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Kobels Kunstwoche

Mit gesundem Selbstbewusstsein ausgestattet: Obvious; http://obvious-art.com/index.html
Mit gesundem Selbstbewusstsein ausgestattet: Obvious; http://obvious-art.com/index.html
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 44 2018

Es ist soweit! Investorenkunst, frei von jeder kreativen Leistung ist vermarktbar. Ein angeblich vollständig vom Computer geschaffenes Kunstwerk hat bei Christie's in New York seinen Schätzpreis verzigfacht: Statt 10.000 US-Dollar hat ein anoymer Bieter 432.500 Dollar inklusive Aufgeld für einen von Künstlicher Intelligenz (KI) geschaffenen Druck bezahlt. Endlich schafft es die Kunst wieder weltweit in die Schlagzeilen, seitdem nach der Banksy-Schredderei schon wieder ein paar Wochen Ruhe war. Eine Win-Win-Win-Situation: Die Medien haben Futter, die Investoren auch, und alle an Kunst Interessierten können sich wieder den Inhalten zuwenden.

Für Andrian Kreye ist in der Süddeutschen Zeitung der Preis das Ergebnis eines Hypes, der für eine größere und besorgniserregende Entwicklung steht: "Das Rekordergebnis für das KI-Bild war also nichts anderes als das Anzeichen, dass die derzeitige Blase der KI-Investitionen in der Realwirtschaft inzwischen so groß ist, dass sie selbst den Kunstmarkt erfasst. Weil künstliche Intelligenz aber nicht nur eine Börsenmode ist, sondern eine Technologie, welche die Menschheit, die Gesellschaft und das Wirtschaftssystem in den kommenden Jahren von Grund auf verändern wird, sollte man auf solche Anzeichen von Hysterie genau achten."

Derweil schreibt Mikelle Leow bei Designtaxi von Zweifeln an der schöpferischen Leistung der Obvious-Gruppe, da sie schlicht eine fast zwei Jahrzehnte alte KI-Software mit Bildern gefüttert und sich das hübscheste herausgesucht hätte.

Vom Kunstfond zum Kunstberater. Im Interview mit Eva Karcher in der ZEIT preist Philip Hoffman von der Londoner The Fine Art Group, früher Fine Art Fund, seine Dienstleistungen an. Zahlen verwendet er dabei recht großzügig, aber kaum vergleichbar. Er spricht von 2001 aufgelegten Fonds im Volumen von 25 Millionen Pfund und bisher vermittelten Kunstwerken im Wert von 850 Millionen Pfund. Es sieht so aus, als stehen die Kunstberatung und Art Lending mittlerweile im Vordergrund der wirtschaftlichen Aktivitäten, während das angeblich erfolgreiche Fonds-Geschäft vor allem der Publicity dient.

Über die Rolle der Architektur bei den Wachstumsstrategien von Galerien spricht Laura van Straaten in der New York Times mit einigen Standesvertretern.

Miniatur-Portraits bilden eines dieser Nischen-Sammelgebiete, bei dem sachkundige Liebhaber weitgehend unter sich sind und für relativ kleines Geld noch hervorragende Stücke zusammentragen können. Anfang Dezember werden bei Sotheby's rund 1800 Kleinporträts aus dem Nachlass von der Wella-Erbin Erika Pohl-Ströher versteigert. Aus diesem Anlass stellt Bodo Hofstetter in der November-Ausgabe der Weltkunst das Sammelgebiet ausführlich vor. Ein regulatorisches Problem ergibt sich ihm zufolge aus dem bevorzugten Malgrund Elfenbein: "Mittlerweile ist die Bewegung von Miniaturen wie auch anderer historischer Kunstwerke aus dem 'weißen Gold' dramatisch eingeschränkt. Selbst wenn der Handel innerhalb der Europäischen Union erleichtert ist, legt doch jedes Mitgliedsland die Regeln individuell aus. Eine Elfenbeinminiatur in ein Land außerhalb der EU zu exportieren oder sie von dort in den europäischen Wirtschaftsraum einzuführen bedarf großer Geduld und häufig des Einschaltens einer Spedition. Manche Länder, vor allem die USA, machen den Import und Export von Elfenbeinminiaturen geradezu unmöglich, was dem internationalen Markt für Miniaturen großen Schaden zufügt. Auch ändert sich die Gesetzgebung in den verschiedenen EU-Länder ständig."

Die Kontroverse um den Umgang mit Stammeskunst hat durch die Versteigerung eines Schrumpfkopfes bei Lempertz in Brüssel für 19.356 Euro inklusive Aufgeld (Taxe 10.000 Euro) neuen Schub bekommen. Christiane Fricke beleuchtet das Thema im Handelsblatt vom 26. Oktober: "Wie sollen die ehemaligen Kolonialmächte mit der Kunst und den Artefakten aus den Ländern in Afrika, Asien und Amerika umgehen? Deutschland hat in seinen Museen große Sammlungsbestände in Vitrinen und Lagerräumen, und davon stammen immerhin bis zu zwei Drittel aus kolonialen Kontexten. In Deutschland wurde vor zwei Jahren das Kulturgutschutzgesetz verabschiedet, auch um den Handel mit geraubten Kulturgütern zu verhindern. Lösungen für den rechtmäßigen Umgang mit kolonialen Artefakten hält das kiloschwere Gesetzespaket jedoch nicht bereit. Er ist eher eine Frage von Anstand und Moral."

Provenienzforschung als Geschäftsidee: Catrin Lorch portraitiert in der Süddeutschen Zeitung die Firma zweier Provenienzforscherinnen, denen die staatlichen Einrichtungen nicht ausreichen: "Dass die privat angebotene Beratung zudem den großen Vorteil der Diskretion hat, bestreiten Terlau und Voigt nicht. Denn wer sich mit einem Kunstwerk an öffentliche Stellen wie das Zentrum für Kulturgutverluste in Magdeburg wendet, muss damit rechnen, dass die Recherchen öffentlich gemacht werden und als 'Fundmeldung' in die Datenbank Lost Art eingestellt werden. Damit ist ein Werk bis zur endgültigen Klärung der Provenienz nicht mehr verkäuflich. Wer dagegen ein Gutachten bei Vanessa Voigt und Katja Terlau bestellt, kann eine belastende Expertise auch einfach in den Papierkorb werfen. 'Mir ist genau das schon ein paarmal passiert', sagt Voigt. 'Aber keiner meiner Kunden hat sein Bild danach wieder über das Sofa gehängt. Ich sehe es als meine Pflicht und Verantwortung an, in solchen Fällen auch Privatleute darauf hinzuweisen, dass sie historisch in einer Verantwortung stehen, dass sie etwas tun müssen.'"

Zu einer längst fälligen Generalabrechnung mit dem System Grütters holt Jörg Häntzschel in der Süddeutschen Zeitung aus: "Grütters festigt ihre marktbeherrschende Stellung immer mehr, bläht ihren Apparat immer weiter auf. Doch da sie ideologisch so ungreifbar bleibt, da ihre Einmischungen nur strategischer Art sind, und da die 'Zuwendungsempfänger' weiter auf Zuwächse hoffen können, üben sie sich in Duldsamkeit. Politik und Presse sehen nicht so genau hin. Kultur ist gut, mehr Kultur ist besser, wo ist das Problem? Ohnehin sind die großen Scheine, mit denen sie den Betrieb füttert, kleine Münzen, verglichen mit dem, was für Autobahnen, Waffen oder Renten ausgegeben wird. Doch es kann nicht richtig sein, wenn es keinen Wettbewerb um wichtige Stellen gibt, wenn Posten heute noch auf Lebenszeit besetzt werden, wenn die besten Köpfe in der deutschen Kultur nicht offen über ihre Arbeit sprechen können, weil sie fürchten, in Berlin sonst nie wieder einen Job zu finden. Die intellektuelle Lähmung ist schon jetzt spürbar."

Das Dorotheum läuft deutschen Auktionshäusern bei Alten Meistern immer wieder den Rang ab. Die aktuelle Auktion resümiert Nicole Scheyerer in der FAZ vom 27. Oktober: "Bereits im Sommer frohlockte das Wiener Dorotheum über die Akquise einer marktfrischen 'Lucretia' von Artemisia Gentileschi. Die lange unterbewertete Barockmalerin stellt ihre Heldin gen Himmel blickend und in einer dramatischen Drehbewegung dar. Die römische Aristokratin wirkt so stark, dass man nicht denkt, sie könnte das Messer gegen sich selbst richten. Ein Bieter aus Australien eroberte das auf 500 000 bis 700 000 Euro taxierte Gemälde beim Gebot von 1,6 Millionen Euro. Es blieb aber nicht bei dem einen Millionen-Los, auch ein neu entdecktes Porträt von Anthonis van Dyck sauste in den siebenstelligen Bereich: Zwei Millionenzuschläge an einem Abend - das war im Dorotheum noch nie da. Van Dycks 'Bildnis einer Adligen mit einem Papagei' präsentiert eine stolze Dame mit Halskrause [...]. Seine unpublizierte Aristokratin wechselte jetzt für 1,2 Millionen Euro den Besitzer - die Schätzung lag bei 300 000 bis 500 000 Euro."

Der Millionenzuschlag für die Lukretia Artemesia Gentileschis liege im Trend, analysiert Benjamin Sutton bei Artsy. Der Markt folge damit der Neubewertung der Künstlerin durch die Kunstgeschichte.

 

Aufgrund eines technischen Problems sind die Links in dieser Ausgabe vorläufig im Text sichtbar. Wir bitten dies zu entschuldigen.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung