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Kobels Kunstwoche

Biennale Internazionale dell’Antiquariato di Firenze; Foto Stefan Kobel
Biennale Internazionale dell’Antiquariato di Firenze; Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 39 2022

Die 1959 gegründete Biennale Internazionale dell’Antiquariato di Firenze gilt als die älteste noch laufende Kunst- und Antiquitätenmesse der Welt. Gina Thomas hat sie für die FAZ vom 24. September besucht: „Etwas von dieser anfänglichen Zuversicht hat sich auch auf die 32. Ausgabe der wichtigsten Messe für italienische Kunst übermittelt, die nach drei Jahren pandemiebedingter Pause mit frischem Elan um größere internationale Aufmerksamkeit buhlt. Dem setzt das restriktive italienische Kulturschutzgesetz freilich Grenzen: Bei allem Trara um die Internationalisierung sind die rund achtzig Aussteller in dem prunkvollen Barockambiente des Palazzo Corsini fast ausschließlich Italiener, auch wenn manche von ihnen mit einem oder beiden Füßen im Ausland stehen. Und einige der exquisitesten Objekte [...] können nicht außer Landes gebracht werden.“

Die Fesseln, die Politik und Verwaltung dem italienischen Kunsthandel legen, sind das Hauptthema von Naomi Reas Messebericht für Artnet: „Der Vorsitzende der Messe, [Fabrizio] Moretti, äußerte die Hoffnung, dass der künftige Kulturminister, wer auch immer das sein mag, 'offen für den Markt sein wird'. Was nicht heißen soll, dass sie 'die Türen öffnen sollen, damit Kunstwerke Italien verlassen, sondern dass sie mehr Elastizität zwischen dem Markt und dem Staat ermöglichen sollen, um zu sehen, ob wir einen Dialog finden können', stellte er klar. Er fügte hinzu, dass dies auch eine Verringerung des bürokratischen Aufwands für temporäre Importe einschließt (derzeit kann die Überwindung bürokratischer Hürden bis zu drei Monate dauern). 'Hoffen wir, dass der künftige Minister zumindest vernünftig und ein Mann der Kultur sein wird. In Italien haben wir seit vielen Jahren keinen Kulturschaffenden mehr in diesem Amt gehabt. Nur Politiker. Und das halte ich für extrem falsch.'“

Ich war für WELTKUNST und Artmagazine dort.

Die rein russische Ausgabe der diesjährigen Cosmoscow hat Nadine Khalil für Artnet besucht: „Die Galeristin Ekaterina Iragui, die seit der ersten Ausgabe von Cosmoscow dabei ist, meint: 'Zeitgenössische Kunst bleibt eine der wenigen unabhängigen Quellen, die das Denken aktivieren. Was geschieht, kann nicht diktiert oder kontrolliert werden'. Zwar räumte sie ein, dass es Fälle von Selbstzensur seitens der Künstler und Kunsträume des Landes gebe, doch sei die Cosmoscow-Messe 'die einzige freie Plattform von solchem Ausmaß' für die zeitgenössische Kunstszene Russlands. 'Am Eröffnungsabend waren die Umarmungen stärker als je zuvor', fügte Iragui hinzu. 'Ich konnte spüren, dass die Beziehungen zwischen den Menschen stärker geworden sind. Alle waren glücklich, dass es eine solche Plattform noch gibt.'“

Nachdem Phillips in Hongkong bereits seit zwei Jahren mit Poly zusammenarbeite, habe das Auktionshaus sich jetzt mit dem Branchenneuling Yongle zusammengetan, um auch den festlandchinesischen Markt bedienen zu können, berichtet Vivienne Chow bei Artnet. Der Schritt leuchte ein, da das Unternehmen im letzten Haklbjahr bereits 40 Prozent seines Umsatzes in Asien gemacht habe.

Die unter ihrem Pseudonym Jerry Gogosian mit ihren mittlerweile stark repetitiven Instagram-Memes zur Kunstwelt-Berühmtheit gewordene Hilde Lynn Helphenstein beschränkt sich nicht nur auf den Verkauf von Merchandising, Bettelbriefe zur Finanzierung ihrer Kunstmessentrips und den Verkauf ihres Newsletters. Jetzt stelle sie auch eine weitgehend von Instagrams Algorithmus „kuratierte“ Auktion zusammen, meldet Dorian Batycka bei Artnet. Da wächst zusammen, was zusammengehört.

Yves Bouvier soll seinen Singapore Freeport mit massivem Verlust für 28,4 Millionen US-Dollar an den chinesischen Milliardär Jihan Wu verkauft haben, der sein Vermögen mit Bitcoin gemacht hat, meldet Alexandra Bregman im Art Newspaper. Eine Krähe hackt der anderen ein Auge aus.

Für die nicht erst seit der Causa Johann König anhaltende Debatte über Machtmissbrauch im Kunstbetrieb hat Elke Buhr bei Monopol Lösungsvorschläge parat: „Wie kann dieses System sich transformieren? Die öffentliche Debatte ist ungeheuer wichtig. Je häufiger Fälle von Grenzverletzungen diskutiert werden, desto besser verbreitet sich auch bei dreisten Zeitgenossen die Kunde darüber, dass manche Sachen einfach nicht in Ordnung sind. Was helfen könnte, ist die Verschiebung von Geld und Macht hin zu weiblichen Akteuren – ein Prozess, der glücklicherweise längst in Gang ist. Wobei keinesfalls garantiert ist, dass in weiblich geführten Galerien junge Mitarbeiterinnen immer gut behandelt werden oder dass Sammlerinnen automatisch unkomplizierter im Umgang sind als Sammler. Es könnte so einfach sein: Respektiere deine Mitmenschen egal welchen Geschlechts, egal zu welcher Uhrzeit und egal wie viel du getrunken hast. Versprich niemandem Karrierevorteile für Sex. Glaube nicht, dass dir die ganze Welt gehört, auch wenn dir viel Geld gehört. Vielleicht könnte jemand mal ein paar Neons mit diesen Regeln entwerfen. Sie würden sich in vielen Hinterzimmern gut machen.“

Wie sehr das Machtgefälle mit wirtschaftlicher Ungleichheit zusammenhängt, verdeutlicht Valentin Meyer in der WELTKUNST: „Die strukturelle arbeitsethische Misere im eigenen Sektor wird kaum thematisiert. Dabei liegt seit fünf Jahren ein Bericht der Europäischen Kommission vor, der zum Ausdruck bringt, dass im Kunstbetrieb – wie in der Landwirtschaft und im Baugewerbe auch – prekäre Beschäftigungsverhältnisse überdurchschnittlich häufig zu finden sind. Und auch die Lektüre der Indikatoren für menschenwürdige Beschäftigung, die die Internationale Arbeitsorganisation IAO aufgestellt hat, macht schnell klar: Der Kunstbetrieb hat diesbezüglich recht viel Nachholbedarf. Sein kritischer Blick schweift weit, wacht global über die Menschenwürde – für die Probleme im eigenen Bereich scheint er aber blind zu sein. Kaum einer der oft freiberuflich oder auf Basis von Zeitverträgen ausgeübten Jobs bietet Arbeitsplatzsicherheit, Entwicklungs-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten oder gar Mitspracherechte. Ganz zu schweigen von einem Entgelt, das für ein menschenwürdiges Leben ausreicht. Natürlich: Es gibt in diesem Sektor auch viele, viele ehrbare Arbeitgeber. Aber zahllos sind auch die anonymen Berichte von Beschäftigten, die erzählen, wie sie vom Chef oder der Chefin vor versammelter Belegschaft zur Schnecke gemacht wurden, wie sie sich sonntags am Privathandy beleidigen lassen mussten – etwa als 'unfähige Schlampe'. Arbeitsrechtliche Prozesse sind selten. Offen darüber gesprochen wird wenig – zu groß ist die Angst, danach keinen Fuß mehr auf den Boden zu bekommen.“

Aus dem neurowissenschaftlich erbrachten Nachweis, dass sich Künstler weniger für Geld interessieren als etwa Zahnärzte oder Versicherungsvertreter leitet Daniel Völzke bei Monopol (Paywall) Forderungen ab: „Dass Künstler sich nicht um Geld kümmern und ein Beispiel geben für vermeintlich nicht-entfremdete Arbeit, macht nicht nur ihre Kunst, sondern sie selbst so attraktiv für eine Gesellschaft, die sich um Geld dreht, und die sich gerade deshalb Künstler leisten und anständig bezahlen sollte. Dieses Paradox könnte man auch so ausdrücken: Künstler müssen gerade dafür bezahlt werden, dass sie nicht bezahlt werden wollen. Die Künstler hingegen müssen sich organisieren, neuronale Disposition hin oder her. Sonst werden sie weiter als Avantgarde der Selbstausbeutung und untragbarer Flexibilitätsanforderungen betrachtet. Bei anderen Berufen erzeugen prekäre Bedingungen vernünftigerweise Unzufriedenheit, die sich gewerkschaftlich verwerten lässt. Bei Künstlern passiert das in viel geringer[er] Weise, wie Umfragen zeigten.“

Die gestiegenen Energiekosten haben den Deutschen Museumsbund zu einem Hilferuf veranlasst, den dpa referiert: „Um die Museen zu unterstützen und den Betrieb zu sichern, müssten Mittel für höhere Energiekosten zur Verfügung gestellt werden. Der Energieverbrauch hänge maßgeblich mit Bewahrung des Kulturgutes und konservatorischen Anforderungen zusammen. Schließungen wären daher 'ein rein symbolischer, politischer Akt ohne Wirkung auf den Energieverbrauch'. Zudem zeigten Erfahrungen aus der Corona-Zeit, dass eine Schließung der Museen 'mittelbare soziale und volkswirtschaftliche Schäden verursacht, die zum Nutzen in einem elementaren Missverhältnis stehen'.“

Eine Lanze für nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen abzulehnenden Blockbuster-Ausstellungen von Cézanne, Picasso Warhol usw. bricht der belgische Kurator Dieter Roelstraete bei Monopol: „Abgestumpfte Kunstwelt-Veteranen wie meine Wenigkeit sind versucht, die Nase darüber zu rümpfen, dass ein weiterer kanonischer, kunsthistorisch bekannter Name 'überdacht' wird[...]. Aber die Arroganz beruht auf der Missachtung der Tatsache, dass jede Generation aufstrebender Kunstliebhaber es verdient, diese bekannten Namen zu ihren eigenen Bedingungen zu entdecken. Und trotz aller Absurditäten war etwas an dem ganzen Spektakel wirklich herzerwärmend, wenn man ein hoffnungsloser Museumsromantiker ist wie ich. Damit meine ich nicht nur die Tatsache, dass nach all dem, was die Welt durchgemacht hat, Cézannes zaghafte Gemälde von knorrigen provenzalischen Bäumen weiterhin (ziemlich mühelos, wie ich hinzufügen möchte) den Test der Zeit bestehen, sondern auch, dass der Appetit auf eine solch altmodische Kunstauffassung wirklich ungebrochen scheint.“

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung