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Kobels Kunstwoche

Neuland Urheberrecht
Neuland Urheberrecht
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 4 2022

Einen Tiefschlag für Fiac und Paris Photo meldet Ingo Arend in der Süddeutschen Zeitung. Chris Dercon, Direktor des Kunst- und Ausstellungskomplexes Réunion des musées nationaux et du Grand Palais (Rmn-GP) und damit des Grand Palais Éphémère plane schon für diesen Herbst die Neuvergabe des prestigeträchtigen Orts an ein "internationales zeitgenössisches Kunst-Event": „Angesichts der kurzen Vorbereitungszeit bis zum Herbst käme für ein solches Mega-Event nur ein großer, erfahrener Player im Feld der Kunstmessen in Frage. Viele Augen blicken deswegen nach Basel. Und fragen sich, ob die geplante Rochade Vorbote einer weiteren Veränderung der im Gefolge der Pandemie ohnehin labilen Kunstmarkt-Tektonik sein könnte.“

Die für Le Monde erstmeldende Roxana Azimi sieht in der geplanten Neuausschreibung Machtkalkül Dercons: „Pandemie hin oder her, er machte es sich zur Aufgabe, dem Unternehmen RX France seine Ansichten und seine Preise aufzuzwingen.“ Der angeschlagene Basler Messekonzern würde mit dem Coup nicht nur die Pariser Konkurrenz von Reed Exhibitions loswerden, sondern auch der Londoner Frieze, die traditionell um das erste Oktoberwochenende stattfindet und mit den Folgen des Brexits zu kämpfen hat, eins auswischen – als Retourkutsche für deren Engagement in Seoul, das wiederum als Kampfansage an die Art Basel Hong Kong verstanden werden kann. Für Hollywood dürfte das Drehbuch wohl nicht reichen, aber eine vergnügliche Vorabend-Soap sollte schon drin sein.

Update: Tatsächlich ist die MCH Group AG, Mutter der Art Basel, wieder auf Einkaufstour. Laut einer Ad hoc-Mitteilung (PDF) hat sie sich mit 15 Prozent an der in Gründung befindlichen ART SG beteiligt. Die für Januar 2023 geplante Messe gehört Sandy Angus, Tim Etchells und Magnus Renfrew, die in unterschiedlichen Konstellationen zuvor auch schon in Hongkong, Indien und Düsseldorf mit den Schweizern gearbeitet haben.

Die Tefaf findet nun im Juni statt, nachdem sie ihren März-Termin im Dezember abgesagt hatte, meldet dpa, nachzulesen unter anderem bei Monopol. Die Art Basel plant hingegen weiterhin mit einer Durchführung ihrer Ausgabe in Hongkong, immerhin ein Drittel größer als letztes Jahr, aber auch mit 60 Prozent „satellite booth“ genannten Geisterkojen, hält sich aber einen Termin im Mai offen. Werner Remm weist bei Artmagazine darauf hin, dass ein Besuch der Messe für Europäer aktuell ohnehin eine eher theoretische Option ist.

Köln lebt! Fünf internationale Galerien scheinen den Standort jedenfalls attraktiv genug zu finden, um dort gemeinsam einen Showroom zu eröffnen. Echo heißt die gemeinsame Initiative von Wschód und Stereo aus Warschau, Hot Wheels Athens, Bureau aus New York und LC Queisser aus Tiflis, die Kate Brown bei Artnet vorstellt.

Die Pläne der großen und mittleren Auktionshäuser für die nahe Zukunft erläutert Stephanie Dieckvoss im Handelsblatt: „Direkt im neuen Kulturquartier von West Kowloon und gegenüber dem gerade eröffneten Museum M+ gelegen, sieht die Niederlassung zwar schick aus, ist aber weit vom Zentrum der Stadt entfernt. Phillips‘ Büros befinden sich in dem von Herzog & de Meuron erbauten WKCDA-Tower. Strategisch günstig zu den Verkehrsanbindungen zu China gelegen, scheint sich Phillips fest an die Schlüsselposition von Hongkong in Asien zu klammern. Aber auch im strategischen Bereich kündigt Phillips Neuerungen an mit einer kundenorientierten Abteilung für Treuhänder-Dienstleistungen. Bei genauem Hinsehen verbirgt sich dahinter die existierende interne Rechtsabteilung.“

Der koreanische Galerienverband habe den dortigen Kunstversteigerern den Kampf angesagt, nachdem diese im letzten Jahr ihren Umsatz verdreifacht hätten, berichtet Eileen Kinsella bei Artnet: „Der koreanische Galerienverband hatte vor mehr als zwei Wochen erstmals den Vorwurf erhoben, dass K Auction und Seoul Auction gegen ein 2007 von beiden Seiten geschlossenes 'Gentleman's Agreement' verstoßen hätten, in dem sich die beiden Auktionshäuser verpflichtet hatten, auf bestimmte Verkäufe zu verzichten, die als konkurrierend und für die Galerien schädlich angesehen würden.“ In der Beziehung scheint demnach bisher eine Insel der Glückseligen gewesen zu sein, haben Kunsthandel und Galerien in anderen Teilen der Welt doch schon seit Jahrzehnten mit der Übermacht der Auktionshäuser zu kämpfen.

Mit dem Recht ist das so eine Sache: Immer steht es einem im Weg, wenn eine neue, disruptive Geschäftsidee sagenhafte Gewinne verspricht. Diese Erfahrung musste Gabriela Angeleti im Art Newspaper zufolge eine Gruppe anonymer Krypto-Fans machen, die bei Christie's in Paris das Konzept-Buch zu einer nie realisierten Verfilmung des Science-Fiction-Romans „Dune“ für 2,66 Millionen (das Hundertfache des Schätzpreises) gekauft hatten. Sie wollten die einzelnen Seiten als NFTs verkaufen und das Buch anschließend verbrennen. Dem Bericht zufolge hatten sie geglaubt, mit dem physischen Objekt auch die Urheberrechte und damit das Recht zur Verfielfältigung zu erwerben: „Im Internet wurde jedoch schnell darauf hingewiesen, dass das Buch bereits kostenlos im Internet verfügbar ist und dass der Kauf Spice DAO nicht die Rechte einräumt, Werke zu produzieren, die auf seinem Inhalt basieren. Eine NFT-Serie beispielsweise würde wahrscheinlich von den eigentlichen Urheberrechtsinhabern, derzeit der Herbert Limited Partnership, verklagt werden.“

Der Fall zeige, auf welch juristisches Neuland NFTs führen, erklärt Jessica Rizzo bei Wired: „Nur der rechtmäßige Inhaber des Urheberrechts eines Bildes kann die Reproduktionsrechte an diesem Bild übertragen. Ein Krypto-Künstler, der aus einem Originalbild eine NFT erstellt, könnte theoretisch sein Urheberrecht zusammen mit der NFT, die das Bild indiziert, verkaufen, aber die Übertragung des Urheberrechts wäre nicht automatisch Teil der Transaktion; sie müsste ausdrücklich vereinbart werden. Andere rechtliche Fragen, die sich bei NFTs stellen, sind wirklich neu. Da beispielsweise das mit einer NFT verbundene Bild selbst nicht in der Blockchain gesichert ist, könnte das Kunstwerk leicht verschwinden, wenn die Plattform, auf der es gehostet wird, nicht mehr existiert.“

Den Nachlass der Galerie Michael Schultz kommt im Juni bei Van Ham in Köln unter den Hammer, meldet Susanne Schreiber im Handelsblatt.

Merda d'artista ist ein Dreck gegen die neueste Idee von Christoph Büchel. Wie Georg Imdahl in der FAZ berichtet, will der schweizerische Künstler bisher und zukünftig unverkaufte Werke zu Diamanten pressen lassen: „Es soll aber gegen grassierende Phänomene von 'Zertifizierung, Eigentum, Urheberschaft und Auktionspreise' in Stellung gebracht werden und als „Instrument der potenzierten Wahrnehmung“ dienen, wie Büchel in seinem Bulletin verlauten lasst. Als wäre der Hype um die Kryptokunst nicht ernüchternd genug, werden jetzt auch noch Diamanten zur Rettung einer 'potenzierten Wahrnehmung' ausgerufen – und ein Künstler bietet seine Resterampe in Form von Diamanten feil! Das neue Kunstjahr geht ja gut los.“

Wenig renditeversprechend sei das so kleine wie ungewöhnliche Sammelgebiete der Augenminiaturen, weiß Peter Dittmar in der WELTKUNST (kostenlose Anmeldung) : „Als Spekulationsobjekt eignen sich diese Augenminiaturen offensichtlich nicht. Das verrät ein elliptisches Etui für Zahnstocher aus dem 19. Jahrhundert mit einem kleinen, golden gefassten Augenporträt auf dem Deckel. 2004 wurde es bei Bonhams in der New Bond Street (samt Aufgeld) für 1135 Pfund versteigert. 2009 ging es bei 600 Pfund zurück, ehe es 2011 für 900 Pfund doch noch einen Käufer fand. In diesem Rahmen bewegen sich die meisten Auktionspreise. Fünfstellige Ergebnisse bleiben jedenfalls Raritäten.“

Die Marktentwicklung für Werke Ernst Wilhelm Nays (von dem es ja auch „Augenbilder“ gibt), beschreibt Chritiane Meixner ebenfalls in der WELTKUNST .

