Optionale Cookies erlauben?
Neben technisch notwendigen Cookies möchten wir Analyse-Cookies nutzen, um unsere Zielgruppe besser zu verstehen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen.
Mit zwei Kunstmessen in Berlin und zwei Messeterminen im deutschsprachigen Raum (Viennacontemporary) lud die vergangene Woche zur Überforderung. Für das Handelsblatt hat sich Christian Herchenröder an der Spree auf einen Schnelldurchgang über die Berlin Art Week begeben.
Von der "Hauptstadt im Kunsttaumel" schwärmt Brita Sachs in der FAZ: "Mit Soloschauen auch in manch größerer Koje - Blain Southern etwa konzentriert sich ganz auf Wim Wenders, Deborah Schamoni auf Tobias Spichting - zitiert die 'Art Berlin' eine Tradition der Vorgängermesse ABC; kein Wunder, denn während mit der Kölnmesse ein neuer Träger antrat, wechselte die Berlin-erfahrene Maike Cruse einfach vom einen auf den anderen Direktorenposten. Erstmals lädt sie auch in den 'Salon', eine Art Gemeinschaftsstand, auf dem der Kurator Tenzing Barshee mit fünfzig Werken die Kombination aus kuratierter Ausstellung und kommerzieller Messe versucht."
Nicht restlos ist Daghild Barthels trotz jubelnder Überschrift in der NZZ: "Die Internationalität bei den teilnehmenden Galerien ist noch sehr überschaubar, doch aus Köln, Düsseldorf oder München sind einige Schwergewichte angereist".
Insgesamt auf einem guten Weg sieht Astrid Mania die Art Berlin in der Süddeutschen Zeitung vom 29. September: "Nun ist vieles anders, heißt: konventioneller. "Das klassische Messemodell macht kommerziell mehr Sinn, weil es den Sammlern vertraut ist", urteilt Maike Cruse, alte und neue Messedirektorin. Das Experimentelle taugt ohnehin bald nur noch als Retrogeste in einer Stadt, in der die Freiräume preisgegeben worden sind, in der Improvisationstalent vor allem beim Erbringen der Miete nötig ist. Da hat es die art berlin nun gut: Sie gehört seit diesem Jahr der Koelnmesse und kooperiert mit der rheinischen Art Cologne. Überall also Pragmatik: miteinander statt, diplomatisch formuliert, nebeneinander." Sie bemängelt allerdings die stiefmütterliche Behandlung der Branche durch die Politik: "So muss die art berlin aus eigener Kraft überleben. Noch merkt man ihr an, dass sich die internationalen Galerien und manche interessante heimische nicht darum gerissen haben teilzunehmen. Das dürfte sich ändern, sollten dieses Jahr die Verkäufe stimmen. Eine solide Lokalmesse, auf der auch eine neue, Berliner Sammlerschaft spannende und bezahlbare Werke findet, stünde dieser Stadt jedenfalls nicht schlecht."
Wie notwendig ein funktionierender Marktplatz für eine lebendige Kunstszene in Berlin ist, betont Nicola Kuhn im Tagesspiegel und gibt der Senat gleich noch einen mit: "Für die Galerien bedeuten die beiden Kunstmessen in den Hangars von Tempelhof eine wichtige Stimulans, als Köder für künftige Sammler. Mit Spannung werden von dort nun endlich Verkaufserfolge erwartet. Umso mehr ist es ein Armutszeugnis für den Senat, dass er den Glauben an einen ökonomischen Erfolg offensichtlich aufgegeben hat und der Messe Köln im vergangenen Jahr die Trägerschaft für die 'Art Berlin' überließ, dem Zugpferd der großen Kunstwoche im Herbst."
Die SatellitenParallelmesse Positions hat Angela Hohmann für den Tagesspiegel vom 29. September besucht, und sie hat Optimierungsbedarf im Zusammenspiel der beiden Veranstaltungen ausgemacht: "Aber sie [die Besucher] werden sich ärgern, dass sie so viel zu laufen haben. Denn die beiden Messen finden zwar am selben Ort statt, sind allerdings nur über separate Eingänge zu erreichen - ein Nachteil, der hätte behoben werden können, wenn nur alle gewollt hätten. Um die Besucher zu entlasten, hat die Positions als der deutlich finanzschwächere Partner nun einen Shuttledienst zwischen den beiden Messen eingerichtet."
Leicht asynchron wirkt das Interview, das Gero Schließ für die Deutsche Welle mit dem Geschäftsführer der Berliner Kulturprojekte GmbH und damit theoretisches Oberhaupt der Berlin Art Week, Moritz van Dülmen, führt, dem es konsequent gelingt, haarscharf an den Fragen vorbei zu antworten.
Scott Reyburn war für die New York Times in Wien und wundert sich darüber, dass er in den Galerien der Stadt am Tag vor der Messe-Vernissage kaum Besucher antrifft.
Die aktuelle Ausgabe der Viennacontemporary sieht der Wiener Kurier als Beleg für die gute Verfassung der Kunstszene: "Obwohl die Messe ohne Zweifel eine hoch kommerzielle Veranstaltung ist, hat sie sich die Atmosphäre eines Möglichkeitsraums bewahrt: Die Galerien bieten hier zum größten Teil keine Luxus-Trophäen an, sondern riskieren Präsentationen von weniger prominenten Künstlerinnen und Künstlern. Sie nähren so den Glauben, dass es am Kunstmarkt auch um Ideen gehen könnte - und dass Sammeln eine Form intellektueller Teilnahme sein kann."
Meine Eindrücke von der Viennacontemporary sind im Artmagazine und im Handelsblatt nachzulesen.
Durchhalteparolen gibt Margaret Carrigan im Art Newspaper zur Expo Chicago aus, die ebenfalls letzte Woche stattfand.
Die Standpreise verschiedener Kunstmessen hat Peter Dittmer für die ZEIT recherchiert. Die in der Überschrift versprochene Antwort auf die Frage, ab wann sich die Teilnahme für eine Galerie rechnet, bleibt der Artikel jedoch schuldig.
Währenddessen wirft Anne Reimers in der FAZ schon einmal einen Blick voraus auf die Londoner Auktionen der Frieze-Woche.
Die Liste der Top 200 Sammler nehme ich in der ZEIT zum Anlass, über das Zustandekommen und die Aussagekraft solcher Rankings nachzudenken.
Einen "Leitfäden für Erstkäufer" hat Birgit Rieger für den Tagesspiegel zusammengestellt. Ehrenwert ist es, dass unter dem Artikel darauf hingewiesen wird, welche zwei Galerien bei der Erstellung geholfen haben, weniger schön ist hingegen, dass das anscheinend nötig war.
Nach dem gesellschaftlichen Nutzen der steuerlichen Bevorzugung von Kunst gegenüber anderen Anlageformen fragen Julia Voss und der Jurist Thomas Ackermann in der FAZ vom 29. September: "Auf wie viel Steueraufkommen der Staat verzichtet, um die Öffentlichkeit in den (wenigstens vorübergehenden) Genuss privat gesammelter Kunst zu bringen, ist nicht bekannt. Die Steuersubventionen, mit denen der Staat Kunstsammler fördert, werden in keinem Kulturhaushalt ausgewiesen. In einer Gesellschaft, die selbstverständlich über die Kosten von Theatern, Schwimmbädern oder öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten diskutiert, ist das schon bemerkenswert: Zumal das explosionsartige Wachstum der Sammlungen in öffentlichen und privaten Museen in den vergangenen Jahren die Frage geradezu aufnötigt, ob die steuerlichen Anreize hier richtig justiert sind."
"Endlich tut mal jemand was", denkt man sich, nur um dann festzustellen, dass das schon seit knapp 30 Jahren passiert, ohne dass sich groß etwas geändert hätte. Tom Mustroph portraitiert für Neues Deutschland das Berliner Künstlerinnen-Förderprojekt Goldrausch: "Es wurde bereits 1989 gegründet und zielt darauf ab, Künstlerinnen bei der Durchsetzung auf dem Kunstmarkt zu helfen. 'Wir laden jedes Jahr 15 Künstlerinnen ein, ein Jahr lang an einem Weiterbildungsprogramm teilzunehmen, in dem es neben dem künstlerischen Austausch auch um Strategien geht, sich als Existenzgründerinnen besser durchzusetzen. Wir organisieren alljährlich zudem die Ausstellung der Stipendiatinnen und produzieren einen Katalog als Präsentationsmöglichkeit auch über die Ausstellung hinaus', erklärt Projektleiterin Hannah Kruse."