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Die mit Spannung erwartete Art Basel-Tochter Paris+ hatte letzte Woche ihre erfolgreiche Premiere, die von der internationalen Presse durchweg positiv aufgenommen wurde, mit einigen kritischen Zwischentönen. Scott Reyburn resümiert in der New York Times: „Trotz ihres weniger konzernmäßigen, französischen Charmes stand die FIAC bei einigen internationalen Händlern in dem Ruf, kommerziell weniger erfolgreich zu sein als ihre Londoner Rivalin Frieze. Auf der letztjährigen FIAC erklärte der New Yorker Händler David Zwirner gegenüber der Times, dass er Paris zwar für eine 'großartige Stadt für eine Messe' halte, die FIAC aber für seine Galerie "tendenziell nicht so erfolgreich' sei. Dann kam das 42-köpfige globale Team der Art Basel, das die V.I.P.-Relations verwaltet. Es stellte ein Programm mit exklusiven Empfängen, Gesprächen und Besuchen in Ateliers und Museen zusammen, das umfangreicher war als alles, was die FIAC je angeboten hatte, und das eine viel stärkere Gästeliste anzog.“
Der belgische Sammler Alain Servais hat den Vergleich zur Frieze und kam hier schon letzte Woche zu Wort, dieses Mal zitiert ihn Naomi Rea bei Artnet: „Viele Menschen drängten sich auf der Messe, aber anders als bei der Frieze London eine Woche zuvor war der Konsens, dass das Niveau der Besucher hoch blieb. 'Wenn ich es in einer Formel zusammenfassen müsste, würde ich sagen, in London waren es Adabeis, jüngere Leute, die mehr Zeit in den Gängen als an den Ständen verbrachten', sagte der belgische Sammler Alain Servais gegenüber Artnet News. 'Hier würde ich sagen, wir haben die linke Pariser Intelligenz, die vielleicht nicht so viel Geld hat, aber viel über Kunst weiß, was bedeutet, dass die Stände sehr gut besucht sind und die Gänge weniger.'"
Ganz begeistert ist Bettina Wohlfarth in der FAZ: „Wie der Vernissagentag verläuft, zu dem nur ein ausgesuchtes Publikum von Sammlern, Kuratoren und Fachleuten geladen ist, gilt auf großen Kunstmessen als sensibles Barometer. Dass die erste Ausgabe der Paris+ als Erfolg bezeichnet werden kann, zeichnete sich schon am Nachmittag ab. Es gab einige Stände, an denen mit einem Lächeln 'sold out' angekündigt wurde.“
Verkäufe seien nicht alles, findet Olga Grimm-Weissert im Handelsblatt: „Die Liste der kommunizierten Verkäufe ist endlos und wäre euphorisierend, müsste man nicht auch konstatieren, wie kommerziell manche Stände ausgerichtet sind. Um einen Querschnitt durch das Galerieprogramm anzubieten, sieht man von jedem Künstler nur ein Werk. Wobei zu oft das kritische Auge des Galeristen fehlt. Bei 156 zugelassenen Galerien, die angeblich aus mehr als 700 Kandidaten ausgewählt wurden, hätte das Auswahlkomitee schlüssigere Konzepte privilegieren können.“
Trotz des kommerziellen Erfolgs nehmen Susanne Schreiber und Stephanie Dieckvoss ebenfalls im Handelsblatt einen gewissen Hautgout wahr: „Dass Chris Dercon, der den Schweizern das Einfallstor in der Réunion des Musées Nationaux geöffnet hat, schon wieder weiterzieht in eine Pariser Privatsammlung, wirkt befremdlich. Das passt eher zu einem Plot aus einer Netflixserie über die Kunst und ihre Verbündeten. Warum Dercon die Fiac plattmachen wollte, bleibt ein Rätsel. Doch die Rechnung der MCH geht auf. Die neue Messe Paris+ brummt. Am gestrigen Mittwoch drängten sich Sammlerinnen und Sammler in den viel zu engen Gängen des überkuppelten Zelts im Grand Palais Ephémère dicht an dicht. Paris+ sieht jetzt aus wie die Art Basel. Das individuelle und charmante französische Flair wird ersetzt durch eine international bewährte Marke, made in Switzerland. Ihr vertrauen Sammler in der ganzen Welt. Die Folge ist aber, dass die Messestände überall gleich aussehen. Angeboten wird, was teuer ist.“
Den Bezug zur Welt außerhalb des Grand Palais' vermisst Elke Buhr von Monopol: „Selten hat sich auch der Kunstmarkt so weit von dem aktuellen Kunstgeschehen in den Institutionen und Biennalen entfernt. Dass die Künstlerinnen und Künstler der Documenta Fifteen ihren Weg auf die Messe finden würden, war nicht zu erwarten und wäre auch abwegig gewesen. Dass aber auch die Entwicklungen der Venedig-Biennale so wenig Resonanz finden würden, überrascht dann doch – nur Werke von Malgorzata Mirga-Tas fallen am Stand der Foksal Gallery Foundation ins Auge. Aktivistische Kunst, politische Kunst, die ganze Debatte darum, dass ein Weiter so nicht möglich ist – alles kein Thema. Businessmäßig funktioniert die Paris+ par Art Basel wie geschmiert. Doch gerade das wirkt seltsam aus der Zeit gefallen.“
Die Paris Internationale war 2015 von jungen Galerien als hippe Satellitenmesse zur als etwas verschnarcht wahrgenommenen Fiac gegründet worden. Ihr Loblieb singt in Devorah Lauters Bericht bei Artnet ausgerechnet der Direktor eines lokalen Wettbewerbers: „Der geschäftige Preview-Tag der Messe war ein vielversprechendes Zeichen für ihre Langlebigkeit angesichts der Veränderungen in der Pariser Szene. Guillaume Piens, Direktor der Art Paris, der durch die Gänge schlenderte, äußerte sich positiv über die neue Pariser Messeszene. 'Paris+ ist sehr gut für Paris Internationale', sagte er. 'Ich habe gesehen, wie das Basler Publikum durch die Gänge der Paris Internationale geschlendert ist, und es gab sehr gute Verkäufe, das ist großartig.' In der Tat ist die aufstrebende Kunstmesse im VIP-Programm der Paris+ aufgeführt.“
Die Satellitenmesse Asia Now muss Maximilíano Duron für Artnews in einem Paralleluniversum besucht haben: „Zusätzlich zu den gut präsentierten Ständen bietet die Messe ein Programm mit zahlreichen Gesprächen und Performances sowie verschiedenen ortsspezifischen Auftragsarbeiten. […] Aber vor allem aber zeigt sie wirklich Cutting Edge von Künstlern in ganz Asien tätig sind. (Die Messe stützt sich auf die Definition des Kontinents durch die Asia Society in New York, die nicht nur Ostasien, sondern auch den Nahen Osten, Zentralasien, Südasien und Südostasien umfasst). Seien Sie darauf gefasst, Künstler kennenzulernen, die Sie bisher noch nicht auf dem Schirm hatten; das ist eine wunderbare Erfahrung.“ Tatsächlich gibt es auf der Messe einige wirklich Positionen. Erschütternd ist nur die absolute Kriterienlosigkeit bei der Zulassung. Gerade bei einer Veranstaltung mit einem speziellen Fokus sollte eine gewisse Auswahl erwartbar sein. Das gleiche gilt übrigens auch für Also Known As Africa AKAA.
Ich habe mir (fast) alle Messen in Paris für Artmagazine und Weltkunst angesehen.
Zeitgleich mit dem französischen Großereignis hat in München die Highlights stattgefunden, die Brita Sachs für die FAZ besucht hat: „Die Corona-Klippen der vergangenen Jahre konnte die Münchner Kunstmesse Highlights dank eines klugen Konzepts sicher umschiffen, und optimistisch geht sie nun trotz globaler Krisen auch ihre 13. Ausgabe an. Juana Schwan schaut als Messeleiterin auf das Positive: Oft sei es ergiebiger, statt eines Supertankers ein kleineres Schiff zu steuern, meint sie. Rund 50 Aussteller präsentieren in der Zelthalle im Kaiserhof der Residenz und im Vestibül ein quer durch die Epochen führendes Angebot.“ Einen zusätzlichen Abstecher zur Kunst & Antiquitäten hat Susanne Schreiber für das Handelsblatt unternommen: „Wer wissen möchte, was der Markt gerade auch im Preisbereich zwischen 800 und 200.000 Euro zu bieten hat, sollte die 101. 'Kunst & Antiquitäten' im Westflügel im Haus der Kunst nicht versäumen. Eher funktional in der Präsentation, hat sie den Charme, dass sich hier Originelles für jeden Geldbeutel finden lässt. Wer Kunst und Antiquitäten kauft, entkommt der Gleichförmigkeit der Massenware. Die Ausstellerzahl ist zwar auf 41 zurückgegangen, doch nur hier finden sich Händler für das Sammelgebiet alpenländische Volkskunst. Da sind erstaunliche Überraschungen möglich.“
Bieter aus Fernost dominierten der Beobachtung von Anne Reimers in der FAZ vom 22. Oktober zufolge die Londoner Auktionen: „Die Londoner Auktionen mit zeitgenössischer Kunst liefen gut, weil Sammler aus Asien weiterhin auf der Jagd nach Nachwuchsstars sind – deren Werke preislich ein rasantes Auf und Ab erleben. Vor einem Jahr waren Issy Wood, Jadé Fadojutimi und Flora Yukhnovich besonders gefragt. Nun wurden die Preise für die schottische Malerin Caroline Walker stark nach oben getrieben.“ Stephanie Dieckvoss setzt den Schwerpunkt im Handelsblatt etwas anders: „Aber auch im hochpreisigen Segment der Spitzenwerke wurden gute Preise erzielt, wenn die Arbeiten ausgezeichnete Provenienz und Marktfrische mitbrachten. Dann gingen auch nicht nur Trophäen gut weg, wie David Hockney oder Francis Bacon, sondern auch schwierigere, aber kunstgeschichtlich bedeutsame Arbeiten, wie eine frühe Fotoarbeit von Cindy Sherman oder eine sperrige Skulptur von Isa Genzken – beide bei Sotheby‘s. Dieser Markt wurde vor allem von Bietern aus Europa und den Vereinigten Staaten gestützt. Asiaten boten zwar mit, aber waren weniger aktiv. Christie’s berichtet, dass 62 Prozent der Arbeiten nach Europa, dem Mittleren Osten und Afrika (EMEA) verkauft wurden. 15 Prozent gingen nach Amerika und 23 Prozent in den asiatisch-pazifischen Raum.“
Zum alljährlichen Capital-Kunstkompass (wie immer Platz 1 unter den Lebenden Gerhard Richter, im Olymp Joseph Beuys) von Linde Rohr-Bongard gibt es in diesem Jahr zwei Editionen von Jim Avignon, „deren Erlös Hilfsprojekten in der Ukraine zugutekommt. Das Ergebnis sind zwei melancholische, treffsichere Siebdrucke: 'Shelter' und 'Blue Monday' im Format 55 x 45 cm und einer jeweiligen Auflage von 100 Stück zum Preis von 120 Euro (beide Motive zusammen: 200 Euro), zzgl. 20 Euro Versand.“
Dem letzte Woche verstorbenen US-amerikanischen Kunstkritiker Peter Schjeldahl widmet Monopol einen Nachruf: „2019 bekam er die Diagnose Lungenkrebs mit schlechter Prognose. Daraufhin schrieb er den Essay 'The Art of Dying', in dem er auch sein Verhältnis zum geschriebenen Wort thematisierte: 'Wenn ich schreibe, will ich mich verbinden.'“