwung zusteuern. Stattdessen verspricht das Jahr 2025 Veränderungen – und Veränderungen können gut sein.“

Die neuen Regeln zur Mehrwertsteuer auf Kunst in der EU und ihre möglichen Konsequenzen erklärt Devorah Lauter bei Artnews: „Die Richtlinie 2022/542 erlaubt es den Mitgliedstaaten, die Steuern auf Kunstverkäufe zu senken, vorausgesetzt, der Steuersatz liegt über 5 Prozent, wobei sie gleichzeitig ihr bisheriges, komplexeres Steuersystem aufgeben müssen. Für das neue System haben Frankreich und Deutschland ihre Mehrwertsteuer auf Kunstverkäufe auf 5,5 bzw. 7 Prozent gesenkt oder beibehalten, während andere, wie die Niederlande, eine Erhöhung planen und wieder andere, wie Belgien und Italien, noch nicht bekannt gegeben haben, was sie tun werden. Es wird nicht erwartet, dass das EU-Führungsgremium Mitglieder bestraft, die ihre Mehrwertsteuergesetze nicht bis zum 1. Januar in Ordnung gebracht haben, und vorerst können diese säumigen Länder ihr bisheriges Steuersystem beibehalten. Das neue Mehrwertsteuersystem, das einige der Einzelheiten jedem Land selbst überlässt, wird jedoch für einige regionale Kunstmärkte ein großer Segen sein, während es anderen schaden wird.“

Die Pressemitteilung zur „Reform der Beratenden Kommission durch die Einrichtung einer Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubgut“ hat es in die internationalen Medien geschafft. Adam Schrader berichtet für Artnet.

Die Entwicklungen im Fall der Pleite der Münchener Galerie Thomas beschreibe ich im Handelsblatt.

Den Abgang der Handelsblatt-Redakteurin Susanne Schreiber beklagt Ursula Scheer in der FAZ: „Die Kunsthistorikerin Susanne Schreiber, von 2004 an Leiterin der Kunstmarktredaktion im 'Handelsblatt', geht in den Ruhestand. Ihre Texte hätten sich über Jahrzehnte als 'Must-Read in der Kunstszene etabliert', sagt die stellvertretende 'Handelsblatt'-Chefredakteurin Kirsten Ludowig. 'Dafür danken wir ihr herzlich.' Seit Jahresbeginn konzeptionieren und produzieren Jan Kohlhaas und Stefan Weixler von der 'Zeit'-Kunstmarktzeitung 'Kunst und Auktionen' (früher 'Antiquitätenzeitung'), die redaktionell mit dem 'Weltkunst'-Magazin der 'Zeit' verschränkt ist, die Kunstmarktberichte für das 'Handelsblatt'.“ Als wäre der Verlust der versierten und souveränen Marktkennerin nicht genug, wird der Kunstmarkt im Handelsblatt von wöchentlich zwei Doppelseiten auf eine reduziert. Das Gespräch über „Kunst & Geld“, das Susanne Schreiber im letzten Herbst mit Stephan Zilkens und mir in Köln auf Einladung der Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig geführt hat, ist jetzt als Video online.


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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung