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Kobels Kunstwoche

Shipman Kid Voltaire "Marioupol but i would like to let ukrainian people title it."; frei via creativesforukraine.com
Shipman Kid Voltaire "Marioupol but i would like to let ukrainian people title it."; frei via creativesforukraine.com
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 40 2022

Das Schicksal ukrainischer Museen (und der darin befindlichen Objekte), die sich seit letzter Woche angeblich auf russischem Staatsgebiet befinden, beschreibt Sophia Kishkovsky detailliert im Art Newspaper.

Gegen die Zusage, ausschließlich von der Kunstmesse Cosmoscow zu berichten, hat Kerstin Holm ein Journalisten-Visum für Moskau erhalten. Ihr ausführlicher Bericht in der FAZ eröffnet einen selten geworden Einblick: „Infolge des Krieges und der westlichen Sanktionen wurde Russlands Kultur von Europa, dem sie ihrem Wesen nach angehört, abgeschnitten. Ausstellungsprojekte mit westlichen Museen gibt es nicht mehr, das Land soll sich künftig nach China, Indien, Südamerika und den arabischen Staaten ausrichten. […] Abgeschnitten ist ebenso der westliche Kunstmarkt. Luxusgüter, zu denen auch Kunst und Antiquitäten zählen, dürfen aus Europa nicht nach Russland exportiert werden. Russische Sammler, die etwa in London Kunstwerke gekauft haben, können diese nicht in ihre Heimat bringen. Für Sammler sei daher eine zweite Staatsbürgerschaft nützlich, philosophiert [Messedirektorin] Margarita Puschkina gegenüber den Messegästen, oder ein Aufenthaltstitel in einem westlichen Land, wohin man ausländische Erwerbungen bringen könne, aber auch russische Kunst, die keiner Exportbeschränkung unterliegt. Für alle anderen ruft Puschkina das Beispiel des sanktionserfahrenen Irans in Erinnerung, den sie oft besucht habe und dessen Kunst von einheimischen Sammlern mit Begeisterung gekauft und gefördert werde. Liebhabern empfiehlt sie, dem in Russland nachzueifern. Und wirklich meldet die Messe Rekordumsätze.“

Die dritte Ausgabe der Tbilisi Art Fair im georgischen Tiflis hat George Nelson für das Art Newspaper besucht: „Achtzehn der 28 Galerien, die sich auf der ExpoGeorgia präsentierten, kamen aus Georgien, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf emerging artists lag. Mehrere Galeristen sagten, sie hätten im Vergleich zu den Vorjahren weniger internationale Besucher bemerkt, aber die Einheimischen seien zahlreich erschienen - und laut [Messeleiter Eric] Schlosser wurde mehr Geld ausgegeben als 2019. 'Rund 140 Werke wurden verkauft, ohne die direkt aus den Ateliers der Künstlerinnen und Künstler gekauften, und über etwa 20 weitere Verkäufe wird noch diskutiert', sagte Schlosser bei Messeschluss. 'Besonders beliebt waren Fotografien, die zwischen 150 Euro und 4.500 Euro kosteten.'“

Von der Hamburger Tochter der Paper Positions meldet sich Farnk Kurzhals für das Handelsblatt aus einem ehemaligen „Karstadt-Sport-Kaufhaus. Jetzt ist es umgewidmet worden zu einem 'Raum für kreative Zwischennutzung'. Gutes Storytelling ist eben auch im Stadtmarketing die halbe Miete. So wurde das Haus flott umbenannt und verheißungsvoll auf den Namen 'Jupiter' getauft. Schon aus der Ferne ist der neue Name groß auf dem Dach zu lesen. Warum Jupiter? Nebenan ist das Technik-Kaufhaus Saturn. Die neue Sternenkonstellation soll neugierig machen. Dazu gehört auch sympathisch schräger Humor. Den brauchen auch die Besucher der Messe, denn bevor sie im zweiten Stock ankommen, müssen sie erst mal vorbei an Atelierflächen, auch denen von Hobbykünstlern, an Musikerauftritten, die im ganzen Haus zu hören sind, an Vortragsveranstaltungen, an Verkaufsständern mit Kleidung aus aller Herren Länder.“

Gute Nachrichten bringt Christiane Fricke vom Praxistag für Galerien des Bundesverbands Deutscher Galerien und Kunsthändler BVDG im Handelsblatt: „'Der Ball liegt jetzt tatsächlich im Feld des deutschen Gesetzgebers“, sagte der Kölner Steuerberater [Florian Greiner] im Nachgang zur Veranstaltung. Es solle nun bald in nationales Recht umgesetzt werden, was die EU erlaube. Deutschland könne mit der Wiedereinführung der Steuerermäßigung im Kunstmarkt einen Fehler beheben, der in den letzten Jahren dazu geführt habe, dass bildende Künstler und Galerien unterschiedlich besteuert würden.“

Den Einstieg über das Thema Geld in sein Buch „Kann ich das auch?“ über Kunst erklärt Kolja Reichert im Gespräch mit Silke Hohmann für Monopol (Paywall): „Weil Geld wie Kunst alle etwas angeht. Beides hat seinen Sinn nur, wenn es prinzipiell allen gehört und nie nur einem allein. Geld erlaubt, sich zu anderen Menschen und Dingen ins Verhältnis zu setzen, auch zu Kunst. Ich finde es verquer und anmaßend, wenn Galeristen auf Kunstmessen Journalisten davon abbringen wollen, vor der Öffentlichkeit die Preise zu nennen. Sollen die Zahlen nur für die Reichen sein, und für das Volk nur die Bilder? Die Angst, die Zahl könne das Kunsterlebnis korrumpieren, hat etwas paternalistisches. Warum sollen nicht alle am Gespräch teilhaben? Kunst hat noch nie außerhalb sozialer Tauschverhältnisse existiert. Man kann über beides sprechen, ohne dass das eins davon etwas einbüßt.“

Die Konjunkturdelle der Tech-Giganten könnte die Kunstwelt in Bedrängnis bringen, glaubt Ji-Hun Kim bei Monopol: „Angenommen, die goldene Ära des Silicon Valley ist wirklich vorbei, so bedeutet das zwar nicht, dass all die Unternehmen von heute auf morgen ihre Rollläden zumachen. Allerdings sollte man sich genauer angucken, was das für Implikationen für die Kunst- und Kulturwelt haben könnte, wenn das zuvor bedingungslose Vertrauen, dass den Giganten entgegengebracht wurde – weil ja unendlich viel Geld da war – neu geprüft werden sollte. Den Einfluss, den beispielsweise Instagram auf die Kunstwelt genommen hat, muss man hier gar nicht detailliert ausführen. Nicht nur, dass Ausstellungen heute so kuratiert werden, dass sie fast ausschließlich Insta- und TikTok-tauglich sind, auch fußen die allermeisten Karrieren in Kunst, Musik und Grafikdesign darauf, wie viele Follower junge Kreative haben. Die Kulturwelt hat sich völlig den quantisierbaren Verwertungsmechanismen und Performance-Indizes der digitalen Plattformen unterworfen.“

Die Pixel-Party scheint vorbei. Seit Anfang des Jahres sei der NFT-Markt um 97 Prozent eingebrochen, meldet Sidharta Shukla bei Bloomberg. Im September seien nur noch NFTs im Wert 466 Millionen US-Dollar gehandelt worden, nach 17 Milliarden im Januar.

Die Rettung soll jetzt laut Rishabh Mansur bei Yourstory aus Indien darin bestehen, einzelne NFTs wie Cryptopunks zu fraktionalisieren, umso den Markt breiter aufzustellen. Was man sich halt so ausdenkt, wenn man der letzte Neuling im Pyramidenspiel ist

Wer zu spät kommt... Christie's springe jetzt mit einem eigenen NFT-Marktplatz auf den Zug auf, berichtet Ursula Scheer in der FAZ: „Unter dem Namen 'Christie’s 3.0' hat das Auktionshaus nun eine eigene Verkaufsplattform für NFTs eröffnet, auf der Käufer ihre digitalen Geldbörsen ('Wallets') direkt registrieren und anschließend online auf NFTs bieten können – nach dem Modell des marktführenden NFT-Handelsplatzes OpenSea. Der Konkurrent Sotheby’s hat schon seit Längerem eine ähnliche hauseigene Verkaufsabteilung für Kryptokunst, das 'Sotheby’s Metaverse'. Mit besonders hohen Verkaufserwartungen versehene NFTs will Christie’s allerdings weiterhin in traditionellen Abendauktionen offerieren.“

Ein schönes Beispiel für die Funktionsweise der Medienlandschaft ist die Verbrennung eines Kunstwerks von Frida Kahlo. Der mexikanische angebliche Selfmade-Millionär Martin Mobarak hat zu einem Aquarell von Frida Kahlo ein NFT in 10.000er-Auflage gemintet; ein Teil des Kaufpreises in Höhe von je 3 Ether wohltätigen Zwecken zugute kommen soll. Die erste nachvollziehbare Meldung des Events vom 30. Juli ist von Ende August, anscheinend parallel Veröffentlichung eines Videos der Aktion. Einen Monat später hat die Geschichte unter anderem Zachary Folk für Metro aufgegriffen. Zu dem Zeitpunkt ermittelten laut Evan Simko-Bednarski in der New York Post bereits die mexikanischen Behörden gegen Mobarak wegen der mutwilligen Zerstörung von Kulturgut. Ursula Scheer von der FAZ ist empört.

Bei all der Aufregung scheint sich bis auf Emily Green von Vice kaum jemand die Mühe gemacht zuhaben, der fantastisch klingenden Preisbehauptung nachzugehen. Für 10 Millionen US-Dollar hätte man locker ein schönes großformatiges Ölgemälde bei Christie's kaufen können oder 20 Pastelle bei Sotheby's. Der Unternehmer und vorgebliche Wohltäter hat übrigens eine recht abwechslungsreiche Vita.

Die komplexe Beziehung zwischen Kunst, Geld und NFTs beleuchtet Shanti Escalante-Di Mattei ausführlich bei Artnews: „All dies, und doch hat keiner der NFT-Künstler, die aus 2021 erfolgreich mit neuen Reichtümern und erweiterten Möglichkeiten hervorgegangen sind, eine Galerievertretung gefunden. […] Die Skepsis bleibt, auf beiden Seiten. Wenn der Krypto-Winter die Zeit ist, um Brücken zwischen der Kunst- und der NFT-Welt zu bauen, dann haben die Leute viel Arbeit vor sich.“

Beim Besuch der Ausstellung „Wege der Kunst. Wie die Objekte ins Museum kommen“ hat Susanne Schreiber für das Handelsblatt erfahren, wie Institutionen auch mit der eigenen Sammlungsgeschichte umgehen können: „In seiner faszinierenden Ausstellung erzählt das Züricher Museum [Rietberg] konsequent multiperspektivisch. Nur so werden die unterschiedlichen Interessen deutlich. Im Zentrum steht bei jedem einzelnen Exponat die Objektbiografie: Wissen aus Museumsakten, das fast nie vor den Besuchern ausgebreitet wird, weil es im Museum bisher vor allem um Ästhetik ging. Das neue, vorbildliche Museumsnarrativ verknüpft nun Kunstgeschichte und Landesgeschichte, schließt das Wissen der Herkunftsgesellschaften ein, aber auch die Historie der Sammlerinnen und Sammler und die der Kunsthändler. Denn der Galerist ist nicht nur Kaufmann. Bisweilen ist er der 'Tastemaker', der ein Sammelgebiet überhaupt erst erkennt und erschließt. Bisweilen manipuliert er auch die Kunst.“

Zum 30-jährigen Bestehen des Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung (früher) Zentralarchivs des internationalen Kunsthandels wirdt Georg Imdahl in der FAZ vom 1. Oktober einen Blick zurück und nach vorn: „Intensivieren will das ZADIK künftig seine Verbindungen mit anderen Archiven, die im 'European Art Net' kooperieren, und baut auf weiteren Zuwachs durch prominente Stifter von persönlichen Dokumenten, um die bislang zweihundert Bestände von Vor- und Nachlässen auszubauen. Für Ankäufe fehlen dem ZADIK die Mittel. Und vollständige Transparenz in alle ökonomischen Transaktionen darf man eher nicht erwarten. Doch wer sich vor Ort in die Ordner vertieft, verliert sich rasch darin.“

Wenn Kunst high macht: Am Kölner Flughafen seien Gemälde beschlagnahmt worden, deren Malgrund aus Kokain bestehe, meldet 24rhein (Ippen Media) : "'Besonders bemerkenswert war der Aufgriff von fünf Kilogramm hochreinen Kokains, welches zur Tarnung sehr flach gepresst und bemalt wurde. Allein die Menge dieser Kokain-Bilder hätte eine Einzeldosis für so viele Leute ergeben, wie in das ausverkaufte Stadion des 1. FC Köln passen', erklärt Jens Ahland, Pressesprecher des Hauptzollamts Köln."

Der Brite Robert Newland wurde laut Daniel Cassidy im Art Newspaper an die USA ausgeliefert und muss sich als Komplize des Betrügers Inigo Philbrick vor einem New Yorker Gericht verantworten, das eine Kaution von 400.000 US-Dollar festgelegt habe.



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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung