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Ein Betrugs- und Fälschungsskandal macht gerade in Berlin die Runde. Es geht um einen Haftbefehl gegen einen "namhaften Berliner Galeristen", von dem Tobias Timm im Gespräch mit Stefan Koldehoff im Deutschlandfunk berichtet. Von Millionensummen ist die Rede. Szenekenner müssen aufgrund der genannten Details nicht lange raten, um auf den Namen des Galeristen zu kommen. Gleichwohl wird er nicht genannt. Das ist auch gut so, denn schließlich gilt die Unschuldsvermutung. Das Thema ist zwar so wichtig, dass eine Berichterstattung angezeigt ist, doch könnte eine Namensnennung zu diesem Zeitpunkt dem Unternehmen einen nicht wiedergutzumachenden Schaden zufügen.
In der BILD-Zeitung kommt es allerdings noch dicker. Von jeher ohne jede Beißhemmung, nennt das Blatt nicht nur den Namen in einer ansonsten eher faktenarmen Meldung, sondern eröffnet einen weiteren Aspekt: "XXX war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Über das Vermögen seiner Galerie hat das Amtsgericht Charlottenburg bereits Ende September ein vorläufiges Insolvenzverfahren eröffnet. Seine Galerie in Charlottenburg, die er seit 1986 führte, ist seitdem verwaist. An den Fenstern hängt die Telefonnummer eines Maklers."
Die Contemporary Istanbul sollte anscheinend in Zukunft ohne Beteiligung von Galerien und Künstlern aus zivilisierten Ländern stattfinden. Ali Güreli, Eigentümer der Messe, hatte in einer Email vom 14. September an einen großen Verteiler den Angriff der türkischen Streitkräfte auf die von Kurden bewohnten Gebiete jenseits der türkischen Grenze so patriotisch wie plump gerechtfertigt: "Die aktuelle Operation der Türkei richtet sich nicht gegen eine ethnische Gruppe, Nation oder Land; vielmehr zielt sie einfach und ausschließlich darauf ab, Elemente zu neutralisieren, die eine terroristische Bedrohung darstellen, auf regionaler und globaler Ebene sowie für unser Land." Es ist schon erstaunlich - und wohl noch nie vorgekommen - dass sich eine Kunstmesse vor den politischen Karren einer Regierung spannen lässt, und das auch noch für eine Sache, die bei den allermeisten Menschen (nicht nur) in demokratischen Gesellschaften Entsetzen und Abscheu hervorrufen dürfte. Am 18. September ist Güreli dann mit großem Kotau zurückgerudert: Es sei nicht an ihm, die Politik der Türkei zu erklären, und er hätte diese Email nicht an die Gemeinschaft senden sollen, die sich über die Jahre um Contemporary Istanbul gebildet habe. Als Konsequenz wolle er Strukturen einführen, die die operative Führung der Messe unabhängiger von ihm mache. Das ist immerhin eine gute Nachricht, denn die hemdsärmelige Art des Patrons dürfte ein Grund für den hohen Verschleiß an Führungskräften bei der Messe sein.
Die Volta hat einen neuen Besitzer, meldet Annie Armstrong bei Artnews unter Berufung auf die Financial Times. Merchandise Mart, denen auch die Armory Show gehört, haben demnach die Messe mit Ausgaben in New York und Basel an Ramsay Fairs Limited verkauft. Will Ramsay ist in der Branche keine Unbekannter. Nicht nur gehören ihm die Affordable Art Fairs sowie die Pulse (New York und Miami). Zusammen mit Sandy Angus und Tim Etchells bildet er ein Trio, das in unterschiedlichen Zusammensetzungen an den Messen Taipeidangdei, Art Central Hong Kong, India Art Fair und Art Düsseldorf beteiligt ist.
Paris scheint sich nach einhelliger Meinung zum Brexit-Gewinner aufzuschwingen und die Fiac als wichtigste Kunstmesse der Stadt gleich mit. Inhaltlich spannender werde sie dadurch allerdings wohl nicht, da sind sich viele Korrespondenten einig. So urteilt Bettina Wohlfarth in der FAZ: "Diesmal treten 199 Galerien aus 29 Ländern an. Im Gesamteindruck wirkt die 46. Ausgabe der Fiac gediegen und unaufgeregt, allenfalls etwas verspielt. Anlass zu Kontroversen wird sie nicht geben. Es scheint ein Bedürfnis nach Sicherheit zu geben, nach sicheren Werten wie nach Konsens. Auf überdimensionale Blickfang-Werke wird weitgehend verzichtet."
Auch Olga Grimm-Weissert bemängelt im Handelsblatt eine gewisse Eintönigkeit der Pariser Messe: "Die genannten Verkäufe sind symptomatisch für den aktuellen Kunstmarkt, denn die großen Namen der Kunstgeschichte sowie die anerkannten noch lebenden Künstler und die - meist durch Kunstpreise in den Fokus gerückten - Newcomer finden rasch ihre Käufer. 'Das Problem ist, dass alle das Gleiche wollen', kommentiert schmunzelnd der Kunstberater Christophe Langlitz."
Die Verjüngung der Kunstmesse Highlights in ihrer zehnten Ausgabe begrüßt und bedauert Brita Sachs in der FAZ: "Kunstgrüße zum Jubiläum schickten elf Händler, die die Highlights zum Teil mitgründeten oder dort ausstellten, und die alle viel zum Ruf der Messe beigetragen haben. Der häufigste Grund für ihre Abkehr ist die zeitliche Nähe zur Tefaf in New York; der Ableger der Maastrichter Messe genießt im Herbst bei ihnen Priorität. Beim Betrachten der Kostproben, die dieser harte Kern von einst in der Orangerie präsentiert - die Kunstkammerobjekte von Georg Laue oder Böhler, Heribert Tenscherts Zimelien oder Sascha Mehringers Skulpturen -, bedauert man zutiefst, dass der Markt in Deutschland für Alte Kunst dieses Levels offenbar zu überschaubar geworden ist, als dass Messeteilnahmen noch lohnen würden."
Auf den Münchener Ableger der aus Berlin stammenden Positions-Messen weist Evelyn Vogel in der Süddeutschen Zeitung hin: "In München war die Paper Positions gerade dabei sich zu etablieren, musste sich aber nach zwei Ausgaben eine neue Location suchen. Von der Alten Bayerischen Staatsbank in der Innenstadt ist man nach Norden in die Reithalle gezogen. Die ehemalige Exerzierhalle verfügt über 1200 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Dass Positions und Paper Positions hier nun erstmals verschmolzen wurden, könnte darauf hindeuten, dass es für die Spezialmesse nicht genügend kauffreudiges Publikum gibt. Dem widersprechen die Gründer der Paper Positions aber."
Das Programm, das der lokale Handel um die Highlights aufgestellt hat, präsentiert Sabine Spindler im Handelsblatt: "Berührungsängste zwischen Primär- und Sekundärmarkt kennen Robert Ketterer und Johann König nicht. Das Auktionshaus Ketterer bringt den Spirit Berlins an die Isar und ist Gastgeber der Ausstellung 'Szene Berlin Okt. 19', die von der König Galerie kuratiert wurde. Hip, frisch und frei von Schwerblütigkeit zeigt der Galerist einen Querschnitt seines Programms."
Zu einem Viertel gehöre die zweite Mona Lisa ihnen, behauptet ein britisches Ehepaar, wie Michael Huber im Kurier aus Wien berichtet. Zwar sei das Gemälde schon lange bekannt und werde von Experten fast einhellig als Kopie angesehen. Doch wo ein Trog ist, kommen die Schweine, weiß der Volksmund: "Dass eine umstrittene Zuschreibung hohe Erlöse nicht verunmöglicht, zeigte der Fall des (mit vergleichsweise stärkerem Expertenkonsens) ebenfalls Leonardo zugeordneten Gemäldes 'Salvator Mundi', das 2017 um 450 Millionen US-$ den Besitzer wechselte. Dass man im Fall der 'frühen Mona Lisa' auf eine ähnliche Wertsteigerung spekuliert, ist naheliegend."
Eine zentrale Anlaufstelle bei der Kulturstiftung der Länder solle zukünftig "über Bestände von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland informieren" und die Restitution erleichtern, meldet dpa, nachzulesen unter anderem bei Monopol. Die Kosten von 400.000 Euro (jährlich?) teilen sich demnach Bund und Länder. Allein das Ethnologische Museum in Berlin besitzt eine halbe Million Objekte.
Ein geläuterter Helge Achenbach wird nach der Presse jetzt ausführlich vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk (Deutsche Welle, Radio Bremen, Bayerischer Rundfunk) anlässlich des Erscheinens seiner Lebenserinnerungen herumgereicht.
Zum Schluss noch ein bisschen Klatsch: Die Hochzeit der Kunstsammler Dasha Zhukova (Öligarchentochter) und Stavros Niarchos (Reedersohn) im Vorfeld der Fiac feiert Maximilíano Durón bei Artnews.