Optionale Cookies erlauben?
Neben technisch notwendigen Cookies möchten wir Analyse-Cookies nutzen, um unsere Zielgruppe besser zu verstehen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen.
Die Auktionsergebnis der Sammlung Karpidas in London ist für George Nelson bei Artnews ein Grund zum Jubel: „Die Versteigerung der Sammlung der britischen Prominenten und Kunstmäzenin Pauline Karpidas durch Sotheby's übertraf am Mittwochabend mit einem Erlös von 100 Millionen Dollar (alle Preise inklusive Gebühren) die höchste Schätzung von 53 Millionen Dollar. Das 'White Glove'-Ergebnis – das bedeutet, dass 100 Prozent der Lose verkauft wurden – war der höchste Gesamtbetrag für eine bestimmte Auktion in London.“
Ist das schon ein Zeichen für eine Erholung des Marktes? Dass die Auktion erfolgreich sein würde, zeichnete sich schon im Vorfeld ab. Die Provenienz exquisit, die Werke erstklassig, die Taxen attraktiv und sämtliche Lose über Garantien vorab verkauft – da wurde kaum etwas dem Zufall überlassen. Gleichwohl sind die Bietgefechte ein gutes Zeichen, denn die Stimmung ist wahrscheinlich der wichtigste Konjunkturtreiber im Kunstmarkt.
Die eigentliche Erfolgsmeldung des Abends bei Sotheby's seien die Ergebnisse für Claude und François-Xavier Lalanne, urteilt Harrison Jacobs bei Artnews: „Neun Werke des Künstler-Designer-Ehepaars – auch bekannt als Les Lalanne – erzielten 18,5 Millionen Dollar, mehr als das Fünffache ihrer kombinierten Höchstschätzung von 3,5 Millionen Dollar. Anders ausgedrückt: Es wurde erwartet, dass sie etwas mehr als 6,5 Prozent des Gesamtumsatzes der Abendauktion ausmachen würden, aber am Ende trugen sie fast 20 Prozent dazu bei. Das Ergebnis deckt sich mit einer Analyse von ARTnews vom April, die ergab, dass die Preise für Skulpturen von Les Lalanne in den letzten Jahren stark gestiegen sind. Vier der zehn besten Auktionsergebnisse für François-Xavier wurden allein im Jahr 2024 erzielt.“
Als nächsten Befreiungsschlag für das angeschlagenen Auktionshaus sehen Robin Pogrebin und Zachary Small Sotehby's neueste Akquise in der New York Times (evtl. Paywall): „In einer Entwicklung, die dem angeschlagenen Kunstmarkt neuen Schwung verleihen könnte, hat Sotheby's eine Sammlung von Leonard Lauder im Wert von über 400 Millionen Dollar erworben, die im Herbst dieses Jahres versteigert werden soll, wie das Auktionshaus am Montag bekannt gab. Der Schatz umfasst 55 Werke, darunter bedeutende museale Meisterwerke von Künstlern wie Gustav Klimt, Henri Matisse und Edvard Munch, die Lauder, den im Juni verstorbenen Kosmetikmagnaten, zu einem der weltweit führenden Sammler machten.“
Eine glänzende Auktion hat Susanne Schreiber bei Kornfeld in Bern für das Handelsblatt erlebt: „So ein Angebot kommt nie wieder auf den Markt: 247 Katalognummern an Druckgrafik von Edvard Munch, zusammengetragen noch zu Lebzeiten des Künstlers von dem Bankier und Rechtsanwalt Arnold Budczies. Kornfeld in Bern widmete dieser in der Familie bewahrten Munch-Sammlung einen eigenen Katalog, der nicht nur die erlesensten Vorbesitzer angibt, sondern auch die für den Kenner wichtigen Drucker der Blätter. Das Berner Versteigerungshaus setzte damit am 11. September nach eigenen Angaben knapp 17 Millionen um, von insgesamt gut 80 Millionen Schweizer Franken Gesamtergebnis. […] Fünfzehn Millionenwerke in einer Saison – das schafft kein Auktionshaus hierzulande. Und dazu noch 100 Werke über der Schwelle von 100.000 Franken. Ein glänzendes Ergebnis. Die Kombination von Motiv und erstklassiger Provenienz war hier immer wieder Preistreiber. “
Die Kunstmesse Independent 20th Century in seinem kürzlich erworbenen Hauptquartier Met Breuer gastieren zu lassen, hält Josh Baer in seinem neuen kostenlosen Newsletter für eine gute Idee des Auktionshauses: „Es geht nicht nur darum, darüber zu sprechen, wie man das Publikum erweitern kann – es wird tatsächlich umgesetzt. Das zeugt von Vertrauen in den Markt und zeigt die Bereitschaft, das Modell zur Erweiterung des Publikums und zur Steigerung der Kosteneffizienz zu ändern. Diese Maßnahmen sind Teil der umfassenderen Wachstumsstrategie von Sotheby's – und zwar nicht nur durch die Konzentration auf Luxusgüter.“
Dem Preisirrsinn (US-amerikanischer) Galerien der letzten Jahre setzt er im selben Newsletter klare eigene Grenzen: „15.000 Dollar Das ist der Höchstpreis, den Sie für ein großformatiges Werk aus der ersten Einzelausstellung eines 'ultra-aufstrebenden' Künstlers – z. B. eines Absolventen des Masterstudiengangs Bildende Kunst der Yale University – in einer 'renommierten' Galerie zahlen sollten, und vielleicht 5.000 Dollar für ein kleines Werk (im Allgemeinen denken wir dabei an Gemälde).“ 15.000 Dollar entsprächen ungefähr der Summe, die man für einen einwöchigen Urlaub auf den Bahamas rechnen müsse. Vielleicht ist der Dollar doch einfach massiv überbewertet.
Als Regionalmesse positioniere sich die erste Untitled Houston für mittelgroße Galerien durchaus als Alternative für die großen Wettbewerber, hat Francesca Aton von Artnews erfahren: „Auf die Frage, warum Half Gallery beschlossen hatte, die Armory Show in New York im Herbst dieses Jahres auszulassen, erklärte [Erin] Goldberger: 'Hauptsächlich wegen der Kosten. Der Stand ist extrem teuer. Wir sind keine Blue-Chip-Galerie, aber wir sind zu alt, um diese Preise für aufstrebende Galerien zu bekommen.' Sie fügte hinzu: 'Die Präsenz war nicht wirklich ausreichend. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich viele neue Kunden gewonnen habe. Und selbst in New York spielt man im Grunde genommen nur die Kosten ein. Das ist eine gute Möglichkeit, neue Gebiete zu erschließen, ohne sich finanziell völlig zu ruinieren.' Obwohl es schwierig ist, die kritische Masse in großen Stadtzentren wie New York und Miami zu übertreffen, sagte Galerist Michael Kohn, dass es außerhalb dieser Gebiete noch viele Sammler gibt und dass eine Diversifizierung zwischen Städten wie Aspen, Houston, Dallas und Seattle wichtig ist, da sich das Messemodell und der Markt verändern.“
Die Chance auf einen neuen Kunstmarktboom sieht Kate Brown von Artnet in Polen: „Nach Jahrzehnten harter Arbeit kauft Polens neues Geld Kunst. 'Immer mehr Menschen aus aller Welt reisen nach Polen, um die Ukraine wieder aufzubauen, Geschäfte zu tätigen und Logistikaufgaben zu erledigen', sagt Jacek Sosnowski, Kurator und Mitorganisator des Warsaw Gallery Weekend. 'Warschau bietet als solide westliche Wirtschaft ein Sicherheitsnetz. Interessant finde ich, dass der Krieg eine regionale Identität geschaffen hat, die über Polen hinausgeht und viel stärker ist.'“
Die Zinssenkung der Fed in den USA könnte eine Wende am Kunstmarkt bringen, spekuliert Daniel Cassady bei Artnews: „Joshua Greenberg, Geschäftsführer und Privatkundenberater bei der Bank of America Private Bank, schloss sich dieser Ansicht an, wobei er eine breitere Perspektive einnahm. 'Es ist ein Signal hinsichtlich der Richtung der Zinssätze', erklärte er gegenüber ARTnews. Nach einer Phase moderater Zinserhöhungen und Stabilität 'geht der Markt davon aus, dass ein Trend zur Senkung der Zinssätze eingesetzt hat'. Diese Erwartung hat psychologische Bedeutung, die sich oft in Marktbewegungen niederschlägt. In einem Umfeld steigender Zinsen, so Greenberg, seien Kunden möglicherweise weniger geneigt, Kapital in illiquide Vermögenswerte wie Kunst zu investieren. Wenn sie jedoch davon ausgehen, dass die Zinsen sinken werden, könnten sie sich eher zu einer Kreditaufnahme entschließen – zumal Kunstkredite in der Regel variabel verzinst und tilgungsfrei sind.“ Dabei könnte so ein kreditfinanzierter Boom ganz schnell nach hinten losgehen, wie die jüngste Vergangenheit gezeigt hat. Denn steigen die Zinsen wieder, werden mit einem Mal viele Positionen liquidiert und überschwemmen einen ohnehin nicht mehr aufnahmefähigen Markt.
Düstere Aussichten für den Kunstmarkt im Ganzen beschreibt Scott Reyburn im Art Newspaper (evtl. Paywall): „Der jüngste Ansturm auf Aktien aus den Bereichen Kryptowährung, Technologie und KI könnte darauf hindeuten, wo Investoren leichtes Geld zu verdienen glauben. Aber was ist mit der seit jeher bestehenden Macht der Kunst als Statussymbol? Sicherlich ist das immer noch ein Grund, warum die Reichen auf Auktionen und Kunstmessen Geld ausgeben sollten? Vielleicht lässt sich aus Googles KI-Übersicht über die ultimativen Statussymbole für Reiche ein Einblick gewinnen, wie unsere Daten-Diktatoren Kunst betrachten. Aufgelistet sind Dinge wie Privatjets, Luxusautos, exklusive Reiseerlebnisse, luxuriöse Haustierdienstleistungen und sogar der „Bücherregalreichtum” einer kuratierten Bibliothek. Kunst wird nicht erwähnt. [...] Da haben Sie es. Der Handel sollte sich darauf konzentrieren, Kunst als Statussymbole an die reichsten und klügsten 0,01 % zu verkaufen, die, wie einflussreiche neoreaktionäre Denker wie Curtis Yarvin und Nick Land vorhersagen, über das, was von unserer Welt übrig bleibt, herrschen werden, sobald die Demokratie ausgerottet ist und die sogenannte Dunkle Aufklärung vorherrscht. Mit dem Verkauf von endorphinstimulierender Kunst zur Dekoration der Wände der postapokalyptischen Bunker von Tech-Milliardären ließe sich ein Vermögen verdienen. Bereit für die Art Basel Auckland?“
Den französischen Sammler Antoine de Galbert, der große Teile seiner Sammlung stiftet oder verkauft, portraitiert J. Emil Sennewald im Handelsblatt: „Anders als andere Multimillionäre, die Kunst sammeln, legt Antoine de Galbert die Kunst statt ins eigene Haus vertrauensvoll in die öffentliche Hand. Der Erbe der Discounter [sic!]-Kette 'Carrefour' mit Erfahrungen als Galerist besitzt um die 3000 Werke. […] Bis dahin zeigten Frankreichs Sammler aus Angst vor Fiskus und Neid ihre Schätze nie öffentlich. Jetzt wirkte Kunst als Teil normalen Alltags. In Frankreich, das keine Kunstvereine kennt, ein Novum. Jährlich 100.000 Besucher kamen in die 'Maison Rouge'. Für andere Player wurde sie zum Vorbild, Definitionsmacht über Kunst zu privatisieren. 2014 eröffnet Luxusmilliardär Bernard Arnault die Fondation Louis Vuitton am Parc d‘Acclimatation. 2021 folgt François Pinault mit der Bourse de Commerce im Zentrum von Paris.“
Das neue Schiedsgericht für Restitutionsstreitfragen nimmt Formen an, meldet dpa: „Mehr als 80 [Jahre] nach Ende der NS-Diktatur soll ein Schiedsgericht die Verfahren zur Rückgabe sogenannter Raubkunst beschleunigen. Dafür wurden nun 36 Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter benannt, wie Kulturstaatsminister Wolfram Weimer mitteilte. Geplant sei eine Doppelspitze des Präsidiums mit der ehemaligen Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Elisabeth Steiner und dem früheren CDU-Politiker und Verfassungsrichter Peter Müller. Das sei der letzte große Schritt zur Einrichtung der Schiedsgerichtsbarkeit, sagte Weimer.“
Über den Stand des Urheberrechts im Zusammenhang mit Kunst und KI infromiert sich Laura Helena Wurth im Gespräch mit der Anwältin Katja Dunkel für die FAZ vom 20. September: „Als Künstler, der KI in seiner Arbeit verwendet, braucht man gute Abgrenzungskriterien und eine gute Darlegung, was denn der Plan war. Welchen Prompt hat er geleistet? Was ist sein Motiv hinter dem Kunstwerk? Was will er damit aussagen? Es muss diese persönliche geistige Schöpfung nachgewiesen werden können. Je genauer der Künstler das kann, desto eher kann davon ausgegangen werden, dass sein Anteil an dem Werk tatsächlich sehr viel höher ist als der Anteil der bildgenerierenden KI. Dann greift auch das Urheberrecht.“ Das Gesagte dürfte jedoch eher für gewerbliche Grafiker und ähnliche Berufe relevant sein, denn die Bildende Kunst ist in der Regel schon viel weiter und verwendet KI in komplexen Schöpfungsprozessen, in denen KI tatsächlich nur ein Werkzeug ist und bei denen die Urheberschaft außer Frage steht.
Entwarnung für den Berliner Kulturhaushalt gibt Claudia Reinhard im Tagesspiegel: „Die wichtigste Zahl lautet dabei 110 Millionen, so viel soll nach den bisherigen Verhandlungen im kommenden Jahr eingespart werden. Ursprünglich angesetzt waren 160 Millionen, noch unter Joe Chialo (CDU), der im Februar von seinem Amt als Kultursenator zurücktrat. 'Ich habe von Anfang an gesagt, das schaffen wir nicht', so Wedl-Wilson, es gebe Grenzen und die seien mit den 130 Millionen, die 2025 eingespart wurden, erreicht gewesen.“
Die Schließung einer weiteren etablierten Galerie in den USA meldet Artforum: „LA Louver, die 1975 von Peter und Elizabeth Goulds im Stadtteil Venice in Los Angeles gegründete Galerie und älteste Einrichtung ihrer Art in der Stadt, wird im Herbst dieses Jahres ihre Pforten schließen. Die Galerie wird keine öffentlichen Programme mehr anbieten, sondern sich stattdessen auf den privaten Kunsthandel, Beratung und Projekte konzentrieren und zusätzlich Künstler unterstützen. LA Louver wird ihr Archiv und ihre Bibliothek, die mehr als fünfzig Jahre zeitgenössischer Kunst in Südkalifornien dokumentieren, an das Huntington in San Marino, nordöstlich von LA, spenden.“ Nach 50 Jahren im Geschäft darf man vielleicht auch mal etwas kürzer treten.