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Alten Wein in neuen Schläuchen anzubieten, scheint seit einiger Zeit als letzter Rettungsanker gegen das Absinken in die völlige Inhaltsleere zu gelten. Larissa Kikol erläutert in der ZEIT vom 3. August die neue Einfallslosigkeit am Beispiel der Berufung vieler Künstler auf Marcel Duchamp: "Wer keine Ideen mehr hat, aber trotzdem teure Kunst verkaufen möchte, der setzt ein neues Readymade in den Raum und behauptet, dass es an die Erfindung Duchamps sowie die entsprechenden historischen Debatten erinnert. Schon ist ein symbolischer Wert erzeugt, den sich Händler teuer bezahlen lassen. Dazu tragen auch jene Autoren bei, die in Ausstellungs- und Auktionskatalogen die Duchamp-Referenz für eine angeblich intellektuelle Tiefe heranziehen. Duchamp wird auf diese Weise zum Allheilmittel gegen die Ideenarmut. Gekauft werden demnach nicht der kupferne Flaschentrockner von Huws oder die Jägermeisterflaschen von Kimura, sondern ein fast heiliges Symbol für das verstorbene Genie."
Es hätte ein spannendes Interview zu den unterschiedlichen Museumskulturen in den USA und Europa sowie der Rolle der Institutionen im Kunstmarkt werden können, das Rose-Maria Gropp mit Max Hollein für die FAZ geführt hat: "Einerseits ist das Verhältnis zwischen dem Kunstmarkt und den amerikanischen Museen ein deutlich engeres. Das hat eben mit der Struktur der Governance zu tun und trifft insbesondere auf Museen für moderne und zeitgenössische Kunst zu. Weil die Aufsichtsräte der Museen oft auch mit Sammlern besetzt sind, die am Kunstmarkt sehr aktiv sind, ist da eine viel größere Nähe, als wenn im Aufsichtsrat der Kulturminister sitzt. Ich sehe das aber prinzipiell nicht negativ. Es ist natürlich klar, dass ein großer Mäzen, der, sagen wir, eine Vorliebe hat für Jean-Michel Basquiat, insbesondere eine Erwerbung von Basquiat seitens des Museums unterstützen würde. Nicht, weil er denkt, okay, jetzt beeinflusse ich den Markt. Aber weil er natürlich selbst ein Basquiat-Sammler ist, er findet das wichtig."
Den Kunstmarkt im Internet zu erfassen, abzugrenzen gegen das traditionelle Geschäft oder gar qualitativ zu bewerten, ist aktuell die größte Herausforderung für die Verfasser von Studien, Investoren und Unternehmer. Für das Handelsblatt vom 4. August habe ich versucht, einen Überblick zusammenzustellen: "Abgesehen von den Schwierigkeiten, die quantitative Erhebungen zum Kunstmarkt generell bereiten, kommt bei der Betrachtung des Onlinehandels das Problem der Abgrenzung hinzu: Sind über den Computer oder das Smartphone abgegebene Gebote auf traditionellen Auktionen Onlineverkäufe? Wie ist ein Galerieverkauf zu werten, bei dem ein Sammler im Netz auf ein bestimmtes Kunstwerk aufmerksam geworden ist und dann die Galerie besucht hat? Wem sind Verkäufe über Internetportale zuzurechnen: dem Portal oder der Galerie, die das Kunstwerk dort eingestellt hat - oder fließen sie am Ende gar doppelt in die Studien ein?"
Wie Mark Grotjahn den Markt für sein eigenes Werk steuert und kontrolliert, erläutert Robin Pogrebin in der New York Times.
Es gibt ein Leben nach der Galerie. Eilen Kinsella und Caroline Goldstein haben für Artnet einige Ex-Galeristen zu ihren Erfahrungen befragt.
Londons immer noch horrende Immobilienpreise führten nicht nur zu einem Rückgang der Wohnbevölkerung, sondern trockneten auch die Kulturszene aus, stellen Kate Hardy und Tom Gillespie für den Guardian fest.
Über geringe Erfahrung mit dem Kunstmarkt scheint Viola Schlenz zu verfügen, wenn sie in ihrer Rezension für die Süddeutsche Zeitung den x-ten Ratgeber eines Beratungs-/Auktionshaus-/Finanzexperten lobt, der eine Ansammlung von Gemeinplätzen sein muss: "Hat ein Künstler gerade keine Konjunktur, lassen sich seine Werke günstiger auf einer Auktion als in einer Galerie erwerben, so Woodham. Galeristen tendierten dazu, in einer solchen Phase die Preise künstlich hochzuhalten. Grundsätzlich gelte: Entscheidend ist weniger die Bedeutung eines Kunstwerks als vielmehr sein Alleinstellungsmerkmal, die Positionierung einer Marke, eines Stils."
Wer glaubt, das deutsche Kulturgutschutzgesetz wäre ein beispielloses Enteignungsinstrument, sollte sich die Geschichte von Jaime Botin zu Gemüte führen. Lorena Munoz-Alonso berichtet bei Artnet von dem nun schon seit zwei Jahren andauernden Prozess um einen beschlagnahmten Picasso, den der Milliardär trotz Exportverbots auf seiner Jacht mit sich führte. Jetzt fordere der Staatsanwalt neben der Enteignung auch noch eine Geldstrafe in Höhe von 100 Millionen Euro und eine vierjährige Haftstrafe.
Auch der spanische Staat scheint auch ansonsten mit seinem Gesetz zum Schutz nationalen Kulturguts eigenwillig umzugehen. Clementine Kügler berichtet in ihrem Halbjahresrückblick für die FAZ vom 5. August von einem Gemälde, das bisher Diego Velázquez lediglich zugeschrieben ist: "Der spanische Staat hatte für das kleine Meisterwerk ein Exportverbot ausgesprochen, weil es sich um spanisches Kulturgut handle und weil mit seiner Hilfe Licht in die noch wenig erforschte Frühphase des Meisters gebracht werden könne. 'Alles deutet darauf hin, dass nähere Studien ergeben werden, dass es sich um ein Bild von Velázquez handelt', so Kulturstaatssekretär Fernando Benzo. Erworben hat das Bild aber ein ungenannter spanischer Sammler, zum Schätzpreis von acht Millionen Euro; aus Spanien ausführen kann er es nicht. Der Staat hätte freilich in diesem Fall von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen können, das heißt, das Werk zum in der Auktion erzielten Preis erwerben; das geschah allerdings nicht."
DIE WELT kann auch ehrlich: "Es ist Sommer, wir haben nichts zu tun und wissen nicht, wohin mit unseren Aggressionen: Lassen wir sie an Künstlern oder Werken aus, die eigentlich alle gut finden. Stoßen wir unsere Heiligen vom Sockel. Dieser Artikel ist Teil 6 unserer Serie 'Denkmalsturz'." Aktuell Van Gogh mit Links zu allen bisher erschienen Prokrastinationen.