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Die Herbstsaison hat begonnen. Den Anfang machen traditionell die rheinischen Galerien, bei denen Susanne Schreiber für das Handelsblatt eine neue Bescheidenheit entdeckt hat: „Die Zeiten scheinen vorbei, in denen lauthals geprotzt wurde, in denen superteure Werke in Galerien auf Prahlhälse warteten. Kunst soll in schwierigen Zeiten finanziell erreichbar sein und Freude verbreiten, ein Augenzwinkern provozieren oder Nachsinnen initiieren.“
Auf den interdisziplinären Ansatz eines Kölner Neuzugangs weist Georg Imdahl in der FAZ hin: „Einen Besuch lohnt die Schau des 1979 in Antwerpen geborenen Dennis Tyfus in der Galerie JUBG, die, im März 2021 gegründet, von dem Musiker Jens-Uwe Beyer, dem Galeristen Alexander Warhus und dem Künstler Albert Oehlen betrieben wird. Die drei haben sich ein Programm auf die Fahnen geschrieben, in dem sich Kunst und Musik kreuzen.“
Der erste Aufschlag der Frieze Seoul (zusammen mit der angestammten Kiaf) scheint ein As zu sein, glaubt der notorisch sonnigen Messeberichterstattung des Art Newspapers, in diesem Fall von Reena Devi, die gleichwohl einige analytische Aspekte enthält: "Asiatische Galerien haben sich sowohl auf der Kiaf als auch auf der Frieze behauptet und damit deutlich gemacht, dass die Region weiterhin die aufstrebende Kraft auf dem Markt ist. [...] Die Kiaf wirft mit ihrer Satellitenmesse Kiaf Plus (bis zum 5. September) ein Schlaglicht auf die heimische Szene und zeigt aufstrebende und neue Medienkunst, die von mehr als 70 experimentellen lokalen Galerien auf der Seoul Trade Exhibition and Convention präsentiert wird. [...] 'Ich glaube, die Leute haben verstanden, dass es hier nicht nur um eine Kunstmesse geht', sagt [Galerist Brett] Gorvy. Es geht darum, dass Seoul ein kulturelles Zentrum ist, ein internationales Zentrum, und dass es die Möglichkeit hat, mit Hongkong oder anderen Gebieten in Asien gleichzuziehen, wo es diese internationalen Kunstmessen gibt."
Was Alex Greenberger bei Artnews über die Frieze Seoul schreibt, gilt nicht nur für diese Messe: „Endlich hat die Frieze Seoul diese Woche ihre erste Ausgabe eröffnet, und am ersten Messetag gaben einige teilnehmende Galerien bekannt, dass sie einige Werke für mehr als 1 Million Dollar verkauft haben. Gemessen daran war die Messe zumindest für einige der größten Galerien der Welt ein Erfolg. Die meisten anderen Verkäufe, von denen die Galerien berichteten, lagen jedoch weit unter 1 Million Dollar, was bedeutet, dass auf der Frieze Seoul keine Käufe in der Größenordnung eines anderen asiatischen Konkurrenten, der Art Basel Hongkong, getätigt werden, wo die Preise manchmal 10 Millionen Dollar übersteigen können. Dennoch gaben Galerien an, an koreanische und chinesische Sammler verkauft zu haben, was bedeuten könnte, dass das Interesse an den mächtigen Kunstszenen dieser beiden Länder groß ist. Es sei daran erinnert, dass es schwierig ist, die von den Galerien gemeldeten Verkäufe auf Kunstmessen unabhängig zu überprüfen, und dass in einigen Fällen diese Käufe oft im Voraus getätigt und erst später bekannt gegeben werden, wenn die Veranstaltungen beginnen.“ Bei Artnews gibt es auch gleich ein ganzes Dossier zu den Messen.
Welche der Städte Seoul, Tokio, Taipeh oder Hongkong das Kunstzentrum Ostasien sein werde, fragt sich Georgina Adam im Art Newspaper: „Wer wird also gewinnen? Im Moment ist es eindeutig Seoul, aber das liegt auch an den Unwägbarkeiten in anderen Ländern. Der Chinaspezialist Philip Dodd sagt: 'Bis zum Nationalkongress der KPCh im Oktober gibt es immer Spannungen. Danach mag die Lage einfacher sein, und westliche Künstler sind immer noch begierig darauf, in China auszustellen. Aber da die Quarantänebestimmungen unvorhersehbar kommen und gehen, gibt es in China Komplikationen, die vielleicht nicht so bald verschwinden. Oder vielleicht doch. Die Ungewissheit ist ein großes Problem.' Berichte über Fische, Krabben und sogar ein Nilpferd, das in der Volksrepublik China auf Covid untersucht wurde, haben das Vertrauen kaum gestärkt. Und was ist dann mit Taipeh? Letztlich steht es vor denselben Problemen wie Hongkong, da Festland-China seine Rhetorik gegenüber der Insel allmählich verschärft.“
Eine Art besseren Merchandise-Shop eröffnet Perrotin im Bellagio in Las Vegas, meldet Gabriella Angeleti im Art Newspaper.
Das Tauziehen um die Macht bei Artnet ist auch auf dieser Hauptversammlung nicht entschieden worden, habe ich für das Handelsblatt beobachtet.
Nach einem anonymen Offenen Brief vor knapp drei Jahren sieht sich der Berliner Galerist Johann erneut mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs konfrontiert, die Luisa Hommerich, Anne Kunze und Carolin Würfel in der ZEIT (Paywall) publik machen: „Auch die ZEIT kennt die Vorwürfe seit rund drei Jahren, hat inzwischen mit insgesamt zehn mutmaßlich betroffenen Frauen sowie mehreren Zeugen gesprochen, die zwar über ihre angeblichen Erlebnisse mit Johann König zu reden bereit waren, aber zunächst nicht wollten, dass darüber detailliert berichtet wird. Das hat sich nun geändert: Einige der Frauen haben sich entschieden, den Weg in die Öffentlichkeit zu gehen. Ihre Schilderungen sind heute detaillierter, manche sind jetzt bereit, ihren echten Namen zu nennen und eidesstattliche Versicherungen zu unterschreiben.“ Allerdings räumen die Autorinnen auch ein: „Wenn das, was die Frauen erzählen, stimmt, hat König keine Kapitalverbrechen begangen. Vielmehr wirkt der Galerist in den Schilderungen der Frauen wie ein Mann, der zuweilen Grenzen überschreitet, übergriffig ist und der seine Macht ausspielt und berufliche und private sexuelle Interessen miteinander vermengt.“ Eine von ihnen ist schon vor fünf Jahren vom eigenen Medium wegen fragwürdiger journalistischer Praktiken in einer ähnlichen Sache angegangen (ebenfalls Paywall) worden. Auf alle Fälle wird es spannend zu sehen, ob und wie es der Zeit gelingt, ihre Vorwürfe gerichtsfest zu machen.
Die FAZ hat dazu eine Stellungnahme von König eingeholt: „Auf Anfrage der F.A.Z. gab König folgende Stellungnahme ab: „Die Anschuldigungen sind haltlos und entsprechen nicht der Wahrheit. Ich werde in dieser Sache bereits anwaltlich vertreten und es werden alle rechtlichen Schritte geprüft, um gegen die Verbreitung dieser falschen Tatsachen vorzugehen.“
Es hat auch nicht lange gedauert, bis der Skandal im englischsprachigen Raum angekommen ist. Bei Artnews erklärt Alex Greenberger seinen Lesern: „König ist eine feste Größe in der Berliner Kunstszene. Der Sohn des Kurators Kasper König eröffnete seine Galerie im Alter von 21 Jahren im Jahr 2002. Die New York Times berichtete 2019, dass er 'den Ruf eines der einflussreichsten jungen Kunsthändler Deutschlands' hat.“
Der Autor der Zusammenfassung des deutschen Artikels in Artforum scheint wenig Handfestes gefunden zu haben.
In einer Stellungnahme in der Berliner Zeitung weist Johann König die Vorwürfe zurück und bemängelt die Vorgehensweise der Journalistinnen: „Nach dem von mir angebotenen Gespräch, das ich am Dienstag gemeinsam mit zwei der drei ZEIT-Autorinnen geführt habe und das von den Autorinnen wegen angeblich anderer Terminverpflichtungen abrupt beendet wurde, ohne dass ich meine Punkte ausführen konnte, hatte ich den Eindruck, dass der Artikel bereits fertig geschrieben war. […] Die Autorin recherchierte damals aufgrund eines anonymen Briefes. Obwohl die ZEIT presserechtlich nicht aus diesem anonymen Schreiben zitieren durfte und obwohl seitens der Staatsanwaltschaft gegen die Verfasser:in ermittelt wurde, nutzt die ZEIT dies als Aufmacher. Die ZEIT schreibt zudem, es hätte eine Strafanzeige gegen mich gegeben. Das stimmt nicht. Ich weiß von keiner Strafanzeige und kann deshalb auch zu diesem Vorwurf nicht Stellung beziehen. Richtig ist, dass ich damals selbst eine Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt habe, um gegen den anonymen Brief vorzugehen und obwohl mir bewusst war, dass aufgrund des darin behaupteten Inhalts auch gegen mich ermittelt werden würde. Die Ermittlungen blieben ergebnislos und wurden eingestellt.“
Sollten sich die schwerwiegenderen Vorwürfe als wahr erweisen, würde das wohl juristische Konsequenzen haben. Andersherum gilt allerdings das gleiche. Währenddessen werden in den Sozialen Medien schon die digitalen Mistgabeln geschwungen.
Der Streit um den Welfenschatz vor US-Gerichten scheint seinem Ende entgegenzugehen, lässt eine dpa-Meldung vermuten: „Der U.S. District Court für Columbia in Washington stellte fest, dass US-Gerichte nicht zuständig sind, wie Stiftung und Kläger übereinstimmend bestätigten. Von Seiten der Kläger hieß es auf Anfrage, eine mögliche Berufung gegen die am Donnerstag ergangene Entscheidung werde aktuell geprüft.[...] Vor der aktuellen Entscheidung hatte mit dem Supreme Court bereits das oberste US-Gericht keinen Nachweis der Erben gesehen, in dem Fall Ansprüche in den USA gegen Deutschland gelten machen zu können. Der Fall wurde an den District Court von Columbia zurückgegeben. Dort hatte die Stiftung zunächst vergeblich dagegen geklagt, dass der Fall in den USA behandelt wurde.“
Wenn dekolonisieren, dann aber richtig! Die Aktivistin und US-Anwältin Deadria Farmer-Paellmann fordert deutsche Funktionsträger in einem Brief auf, die Restituierung der Benin-Bronzen sofort zu stoppen, da diese aus den Erlösen des Sklavenhandels hergestellt wurden, berichtet Andreas Kilb in der FAZ: „Dass diese Glorie, wie jede Form imperialer Kultur, eine barbarische Kehrseite hat, hören die Aktivisten aus Nigeria oder Senegal weniger gern. Aber der Prozess der historischen Gerechtigkeit lässt sich nicht an einer beliebigen Stelle anhalten. Wer die Rückgabe der Bronzen als Wiedergutmachung für koloniales Unrecht fordert, kann den Unrechtszusammenhang nicht ausblenden, aus dem die Skulpturen einst hervorgingen. Insofern wirft der Brief der amerikanischen Anwältin ein Schlaglicht auf einen Vielvölkerstaat, der seine Vergangenheit noch längst nicht bewältigt hat. In Nigeria dürften die zurückgegebenen Bronzen zum Zankapfel politischer und privater, nationaler und regionaler, ökonomischer und kultureller Interessen werden.“