Einen Jahresrückblick auf den Markt für antiquarische Bücher wirft Peter Dittmar ebenfalls in der WELTKUNST.

Kunst ist manchmal doch für etwas gut. Erst die Diskussion um die Kunstsammlung von Heidi Horten (Jahrgang 1941) hat neuerlich eine breitere Diskussion darüber in Gang gebracht, wie ihr verstorbener Mann an sein Vermögen gekommen ist, berichtet Almuth Spiegler im Kurier aus Wien (Paywall): „Als 26-Jähriger begann dieser, in Nazi-Deutschland sein Unternehmen aufzubauen, das nach Schwierigkeiten mit den Besatzungsmächten und dem Krieg in der Zeit des Wirtschaftswunders enorm reüssierte. Mit welchen Methoden aber Horten sich die einst jüdischen Textilkaufhäuser zu eigen machte, darüber wurde lang geschwiegen, erst von ihm selbst, dann von seiner Stiftung, dann von der Witwe. Seit einem 'Spiegel'-Artikel von 1987 wird die Rolle Hortens, der NSDAP-Mitglied war, immer wieder thematisiert, was auch negativ auf das Museumsprojekt zurückfällt.“

Die Rolle von Fördervereinen und Freundeskreisen im Betriebssystem Kunst beschreibt Frank Kurzhals im Handelsblatt (Paywall) : „Ohne diese Form von Interessenvertretung in Vereinen hätte die zeitgenössische Kunst jedenfalls weniger Unterstützung, um in Museen angemessen vorzukommen. Kunstvereine und Galerien wären dann die zumeist auch noch eng verwobenen Monopolisten. Aktivitäten des Förderkreises sind außerdem immer ein gesellschaftliches Ereignis, eine beliebte Plattform gesellschaftlicher Repräsentanz.“

Die nicht immer einfache Praxis privater Leihgaben und Schenkungen an Museen untersucht Christiane Fricke im Handelsblatt (Paywall): „Besonders interessant war eine Gesprächsrunde, in der die Kuratorin und Journalistin Julia Voss einleitend forderte: 'Wir würden gern viel mehr darüber wissen, wie das private Sammeln das beeinflusst, was wir in öffentlichen Museen zu sehen bekommen.' Voss' Kritik entzündete sich beispielhaft an dem auffällig großen Bestand an Baselitz-Werken in der Pinakothek der Moderne in München und daran, dass es sich hier um sehr viele Leihgaben und Schenkungen handeln würde, die mit steuerlichen Vorteilen für die Leihgeber verbunden seien. Sie fragte: Wird hier über die Steuergesetzgebung Kulturpolitik gemacht?“

Der niederländische Staat lasse sich beim Kauf eines Rembrandts für 175 Millionen Euro von der Familie Rothschild auf einen fragwürdigen Deal ein, berichtet Thomas Gutschker in der FAZ: „Demnach muss die Summe an einen Trust auf den Cookinseln im Pazifik überwiesen werden, der zu einer Holding gehört, die auf Saint Vincent in der Karibik registriert ist. Offenbar wurde diese Konstruktion gewählt, um Steuern zu sparen. Otten warf die Frage auf, wie sich eine solche Transaktion zur Politik der Regierung verhalte, gegen Steuervermeidung vorzugehen. Die zuständige Staatssekretärin Gunay Uslu verteidigte den Ankauf mit dem Argument, dass der Trust in keinem steuerlichen Bezug zu den Niederlanden stehe, dem Staat also kein Nachteil entstehe.“ Mit dem Argument lässt sich wohl jedes Geschäft mit einer Offshore-Gesellschaft rechtfertigen.

In Istanbul ist Stephane Ackermann, ehemaliger Direktor der Kunstmessen Contemporary Istanbul und Art International, plötzlich und unerwartet verstorben, meldet Artforum.


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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung