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Kobels Kunstwoche

Sommer III/III; Foto Stefan Kobel
Sommer III/III; Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 33 2023

Im dritten und letzten Teil des Halbjahresrückblicks geht es um alles im Kunstmarkt, was nicht Kunstmesse oder Auktion ist, also um das Wesentliche.

Nach einem halben Jahrhundert kehrt die Galerie Michael Werner Köln den Rücken, meldet Andi Goral im Januar bei report-K: "Michael Werner konzentriert sich auf seine Galeriereäume in Berlin in der Hardenbergstraße 9a und will dort seine Arbeit fortsetzen. Im Oktober 2021 zeigte er dort im Provisorium Arbeiten von Markus Lüpertz. Jetzt schließt Werner das Provisorium mit der Ausstellung 'Footprints of a collector: Reiner Speck – Mallarmé, Broodthaers et les autres'. Ab Februar geht es dann im Erdgeschoß weiter, wo seit Monaten umgebaut wird. Hier will sich Werner der Kunst des 19. bis 21. Jahrhunderts auseinandersetzen und die kunsthistorische Entwicklung der letzten Jahrzehnte darstellen und kommentieren."

Nach NFTs könnte von Künstlicher Intelligenz, kurz KI, erzeugte Kunst das nächste Thema sein, das den Kunstmarkt in Wallung geraten lässt. Stephan Scheuer erklärt das Phänomen im Handelsblatt: „Die Frage des geistigen Eigentums sei auf den ersten Blick leicht zu beantworten, sagte Sarah Polcz von der Juristischen Fakultät der Stanford Universität. 'Ein Kunstwerk, dass ausschließlich von künstlicher Intelligenz geschaffen wurde, unterliegt keinem Urheberrechtsschutz.' Das bedeute, dass jeder so ein Werk frei kopieren könnte. […] Die Frage des Urheberrechts gehe aber beim Einsatz von KI in der Kunst noch einen Schritt weiter, argumentierte Polcz. 'Manche KI-Modelle werden mit Material trainiert, das per Urheberrecht geschützt sein kann', sagte Polcz. Der Reiz einige KI-Systeme liege gerade darin, den Stil eines bekannten Künstlers imitieren zu können. Genau dort beginnt das nächste Problem. Bis wann ist ein Werk von einem bekannten Künstler inspiriert und wann ist es eine Kopie? In der Musikindustrie wird diese Fragen bereits vor Gericht ausgetragen.“ Ausführlich beleuchtet Sebastian Meineck die rechtlichen Fragen von KI-geschaffener Kunst bei Netzpolitik.org.

And the winner is: Dubai! Als sanktionsfreier Raum sei die Finanzoase nicht nur für Russen interessant, hat Sophia Kishkovsky für das Art Newspaper herausgefunden: „Benedetta Ghione, die Geschäftsführerin der Art Dubai, der führenden Kunstmesse in der Golfregion, sagt: 'Seit der Pandemie erlebt Dubai einen wirtschaftlichen Aufschwung und einen Zustrom wohlhabender Menschen aus der ganzen Welt, darunter internationale Sammler und Künstler. In Dubai ansässige Galeristen, die mit russischen Kunden arbeiten, sprechen ebenfalls von einem nie dagewesenen Zustrom von Russen.'“

Zu allem oben Erwähntem passt die Nachricht von Mitte Februar, dass der chinesische Sammler und Unternehmer Adrian Cheng (K11 Art Mall und K11 Art Foundation in Hongkong) Co-Vorsitzender der in Hongkong beheimateten Meta Media Group wird, der neben Modezeitschriften auch ArtReview gehört. Gemeldet wird die Nachricht nicht nur von Zinnia Lee bei Forbes, sondern auch von Denni Hu bei Women's Wear Daily von der Penske Media Group, die ihrerseits kürzlich Artforum erworben hat.

Kostenloser Museumseintritt sorge nicht nur für deutlich höhere Besucherzahlen, sondern auch für ein diverseres und jüngeres Publikum, so das Ergebnis einiger Langzeit-Versuche in Kalifornien, deren Ergebnisse Lori Finkel für das Art Newspaper zusammenfasst.

Die fragwürdige Rolle der Emirate als Krisengewinnler beleuchtet Ursula Scheer in der FAZ vom 25. Februar: Die Vereinigten Arabischen Emirate machen nicht mit bei den Sanktionen, und so wurde Dubai – während der Pandemie schon Zuflucht für Reiche, die Corona-Beschränkungen andernorts entgehen wollten – zum sicheren Hafen für vermögende Russen. Zu Wasser kommen sie mit ihren Luxusjachten, zu Luft in Privatjets, zu Land kaufen sie sich ein. Seit Kriegsbeginn in der Ukraine haben Immobilienpreise und Lebenshaltungskosten in Dubai kräftig angezogen. Der 'Art Basel and UBS global art market report' verzeichnet für 2022 eine Belebung des Handels mit Luxusgütern und Kunstwerken zwischen Russland, den Golfstaaten und der Türkei – als Konsequenz westlicher Sanktionen. Halb Moskau sei praktisch in Dubai, heißt es schon“.

Art Lending scheint (wieder einmal) zu boomen, hat Georgina Adam Mitte März für das Art Newspaper herausgefunden: „Es gibt zwei Hauptgruppen von Akteuren: spezialisierte Kreditgeber, die Kunst und andere Vermögenswerte beleihen, und Banken, die als Teil ihrer Dienstleistung Kredite an ihre Kunden vergeben, wobei deren Kunst und andere Vermögenswerte als Sicherheiten dienen. Sotheby's Financial Servicesgehört zur ersten Kategorie. Quellen zufolge beläuft sich das Gesamtportfolio an Kunstkrediten auf rund 1 Milliarde US-Dollar und soll zwischen 2021 und 2022 um 50 % wachsen. Selbst wenn man berücksichtigt, dass 2021 ein schwieriges Jahr ist, ist das beeindruckend. Und das Unternehmen kurbelt sein Geschäft an, indem es High-End-Käufern bei Auktionen mit einem Wert von mehr als 2 Mio. USD einen Sofortkredit in Höhe von 50 % des Zuschlagspreises anbietet. 'Vom Antrag bis zur Finanzierung in 30 Tagen', wirbt das Unternehmen.“

Die Russland-Sanktionen machten den Kunstmarkt zu einer der am meisten regulierten Branchen, erklärt Paula Trommel im Art Newspaper: „Traditionell heißt es über den Kunstmarkt, er sei der letzte unregulierte Markt. Diese Behauptung war nie ganz richtig, aber jetzt stimmt sie immer weniger. Nicht nur verschiedene Gesetze wie Sanktionen und Verbote gelten für den Kunstmarkt im Allgemeinen, sondern ein Großteil des Kunstmarktes unterliegt auch den Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche. Die USA haben bereits das Anti-Geldwäsche-Gesetz erlassen, das den Handel mit Antiquitäten in den geldwäscherelevanten Sektor der USA einbezieht, und ein Gesetz, das Kunst und Sammlerstücke einbezieht, wird derzeit geprüft. Es sieht also so aus, als würde der Kunstmarkt nach und nach tatsächlich stärker reguliert werden.“

KI ist im Kunstmarkt angekommen! Shanti Escalante-De Mattei hat für Artnews eine Ausstellung bei Gagosian besucht: „Das Aufkommen von KI-Textgeneratoren und Chatbots wie Chat GPT und Bing (oder heißt sie Sydney?) im letzten Jahr hat die Annahme erschüttert, dass Kreativität die alleinige Domäne von Menschen und anderen Lebewesen ist. Aber während Bildgeneratoren wie DALL-E und Midjourney die visuellen Äquivalente sind, ist die gleiche Krise in der Kunstwelt noch nicht ganz angekommen. Vielleicht liegt das daran, dass es an Gelegenheiten mangelte. Nicht länger! Anfang dieser Woche eröffnete die Mega-Galerie Gagosian eine Ausstellung mit Werken von DALL-E, das wie seine Konkurrenten, die KI-Bildgeneratoren, eine einfache Texteingabe in Sekundenschnelle in ein Bild verwandeln kann. Könnte mich dort eine Krise erwarten? (Ja).“

Alle Jahre wieder im April erstellt Clare McAndrew für die Art Basel und die UBS einen Marktreport (PDF). Die Zusammenfassung am Anfang des Reports hat Eileen Kinsella für Artnet noch einmal heruntergekocht. Im Standard hat Olga Kronsteiner einen zusammenhängenden Text zu den wichtigsten Punkten formuliert.

Warum die Mega-Galerien in letzter Zeit ständig neue Künstlernamen in ihr Portfolio aufnehmen, versuchen Alex Greenberger, Daniel Cassady und Angelica Villa für Artnews herauszufinden: „Die New Yorker Kunstberaterin Lisa Schiff erklärte gegenüber ARTnews, dass viele dieser Talente erst nach der Ermordung von George Floyd durch die Polizei im Mai 2020 und der darauffolgenden Race-Diskussion in der Kunstwelt und in anderen Branchen angeworben wurden. Alle Galerien, nicht nur die großen, haben ihre Künstlerlisten während der Pandemie deutlich aufgestockt. Und das meiste (aber nicht alles) geschah in einem Rausch, um einer inklusiveren Kunstwelt gerecht zu werden, deren Geschichte neu geschrieben werden muss und wird", so Schiff. 'Viele der Ergänzungen wurden in aller Eile vorgenommen, und doch war Eile geboten, wenn man bedenkt, wie spät wir ins Spiel gekommen sind.'“

Die Auswirkungen der Inflation auf den Kunstmarkt diskutiert die Kunsthändlerin Jane Kallir im Art Newspaper: "Im Moment kaufen jedoch viele Sammler, verängstigt durch die jüngsten wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten, entweder weniger teure Werke oder gar keine. Je länger dieser Trend anhält, desto wahrscheinlicher ist es, dass er die kopflastige Struktur des Kunstmarktes zum Kippen bringt, die von einer winzigen Gruppe superreicher Sammler und den sie bedienenden Auktionshäusern und Mega-Händlern getragen wird."

Der New York Times war das Gallery Weekend Berlin 2019 das letzte mal einen Bericht wert. Dabei herrschen an der Spree in diesem Frühjahr Vielfalt und Aufbruchstimmung wie selten in letzter Zeit. Kevin Hanschke fasst in der FAZ zusammen: „Insgesamt ist Identität, ob soziale, politische oder digitale, einer der roten Fäden, die das Wochenende zusammenhalten. […] Der Zuspruch der internationalen Besucher und Sammler übertreffe beim diesjährigen Gallery Weekend die Erwartungen und liege über vorpandemischem Niveau, sagt Maike Cruse, die die 19. Ausgabe des Wochenendes verantwortet. Mit 55 Galerien und fast neunzig präsentierten Künstler ist es besonders vielfältig. Unter den Neuzugängen sind dieses Mal bekannte Namen des Kunstmarkts, etwa der Kunsthandel Werner oder die seit 1971 bestehende Galerie Nothelfer. Auch die parallel stattfindende siebte Ausgabe der Messe paper positions stellt mit 56 internationalen Galerien aus zwölf Ländern einen neuen Rekord auf.“

Entsteht da gerade ein Derivate-Markt im Kunsthandel? Judd Tully enthüllt im Art Newspaper neueste Entwicklungen um die guarantied bids der großen Auktionshäuser: „Der Markt für Drittgarantien - die Auktionshäusern und Verkäufern ein nützliches Instrument zur Absicherung ihrer Wetten bieten - zeigt keine Anzeichen einer Verlangsamung und wird im Jahr 2022 wahrscheinlich ein Rekordvolumen von 3,4 Mrd. $ erreichen. The Art Newspaper hat jedoch einen dunkleren, weniger bekannten Markt entdeckt, auf dem Drittparteien einen Teil ihrer Garantien an anonyme Partner verkaufen und so sowohl die Risiken als auch alle Gewinne teilen. Zu den größten Namen in diesem Spiel gehören die Kunsthändlerfamilie Nahmad, der Megahändler Larry Gagosian und der Milliardär und Sammler José Mugrabi. Sie alle sind dafür bekannt, dass sie regelmäßig Garantien oder unwiderrufliche Gebote für Werke im Austausch für eine ausgehandelte finanzielle Gebühr des Auktionshauses abgeben. Es ist unwahrscheinlich, dass Gagosian und Mugrabi für ihre millionenschweren Garantien eine helfende Hand brauchen, aber es wird davon ausgegangen, dass die beiden die Garantien hin und her tauschen.“ Überraschend auch, dass in diesem und ähnlichen Zusammenhängen immer wieder dieselben Namen fallen.

Die bekannte New Yorker Kunstberaterin Lisa Schiff sieht sich mit Betrugsvorwürfen konfrontiert, berichtet Rhea Nayyar für Hyperallergic: „Erst nach einer persönlichen Konfrontation letzte Woche, am 8. Mai, soll Schiff der Ehefrau von Grossman gesagt haben, dass das Geld nicht da sei und sie sich an ihren Anwalt wenden solle. In der Klage heißt es, Schiff habe sich später per SMS entschuldigt und gesagt: 'Es ist einfach kompliziert.' In der Klage wird behauptet, der Vorfall mit [dem Gemälde von Adrian] Ghenie sei 'Teil eines viel größeren Schneeballsystems', bei dem Schiff angeblich Geld von einem Kunden nimmt, um einen anderen zu bezahlen und so ihren 'ausschweifenden Lebensstil' zu finanzieren.“

Die Firma der New Yorker Kunstberaterin Lisa Schiff scheint ihren Betrieb eingestellt zu haben, meldet Alex Greenberger bei Artnews, und er berichtet von weiteren Vorwürfen.

Ins Gefängnis müssen die Einbrecher in das Grüne Gewölbe in Dresden, meldet dpa: „Für die drei inzwischen 26, 27 und 29 Jahre alten Männer verhängte die Strafkammer Haftstrafen von sechs Jahren und drei Monaten, fünf Jahren und zehn Monaten sowie sechs Jahren und zwei Monaten. Ein 24-Jähriger bekam vier Jahre und vier Monate Jugendstrafe. Dessen Zwillingsbruder sahen die Richter als Mittäter, er bekam fünf Jahre Jugendstrafe - unter Einbeziehung einer früheren Verurteilung.“

Mit über 120 teilnehmenden Galerien vermarktet sich das London Gallery Weekend als die größte Veranstaltung dieser Art. Die Presse verzichtet angesichts der Fülle fast vollständig auf zusammenhängende Text und beschränkt sich auf Bestenlisten, so Tom Jeffries für Frieze, Tom Seymour, Kabir Jhala sowie Ben Luke und Louisa Buck im Art Newspaper, Wallpaper oder der Guardian. Für Artmagazine versuche ich eine Einordnung und Charakterisierung der Initiative vorzunehmen.

Die teilweise entwürdigenden Löhne in der Kunstwelt nehmen Anny Shaw und Scott Reyburn für das Art Newspaper unter die Lupe: „Die Gehälter von Kuratoren, Schriftstellern, Forschern und Akademikern, von denen viele sowohl im kommerziellen als auch im öffentlichen Sektor beschäftigt sind, werden in dem SML-Bericht ebenfalls nicht berücksichtigt. Eine freiberufliche Kuratorin, mit der The Art Newspaper unter der Bedingung der Anonymität sprach, verdiente im letzten Jahr etwas mehr als 20.000 £ - 17.500 £ im Ausland. In den letzten fünf Jahren lag ihr Jahresgehalt im Durchschnitt bei 24.000 £. Ihre Arbeit im Vereinigten Königreich findet zu 90 % in öffentlichen Einrichtungen statt, während ihre Aufträge im Ausland hauptsächlich von Kunstmessen, privaten Museen und Stiftungen bezahlt werden. Die Kuratorin erzählt, dass sie für einen Essay für die National Gallery in London nur 200 Pfund pro 1.000 Wörter erhielt. 'Die prestigeträchtigen Einrichtungen sind manchmal die schlimmsten', sagt sie.“ Tatsächlich wären 230 Euro für knapp zwei Seiten Text in Deutschland bei weitem am unteren Ende der Skala.

Nicht Gagosian, wie viele vermutet haben, sondern Perrotin geht als erste Großgalerie an einen Investor, meldet Anna Brady im Art Newspaper : „Emmanuel Perrotin ist dabei, einen Anteil von 60 % an seiner gleichnamigen Galerie an Colony Investment Management (Colony IM), ein französisches Immobilien-, Kredit- und Private-Equity-Unternehmen, zu verkaufen, um das Unternehmen zu vergrößern. [...] Perrotin wird die verbleibenden 40 % der Anteile an der Galerie für zeitgenössische Kunst behalten, die ihren Hauptsitz in Paris hat und derzeit zehn Galerien in Städten auf der ganzen Welt betreibt, darunter Hongkong, New York, Tokio, Seoul, Shanghai, Dubai und Los Angeles.“ Der Internetauftritt des Immobilienunternehmens Colony IM, besteht aus exakt einer Startseite und dem Impressum.

Verschiedene Anbieter von Fractional Ownership als neues populäres Investmentmodell stellt Abby Schultz bei Barron's vor: „Fractional Art Ownership ist relativ neu und es gibt noch keine große Auswahl an Angeboten. Deshalb sollten sich Interessierte bewusst sein, dass sie sich auf ihre eigenen Recherchen verlassen müssen, um sich von der Seriosität der Plattform, die sie in Betracht ziehen, zu überzeugen. Es fallen auch zusätzliche Kosten an. Masterworks schlägt vor dem Verkauf an Investoren etwa 10 % auf den Kaufpreis eines Werks auf.
Investoren, um die Kosten für den Kauf und das Halten des Gemäldes zu decken, sagt Lynn. Außerdem werden eine jährliche Verwaltungsgebühr von 1,5 % und 20 % der künftigen Gewinne berechnet. Mintus erhebt eine Provision von 14 % auf die Kosten für den Erwerb eines Kunstwerks, aber Ozmen sagt, dass es bis zu 5 % dieser Kosten an die Investoren zurückgibt, wenn das Werk innerhalb von vier Jahren verkauft wird. Mintus erhebt eine Erfolgsgebühr von 20 % des Gewinns, wenn ein Werk verkauft wird, aber keine jährliche Gebühr.“ Aufgehängt ist der Artikel am Beispiel eines Investors, der von einem (!) erfolgreichen Exit berichtet. Die Ähnlichkeit des Modells zum altbekannten Kunstfonds wird zwar erwähnt, nicht jedoch, dass bisher fast alle dieser Vehikel wegen erwiesener Erfolglosigkeit aufgelöst wurden.

Die EU habe den Weg freigemacht für die Senkung der Mehrwertsteuer auf Kunst, jetzt sei der deutsche Gesetzgeber gefragt, fordern Birgit-Maria sturm und Silvia Zönrer vom BVDG in der WELTKUNST (Paywall): „Es liegt jetzt an den nationalen Gesetzgebern, die Steuerermäßigung für den Kunsthandel in ihren Ländern wieder einzuführen. In Deutschland ist dafür ein Zusammenwirken von Finanz- und Kulturpolitik vonnöten. Die Ampelregierung kann nun beweisen, dass sie es mit der 'Stärkung der Kulturwirtschaft' und der 'Unterstützung freier Kulturorte wie Galerien' – so steht es in ihrem Koalitionsvertrag – ernst meint. Es eilt! Die Frist zur Umsetzung ist der 1. Januar 2024. […] By the way gilt es, Ressentiments gegen den Kunstmarkt auszuräumen, die mutmaßlich Ursache der alten, fatalen Steuer-Richtlinie gewesen sind. […] Kunst ist Kulturgut – ganz gleich, ob sie von Urhebern oder Kunsthändlern veräußert wird. Die ermäßigte Mehrwertsteuer wurde sogar für digitale Medien eingeführt und der berühmte Berliner Berghain hat sie für seinen Ticketverkauf erstritten. Sollten digitale Massenmedien und Clubbesuche etwa 'mehr Kultur' sein als originäre Kunstwerke?“

Die KUNSTZEITUNG wird eingestellt. „Nach 27 Jahren stellen Gabriele Lindinger und Karlheinz Schmid, Verleger und Herausgeber der KUNSTZEITUNG, das Erscheinen der gratis verteilten Publikation ein – notgedrungen“, heißt es auf der Webseite. „Die Ausgabe 306 der KUNSTZEITUNG (die vom 5. Juli 2023 an in die Distribution kommt) soll die letzte sein.“ Ganz ohne Lamento geht es scheinbar nicht: „Die Herausgeber der KUNSTZEITUNG hatten zuvor wiederholt und vergeblich auf die angespannte Lage und ausbleibende oder unzureichende Unterstützung durch Anzeigenkunden hingewiesen.“ Weiter heißt es: „Obgleich Lindinger + Schmid auf allen Ebenen, ob Bund oder Land, ob Wirtschafts- oder Kulturressorts, deutliche Signale gab und Hilferufe verbreitete, mochte die Politik keine Förderung gewähren. So wurde die KUNSTZEITUNG mit keinem Cent aus dem 'Neustart'-Etat der Kulturstaatsministerin (BKM) unterstützt“. Und noch weiter: „Ihr Verständnis von journalistischer Arbeit, geprägt durch die Haltung, dass die Presse als Korrektiv zu fungieren habe, ließ es nicht zu, dem zuletzt massiv zunehmenden Druck nachzugeben. 'Lieber aufhören, als sich verbiegen', so Gabriele Lindinger und Karlheinz Schmid unisono.“ Den alle zwei Wochen erscheinenden Newsletter Informationsdienst Kunst soll es jedoch weiterhin für 296 Euro im Jahresabo geben.

Artsy habe rund 15 Prozent seiner Belegschaft entlassen, meldet Tessa Solomon bei Artnews. Der Abgang von 35 Mitarbeitern sei laut Artsy CEO Mike Steib jedoch keineswegs auf wirtschaftliche Schwierigkeiten des Unternehmens zurückzuführen: „Zunächst einmal möchte ich anmerken, dass unser Geschäft zwar stabil ist und der Umsatz wächst, aber der allgemeine wirtschaftliche Gegenwind und die Abschwächung auf dem Kunstmarkt die Rentabilität in diesem Jahr außer Reichweite gebracht haben, was unser Geschäft und unsere Mission gefährdet hätte', schrieb er in der E-Mail.“

Journalismus ist bisweilen auch ein heikles Geschäft: Während andere noch auf die Pressemitteilung warten mussten, um ihre Quellen nicht zu verbrennen, hatten Financial Times (Paywall) und New York Times schon offizielle Interviews zur Meldung der Woche, dass sich die Frieze die Armory Show in New York und die Expo Chicago einverleibt. Nun ist Exklusivität ja eine schöne Sache, wenn die Themen selbst recherchiert sind. Wenn sich jedoch seriöse Medien dieses Vorrecht damit erkaufen, dem Gegenstand der Berichterstattung selbst die message control zu überlassen, ist das bedenklich. Die deutsche Erstmeldung von mir findet sich im Handelsblatt. Für Monopol versuche ich die Übernahme in den größeren Messekontext einzuordnen. Zu verblüffend ähnlichen Schlüssen kommt tags darauf Ursula Scheer in der FAZ.

Die Insolvenz der Londoner Simon Lee Gallery meldet Kabir Jhala im Art Newspaper: „Die Simon Lee Gallery befindet sich jetzt in gemeinsamer Verwaltung mit der Unternehmensberatungsfirma BDO LLP, wie aus einem Aushang hervorgeht, der gestern im Fenster der Galerie in London angebracht wurde. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird verwaltet, wenn sie verschuldet ist und ihre Schulden nicht begleichen kann, so dass sie die Kontrolle an einen Insolvenzverwalter abgibt. Die gerichtlich angeordnete Verwaltung erfolgte nach einem Antrag der Barclays Bank; drei Partner von BDO wurden zu gemeinsamen Verwaltern der Simon Lee Gallery Limited ernannt.“

Der Spiegel wolle das Kunstmagazin art kaufen, meldet Monopol unter Berufung auf die Süddeutsche Zeitung (Paywall): „'Art' soll offenbar umgebaut werden zu einem Kulturportal unter dem 'Art'-Markendach. Unklar sei, ob dafür die gesamte Redaktion übernommen werden wird.“ Läuft da irgendwo ein Wettbewerb, wie lange man ein totes Pferd reiten kann? Die Hamburger haben den Anschluss spätestens zu dem Zeitpunkt verpasst, als der frühere Verlag Gruner+Jahr es für eine gute Idee gehalten hatte, die Online-Redaktion einzusparen.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung