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Kobels Kunstwoche

Alternative fact: Trumps Renoir
Alternative fact: Trumps Renoir
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 43 2017

Was für ein Skandal! Beatrix Ruf, eine der bekanntesten Kuratorinnen und Museumsleiterinnen, soll unerlaubterweise Weise in die eigene Tasche gewirtschaftet haben und ist als Direktorin des Stedelijk Museums in Amsterdam zurückgetreten. Praktisch alle einschlägigen Medien greifen die Geschichte auf. Susanne Schreiber erklärt im Handelsblatt das System Ruf: "Ein Teil des Einflusses von Beatrix Ruf resultiert aus der seit 1995 andauernden Beratertätigkeit für den Schweizer Ringier Verlag und den Aufbau von dessen Sammlung. Viele von Rufs Künstler-Publikationen erschienen bei Ringier. Bevor Ruf 2014 das Stedelijk übernahm, war sie sechszehn Jahre Direktorin der Kunsthalle Zürich. Noch nicht arrivierte Künstlerinnen und Künstler lassen sich dann besonders gut durchsetzen, wenn ihr Promoter, wie bei Beatrix Ruf der Fall, zusätzlich noch in mehr als 20 Gremien mitwirkt. Da könnte man über Ämterhäufung nachdenken."

Auf der Fiac - und anscheinend nur dort - war Olga Grimm-Weissert für das Handelsblatt vom 20. Oktober: "Dem Strohfeuer der Modekünstler steht ein gutes Dutzend Stände mit sicheren Werten der Moderne und etablierten Gegenwart gegenüber. Landau Fine Art aus Montreal fährt unter anderen Wassily Kandinsky, Yves Tanguy, Joan Miró, Jean Dubuffet und Pablo Picasso auf. Die Pariser Galerie 1900-2000 lockt mit Fotos, Collagen, Zeichnungen und Gemälden von Man Ray bis Jean-Jacques Lebel. Wie immer klein, aber fein. Hier verkauft sich Kunst wie warme Semmeln. Bei den eher experimentellen, den sogenannten 'jungen' Galerien schien die Kauflust der Happy Few dagegen eher gebremst zu sein. Hier schlägt sich der etwa 20-prozentige Rückgang der Kunst-Umsätze der zwei letzten Jahre am deutlichsten nieder." Sie nennt die altehrwürdige Fiac "hip" und zählt am Ende drei mediokre Satelliten auf, unterschlägt aber mit "Paris Internationale" die einzige tatsächlich hippe Veranstaltung der Woche, von deren 55 Ausstellern die Fiac wahrscheinlich die meisten gerne selbst beherbergt hätte.

Als wäre man selbst dort gewesen, fühlt man sich nach der Lektüre von Bettina Wohlfahrts Herbstspaziergang über die Fiac in der FAZ: "Bei herrlichem Herbstwetter ist die Avenue auch diesmal zu einer verkehrsfreien Esplanade geworden. Die Besucher flanieren zwischen Skulpturen, sitzen in eigens aufgebauten Straßencafés - oder direkt auf den Kunstwerken, die dazu tatsächlich wie geschaffen sind. Waddington Custot aus London hat elegante weiße Bänke von Pablo Reinoso mit dem Titel 'Double Talk' aufgestellt, deren stählerne Latten sich zu Voluten auswachsen. Auch die bemalten Aluminiumbänke '5 Welten 12 Bänke' Matt Mullicans von Capitain Petzel aus Berlin finden bei den Messebesuchern für ein Päuschen in der Sonne Anklang."

Von der Formierung einer jüngeren Sammlerschicht unter 50 berichtet Anna Louie Sussman bei Artsy. Die neue Generation engagiere sich ausdrücklich für die Unterstützung der französischen Kunstszene.

Das Kalkül Katars hinter jährlichen Milliardeninvestitionen in Kunst versucht Werner Bloch in seinem Portrait von in der ZEIT zu ergründen: "Die Petrodollars machten die Katarer suspekt, hinter vorgehaltener Hand lästert man gern über die 'nouveaux riches' vom Golf. Natürlich symbolisiert die Kunst in Katar nationales Prestige, den Anspruch auf Vorherrschaft in der Region; sie ist mehr als die Marotte einer superreichen Wüstendynastie, die ihre inzwischen 14 Museen füllen muss - etwa das Mathaf, das weltweit einzige Museum für die arabische Moderne, und das neue Nationalmuseum in Form einer Sandrose. Hinter den Käufen steht ein Masterplan - der erklärte Wille, Katar groß zu machen. Sammeln ist Politik, auch Wirtschaftspolitik."

Das Wegbrechen der bisherigen Einnahmequellen des IS auf dem Rückzug hätten zu einer gesteigerten Aktivität der Terroristen im Handel mit Raubgrabungen geführt, hat Vincent Noce von Experten für das Art Newspaper erfahren. Das Volumen sei im Vergleich mit dem Ölhandel und "Steuern" allerdings immer noch gering. Gleichzeitig sei die Fälschungsquote unter den beschlagnahmten Objekten dramatisch angestiegen, von 30 auf 70 Prozent.

Das von manchen Street Art-Künstlern abgelehnte neue Museum für die von ihnen praktizierte Kunstrichtung in Berlin hat Christiane Meixner für die ZEIT besucht: "Drinnen hingegen hängen die Bilder der japanischen Künstlerin Aiko, des Australiers Ben Frost oder von Shepard Fairey brav gerahmt an weißen Wänden, manchmal wurden ganze Mauerstücke konserviert. Das aber setzt die Street-Art in direkte Konkurrenz zu dem, was sonst in Museen hängt - und lässt sie ohne Street-Credibility ganz schön dekorativ aussehen."

Traditionelle und Internet-Auktionshäuser werben aktuell Personal aus der Modeindustrie für ihre Online-Aktivitäten ab, berichtet Alina Cohen im Art Newspaper.

Das Museum für Speiseeis könnte die Zukunft des Museums sein, wenn die Museen nicht aufpassten, entnimmt Julia Halperin einer Studie aus den USA ausgerechnet für Artnet, das diese Entwicklung in der Kunstberichterstattung schon vollzogen hat.

Donald Trumps Renoir ist offensichtlich eine Kopie. Dass das Original im Art Institute in Chicago hängt und zwar seit 1933, scheint ihn nicht zu interessieren, berichtet unter anderem Monopol, er halte sein Bild weiterhin für echt - ein Leinwand gewordener alternative fact sozusagen.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung