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Der regulatorische Druck auf den Kunsthandel nimmt zu. Nicht nur, aber vor allem in Deutschland versucht der Gesetzgeber, eigene Versäumnisse den professionellen Kunstvermittlern überzuhalftern. In den USA herrscht ein archaisches Rechtssystem, während in der EU Brexit und Praxisferne seltsame Blüten treiben.
In der Schweiz entwickelt sich Anfang Januar ein Raubkunstfall von ganz besonderer Güte. Anscheinend haben dort zwei Verantwortliche eine Raubkunstrecherche nur vorgetäuscht und einer ganzen Sammlung Raubkunst einen Persilschein ausgestellt, die das Basler Museum eindeutig hätte restituieren müssen, berichtet Joël Hoffmann ausführlich in der Basler Zeitung. Und selbst heute zeigten sich die beiden Politiker immer noch faktenresistent.
Die Motive des Stuttgarter Auktionshauses Nagel, eine Dependance in Salzburg (Österreich) zu eröffnen, beschreibt Christiane Meixner in der ZEIT: "Rainer Kämmerer, der Pressesprecher von Nagel, winkt ab. Man habe keine andere Wahl gehabt, sagt er mit Blick auf das deutsche Kulturgutschutzgesetz und dessen Nivellierung. Seit Sommer 2016 müssen Kunsthändler in Deutschland nachweisen, wer die Objekte aus Asien wann wohin importiert hat - und das über Jahrhunderte. Nagel könne das nicht, sagt Kämmerer. Und dass aus der Unsicherheit eine kreative Lösung erwachsen sei: die Eröffnung einer Repräsentanz im Ausland. Österreich habe die europaweiten Richtlinien für den Handel mit Kunst weniger streng ausgelegt."
Auf die Folgerechtsabgabe auch noch Umsatzsteuer zu erheben, ist eine Praxis des österreichischen Fiskus', die das Land jetzt vor den Europäischen Gerichtshof bringe, meldet Artmagazine.cc Ende Januar unter Berufung auf eine entsprechende Mitteilung von Deloitte.
Eine neue Steuergesetzgebung begünstige den Kunsthandel in Russland, berichtet Sophia Kishkovsky Anfang März im Art Newspaper . Unter anderem falle die 30-prozentige Einfuhrsteuer für Kunstwerke weg, die weniger als 50 Jahre alt sind. Daran habe sich Kritik entzündet, weil die neuen Regelungen vor allem Superreichen dienten.
Wie ein New Yorker Staatsanwalt mit umstrittenen Methoden dem Antikenhandel die Daumenschrauben ansetzt, erklärt Laura Gilbert im Art Newspaper .
In eigener Sache: Um "Gurlitt, Stern, Flechtheim - wer versichert mir Geschichte?" ging es beim Kölner Kunstversicherungsgespräch auf der Art Cologne. Die Antwort stand schnell fest: Niemand. Daher wurde mehr über Rahmenbedingungen und die Praxis diskutiert. In der Pressemitteilung heißt es: "Dabei stellte sich heraus, dass die Provenienz von Kunstwerken nicht nur immer noch, sondern zunehmend eine Herausforderung für die Branche und für Sammler darstellt. Schwer praktikable bis absurde rechtliche Regelungen der EU und Deutschlands stellen zum Teil existenzbedrohende Behinderungen für den Handel dar und rücken Sammler in die Nähe zur Kriminalität."
Vielleicht merkt Frau Grütters ja doch irgendwann mal, dass nicht die gesamte Kunstszene aus Querulanten besteht und dass Kritik auch dann berechtigt sein kann, selbst wenn sie von Vielen geäußert wird. Im Interview Ende April mit Ulf Lippitz und Susanne Kippenberger für den Tagesspiegel erklärt der Berliner Galerist Johann König: "Momentan ist der deutsche Kunstmarkt international nicht wettbewerbsfähig. Das kann doch nicht sein, dass es für einen deutschen Sammler billiger ist, bei meinem Konkurrenten in New York ein Bild zu kaufen als bei mir!"
Die verschärften EU-Regeln zur Geldwäsche, die ab 2019 umfassende Sorgfaltspflichten schon ab 10.000 Euro vorsehen, würden die kleineren Galerien besonders hart treffen, befürchtet Anna Brady im Art Newspaper. Eileen Kinsella paraphrasiert den Artikel ihrer Kollegin auf Artnet und zitiert aus einer Stellungnahme der Kunsthändlerverbandes CINOA (PDF-Download).
Nach dem deutschen denkt sich jetzt der europäische Gesetzgeber neue Regulierungen für den Kunstmarkt aus. Für das Handelsblatt vom 25. Mai habe ich den Entwurf gelesen und mit Experten gesprochen: "Als Begründung der Notwendigkeit einer Importkontrolle aus Nicht-EU-Staaten wird vor allem die Verhinderung der Terrorfinanzierung herangezogen, ein Argument, das längst als widerlegt gilt. Der Handel ist entsetzt, weil es - anders als im KGSG [Kulturgutschutzgesetz] - keine Wertgrenzen geben soll, sondern nur eine pauschale Altersgrenze von 250 Jahren. Die ist zwar höher als im deutschen Gesetz, wo sie bei Gemälden schon bei 75 Jahren gezogen wird. Doch die Pflicht, für jedes noch so geringwertige Objekt aufwendige Herkunftsnachweise zu führen, würde ganze Teilbereiche des Marktes in Europa verschwinden lassen, so die Befürchtung."
Das Kulturgutschutzgesetz werde vom Handel zu Unrecht verteufelt, urteilt Rose-Maria Gropp in der FAZ vom 9. Juni. Der Auktionsrekord für Max Beckmanns "Agypterin" habe es gezeigt: "Kein gutes, sogar herausragendes Gemälde der Moderne in Privatbesitz ist, soweit bekannt, bisher als 'identitätsstiftend für die Kultur Deutschlands' durch das KGSG blockiert worden. Und bestimmt richtig ist, dass die global agierenden Auktionsfirmen Beckmanns 'Ägypterin' liebend gern genommen hätten - allein, das Bild wäre gar nicht an der Ausfuhr gehindert worden. Der - das ist doch entscheidend - in Berlin erzielte Preis beweist vor allem, dass die internationale, für Werke dieses Kalibers finanziell ausgestattete Klientel zu einer Auktion in Deutschland so gut findet wie nach Amerika, England oder Asien. Vielleicht sollte man Entwarnung geben an die aufgeschreckten deutschen Privatsammler."
Die EU macht Ernst mit ihrem Kampf gegen die Geldwäsche und hat dabei wieder einmal welche Branche im Visier? Genau. Was die 5. EU-Geldwäscherichtlinie für den Kunsthandel bedeutet, erläutert der Münchner Rechtsanwalt Johannes von Eggelkraut-Gottanka im Handelsblatt vom 22. Juni: "Nach der neuen Richtlinie sollen zukünftig alle Kunsthandelsakteure, die mit Kunstwerken im Wert von über 10 000 Euro handeln oder diese vermitteln, neben den strengen Vorschriften zur Identifizierung und Überprüfung des Geschäftspartners auch die Pflichten zur Einführung angemessener Maßnahmen des Risikomanagements erfüllen. Dazu müssen sie eine dokumentierte Analyse der Geldwäscherisiken des Unternehmens durchführen und sodann angemessene Maßnahmen zur Reduzierung dieser Risiken ergreifen. Neben der Schulung der Mitarbeiter und der Erstellung von Leitlinien zur Erkennung, Vermeidung und Meldung von Geldwäscheverdachtsfällen müssen sie auch entsprechende Maßnahmen einführen, mit denen die Einhaltung überwacht werden kann." Die Beschränkung auf Bargeldgeschäfte falle in der neuen Richtlinie weg, das heißt, es treffe jeden Betrieb, der mit Kunstwerken über 10.000 Euro handelt - also praktisch alle.
Den Wettbewerbsnachteil der deutschen Umsatzsteuer thematisiert Christiane Fricke Anfang Juli im Handelsblatt: "Anstatt sich die EU-konforme französische Praxis der Pauschalmargenbesteuerung zu eigen zu machen, wie es das vom Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates einstimmig beschlossene Gesetz ermöglicht hätte, entschieden sich die Finanzminister der Länder für eine restriktive Auslegung. Damit votierten sie gegen Gestaltungsoptionen, mit denen der deutsche Handel Nachteile gegenüber seinen ausländischen Mitbewerbern hätte kompensieren können." Sie plädiert dafür, das rechtlich mögliche Margenmodell bundesweit einzuführen; das bisweilen propagierte Agenturmodell sei weniger vorteilhaft.
Bei einem Vortrag in Bonn scheint der Vorsitzende der Limbach-Kommission, der ehemalige Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier, keine allzu gute Figur gemacht haben, so Patrick Bahners in der FAZ vom 6. Juli: "Papier wurde um eine Bewertung des Umstands gebeten, dass Kunstwerke mit ihrer Eintragung in die staatlich geführte Datenbank Lost Art praktisch unverkäuflich werden. Seine Antwort: Das sei nur eine faktische Folge des staatlichen Handelns, ohne rechtliche Bedeutung; der Bürger müsse sie hinnehmen wie einen Verdacht der Staatsanwaltschaft, der sich später als unbegründet erweise. Der Vergleich verkennt, dass die Datenbank desto besser funktioniert, je mehr Bilder als Verdachtsfälle markiert werden. Papier wiederholte erwartungsgemäß sein Argument, aber es wurde dadurch nicht besser."
Das Folgerecht dürfte in den USA endgültig gescheitert sein. Der neunte Senat des US-Berufungsgerichts habe den California Resal Roaylties Act CRRA praktisch vollständig kassiert, berichtet Eileen Kinsella bei Artnet.
Eine weitere Gerichtsentscheidung könnte das Ende der beliebten Vermeidung der bundesstaatlichen Sales Tax (vergleichbar mit der Umsatzsteuer) bedeuten, vermutet Eileen Kinsella bei Artnet. Bisher umgeht der Kunsthandel in den USA gerne diese Steuer, indem beim Verkauf eines Kunstwerks der Versand in einen anderen Bundesstaat vorgetäuscht wird. Damit entfällt die Pflicht, vom Käufer die Steuer einzutreiben und an den Staat abzuführen. In South Dakota habe laut Kinsella jetzt der Oberste Gerichtshof geurteilt, das Verkäufer keine Niederlassung dort haben müssen, um zu Abführung der örtlichen Sales Tax verpflichtet zu sein. Andere Bundesstaaten könnten dem Beispiel folgen, vermutet sie.
Mit der drohenden EU-Verordnung zur Einfuhr von Kulturgütern hat sich jetzt auch Thomas E. Schmidt in der ZEIT beschäftigt. Er kommt zu ähnlichen Schlüssen wie die meisten Kommentatoren vor ihm: "Selbst wenn man zugestehen würde, dass geraubte und geschmuggelte Objekte draußen bleiben müssten - und auch die Geldwäsche unterbunden werden sollte -, eine wirksame Kontrolle wäre anders zu gewährleisten. Politisch schwieriger ist es natürlich, die europäische Einfuhrumsatzsteuer zu vereinheitlichen, mit ihr wird ohnehin schon alles lückenlos erfasst. Um mit diesen Daten verdächtige Objekte zu überprüfen, müssten allerdings Zoll und Interpol geschult und aufgerüstet werden. Billiger ist es demgegenüber, den Markt zu regulieren und dem Bürger die Lasten aufzubürden." Doch die EU in ihrem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.
Teilentwarnung gibt hingegen der Münchner Anwalt Gerd Seeliger für die 4. EU-Geldwäscherichtlinie und das deutsche Geldwäschesetz (GWG) im Interview mit Marcus Woeller in DIE WELT: "Im Hinblick auf die EU-Richtlinie und das Geldwäschegesetz empfehle ich den Kunsthändlern, erst einmal in Ruhe zu prüfen, ob sie überhaupt darunterfallen, und wenn ja, in welchem Umfang sie von den dann im GwG vorgesehenen Erleichterungen, etwa der Erleichterung bei den internen Sorgfaltspflichten oder deren Durchführung durch Dritte, Gebrauch machen können."
Für Antikenhändler entwickeln sich die USA immer mehr zum heißen Pflaster. Wie Tom Mashberg Ende Juli in der New York Times berichtet, hat ein New Yorker Gericht die Rückerstattung eines 1936 aus dem Iran geraubten persischen Reliefs mit langer Markthistorie angeordnet, das im vergangenen Herbst vom Stand des Londoner Händler Rupert Wace auf der Tefaf in New York beschlagnahmt worden war.