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Oft sind es die Details, die den etwas drögen Art Basel UBS Art Market Report (PDF-Download) lesenswert machen. Und manchmal auch ein bisschen angsteinflößend. 43 Prozent aller Sammler hätten in der Vergangenheit Kunst auf Pump gekauft, knapp ein Drittel 2022 oder 2023. Damit ist allerdings offensichtlich eher nicht das gelegentliche Abstottern eines Impulskaufs auf der Messe gemeint: "Bei den Sammlern, die für den Kauf von Kunst einen Kredit oder ein Darlehen in Anspruch nahmen, lag der durchschnittliche Anteil des Wertes ihrer ihrer Sammlung auf diese Weise finanziert haben, lag bei 29%. Wohlhabendere und etabliertere Sammler sowie Sammler mit den größten Sammlungen haben tendenziell den höchsten Anteil ihrer Sammlungen auf Kredit gekauft. Der durchschnittliche Anteil der UHNW-Sammler lag bei 39%, und ein Drittel der Sammler hatte mehr als 50% ihrer Sammlungen mit geliehenem Geld finanziert, während es bei den Sammlern mit einem Vermögen von weniger als 5 Millionen Dollar nur 2% waren. Der durchschnittliche Anteil derjenigen, die schon länger als 20 Jahre sammeln, lag bei 38% und war damit fast doppelt so hoch wie bei den neuen Sammlern. Etwas mehr als die Hälfte der Sammler/innen hatte bis zu 25 % ihrer Sammlungen über Kredite finanziert, die Mehrheit (91 %) weniger als 50 %." Da ist also eine ganze Menge geliehenes Geld im Kunstmarkt. An anderer Stelle des Reports ist zu lesen, dass lediglich ein Viertel der Befragten plane, innerhalb der nächsten zwölf Monate zu verkaufen gegenüber knapp 40 Prozent im Vorjahr weil sie auf steigende Preise hoffen. Das wiederum bedeutet, dass noch mehr kreditfinanzierte Kunst darauf warten wird, mit Profit wieder abgestoßen zu werden. Das könnte sich als toxischer Cocktail erweisen, sollte der Kunstmarkt in absehbarer Zeit doch nicht wieder Fahrt aufnehmen. Gleichzeitig seien Käufer im Hochpreisbereich vorsichtiger geworden, erklärt Angelica Villa in ihrer Zusammenfassung des Berichts bei Artnews: "Noah Horowitz, CEO der Art Basel, sagte, dass die konservative Haltung der Sammler mit den 'unbeständigen' wirtschaftlichen und geopolitischen Bedingungen zusammenhängt, die die Welt derzeit beeinflussen, einschließlich des Konflikts in Israel und Gaza. Paul Donovan, Chefvolkswirt von UBS Global Wealth Management, sagte in dem Bericht, dass die Sammler bei ihren Kunstkäufen heute wählerischer sind als in den vergangenen Jahren."
Die Gelegenheit, dem Soufflé beim Schrumpfen zuzusehen, könnte sich bei den kommenden New Yorker Abendauktionen ergeben, sollten Zachary Smalls Annahmen in der New York Times zutreffen: "Bei großen Sammlungen legen die Auktionshäuser ihre Schätzungen oft etwa sechs Monate im Voraus fest, obwohl die regulären Abendverkäufe mehr Flexibilität bieten; heutzutage werden sie ein paar Wochen vor dem Verkauf beschlossen. Aber die wirtschaftliche Volatilität der globalen Konflikte könnte die Kluft zwischen Erwartungen und Realität vergrößern, befürchten einige Auktionatoren. Ich werde nicht in jeder Ecke einen Elefanten malen", sagte [Alex] Rotter, der Geschäftsführer von Christie's. 'Zu sagen, dass alles, was dieses Jahr passiert ist, keine Auswirkungen haben wird, wäre unverantwortlich."
Von Luigi Fassi, dem Direktor der Artissima, hat sich Elke Buhr für Monopol die Sonderstellung der Turiner Messe erklären lassen: "Fassi führt die besondere Qualität der Messe auch darauf zurück, dass sie in öffentlicher Hand ist. 'Artissima gehört einer Kooperation von drei Museen, deshalb denkt Artissima wie eine öffentliche Institution. Wir kuratieren auch Ausstellungen jenseits der Messe, wir geben Werke in Auftrag, machen Projekte in der Stadt. Wir machen Dinge, die sonst ein Museum tun würde. Wir haben das über viele Jahre aufgebaut. Wir sind eine kommerzielle Plattform, wir brauchen die Sammlerinnen und Sammler, die Galerien müssen verkaufen. Aber wir denken auch, dass wir hier alle einen kulturellen Wert erarbeiten. Und alle Institutionen in der Stadt machen mit. Es ist ein Ökosystem, das wir pflegen und das wächst.'" Den Nahost-Konflikt auf der Messe gesucht und nur zum Teil gefunden hat Kira Kramer für die FAZ: "Von den Kriegen in der Ukraine und in Israel ist an den Ständen nichts zu sehen. Geht die Kunst das nichts an? Fassi sieht die Messe als Gegengewicht: 'Es fällt mir schwer, diesen Ort eine Utopie zu nennen, aber nur weil sie konkret ist, sie existiert wirklich.' Galerie Sommer aus Tel Aviv ist vertreten, aber auch der palästinensische Künstler Khalil Rabah, der in der Foundation Merz, einem der vielen Satelliten-Orte der Artissima in der Stadt Turin, ausstellt. Hier sprächen sie miteinander, das sei an vielen anderen Orten nicht mehr möglich. 'Relations of Care', wiederholt Fassi, das lebten die Teilnehmer der Artissima ganz unmittelbar." Ich war für das Handelsblatt und Artmagazine in Turin.
Einige Worte des Lobes findet Martha Schwendener in der New York Times für die Art Show des Händlerverbands ADAA in der Armory, bevor sie eine Liste mit Ständen zusammenstellt, die ihr gefallen haben: "Was die Art Show jedoch zeigt, ist die Fähigkeit zeitgenössischer Galerien - im Vergleich zu größeren oder unter Druck stehenden Institutionen - weniger bekannte Künstler ausfindig zu machen und sie in kompakten, unverwechselbaren Ausstellungen zu präsentieren. Diese Ausgabe der Messe glänzt vor allem dadurch, dass sie Meister unter dem Radar hervorhebt, oft Frauen und schwarze Künstler." Noch weniger Mühe gibt sich Maximilíano Durón für Artnews. Den Vogel schießt allerdings Artnet ab, das den Art Consultant Anwarii Musa seinen Tagesablauf am Eröffnungstag der Art Show erzählen.
Die kleine Einladungsmesse Art Collaboration Kyoto sowie die Art Week Tokyo hat Vievienne Chow für Artnet besucht.
Eine neue Messe für Kunstbücher beherbergt nächstes Wochenende die Kunsthalle Düsseldorf. Between Books soll mit immerhin 75 Ausstellern aufwarten. Die Pressearbeit war im Vorfeld jedoch so dürftig, das sich lediglich in der FAZ vom 4. November eine kurze Meldung von Georg Imdahl findet: "Auf Anfrage teilt die Kunsthalle mit, sie wolle es vom Publikumszuspruch abhängig machen, ob die Messe fortgesetzt wird."
Neben den bekannten drei Werken Paul Cézannes aus dem Schweizer Museum Langmatt kommt noch mehr Museumsbestand in New York unter den Hammer, berichtet Ursula Scheer in der FAZ vom 4. November: "Deakzession – aus verschiedenen Gründen – ist bei den kommenden New Yorker Abendauktionen mit Spitzenwerken moderner und zeitgenössischer Kunst bei Christie's und Sotheby's neben 'death', 'divorce' und 'debt' – Tod, Scheidung, Schulden – das vierte, kleinere D der Einlieferungslogik: Sotheby's führt mit einem Gemälde von Balthus (F.a.Z. vom 28. Oktober) ein Objekt aus Chicagoer Museumsbestand in der 'Modern Evening Auction' am 13. November."
Handelt es sich um bedauerliche Einzelfälle, oder ist die politisch sonst so bewusste Kunstszene anfällig für Blindheit auf dem nicht-westlichen Auge? Ingo Arend hat in der taz Fragen unter anderem an Ute Meta Bauer, die die Diriyah-Biennnale in Saudi-Arabien leitet: "Doch wenn Bauer Reportern gegenüber zugibt: 'Man darf keine anderen Religionen promoten oder keine sexuellen Inhalte zeigen', wird offensichtlich, welch enge Grenzen ihrem Versuch gesetzt sind, 'kritische Diskurse zu entwickeln'. Und der gewandelte soziokulturelle Kontext ändert nichts an der Tatsache, dass die Biennale unter der direkten Kontrolle des kompromittierten Kronprinzen steht und von ihm bezahlt wird. Gemessen an dem Blutzoll, den die Reformen bin Salmans bei allen neuen Freiheiten das Land auch gekostet haben, wäre der Monarch der saudische Sackler. Lässt sich in einem solchen Kontext die Freiheit von Kunst wahren? Oder unterstützt diese ästhetische Kollaboration das Artwashing von Diktaturen?"
Nach der Lektüre von Saskia Trebings Rechercheergebnissen für Monopol muss man sich fragen, ob die Stadt Hagen ihrer Aufsichtspflicht gerecht wird: "Insgesamt gab es in Hagen seit 2017 außerdem Ausstellungen mit den Geuer-&-Geuer-Künstlern Heinz Mack (2023, direkt vor Niclas Castello), Hermann Nitsch (2018/19), Stephan Kaluza (2020) und Yvonne van Acht (2017). Mit der Doppelschau von Jiří Dokoupil & Julian Schnabel waren 2021 gleich zwei Vertreter der Galerie gleichzeitig im Museum vertreten, zusätzlich gab es eine Sektion mit Schnabels Grafiken, die Dirk Geuer nach eigenen Angaben als 'weltweit exklusiver Verleger' vertritt. Mel Ramos, ebenfalls bei der Düsseldorfer Galerie gelistet, war 2020 in der Gruppenschau 'Lebensecht' zu sehen. Außerdem zeigte das Museum 2022 eine Einzelpräsentation des Musikers Bryan Adams, von dem sich Werke über den Online-Shop von Geuer & Geuer beziehen lassen. Eine Schau von Schauspieler und Maler Armin Mueller-Stahl von 2017 wird auf der Osthaus-Website als 'Kooperation mit der Geuer & Geuer Art GmbH' beschrieben. Auch auf der Seite der Galerie taucht das Logo des Osthaus-Museums unter der Rubrik 'Partner' auf."
Das Kunsthaus Zürich dürfte mit seinem schweren Bührle-Erbe in absehbarer Zeit nicht glücklich werden, ist einem Bericht von Brita Sachs in der FAZ zu entnehmen: "Stadt und Kanton Zürich beauftragten den Historiker Raphael Gross damit, die vorliegenden, mitnichten über Zweifel erhabenen Provenienzforschungsergebnisse der Bührle-Stiftung neuerlich unter die Lupe zu nehmen. Die Ergebnisse werden im Sommer kommenden Jahres erwartet. Abgesehen vom Vorwurf des Beirats, die Ausstellungstexte zu spät zu Gesicht bekommen zu haben, findet er seine Empfehlung, im Gesamtkonzept eine wirkliche Gegenperspektive zu öffnen nicht umgesetzt. Er hatte deutlich mehr Raum gewünscht für die Darlegung der engen Verflechtung vom Schicksal der verfolgten, enteigneten, ermordeten Menschen mit ihren Kunstwerken, die noch Jahrzehnte später bedenkenlos gehandelt wurden, als ihre Herkunft aus jüdischem Besitz kein Geheimnis war." Nicht nur ehrenwerte Motive unterstellt Thomas Ribi dem Beirat in der NZZ: "Dass es dem Beirat bei seinem publikumswirksamen Rückzug um die Sache ging, mag glauben, wer will. Den Historikerinnen und Experten ging es wohl eher darum, das eigene Renommee zu polieren. Man wollte keinen Persilschein ausstellen für ein Unternehmen, bei dem von Anfang an klar war, dass es Kritik auf sich ziehen würde. Dass dem Gremium die Begleittexte der Ausstellung spät vorgelegt wurden, mag ein legitimer Kritikpunkt sein. Dass die Präsentation nicht in die Richtung ging, die sich der Beirat vorgestellt hatte, war kaum erst in letzter Minute abzusehen."